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- Darf die EU das deutsche Strafrecht ändern? Die Strafrechtsharmonisierung in der Europäischen Union
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 60
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit befasst sich mit der Harmonisierung des Strafrechts in der Europäischen Union. Dabei wird die Entwicklung der europäischen Strafrechtspolitik vom Vertrag von Maastricht bis zur erfolgreichen Ratifizierung des Vertrages von Lissabon unter dem Lichte verfassungsrechtlicher Grundprinzipien kritisch begutachtet. Der Kernpunkt dieser Arbeit ist die Frage nach der richtigen Rechtsgrundlage für strafrechtliche Harmonisierungsmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Union. Mit Beispielen auf dem Gebiet der Cyberkriminalität wird die Materie veranschaulicht. Insgesamt gibt das Buch einen kritischen Einblick in das Thema der Harmonisierungsbestrebungen auf dem Gebiet des nationalen und EU-weiten Strafrechts.
Textprobe: Kapitel 2, Das Verhältnis zwischen Strafrecht und Unionsrecht unter dem Aspekt der begrenzten Einzelermächtigung: Im prinzipiell intergouvernemental konzipierten EUV ist das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zu beachten. Nach diesem Prinzip, das in Art. 5 Abs. 1 EUV niedergelegt ist, benötigen die Gemeinschaften für jeden Rechtsakt eine ausdrückliche oder mindestens auslegungsmäßig nachweisbare Rechtsgrundlage innerhalb der Gründungsverträge. Alle die der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten gem. Art. 4 Abs. 1 EUV. Dies ergibt sich auch implizit aus Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 EGV , der dem Art. 5 EUV nachempfunden ist und die Unionsorgane wie folgt verpflichtet: ‘… ihre Befugnisse nach Maßgabe und im Sinne der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie der nachfolgenden Verträge und Akte zu deren Änderung oder Ergänzung einerseits und der übrigen Bestimmungen des vorliegenden Vertrages andererseits aus [-zuüben].’ So können die Organe der Union gem. Art. 5 EUV nur unter Beachtung des gemeinschafts- und unionsrechtlichen Primärrechts tätig werden. Allerdings sollte erwähnt werden, dass das Prinzip der Einzelermächtigung durch Art. 2 Abs. 2 EUV mit dem dort enthaltenen Verweis auf Art. 5 EGV kodifiziert wurde, indem die Union verpflichtet wird, nicht nur das Subsidiaritätsprinzip gem. Art. 5 Abs. 2 EUV und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gem. Art. 5 Abs. 3 EUV, sondern auch die Kompetenzverteilung zwischen EG/EU und den Mitgliedstaaten i. S. d. Art. 5 Abs. 1 EUV bei ihren Handlungen zu beachten. Eine geforderte Kompetenznorm zur Ermächtigung der EU zur Schaffung materiellen Strafrechts liegt explizit nicht vor. Im Folgenden werden Einzelermächtigungen in Bezug auf die mögliche Strafrechtssetzungs- sowie Harmonisierungskompetenz der EU erläutert. 2.1, Unionsstrafrechtliche Kompetenz im Rahmen der dritten Säule: Der Politikbereich zur strafjustiziellen Zusammenarbeit wurde nach dem Vertrag von Nizza in der dritten Säule gem. Art. 29 bis 42 EUV (a.F.) geregelt. Dieser Bereich hatte intergouvernementale Strukturen, unterlag dem Gebiet der gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik und war nicht etwa der supranationalen Rubrik der EG zugewiesen worden. Art. 29 Abs. 2 EUV (a.F.) formulierte eine strafrechtliche Kompetenz der EU, nämlich durch ‘Verhütung und Bekämpfung der – organisierten oder nicht organisierten – Kriminalität, insbesondere des Terrorismus, des Menschenhandels und der Straftaten gegenüber Kindern, des illegalen Drogen- und Waffenhandels, der Bestechung und Bestechlichkeit sowie des Betrugs’ das aus Art. 29 Abs. 1 EUV (a.F.) dargestellte Ziel, ein hohes Maß an Sicherheit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu gewährleisten. Dabei wird in Art. 29 Abs. 2 Spiegelstrich 3 i.V. m. Art. 31 Abs. 1 lit. e EUV (a.F.) eine Möglichkeit der Zusammenarbeit in Form der ‘Annäherung der Strafvorschriften der Mitgliedstaaten, … soweit dies erforderlich ist’ dargestellt. Wie eine derartige Annäherung zu gestalten ist, führt der Gesetzeswortlaut des Art. 31 Abs. 1 lit. e. EUV (a.F.) weiter aus. Demnach kann eine ‘Annäherung des materiellen Strafrechts der Mitgliedstaaten durch die Festlegung gemeinsamer Mindestanforderungen an Tatbestand und Rechtsfolge bestimmter Straftaten’ erfolgen. Somit regelt die dritte Säule der EU eine Annäherung des mitgliedstaatlichen Strafrechts durch die Festlegung von Mindeststandards an nationale Strafen und Tatbestände, wobei der EU keine Strafrechtssetzungskompetenz zugewiesen wird. Eine klare Eingrenzung der Kriminalitätsfelder erfolgt ebenfalls gem. Art. 31 Abs. 1 lit. e EUV (a.F.) und führt grenzüberschreitende Deliktsphänomene aus. Fraglich erscheint jedoch, ob diese Aufzählung der harmonisierungswürdigen Bereiche wie organisierte Kriminalität, Terrorismus und illegaler Drogenhandel abschließend ist. Dann wären andere Kriminalitätsbereiche von Harmonisierungsmaßnahmen ausgeschlossen und die Kompetenzgrundlage auf die genannten Deliktsbereiche beschränkt. Eine Auslegung des genauen Gesetzeswortlauts des Art. 31 lit. e EUV (a.F.) würde für eine auf die genannten Kriminalitätsbereiche begrenzte Annäherung sprechen. Art. 29 UA 2 EUV (a.F.) beschränkt sich jedoch nicht auf genannte Vergehenstypen, sondern stellt auf organisierte und nicht organisierte Kriminalität ab. Da Art. 29 EUV (a.F.) auf Art. 31 lit. e. EUV (a.F.) verweist, sind diese Normen im systematischen Zusammenhang auszulegen, sodass Art. 31 lit. e EUV trotz seiner unglücklichen Formulierung parallel zu Art. 29 EUV zu sehen ist und demnach den gesamten Kriminalitätsbereich umfasst. Ein weiteres Argument für die unbeschränkte Deliktsauffassung entgegen dem direkten Wortlaut des Art. 31 lit. e EUV (a.F.) ist die Tatsache, dass der Vertrag von Amsterdam eine Fortentwicklung und Verstärkung der Kriminalitätsbekämpfung herbeiführen sollte und bei Beschränkung auf die genannten Bereiche auf dem Stand des Vertrages von Maastricht bleiben würde (Hinweis acquis communautaire). Auch der Wortlaut und die teleologische Auslegung des einleitenden Halbsatzes des Art. 31 EUV (a.F.) (‘das gemeinsame Vorgehen … schließt ein’) kann dahin gehend interpretiert werden, dass die in lit. e genannten Deliktsbereiche nur beispielhaft sind und erweiterbar wären. Gegen diese Ansicht spricht die methodische Fragwürdigkeit, von einer Zielformulierung aus Art. 29 EUV auf eine Kompetenzgrundlage zu schließen. Dies erscheint aus dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung im EU-Recht als nicht möglich. Weiterhin wird in Art. 29 Abs. 2 Spiegelstrich 3 EUV auf die Grenzen des Art. 31 Abs. 1 lit. e EUV Bezug genommen, sodass es nicht stichhaltig ist, den Art. 29 EUV wiederum heranzuziehen, um die Grenzen des Art. 31 EUV zu erweitern. Mit dem Hinweis auf den aquis stellen die Befürworter der weiten Auslegung der Norm Gesetzgebungsmotive vor, die nicht Bestandteil der nationalen Ratifikationsverfahren waren. Weiterhin sei zu bedenken, dass beim Stand von Maastricht gar kein intensiver, in nationale Rechtsordnungen eingreifender Rahmenbeschluss existent war. Insgesamt erscheinen die Argumente für eine weite Auslegung geschwächt. Allerdings führt Suhr zu seiner Gegenauffassung fort, dass eine weite Auslegung gerechtfertigt sei, wenn alle Beteiligten mit einer Erweiterung der Deliktsweite einverstanden seien und eine weite Auslegung bewusst praktizieren, was dem Rechtsgedanken aus Art. 31 Abs. 3 lit. b Wiener Vertragsrechtskonvention entspräche. Als Beispiel für diese Verfahrensweise ist anzuführen, dass im Europarecht eine Stimmabgabe im Rat unterhalb der Ministerebene – trotz des klaren Wortlauts des Art. 203 Abs. 1 EGV – zugelassen ist. Nach der Würdigung der verschiedenen Deutungen ist von einer nicht abschließenden Aufzählung des Art. 31 lit. e EUV (a.F.) auszugehen. Dabei unterstreichen in der Praxis erlassene Rahmenbeschlüsse diese Auffassung, da sie über die genannten Bereiche hinausgehen, wie z.B. der Rahmenbeschluss zur Geldwäsche (ABIEG 2001 Nr. L182/1) sowie der Rahmenbeschluss über den Schutz der Umwelt (ABI. Nr. L29 vom 5.2.2003, S. 55). Im Ergebnis wird eine unionsrechtliche Strafrechtsharmonisierungskompetenz dem Anspruch der begrenzten Einzelermächtigung gerecht, wobei keine Strafrechtssetzungskompetenz vorliegt.
Sinan Eroglu, Dipl. Verwaltungswirt (FH), B.A. (LL.B), wurde 1979 in Gelsenkirchen geboren. Der Polizeihauptkommissar schloss sein Studium im Jahre 2003 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung mit dem Grad des Diplom Verwaltungswirt (FH) ab. Fasziniert von der Rechtswissenschaft schloss er sein zweites Studium neben dem Beruf an der FernUniversität in Hagen im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Laws erfolgreich ab und setzt sein Masterstudium an der juristischen Fakultät der FernUniversität in Hagen fort. Während des Studiums motivierte Ihn das Europarecht, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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