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- Schutz vor Industriespionage: Analyse, Prävention und Abwehr des irregulären Verlustes von Know-how in Unternehmen
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Abb.: 30
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Schon Christoph Kolumbus war sich über den Wert genauer Informationen und des damit in Verbindung stehenden Wissens bewusst. Jedoch gelten Wissen, Know-how und Informationen erst seit den ersten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur knowledge society durch Peter Drucker im Jahr 1968 als einer der strategisch kritischsten Erfolgsfaktoren und als wichtige Ressource im Wettbewerb. Aus diesem Grunde ist der irreguläre, in diesem Sinne illegale, durch vorsätzliche Handlung erzwungene Verlust von Know-how in Unternehmen eine ernstzunehmende und massive Gefahr für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Die stetig zunehmende Globalisierung, die damit einhergehende Öffnung und Integration neuer Märkte und Länder in den Welthandel sowie der sich rasant beschleunigende Technologiewandel - gekennzeichnet durch immer kürzere Produktlebenszyklen mit immer wissensintensiveren Gütern und Dienstleistungen - gelten primär als einer der Ursprünge für vielfältige und allgegenwärtige Bedrohungen durch den irregulären Verlust von Know-how. Infolgedessen stellen diese Bedrohungen neue Herausforderungen an das Management von Wissen, Know-how und Informationen in Unternehmen und erhöhen die immanente Notwendigkeit für den Schutz gegen den irregulären Verlust.
Kapitel 3.2, Fall- und Schadensanalyse bezüglich Know-how-/Informationsverlusten in Baden-Württemberg ab 1995: Ziel der Studie, welche im Zeitraum von 2002 bis 2004 durch Professoren der Universität Lüneburg im Auftrag des Sicherheitsforums Baden-Württemberg durchgeführt wurde, ist die Erörterung folgender Sachverhalte: (1) Ermittlung der quantitativen, realen Schadenshöhe und –relevanz sowie des quantitativen Gefährdungspotentials durch irregulären Verlust von Know-how in Unternehmen. (2) Ermittlung und Beschreibung der Hauptwege der Informationsverluste. (3) Darstellung vorhandener, genutzter Sicherungsmaßnahmen und Aufzeigen von Wegen zur Prävention und Informationssicherung. 3.2.1, Analyse und Bewertung der Studie: (1) Methodik der Studie: Auf Basis neun bekannter und registrierter Fälle von irregulärem Verlust von Know-how in Unternehmen wurde ein Fragebogen zur Thematik erstellt. Dieser wurde an 2.400 technologieorientierte und gewerbliche IHK-Firmen geschickt, die per Zufallsgenerator ausgewählt wurden und welche durch ihre Unternehmung der potentiellen Gefahr des irregulären Verlustes von Know-how ausgesetzt sind. Dabei liefen 400 verwertbare Fragebögen zurück. (2) Aussagen zum Gefährdungspotential/Schadensausmaß sowie zu Tätern und deren Motive: Als Gefährdungspotential durch irregulären Verlust von Know-how konnte für Baden-Württemberg ein Wert von rund 7 Milliarden € pro Jahr und für die gesamte BRD insgesamt von ca. 50 Milliarden € pro Jahr ermittelt werden. Der Wert der tatsächlich eingetretenen Schäden wird, empirisch abgesichert, mit etwa 1 Milliarde € für Baden-Württemberg und zwischen 7 und 8 Milliarden € für die Bundesrepublik errechnet. Rund 70% der Unternehmen bestätigen (~60%) bzw. vermuten (~8%), bereits einmal durch irregulären Verlust von Know-how geschädigt worden zu sein. Größte Gefahr geht dabei in fast jedem vierten Fall von ehemaligen Mitarbeitern, also internen Akteuren, sowie in jedem dritten Fall von Konkurrenten oder Geschäftspartnern, also externen Akteuren, aus. In fast der Hälfte aller durch interne Akteure verursachten Fälle konnte bei den Tätern eine auffallend ‘abnehmende Identifizierung mit dem Unternehmen’ bzw. eine ‘deutlich geäußerte Unzufriedenheit’ wahrgenommen werden. Staatliche, nachrichtendienstliche Organe spielen hingegen so gut wie keine Rolle. In über 40% der eingetretenen Schadensfälle erfolgte keine weitere Bearbeitung/Strafverfolgung. Dieser Umstand untermauert die Vermutung vieler Experten, dass sowohl die Anzahl registrierter Fälle als auch die ermittelte Schadenshöhe mit einer hohen Dunkelziffer belastet ist. (3) Aussagen zu Präventions- und Abwehrmaßnahmen: Als Sicherungsmaßnahmen nach Eintritt des Schadens wurden sowohl personelle, technische und organisatorische als auch juristische Schutzmaßnahmen ergriffen. Auffällig ist die Tatsache, dass die eingeführten Maßnahmen umso umfassender und konzeptioneller sind, je größer das Unternehmen ist. Jedoch stehen die Aufwendungen zum Schutz des Know-hows in extremem Verhältnis zum Gefährdungspotential und den eingetretenen Schadenssummen. Sie entsprechen weniger als 5% der Gefährdungssumme und weniger als 30% der Schadenssumme. Somit lässt sich angesichts der massiven Bedrohung feststellen, dass Unternehmen zu wenig in die Prävention und Abwehr des irregulären Verlustes von Know-how investieren. (4) Bewertung/Offene Punkte/Forschungsbedarf: Ein offener Punkt ist die Klärung, warum bis zum Zeitpunkt der eingetretenen Fälle keine bzw. nur äußerst geringe Schutzmaßnahmen bestanden. Des Weiteren ungeklärt ist die Frage, wieso die Unternehmen ob des massiven Gefährdungspotentials nicht stärkere Schutzmaßnahmen, insbesondere vor internen Akteuren, institutionalisieren (Missverhältnis Aufwand zum Schutz in Bezug auf das Gefahren-potential). Liegt dies am mangelnden Gefahrenbewusstsein, an organisatorischen Hindernissen oder gar an Kostengründen? Zudem wäre es zur Verbesserung der Strafverfolgung von Interesse genauer zu klären, warum die Verfolgung von rund der Hälfte aller Fälle nicht erfolgt. Abschließend kann diese Studie jedoch als Meilenstein angesehen werden, da sie erstmalig empirisch gesicherte Erkenntnisse über das Gefahrenpotential und Schadensausmaß des irregulären Verlustes von Know-how in Unternehmen liefert. Um jedoch eine noch fundiertere empirisch belegte Basis zur Thematik zu erhalten, wäre eine analog aufgebaute Studie auf bundesdeutscher Ebene wünschenswert. 3.3, Annual Report to Congress on Foreign Economic Collection and Industrial Espionage 2005: Ziel dieser jährlich, von der US-amerikanischen Behörde ‘Office of the National Counter-intelligence Executive’ (ONCIX) durchgeführten Studie ist in erster Linie die Erörterung folgender Sachverhalte: (1) Ermittlung des Umfangs der durch ausländische Täter durchführten Wirtschafts- und Industriespionage in den USA in den entsprechenden Fiskaljahren. (2) Ermittlung der in den USA durch ausländische Wirtschafts- und Industriespionage betroffenen und gefährdeten Wirtschafts- und Militärsektoren bzw. Technologien. (3) Ermittlung der Methoden, mit welchen dieser Know-how-Abfluss durchgeführt wird. 3.3.1, Analyse und Bewertung der Studie: (1) Methodik der Studie: Basis dieser jährlichen Studie bzw. des Berichtes an den Kongress der USA bilden umfangreiche Dokumente und Informationen diverser US-Behörden und US-Ministerien. Der Schwerpunkt dieser Unterlagen bezieht sich auf Kenntnisse über Wirtschafts- und Industriespionage. Bereits dieser Umstand wird sehr kritisch gesehen, da die Datenerhebung entsprechend intransparent ist und als nicht zweifelsfrei empirisch fundiert angesehen werden kann. Diese Studie muss demnach als nicht repräsentativ angesehen werden. (2) Aussagen zum Gefährdungspotential/Schadensausmaß sowie zu Tätern und deren Motive: Demnach waren zum Jahresende 2005 insgesamt 122 Fälle von Wirtschafts- und Industrie-spionage beim FBI anhängig sowie über 100 Länder an Bemühungen zur Sammlung US-amerikanischen Technologie-Know-how’s beteiligt. Von den Verfassern der Studie wird zwar angenommen, dass dieser irreguläre Verlust von Know-how massive Kosten für die Vereinigten Staaten verursacht, nachlässiger Weise werden jedoch keine Zahlen genannt. Als Treiber für die seit Jahren massive Zunahme nach ‘(…) Access to Sensitive Technologies” wird die zunehmende Globalisierung identifiziert. Bemühungen staatlicher Organe aus Russland und China werden mitunter als die größte und aggressivste Bedrohung für US-Technologien angesehen und an diversen Stellen in der Studie explizit verdeutlicht. Zunehmende Gefahr durch irregulären Verlust von Know-how wird in den stetig steigenden Offshoring-Aktivitäten US-amerikanischer Unternehmen gesehen. Die Verfasser der Studie betrachten das sich dann im Ausland befindliche Know-how als nur schwer schützbar. Als Ursprung der Akteure, welche den irregulären Verlust von technischem Know-how in den USA betreiben, werden von den US-Behörden in jedem zweiten Fall ausländische Staaten angesehen. In nur 25% der Fälle werden Konkurrenzunternehmen als Täter erkannt. Da diese Daten jedoch aus Analysen im Umfeld von Rüstungsunternehmen erstellt wurden, ist der hohe Anteil staatlich gelenkter Spionage mit Vorsicht zu interpretieren, da dieser Wirtschaftssektor traditionell stärker durch Wirtschafts- als durch Industriespionage betroffen ist. Primäre Methode (~65-70% aller Fälle), mit welcher der irreguläre Verlust von technischem Know-how in den USA betrieben wird, ist die direkte Anfrage nach Gütern aus den betroffenen Bereichen. Dabei wird als irregulär angesehen, dass diese Anfragen oft mit der Absicht zur Umgehung von rechtlichen Vorschriften durchgeführt werden. Als weitere Instrumente, um den Abfluss von Know-how zu ermöglichen, gelten ‘exploitation of relationships’ (~5-9%), die Bewerbung zur Durchführung technischer Dienstleistungen und die damit verbundene Nähe zu sensitivem Know-how (~2-13%), sowie die Möglichkeit, durch Besuche in den USA auf Messen und Ausstellungen technisches Know-how zu erhalten (~10-26%). In letzterem Fall kann jedoch im Sinne dieser Arbeit kein irreguläres Verhalten festgestellt werden. Eine weitere Methode, welche immer größeres und gefährlicheres Aus-maß annimmt, ist die Ausspähung von technischem Know-how durch den Einsatz des Internets. Als betroffene Wirtschafts- und Militärsektoren bzw. Technologien werden die bereits von anderen Experten genannten Bereiche identifiziert. Hinzu kommen jedoch Technologien aus den Bereichen der Raumfahrt sowie der chemischen Industrie. (3) Bewertung/Offene Punkte/Forschungsbedarf: Abschließend ist diese Studie äußerst kritisch zu bewerten. Zwar wird die offizielle Zielsetzung erfüllt, jedoch auf rein formaler Basis. Einer der größten Mängel ist die intransparente, meist inkohärente Datenbasis. Dies erklärt die oft vagen, teils widersprüchlichen und somit nur bedingt aussagekräftigen quantitativen Angaben. Zudem fokussiert sich die Untersuchung sehr stark auf Wirtschaftsspionage. Industriespionage durch Konkurrenz-unternehmen wird fast gänzlich ausgeklammert. Weiterer wesentlicher Kritikpunkt ist die fehlende Analyse bestehender und auch potentieller Schutzmöglichkeiten.
Philipp Wagner wurde 1980 in Schwenningen am Neckar geboren. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Passau schloss der Autor im Jahre 2007 mit dem akademischen Grad des Diplomkaufmanns erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte Wagner umfassende praktische Erfahrungen in der Industrie unter anderem bei Siemens und ContiTech und kam dort erstmals mit dem Thema dieses Buches in Kontakt. Inzwischen ist er geschäftsführender Gesellschafter eines mittelständischen Unternehmens und lebt in Stuttgart und München.
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