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- Das Konzept Computerspielschule: Anforderungen an die medienpädagogische Arbeit mit Gamern, Eltern und Lehrern
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Computer- und Videospiele sind als Bestandteil der neuen Medien in unserer Gesellschaft omnipräsent. Sie sind bei Kindern und Jugendlichen beliebt, wohingegen Eltern und Großeltern oftmals Verständnis für, und Wissen über die Spiele fehlen. Zudem sind die Spiele bei vielen Menschen in Verruf geraten und werden oftmals mit sozialen und leistungsbezogenen Problemen verbunden. Vom medienwissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen wird schnell klar, dass Risiken und Gefahren vielmehr durch mangelnde Kompetenzen im Umgang mit den Spielen als von den Spielen an sich ausgehen. Dies erklärt sich dadurch, dass die Spiele meist nur von den Spielern selbst im privaten Raum genutzt werden, darüber hinaus aber selten Beachtung finden. In den Schulen existieren zu wenig medienpädagogische Angebote, als dass man dieses Thema hinreichend behandeln könnte. Selbst wenn in Schule oder Freizeiteinrichtung Betreuer vorhanden sind, welche den verantwortungsbewussten Umgang mit Spielen begleiten, scheitern diese Bemühungen oftmals am Elternhaus, wo das Interesse an den Spielmedien kaum vorhanden ist. Aus diesem Grund muss das Angebot an außerschulischen Einrichtungen und Projekten um diese Problemstellungen erweitert werden. Es muss ein Ort geschaffen werden, an dem Besucher ohne Zwang und Verpflichtung die Möglichkeit haben, Wissen über Computer- und Videospiele zu erlangen, eigene Erfahrungen mit ihnen zu sammeln und Vorurteile gegenüber einem solch dominanten Medium aufzulösen. So ein Angebot muss sie befähigen, selbstverantwortlich und kompetent mit den Spielen umzugehen. Zeit für das Konzept der Computerspielschule.
Textprobe: Kapitel 4., Projektbeschreibung ComputerSpielSchule Leipzig: Im folgenden Abschnitt dieser Bachelorarbeit wird das Projekt 'ComputerSpielSchule Leipzig', in welchem der Autor sechs Monate im Rahmen eines studentischen Praktikums gearbeitet hat, beschrieben. Die nachfolgenden Erläuterungen stützen sich teils auf die subjektiven Erfahrungen, welche der Autor im Rahmen der medienpädagogischen Arbeit im Projekt gemacht hat und werden stellenweise durch Verweise auf das Konzept des Projekts belegt und unterstützt. 4.1, Die ComputerSpielSchule Leipzig: Die ComputerSpielSchule Leipzig ist ein Projekt, welches im Jahr 2008 von Studenten, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Lehrbeauftragten der Universität Leipzig und der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur (HTWK) ins Leben gerufen wurde. Ihren Ursprung hat die Idee zu dieser Projektform im Seminar 'Computerspiele in der medienpädagogischen Praxis', welches im Sommersemester 2005 am Lehrstuhl der Medienpädagogik und Weiterbildung an der Universität Leipzig stattfand. Ziel des Seminars war die Entwicklung und Erprobung von Aus- und Fortbildungskonzepten für erwachsene Nicht-Spieler. Die didaktische Annäherung erfolgte nach den Theorien der Handlungsorientierten Medienpädagogik. Des Weiteren wurde im Seminarverlauf beobachtet, dass für Nicht-Spieler mehr als eine gelungene Demonstration eines Computerspiels nötig war, um sie für die Faszination und Wirkung der Spiele empfänglich zu machen. Fehlende Erfahrungen und intuitives Verhalten konnten nur selbst erworben werden. Durch Initiative der StudentInnen, welche mit Prof. Dr. Hartmut Warkus und Kai-Thorsten Buchele Unterstützer aus den Reihen der Lehrbeauftragten an ihrer Seite hatten, wurde die ComputerSpielSchule Leipzig gegründet. Die ersten Räumlichkeiten der Schule befanden sich im östlichen Leipzig im Gebäude des Humboldt-Gymnasiums in der Kurt-Günther-Straße 5. Die Ausstattung der Schule wurde zu Teilen von der Universität Leipzig gestellt. Allerdings fand das Projekt einige Sponsoren aus der Spiel- und Unterhaltungsbranche, welche durch die Bereitstellung von Hard- und Software zu wichtigen Unterstützern wurden. Die Schule bietet allen Besuchern ein reichhaltiges Angebot an Spielen und Plattformen, aber auch pädagogische Hilfestellung bei Fragen rund um das Thema Computer- und Videospiele. Eltern können erfahren, dass Spielen facettenreicher ist, als oftmals behauptet wird. Sie können die Aufgaben und Anforderungen, die ein Spiel an den Spieler stellt, selbst beobachten und die Kompetenzen ihrer spielenden Kinder erkennen. Heranwachsende hingegen werden motiviert, das Spiel aus der Perspektive ihrer Eltern zu betrachten und das für sie Selbstverständliche zu hinterfragen. Die ComputerSpielSchule Leipzig schafft dafür den gemeinsamen Raum, in dem sich alle Beteiligten in ihrem Handeln möglichst konstruktiv aufeinander beziehen sollen. Die Arbeit innerhalb des Projekts wird von Medienpädagogen, Studenten und Praktikanten des Fachbereichs durchgeführt. 4.2, Konzept: Das zu Grunde liegende Konzept der ComputerSpielSchule Leipzig stützt sich auf drei Bereiche. Fundament dieser drei Säulen sind die Theorien der handlungsorientierten Medienpädagogik und die Prinzipien der außerschulischen Jugendarbeit. Die erste Säule beinhaltet das Konzept für tägliche Öffnungszeiten. In der Zeit von 14 bis 18 Uhr können Besucher täglich das Angebot der Schule nutzen. Im Konzept hinter dem Projekt steht vor allem die Überwindung von Altersgrenzen, Wissenslücken und Missverständnissen im Umgang mit Spielen im Mittelpunkt. Deshalb regelt ein Bezahlsystem den täglichen Ablauf in der Einrichtung, welches letztendlich weniger dem kommerziellen, als dem pädagogischen Zweck dient. Besuchen Kinder und Jugendliche die Einrichtung ohne Begleitung eines Erwachsenen, zahlen sie einen Beitrag von einen Euro in der Stunde. In Begleitung von Erwachsenen, im Idealfall von Eltern, Geschwistern oder Großeltern, kostet die Nutzung der ComputerSpielSchule hingehen nichts. Dadurch wird stimuliert, dass die Heranwachsenden ihrerseits ihre Erziehungsberechtigten dazu bewegen, das gemeinsame Spiel als Freizeitaktivität zu betreiben. Die Nutzungsdauer ist pro Besucher auf zwei Stunden begrenzt. Die Initiatoren des Projekts halten eine Nutzung von Spielen über diesen Zeitraum hinaus für nicht empfehlenswert. Die Besucher haben während der Öffnungszeiten die Möglichkeit, das komplette Angebot der Einrichtung, bestehend aus einer großen Anzahl von Spielen, verschiedener Konsolen und Zusatzgeräten, zu nutzen. Das gemeinsame Spiel ist dabei Voraussetzung. Die Funktion der Mitarbeiter der Einrichtung besteht neben der pädagogischen Hilfestellung und Beratung für Eltern und anderer Besucher auch darin, gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aktiv zu spielen, das Spielgeschehen gemeinsam zu erleben und zu reflektieren. Sie werden zu Ansprechpartnern und Spielgefährten, behalten aber dennoch die Rolle des pädagogisch Anleitenden, der neben dem tatsächlichen Spiel versucht, auf die individuellen Voraussetzungen der Kinder und Jugendlichen einzugehen. Der Aspekt des Jugendmedienschutzes steht ebenfalls im Vordergrund. Die Räume der Schule sind nach altersgemäßen Stufen, welche sich an der Einteilung der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) orientieren, getrennt. Die Mitarbeiter sorgen dafür, dass es nicht zu Überschreitungen dieser Regeln kommt und beraten Eltern und Spieler hinsichtlich dieser altersentsprechenden Einstufungen. Das Konzept der täglichen Öffnungszeiten erlaubt es den Pädagogen, individuelle Bedürfnisse der Besucher aufzugreifen, um schlussendlich durch das Spielen der Computer- und Videospiele Medienkompetenzen zu wecken, zu schulen und erkennbar zu machen. Die zweite Säule im Konzept der ComputerSpielSchule Leipzig nehmen Fortbildungsangebote für Lehrer, Erzieher und andere Multiplikatoren ein, welche sich der Thematik der Computer- und Videospiele widmen möchten. Diese Fortbildungen finden in den Räumen der Schule, aber auch extern in anderen Schulen, pädagogischen Zentren oder Ämtern statt. Hierbei versuchen die Mitarbeiter des Projekts, entsprechend des angedachten Themenbereichs der Fortbildung, den KollegInnen Hintergrundwissen, Handlungsempfehlungen und Offenheit für den Themenkomplex der Computer- und Videospiele zu vermitteln. Die Schulung und Stärkung der Medienkompetenzen, welche die Teilnehmer mit sich bringen, stehen im Vordergrund und werden durch individuelle Konzepte umgesetzt. Das Angebot reicht von der gemeinsamen Klärung medienwissenschaftlicher Inhalte über Workshops für Spiele, Internet und Social Networks bis hin zu praktischen Spielerlebnissen, die die Teilnehmer dazu befähigen, ihre eigenen Erfahrungen mit in den alltäglichen Arbeitsbereich zu nehmen. Dass Lehrer sich mit Computerspielen beschäftigen, hält HARTMUT WARKUS, Medienpädagoge und Mitinitiator der ComputerSpielSchule Leipzig für sehr wichtig. Nur so können sie mit ihren Schülern ins Gespräch kommen, die richtigen Fragen stellen und die Schüler anregen, ihr eigenes Spielverhalten zu reflektieren. Er warnt außerdem davor, Computer- und Videospiele pauschal zu verurteilen. Nutzer dieser Angebote sind Lehrer und Referendare, Erzieher (berufstätig oder in Ausbildung), Mitarbeiter von Jugend-, Sozial- oder Schulverwaltungsamt bis hin zu freiberuflichen Pädagogen, Veranstaltern oder Politikern. Die dritte Säule umfasst die Konzeption und Durchführung von Projekten mit Schulklassen, Hortgruppen oder freiwilligen Gruppen. Diese Projekte finden meist in den Räumen der ComputerSpielSchule Leipzig statt. Ziel ist es, innerhalb der Gruppe vorhandene Tendenzen hinsichtlich der Nutzung von Computerspielen zu erkennen und diese gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen und deren Lehrern, Erziehern oder Eltern zu kommunizieren. Die Mitarbeiter der Einrichtung fungieren dabei als Vermittler, deren Expertise es ihnen erlaubt, Chancen und Risiken der jeweiligen Gruppe abzuschätzen und darauf aufbauende Lösungsstrategien anzuregen. Dabei spielen Struktur und Dynamik der Gruppe die gleiche Rolle wie differentes Vorwissen und Kompetenzen, die die einzelnen Individuen einbringen. Ein weiteres Projekt der ComputerSpielSchule Leipzig ist die Ausbildung der 'Spieletester'. Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren testen in den Räumen der Schule aktuelle Computer- und Videospiele und entwickeln mit Hilfe eines speziell erarbeiteten Kriterienkataloges eine Rankingliste der besten zehn Spiele. Diese Liste wird als Empfehlung für Gleichaltrige auf verschiedenen Plattformen veröffentlicht und findet sich auch als Orientierungshilfe für Eltern in einschlägigen Geschäften wieder. 4.3, Beispielprojekte der Einrichtung: Neben der pädagogischen Arbeit zu den täglichen Öffnungszeiten stehen regelmäßige Projekte mit Lehrern, Schülern oder Auszubildenden im Konzept der ComputerSpielSchule. Beispielsweise finden in regelmäßigen Abständen integrative Thementage statt, an denen die Annäherung zwischen den Generationen besonders gefördert werden soll. Ein bereits mehrfach durchgeführtes Projekt trägt den Namen 'Family LAN'. Hierbei handelt es sich um einen organisierten Spielenachmittag, bei dem die Mitarbeiter der Einrichtung mit Besuchergruppen familiengeeignete Spiele nutzen, um die Hürden und Missverständnisse innerhalb der Gruppe aufzulösen. Geeignete Systeme, wie beispielsweise die Nintendo Wii-Konsole, werden benutzt, um das Spielerlebnis und die Faszination über die Generationen hinweg erfahrbar zu machen. Dabei werden die Kompetenzen aller Beteiligten gefordert, denn Ziel ist es, das gemeinsame Spiel, aber auch das Wissen und die Erfahrung mit und über das Spiel für alle Teilnehmer erfahrbar zu machen. In einem weiteren Projekt wurden Eltern und Jugendliche dazu eingeladen, gemeinsam unter der Anleitung der Jugendlichen selbst und der Mitarbeiter der Schule das Online-Rollenspiel 'World of Warcraft' zu erleben und sich mit dessen Wirkmechanismen auseinander zu setzen. Die Form der Kommunikation, die im Rahmen der ComputerSpielSchule zwischen den Beteiligten stattfand, hatten Eltern und Jugendliche im privaten Rahmen bisher nicht erlebt. Der Wissensaustausch über das Spiel sowie der Abbau von Vorurteilen und Fehleinschätzungen waren das Ergebnis dieser Veranstaltung. Eine andere Art von Projekt wird von Mitarbeitern der Einrichtung regelmäßig mit Referendaren und Erziehern in Ausbildung realisiert. Dabei stehen die Aspekte des Jugendmedienschutzes zur Debatte. Die Teilnehmer werden hinsichtlich ihres Vorwissens und Urteilsvermögens für das Thema Jugendmedienschutz getestet. Eine Auswertung erfolgt im Austausch der Gruppen untereinander. Aufbauend darauf machen die Mitarbeiter der Schule die Teilnehmer mit den Bewertungsprinzipien der USK, mit den Computer- und Videospiel-Genre sowie mit aktuellen und veranschaulichenden Softwarebeispielen vertraut. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, die bereitgestellten Spiele anhand des erworbenen Wissens zu bewerten, um im Anschluss gemeinsam zu begründen, warum sie einem Spiel eine bestimmte Alterseinstufung zugeschrieben haben. Das erworbene Wissen über den Jugendmedienschutz befähigt die Teilnehmer in ihrem zukünftigen Arbeitsbereich, Fragen und Problemstellungen mit ihren Schülern fachgerecht anzugehen. Besondere Beachtung sollten auch die Projekte der ComputerSpielSchule Leipzig finden, bei denen die Mitarbeiter zum gemeinsamen Spielen in den Bundestag und in die Landesmedienanstalten der Bundesländer eingeladen wurden. Auf diesen Veranstaltungen wurden Politiker und Beamte an Computerspiele herangeführt und ein Wissensaustausch mit den Pädagogen angeregt.
Gabriel Richter, B.A., wurde 1985 in Halle (Saale) geboren. Sein Studium der Kultur- und Medienpädagogik schloss der Autor im Jahr 2011 erfolgreich ab und studiert momentan im weiterführenden Studiengang der Angewandten Medien- und Kulturwissenschaft (M.A.). Bereits während des Studiums lernte der Autor in Projekten die Besonderheiten der praktischen und handlungsorientierten Medienpädagogik kennen. Die alltägliche Arbeit mit Medien fasziniert ihn auch privat, wo er als Fotograf und Autor tätig ist. Ein halbjähriges Praktikum in einer besonderen medienpädagogischen Einrichtung motivierte ihn, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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