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- Work-Life-Balance: Konzept für betriebliche Kinderbetreuungsmaßnahmen
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Abb.: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Immer häufiger beklagen deutsche Wirtschaftsunternehmen das Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte. Um dem zunehmenden Konkurrenzdruck im internationalen Wettbewerb standzuhalten, ist es wichtig, Fachkräfte anzuwerben und an das Unternehmen zu binden. Eine wesentliche Rolle spielen dabei familienfreundliche Maßnahmen, die dem Arbeitnehmer eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen und die Attraktivität des Arbeitgebers steigern. Work-Life-Balance Konzepte gehören mittlerweile weltweit zu einer der größten Herausforderungen des Personalmanagements. Auf Basis einer Mitarbeiterbefragung analysiert die vorliegende Arbeit diese Problemstellung für das Unternehmen IKEA am Distributionsstandort Dortmund. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Formen der betrieblich unterstützten Kinderbetreuung und der damit verbundenen Vor- und Nachteile wird eine bedarfsangepasste Handlungsempfehlung abgeleitet.
Textprobe: Kapitel 2, Work–Life–Balance: 2.1, Begriffsbestimmung: Work-Life-Balance bezeichnet ein Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Bereichen Familie und Beruf, welches immer wieder neu austariert bzw. neu hergestellt werden muss. Balance ist demzufolge eine dynamischere, aktivere und spannungsreichere Definition als Vereinbarkeit (vgl. Jurczyk 2005). Der Begriff ‘Diversity’ ist eine weitere Bezeichnung für diese Problematik. Die Wahrnehmung und Förderung der Individualität des Menschen bzw. der Mitarbeiter steht dabei im Mittelpunkt (vgl. Erler 2004). In den USA steht das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereits im Zentrum vielfältiger empirischer Untersuchungen. Auch in Deutschland steigt das Problembewusstsein und damit die Anzahl der Publikationen (vgl. Badura/Vetter 2004 Heywood et al. 2005). Während Work-Life-Balance Konzepte früher speziell Frauen und Familien betroffen haben, so ist es heute ein Problemfeld, welches für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft aller Mitarbeiter relevant ist (vgl. Erler 2004). Das heißt, die Vereinbarkeitsproblematik betrifft nicht nur Personen mit (kleinen) Kindern, sondern alle Beschäftigten unabhängig von Alter, Geschlecht und Familienstand. ‘Eine in der wissenschaftlichen Literatur verbreitete Definition zum Thema besagt, dass es sich bei einer gestörten Balance zwischen Arbeit und Privatleben um eine Form des Interrollenkonfliktes handelt, in dem der Erwartungsdruck aus dem einen Lebensbereich unvereinbar ist mit dem aus dem anderen.’ (Badura/Vetter 2004: 11). Im nächsten Kapitel wird auf die Problematik des Rollenkonfliktes und dessen Folgen eingegangen. 2.2, Rollenkonflikt: Bei einem Rollenkonflikt können zwei verschiedene Arten unterschieden werden: der Intra- und der Interrollenkonflikt (vgl. Goffman 2006). Ein Intrarollenkonflikt ist ein Konflikt innerhalb einer Rolle, d.h. verschiedene Personen haben an die betreffende Rolle unterschiedliche Erwartungen. Zum Beispiel muss eine Person als Mitarbeiter eines Unternehmens die Erwartungen des Vorgesetzten, des Kollegen und des Kunden erfüllen. Haben diese verschiedenen Ansprüche an das Rollenverhalten der Person, kann es zu Unstimmigkeiten und Konflikten kommen. Ein Interrollenkonflikt ist eine Diskrepanz zwischen verschiedenen Rollen, die ein und derselben Person zugeschrieben werden. Im Fall der Work-Life-Balance ist es zum einen die Rolle als Arbeitnehmer und zum anderen die Rolle als Privatperson. Diese stellen verschiedene, zum Teil entgegengesetzte, Ansprüche. Der Konflikt zwischen Familie und Arbeit ‘(is) a form of interrole conflict in which the role pressures from the work and family domains are mutually incompatible in some respect” (Greenhaus/Beutell 1985: 77). Dieser Konflikt kann aus drei verschiedenen Dimensionen bestehen: Zeit, Verhalten und emotionale Belastung. Ändert sich eine dieser Variablen innerhalb einer Rolle, kann es zu einer Verschiebung und Beeinträchtigung der anderen Rollenausübung kommen. Am einfachsten lässt sich dies am Beispiel Zeit verdeutlichen. Muss die Person aufgrund eines wichtigen Projektes regelmäßig Überstunden machen, kann es zu einer Vernachlässigung des privaten Bereichs kommen. Es entsteht ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen den Problembereichen Arbeit und Familie (vgl. Greenhaus/Beutell 1985). Es besteht die Möglichkeit, dass sich die private Situation negativ auf die Erwerbstätigkeit auswirkt. In solchen Situationen ist ein ‘family-to-work conflict’ vorhanden (vgl. Mesmer-Magnus/Viswesvaran 2006 Schobert 2007). Belastende Einflüsse wirken jedoch häufiger von der Arbeit in die Familie als umgekehrt, d.h. das Arbeitsleben wirkt sich öfter negativ auf die Familie und Partnerschaft aus, als das Privatleben auf den Beruf (vgl. Badura/Vetter 2004). Trotz der veränderten geschlechtlichen Arbeitsteilung sind nach wie vor hauptsächlich die Frauen für die Betreuung und Versorgung der Kinder zuständig (vgl. Aryee/Luk 1996 Jürgens 2005 Riedel 2007). Aus diesem Grund stellt sich für sie das Konfliktfeld Familie und Beruf brisanter dar als für Männer (vgl. Dorbritz/Fiedler 2007 Klenner 2005). Des Weiteren ist besonders die ‘Sandwich – Generation’ durch die Versorgung und Pflege der Eltern und der eigenen Kinder stark privat belastet (vgl. Esslinger/Schobert 2007). Das Problemfeld vergrößert sich zudem durch die steigende Zahl von Zweiverdienerhaushalten und die Zunahme von Alleinerziehenden (vgl. Duxbury/Higgins 1991). Es ist jedoch nicht nur eine negative, sondern auch eine positive Beeinflussung der beiden Lebensbereiche denkbar. Um als Privatperson und als Arbeitnehmer voll funktionsfähig zu sein, müssen die wesentlichen Voraussetzungen wie z.B. psychisches Wohlbefinden und körperliche Gesundheit erfüllt sein. Aus diesem Grund ist es wichtig, als Arbeitgeber die Vereinbarkeit von Beruf und Familie der Mitarbeiter zu unterstützen und zu fördern (vgl. Badura/Vetter 2004). 2.3, Familienorientierte Personalpolitik: ‘Familienbewusste Personalpolitik umfasst alle freiwilligen Regelungen im Unternehmen, die formell oder informell getroffen werden, um die Kombination der Lebensbereiche Beruf und Familie zu ermöglichen oder zu fördern. Ansatzpunkt der Maßnahmen familienbewusster Personalpolitik ist die Lösung des Konkurrenzverhältnisses um die Ressource Zeit, auf welche Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils für die Bereiche Beruf und Familie einen eigenen, mitunter diametralen Anspruch erheben.’ (Junke 2005: 8). Es gibt es ein breites Spektrum betrieblicher Maßnahmen, die familienpolitisch wirksam sind. Es lassen sich acht Handlungsfelder unterscheiden (vgl. Becker 2002, 2004): 1. Arbeitszeit, 2. Arbeitsabläufe und Arbeitsinhalte, 3. Arbeitsort, 4. Kommunikations- und Informationspolitik, 5. Führungskompetenz, 6. Personalentwicklung, 7. Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen, 8. Service für Familien. Bei diesen Möglichkeiten kann zwischen zwei verschiedenen Gruppen unterschieden werden. Zum einen kann das Unternehmen externe Angebote, wie z.B. Putzdienste, Pflegeservice, Kindertagesstätten, vermitteln. Zum anderen können Maßnahmen, wie z.B. die Führungskompetenz, die Kultur des Unternehmens verändern und zu einer nachhaltig verbesserten Work-Life-Balance führen (vgl. Thompson et al. 1999). Beide Teilbereiche sind für eine umfassende familienfreundliche Arbeitspolitik notwendig. Jedoch kommt es vorrangig zur Nutzung von externen Angeboten anstelle eines internen Kulturwandels (vgl. Erler 2005). In den folgenden Kapiteln werden die verschiedenen familienfreundlichen Maßnahmen in ihrer Wirkungsweise und Anwendung kurz erläutert. 2.3.1, Arbeitszeit: Trotz der enormen Bandbreite von familienfreundlichen Maßnahmen konzentrieren sich die meisten Unternehmensaktivitäten lediglich auf eine Flexibilisierung der Arbeitszeit (vgl. Badura/Vetter 2004 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Institut der deutschen Wirtschaft 2006). Darunter werden alle Arbeitszeitmodelle verstanden, die von der Normalarbeit abweichen (vgl. Astor et al. 2005a). Diese Veränderung der Arbeitszeitstruktur wird seit den 90er Jahren als Entlastung des Vereinbarkeitskonfliktes erkannt und angewendet (vgl. Arthur/Cook 2004). In diesem Rahmen entwickelten sich vielfältige Modelle, die die Lage und die Dauer der Arbeitszeit betreffen. Gleitzeit, Teilzeit, Arbeitszeitkonten, Jobsharing und Schichtarbeit sind in der Praxis häufig umgesetzte Maßnahmen (vgl. Voß 1998). Im Vergleich zu anderen familienfreundlichen Maßnahmen, die auf spezielle Mitarbeitergruppen bezogen sind, stellt die Möglichkeit der individuellen und flexiblen Arbeitszeit einen Benefit für alle Beschäftigten dar (vgl. Mesmer-Magnus/Viswesvaran 2006). Berufstätige Eltern empfinden dies als eine der wichtigsten familienfreundlichen Maßnahmen (vgl. Galinsky et al. 1996). Abbildung 2-2 gibt einen Überblick über die verschiedenen Arbeitszeitmodelle in deutschen Unternehmen. Es ist deutlich zu erkennen, dass deren Verbreitung von 2003 auf 2006 zugenommen hat. Am häufigsten angewendet wird die individuelle Arbeitszeit. 72,9 Prozent der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern diese Möglichkeit. Die Vertrauensarbeitszeit, die Telearbeit und Sabbaticals haben den größten Zuwachs zu verzeichnen. In drei Jahren haben sich diese Arbeitszeitregelungen mehr als verdoppelt. Ein Unternehmen sollte eine Vielzahl an flexiblen Arbeitszeitmodellen anstatt einer Standardlösung anbieten. Nur so kann die Anwesenheit bei der Arbeit so effizient wie möglich genutzt werden (vgl. Bessing 2008). Unternehmen setzen durch die Festlegung des Arbeitszeitmodells die wesentlichen Rahmenbedingungen für das Familienleben der Beschäftigten. Haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Erwerbsarbeit auf ihre familialen Belange anzupassen, sind sie zufriedener und arbeiten produktiver (vgl. Clark 2001 Heywood et al. 2005). Die Zeitsouveränität der Beschäftigten steigt. Flexible Arbeitszeiten können zudem den Wiedereinstieg in das Berufsleben erleichtern, Freiräume für Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen schaffen und einen unproblematischen Übergang in den Ruhestand gewährleisten (vgl. Fauth-Herkner 2004). ‘Flexible Arbeitszeiten können jedoch nicht a priori und pauschal als Möglichkeit einer besseren Vereinbarkeit beider Lebensbereiche angesehen werden. (…) Ihre Wirkungen sind oftmals ambivalent.’ (Klenner/Pfahl 2005: 125f). Diese Form bietet demzufolge nicht nur Chancen, sondern auch Risiken für die Arbeitnehmer. Es kommt zu einer Entgrenzung des zeitlichen Handelns. Anfang, Ende, Lage, Dauer und Unterbrechungen der Arbeitstätigkeit müssen vom Arbeitnehmer aktiv hervorgebracht und gestaltet werden (vgl. Jurczyk/Voß 2000). Es kann zu einer Vermischung von Privat- und Arbeitsleben kommen. Besonders betroffen sind hierbei Personen, die ihre Arbeit zu Hause verrichten (vgl. Voß 1998). Wird die Entstandardisierung der Arbeitszeiten lediglich im Sinne von Schicht- bzw. Wochenendarbeit umgesetzt, so kann hier nicht von einer Verbesserung der Work-Life-Balance-Situation gesprochen werden. Die Mitarbeiter können den Zeitpunkt und die Dauer ihrer Arbeit nicht individuell und flexibel festlegen, da diese vom Unternehmen vorgegeben werden (vgl. Astor et al. 2005a). Eine verbesserte Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienleben ‘hängt deshalb wesentlich vom Grad der Mitbestimmung der Beschäftigten über Lage, Dauer und Verteilung der Arbeitszeiten ab’ (Jürgens 2005: 181, Hervorhebung im Original). 2.3.2, Arbeitsabläufe und Arbeitsinhalte: Neue Arbeitsabläufe und -inhalte sind weitere, häufig angewandte Maßnahmen im Bereich von Familie und Beruf (vgl. Badura/Vetter 2004 Becker 2003). Ebenso wie eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, kann die familienfreundliche Gestaltung der Arbeitsorganisation die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter erhöhen. ‘Die Balance von Beruf und Familie wird durch flexible Gestaltung und Verteilung von Arbeitsaufträgen, durch multifunktionalen Personaleinsatz und Mitarbeiterbeteiligung erleichtert.’ (Becker 2004: 165). Maßnahmen, die in diesem Rahmen eingesetzt werden, sind z.B. Teamarbeit, Qualitätszirkel, Kommunikationsinseln und Überprüfung von Arbeitsabläufen (vgl. Becker 2004). Durch die rasante Veränderung innerhalb der Arbeitsorganisation und der Arbeitsinhalte entstehen neue Anforderungen an die Beschäftigten. Es wird zunehmend ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erforderlich. Die Arbeitnehmer müssen ihr Privatleben den Anforderungen ihrer Arbeit anpassen. Dies führt wiederum zu einer erschwerten Work-Life-Balance (vgl. Prantl 2005), d.h. auch diese Maßnahmen sind mit ambivalenten Folgen für die Betroffenen verbunden.
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