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Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Kinder und Jugendliche in der stationären Kinder- und Jugendhilfe haben oft schon viele Krisen und Brüche hinter sich, Phasen mit Übergängen, Abschied und Neubeginn. Nicht selten fehlen ihnen wichtige Informationen in ihrer Lebensgeschichte und sie entwickeln ganz eigene Phantasien über Lücken oder Ereignisse. Um sich positiv entwickeln zu können, ist es wichtig, ein Wissen über die eigene Lebensgeschichte zu haben und Ereignisse integrieren und akzeptieren zu können. Biografiearbeit als konkrete Form der Begleitung, Unterstützung und Gestaltung biografischer Prozesse ermöglicht es den Kindern und Jugendlichen, frühere Erfahrungen, Fakten und Ereignisse zu erinnern, zu rekonstruieren, zu dokumentieren, zu bewältigen und zu bewahren. Das Rekonstruieren von lebensgeschichtlichen Gesamtzusammenhängen erleichtert das Verstehen sich wiederholender Verhaltens- und Beziehungsmuster. Die Autorin beschreibt sowohl theoretische Grundlagen als auch Möglichkeiten der praktischen Umsetzung im Hilfeprozess und führt dabei die beiden Themen Biografiearbeit und stationäre Kinder- und Jugendhilfe auf Grundlage unterschiedlicher theoretischer Zugänge zusammen.
Textprobe: Kapitel 3.1, Biografische Selbstreflexion: ‘Biografie ist interaktiver Herstellungsprozess, biografische Selbstreflexion und Selbstpräsentation werden eingefordert und zugewiesen.’ (Hanses, 2008, 12). Biografische Selbstreflexion meint durch Übungen und Methoden strukturierte Rückgriffe auf die Lebensgeschichte. Dabei nimmt sie nicht nur das Individuum in den Blick sondern auch die gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Verhältnisse (Gudjons/ Wagener-Gudjons/ Pieper, 2008, 16). ‘Die Reflexion subjektiven Erlebens im gesellschaftlich-historischen Kontext ermöglicht die Verknüpfung der individuellen Geschichte mit der Kollektivgeschichte.’ (Hölzle, 2009a, 33). 3.2, Autobiografisches Gedächtnis: ‘Autobiografische Erinnerung ist ein dynamisches Geschehen, immer Prozess und Resultat zugleich.’ (Rath, 2009, 95). Nach Sigmund Freud (zit. In: ebd 91ff) ist unser autobiografisches Gedächtnis in Bezug auf Kindheitserinnerungen höchst unzuverlässig. Es kann aufgrund der Rückprojektionen von Phantasien Erinnerungsfälschungen erzeugen. Allerdings knüpft es an reale Kinderszenen an. Nicht nur die autobiografische Erinnerung, sondern auch Biografien und Autobiografien sind bezüglich ihres Wahrheitsgehalts fraglich (ebd). Erinnerungen werden nicht selten verkürzt oder ausgeschmückt, manche Erinnerungen verblassen, manche verschwinden, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden. Doch das Vergessen (z.B. schlimmer Erlebnisse) ist eine wichtige Fähigkeit, um handlungsfähig zu bleiben. Das autobiografische Gedächtnis unterliegt einem ständigen Wandlungsprozess (Gudjons/ Wagener-Gudjons/ Pieper, 2008, 25f). Jede Erinnerung einer biografischen Szene wird durch die erneute Erzählung wieder neu überschrieben, (Rath, 2009, 91ff) ‘… Erinnerungen sind Ereignisse plus die Erinnerung an die Erinnerung.’ (Welzer 2003, 200). Das autobiografische Gedächtnis ist die Grundfähigkeit das ICH und das DAMALS in Verbindung zu bringen (Gudjons/ Wagener-Gudjons/ Pieper, 2008, 13). In unserer Erinnerung finden sich verschiedene Repräsentationssysteme (visuell, auditiv, olfaktorisch, kinästhetisch), das hat zur Folge, dass durch Außenreize ein gespeichertes Ereignis assoziiert wird und das Gedächtnis danach sucht: ‘Wo habe ich das schon erlebt, gesehen, gehört, gerochen oder gefühlt?’ Bei der Konstituierung des autobiografischen Gedächtnisses spielen somit alle sinnlichen Wahrnehmungskanäle eine wichtige Rolle (Knoblich/ Schmid-Isringhausen, 2002, 107f). Spezifische Erinnerung werden oft verallgemeinert und werden nicht selten zu ‘… Schemata in Form von ?Skripts`…’ (ebd, 108), die für das Leben eine große Bedeutung haben. Nach diesen Skripts werden bestimmte Situationen und das Verhalten strukturiert (z.B. ‘ich wurde immer benachteiligt’) (ebd). ‘Lebensgeschichtliche Erzählungen […] geben […] Auskunft darüber, wie jemand sich in der Gegenwart situiert und welche ?Lehren` er aus seiner nach Maßgabe der Gegenwart fungierten Vergangenheit zieht, und nicht darüber, was er tatsächlich erlebt hat.’ (Welzer, 2003, 199f). Und letztendlich ist die entscheidende Frage bei Biografiearbeit nicht nach den Fakten, sondern nach dem subjektiven Erleben und Sinn (Gudjons/ Wagener-Gudjons/ Pieper, 2008, 26). Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen: Gegenstand der Biografiearbeit ist die methodische Begleitung und Anleitung der biografischen Selbstreflexion unter Berücksichtigung der Kenntnisse über das autobiografischen Gedächtnis. Biografiearbeit ist, wie bereits erwähnt, in konkrete Formen der Begleitung und Unterstützung eingebunden. Darum soll zunächst Biografiearbeit mit Kindern und Jugendlichen und anschließend im Feld der stationären Kinder- und Jugendhilfe erläutert werden.
Karin Baumgärtner, Sozialpädagogin (B.A.) und Erzieherin, wurde 1982 in Weißenburg geboren. Ihr Studium an der Katholischen Universität in Eichstätt, Studiengang Soziale Arbeit, schloss sie im Jahr 2010 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts ab. Während ihrer langjährigen Tätigkeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe konnte die Autorin vielfältige Erfahrungen sammeln und war von den Einsatzmöglichkeiten der Biografiearbeit begeistert. Diese positive Erfahrung und das Studium veranlassten die Autorin, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
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