Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

Sozialwissenschaften


» Bild vergrößern
» Blick ins Buch
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht vollzogen sich Anfang der 90er Jahre bedeutende Veränderungen und Weichenstellungen, die das zukünftige Europa und die Europäische Union prägten. Die Verhandlungen zum Maastrichter Vertrag überschnitten sich zeitweise mit dem Prozess der deutschen Wiedervereinigung und beide Ereignisse hingen eng zusammen. Vor diesem Hintergrund werden in dieser Studie die deutsch-französischen Beziehungen in diesem Zeitraum untersucht. Die Wiedervereinigung Deutschlands, der Maastrichter Vertrag und die Regelungen zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) im Maastrichter Vertrag stehen bei dieser Untersuchung im Zentrum. Es wird betrachtet, wie sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich während dieser Ereignisse entwickelt haben. Dabei konzentriert sich der Autor vor allem auf die Aktionen der Staats- und Regierungschefs beider Länder, namentlich auf Frankreichs früheren Präsidenten François Mitterrand und den damaligen Bundeskanzler Deutschlands Helmut Kohl. Die Leitfragen sind dabei: Welche Ziele verfolgten die beiden, wie handelten sie und wie wirkte sich das auf die deutsch-französischen Beziehungen und auch auf die Beziehungen zwischen Mitterrand und Kohl aus? Die Geschehnisse bei der Wiedervereinigung wirkten sich unmittelbar auf die Verhandlungen bzw. das Zustandekommen des Maastrichter Vertrags aus. Durch die deutsche Einigung wurden neue Rahmenbedingungen geschaffen, die das Handeln der Staats- und Regierungschefs auch in der Vorbereitungsphase des Maastrichter Vertrages beeinflusst haben. In diesem Buch wird die These vertreten, dass die deutsche Wiedervereinigung die europäische Integration beschleunigt hat – in Form einer schnelleren Verwirklichung des Maastrichter Vertrags, vor allem was die Wirtschafts- und Währungsunion anbetrifft.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3., Wiedervereinigung: In diesem Kapitel werde ich darlegen, was sich in der Zeit vom Fall der Mauer bis zur deutschen Wiedervereinigung ereignete und wie es um die deutsch-französischen Beziehungen in dieser Phase des Umbruchs bestellt war. Dabei stütze ich mich vor allem auf das Buch von Gisela Müller-Brandeck-Bocquet: 'Frankreichs Europapolitik', den Beitrag 'Deutsche Europapolitik unter Helmut Kohl' von Ulrike Kessler in 'Deutsche Europapolitik. Von Adenauer bis Merkel' von Gisela Müller-Brandeck-Bocquet u.a. und das Buch von Wichard Woyke: 'Deutsch-französische Beziehungen seit der Wiedervereinigung. Das Tandem fasst wieder Tritt'. Zusätzlich werde ich in meine Ausführungen die Sichtweisen der beiden zentralen Akteure, Helmut Kohl und François Mitterrand einfließen lassen, wie diese sie in ihren Büchern 'Über Deutschland' (Mitterrand) und 'Erinnerungen 1982-1990' und 'Erinnerungen 1990-1994' (Kohl) dargelegt haben. 3.1, Vor dem Mauerfall: Schon im Juli 1989, als das kommunistische Regime in der DDR sich destabilisierte, sprach Frankreichs Präsident Mitterrand über das Thema deutsche Einheit, wenn er sich zu den Entwicklungen in Osteuropa äußerte. Für ihn war das Verlangen der Deutschen nach Vereinigung legitim, der Prozess sollte aber friedlich und demokratisch ablaufen. Außerdem wollte Mitterrand fünf bedeutsame Probleme vorher geklärt wissen. Die vier Schutzmächte USA, Großbritannien, die Sowjetunion und Frankreich mussten zustimmen einem wiedervereinigten Deutschland seine Souveränität wiederzugeben. Außerdem sollte Deutschland die Oder-Neiße-Linie anerkennen, auf ABC-Waffen verzichten, weiterhin dem Atlantischen Bündnis angehören und sich auch zukünftig in der Europäischen Gemeinschaft engagieren. Am wichtigsten war für Mitterand die Anerkennung der Grenzen. Mitterrand schreibt in seinem Buch 'Über Deutschland', dass er überzeugt davon war, dass 'die wiedergefundene Freiheit unseres Kontinents notwendigerweise über die deutsche Einheit verlaufen [würde]!'. Noch am 3. November 1989, am Ende des deutsch-französischen Gipfels, sagte er vor Journalisten: 'Ich habe keine Angst vor der Wiedervereinigung. Die Geschichte ist da, ich nehme sie, wie sie ist'. Allerdings dürfte Mitterrand zum Zeitpunkt dieser Aussage die Wiedervereinigung erst mittelfristig erwartet, und kaum mit dem Mauerfall am 9. November gerechnet haben. Helmut Kohl erinnert sich, dass er und Mitterrand auf dem bereits erwähnten Gipfeltreffen im November über die Lage in Osteuropa und der DDR sprachen. Dabei schlug der französische Präsident vor, der Entwicklung durch eine beschleunigte westeuropäische Integration zu begegnen. Auf diesem Gipfel sprach sich Mitterrand scheinbar für die deutsche Wiedervereinigung aus, doch Kohl ist rückblickend der Meinung, dass man Mitterrands damalige Äußerungen bezüglich der deutschen Einigung möglicherweise nicht ganz richtig interpretiert hatte. In Mitterrands Ankündigung, dass Frankreich seine Politik danach ausrichten werde, 'wie es am besten den Interessen Europas und den seinigen entspricht' , glaubt Kohl eine gewisse Distanzierung zu erkennen, die damals unbeachtet blieb. 3.2, Der Mauerfall: Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer geöffnet. Helmut Kohl ist gerade auf Staatsbesuch in Polen als er per Telefon von der Maueröffnung erfährt. Daraufhin bricht er sofort seinen Besuch in Warschau ab, kehrt nach Deutschland zurück und lässt seinen polnischen Amtskollegen leicht verärgert zurück. Die deutsche Wiedervereinigung schien durch den Mauerfall plötzlich in greifbare Nähe zu rücken. Während dies in Deutschland für Euphorie sorgte, wurden in Frankreich und den anderen Mitgliedstaaten der EG bei vielen Menschen Ängste vor der Zukunft geweckt. Natürlich rief der Gedanke an die deutsche Einigung auch Erinnerungen an vergangene Zeiten wach und ließ die Angst vor einem 'Vierten Reich' aufkommen. Die Wiedervereinigung einschließlich voller Souveränitätswiederherstellung würde einen großen Machtgewinn für Deutschland bedeuten. Auch würde das Land sowohl territorial als auch demographisch wachsen und zum bevölkerungsreichsten Land Europas werden. Das darin liegende wirtschaftliche Potential konnte nur geschätzt werden und viele fürchteten sich vor einer wirtschaftlichen Übermacht Deutschlands. Frankreich sah seine seit Ende des Zweiten Weltkriegs verfolgte Politik der Kontrolle Deutschlands durch dessen Integration in Europa durch eine Wiedervereinigung in Gefahr, sollte sich das vereinigte Deutschland nicht mehr in Europa engagieren. Denn Deutschland hatte nun im Gegensatz zu Frankreich mehrere politische Handlungsoptionen. Es konnte eine auf den deutsch-französischen Beziehungen aufbauende Europapolitik verfolgen. Genauso hätte Deutschland aber auch auf eine noch engere Partnerschaft mit den USA setzen oder sich mehr in Richtung Osteuropa orientieren können. Die einzige Option die Frankreich hatte, war die Europapolitik. Die europäische Nachkriegsordnung, einer der Stützpfeiler für Frankreichs Weltmachtanspruch, fing an sich aufzulösen. Die Franzosen standen außerdem vor dem Dilemma sich grundsätzlich zum Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes zu bekennen, das Ende der deutschen Teilung aber faktisch nicht im Interesse Frankreichs lag. Aufgrund der beschriebenen Befürchtungen und Ängste stieß die nun scheinbar in greifbare Nähe rückende deutsche Wiedervereinigung zunächst auf viele Vorbehalte in der französischen Regierung, was sich negativ auf das deutsch-französische Verhältnis auswirkte. In Deutschland verstanden viele nicht, wie Frankreich sich so zögerlich verhalten konnte und einige glaubten gar einen Rückfall Frankreichs in seine Deutschlandpolitik der vierziger Jahre zu erkennen. In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatte Frankreich versucht die anderen Siegermächte dazu zu bewegen, Deutschland in viele Teile aufzuteilen, um eine zukünftige deutsche Einheit möglichst schwierig zu machen. 3.3, Der Prozess der Wiedervereinigung nach dem Mauerfall: 3.3.1, Mitterrand und die Wiedervereinigung: Auch Präsident Mitterrand war ob der Umwälzungen in Osteuropa und der Öffnung der Berliner Mauer verunsichert. Wie Mitterrand nun aber tatsächlich zur deutschen Wiedervereinigung stand ist umstritten. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet schreibt in ihrem Buch zur französischen Europapolitik, dass Mitterrand die Wiedervereinigung 'möglichst verhindern oder zumindest verlangsamen' wollte. Auch einer seiner damaligen Berater, Jaques Attali, behauptet, Mitterrand hätte der Wiedervereinigung zunächst ablehnend gegenüber gestanden. Mitterrand selbst distanzierte sich jedoch von dieser Aussage und wird darin von anderen seiner Mitarbeiter unterstützt, die hervorhoben, dass er die Wiedervereinigung Deutschlands nicht grundsätzlich ablehnte. Auch Helmut Kohl empfand die Rolle Mitterrands in dieser Zeit als 'undurchsichtig'. Ob Mitterrand nun die deutsche Einigung verhindern oder verlangsamen wollte, ist nicht geklärt. Anfangs ging er aber offenbar noch davon aus, dass eine deutsche Wiedervereinigung in jedem Fall an Gorbatschows Widerstand scheitern würde, da dieser sicher gegen eine deutsche Wiedervereinigung sein und einer Zugehörigkeit Gesamtdeutschlands zur NATO niemals zustimmen würde. Als Mitterand im Dezember 1989 Gorbatschow einen Besuch abstattet, wird ihm jedoch klar, dass von diesem kein großer Widerstand zu erwarten ist. Außer Frage steht aber, dass Mitterrand versuchte Einfluss auf den Prozess der Wiedervereinigung zu nehmen und französische Interessen durchsetzen wollte. So reiste er im Dezember 1989 in die DDR und sprach dort von seiner Idee einer Föderation oder Konföderation beider deutscher Staaten, die in eine europäische Konföderation eingebunden sein sollte. Mit seinem Besuch wollte Mitterrand die Wichtigkeit eines europäischen Gleichgewichts herausstellen und sicherstellen, dass der Wiedervereinigungsprozess im Rahmen der europäischen Integration ablief. Dies führte allerdings zu einer Verschlechterung des deutsch-französischen Verhältnisses. Kanzler Kohl zeigte sich verstimmt, sah er doch in dem offiziellen Besuch eine Behinderung für den 'Prozess der radikalen Veränderungen in der DDR'. Kohl erwartete, dass dieser Besuch die neue SED-Führung international aufwerten würde. Dies wollte er verhindern und kam darum Mitterrand zuvor und verabredete mit Ost-Berlin, ein Treffen, das zeitlich kurz vor dem Staatsbesuch Mitterrands lag. Auf Einladung von Mitterrand, damals amtierender EG-Präsident, kamen am 18. November 1989 die Staats- und Regierungschefs zu einem Sondertreffen in Paris zusammen. Mitterrand war offenbar besorgt, dass auf dem für Anfang Dezember geplanten EG-Gipfel in Straßburg, aufgrund der aktuellen Entwicklungen, die Wirtschafts- und Währungsunion und die Sozialcharta nicht mehr im Zentrum stehen würden. Angesichts der Geschehnisse in Osteuropa wollte er den Integrationsprozess verstärken und beschleunigen. Außerdem kam es für Frankreich darauf an, die BRD erkennbar fest in die westliche Gemeinschaft einzubinden. Während des Treffens wurde Helmut Kohl scharf von Margaret Thatcher angegriffen. Dieser verteidigte das Streben der Deutschen nach der Wiedervereinigung und wies darauf hin, dass auch die NATO positiv zur deutschen Einigung stünde, was Thatcher nur noch mehr in Rage brachte. Kohl schien es, als würde auch Mitterrand Thatchers Ansichten teilen. Kohl war sich bewusst, dass man in der politischen Klasse Frankreichs der Wiedervereinigung ablehnend gegenüberstand und es wurde ihm, nach eigener Aussage, auf dem Sondergipfel klar, dass er auch seinen Freund Mitterrand in diese Frage nicht an seiner Seite wissen konnte.

Über den Autor

Johannes Müller wurde 1986 in Magdeburg geboren. Im Jahr 2011 schloss er sein Bachelorstudium der Politikwissenschaft an der Universität Leipzig mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Als Darsteller und Autor in mehreren politisch-satirischen Kabarettprogrammen gewann er außerdem wertvolle Einblicke in die alltägliche Wahrnehmung von Politik abseits des akademischen Alltags, ein willkommener Perspektivwechsel, der seine politikwissenschaftliche Forschung bereicherte. Seit 2011 absolviert der Autor ein Masterstudium der Politikwissenschaft an der Universität zu Köln. Ein besonderes Interesse für die deutsch-französischen Beziehungen im Rahmen der Europäischen Union zusammen mit einer auch privaten Verbundenheit mit Frankreich, veranlassten den Autor, sich mit der Materie dieses Buches zu befassen.

weitere Bücher zum Thema

Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.