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- Rechnungslegung im gemeinnützigen Sektor: Eine vergleichende Studie zu Handlungsansätzen in der Rechnungslegung von spendensammelnden Organisationen
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Spenden sammelnde Organisationen sind im 21. Jahrhundert eine wichtige politische Kraft und aus dem sozialen Sektor nicht mehr wegzudenken. Ihre Tätigkeitsfelder sind breit gefächert und berühren alle Bereiche des täglichen Lebens. Doch ohne externe finanzielle Unterstützung können sie nicht tätig werden. Dies bedingt jedoch eine besondere Rechenschaftspflicht gegenüber den unterschiedlichen Anspruchsgruppen. Neben den privaten und öffentlichen Geldgebern wollen auch Klienten, Mitglieder, Ehrenamtliche und die breite Öffentlichkeit genauestens über den Spendeneinsatz informiert werden. Diese Informationen, Berichte und Auskünfte über die Lage der Organisation sind jedoch adressatengerecht aufzubereiten, um eine Über- oder Unterinformation zu vermeiden. Die Spenden sammelnden Organisationen werden daher vor die Herausforderung gestellt, ihr Agieren transparent darzustellen und parallel professionelle Strukturen für die Verarbeitung und Aufbereitung der notwendigen Informationen zu entwickeln.
Textprobe: Kapitel 3.1.2.1 Aktivierungswahlrechte nach HGB: Aktivierungswahlrechte sind Ermessensspielräume, die der Gesetzgeber dem Bilanzierenden einräumt. Unternehmen können hierdurch entsprechend ihrer bilanzpolitischen Ziele selber entscheiden, ob bestimmte Güter aktiviert werden sollen oder nicht. Vermögensgegenstände, für die ein solches Aktivierungswahlrecht besteht, sind selbst geschaffene, nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens (§ 248 (2) Satz 1 HGB), Damnum von Verbindlichkeiten (§ 250 (3) HGB) und aktive latente Steuern (§ 274 (1) Satz 2 HGB). Gemäß § 248 (2) Satz 1 HGB besteht ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene, nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens. Das Wahlrecht ist gemäß § 255 (2a) Satz 4 HGB auf die Entwicklungskosten beschränkt und betrifft beispielsweise die Entwicklung einer eigenen Software, nicht aber deren Forschungskosten. Können Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander unterschieden werden, ist eine Aktivierung gemäß § 255 (2a) Satz 4 HGB ausgeschlossen. Zudem dürfen VGG nur mit in die Bilanz aufgenommen werden, wenn das Unternehmen ausreichend dokumentiert hat, dass das immaterielle Gut die Voraussetzungen eines VGG im Sinne der GoB erfüllt. Nicht mit aufgenommen werden dürfen nach § 248 (2) Satz 2 HGB selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte und Ähnliches. Ein weiteres Aktivierungswahlrecht betrifft das Damnum. Dieses liegt vor, wenn der Rückzahlungsbetrag einer aufgenommenen Verbindlichkeit höher ist als der Ausgabebetrag durch den Gläubiger. Der hieraus resultierende Unterschiedsbetrag darf auf der Aktivseite der Bilanz als Rechnungsabgrenzungsposten bilanziert werden. Falls das Wahlrecht nicht in Anspruch genommen wird, ist der Unterschiedsbetrag zum Zeitpunkt der Darlehensausgabe als Aufwand in der GuV zu erfassen. Nach § 274 (2) HGB steht es den Unternehmen zudem frei, aktive latente Steuern zu aktivieren. Sie entstehen durch unterschiedliche Wertansätze nach Handels- und Steuerrecht. Dies ist beispielsweise durch die Aktivierung selbst geschaffener, nicht entgeltlich erworbener immaterieller Vermögenswerte des Anlagevermögens in der Handelsbilanz möglich. Grundsätzlich erschweren Wahlrechte die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen. Zudem sieht das HGB für die Ansatzwahlrechte kein Stetigkeitsgebot vor. Für spendensammelnde Organisationen ist es jedoch wichtig, dass die Abschlüsse nicht zu stark voneinander abweichen, da potentielle Spender für die Entscheidung über ihre Spendenvergabe eine einheitliche Grundlage benötigen. Um weitere Informationen bezüglich etwaiger Unterschiede zu liefern, ist daher die Erstellung eines Anhangs unabdingbar. In diesem sollten gemäß § 284 (2) Nr. 1 und 3 HGB Ansatzregelungen und gegebenenfalls Abweichungen zum Vorjahr erläutert werden. Beispielsweise führt die Aktivierung beziehungsweise Nicht-Aktivierung von selbst geschaffenen, nicht entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögenswerten zu unterschiedlichen Jahresabschlüssen und den Spendern würde die Vergleichsgrundlage fehlen. Dies könnte zu Vermutungen über Intransparenz und somit zu einem Vertrauensverlust des Spenders führen. Durch das Wahlrecht werden jedoch keine Kosten verschleiert sondern ein bilanzpolitisches Instrument gegeben, mit dem die Organisation selbst entscheiden kann, in welcher Höhe sie ihr Jahresergebnis belasten will. Fraglich ist jedoch, inwieweit eine spendensammelnde Organisation auf bilanzpolitische Instrumente zurückgreifen muss oder will, da keine Gewinnausschüttung stattfindet und kein Profit erzielt wird. Aufgrund dessen scheint eine Vereinheitlichung des bestehenden Wahlrechtes in Anbetracht der Transparenz, Vergleichbarkeit und Einheitlichkeit des Jahresabschlusses die bessere Alternative darzustellen. Eine Umwandlung des Wahlrechts in ein Gebot würde grundsätzlich die Ansprüche des Spenders und der interessierten Öffentlichkeit besser befriedigen, da gerade größere Organisationen eventuell nicht auf bilanzpolitische Instrumente verzichten wollen. Das Damnum ist ebenfalls ein bilanzpolitisches Instrument. Hier entscheidet die Organisation gleichermaßen nur, wann und in welcher Höhe der Aufwand anfallen soll. Aus den bereits im vorherigen Absatz beschriebenen Gründen der Einheitlichkeit und Transparenz gegenüber dem Spender, sollte dieses Wahlrecht aufgehoben und in ein Gebot umgewandelt werden. Hierdurch würden verschiedene Kreditformen übersichtlich dargestellt und dem Bilanzleser ein besserer Überblick gewährt werden. Aktive latente Steuern entstehen nur, wenn sich die Bilanz nach Steuer- und Handelsrecht unterscheiden. Im Falle einer spendensammelnden Organisation ist dieses Wahlrecht jedoch nur interessant, wenn sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt und aufgrund dessen Steuern abführt. Die Mehrheit der Organisationen wird jedoch eine steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach den §§ 51ff. AO innehaben. Für Organisationen, die nicht steuerbefreit sind, erscheint die Beibehaltung des Wahlrechts daher unproblematisch. 3.1.2.2 Aktivierungsverbote nach HGB: Wie bereits erläutert, dürfen VGG oder Schulden nur aktiviert werden, wenn sowohl eine abstrakte als auch eine konkrete Bilanzierbarkeit vorliegt. Daher besteht im Einzelnen ein Aktivierungsverbot für Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens (§ 248 (1) Nr. 1 HGB), Aufwendung für die Beschaffung des Eigenkapitals (§ 248 (1) Nr. 2 HGB) und Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen (§ 248 (1) Nr. 3 HGB), da diese nicht dem Betriebsvermögen zurechenbar und somit auch nicht konkret bilanzierungsfähig sind. Zudem verbietet der Gesetzgeber gemäß § 248 (2) Satz 2 HGB die Aktivierung von bestimmten, selbst geschaffenen, immateriellen VGG des Anlagevermögens aufgrund der eingeschränkten Bewertungszuverlässigkeit. Hierdurch soll ein zu großer Ermessenspielraum bei der Bewertung und Gewinnerzielung unterbunden werden. Im Einzelnen handelt es sich um Marken, Drucktitel, Verlagsrechte und Kundenlisten oder vergleichbare selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Hinsichtlich des originären Firmenwertes verzichtet der Gesetzgeber auf ein explizites Aktivierungsverbot, da eine Bilanzierung aufgrund fehlender Vermögensgegenstandseigenschaft von vornherein ausscheidet. Dies gilt auch für Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs. Für spendensammelnde Organisationen stellen die oben genannten Aufwendungen ebenfalls keine VGG dar und entstehen zumeist einmalig, damit die Organisation ihre Arbeit aufnehmen kann. Daher ist das Verbot als unproblematisch einzuschätzen und sollte nicht verändert werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf den Anhang des Jahresabschlusses hinzuweisen, da dort nicht bilanzierungsfähige Kosten dargestellt werden können. Hierbei sind insbesondere die Gründungskosten sowie die Kosten für die Beschaffung des Kapitals nicht zu vernachlässigen. Im ersten Jahresbericht der spendensammelnden Organisation kann dieser Kostenfaktor aufgeschlüsselt und detailliert dargestellt werden. Dies würde die Transparenz gegenüber Spendern und der interessierten Öffentlichkeit erhöhen. Grundsätzlich sind die Regelungen der handelsrechtlichen Ansatzgrundsätze der Akiva auf spendensammelnde Organisationen unproblematisch anwendbar. Eine Diskussion ist nur im Bereich der Aktivierungswahlrechte angebracht. Hier besteht für privatwirtschaftliche Unternehmen ein Spielraum, der für spendensammelnde Organisationen überdacht werden sollte. Aktivierungsverbote und -gebote sollten jedoch sowohl für privatwirtschaftliche Unternehmen, als auch für spendensammelnde Organisationen gelten, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden und eine Vergleichsmöglichkeit zwischen den Organisationen zu ermöglichen. Jedoch sollten bilanzierungsunfähige Kosten der Aktivierungsverbote im Anhang der spendensammelnden Organisation dargestellt und erläutert werden, um den Adressaten notwendige Informationen zu bieten, die von Interesse sein könnten. 3.1.3 Passiva nach HGB: Auf der Passivseite der Bilanz steht das im Unternehmen investierte Gesamtkapital. Dieses ist nach dem Prinzip der Zahlungsdringlichkeit und der Rechtsstellung der Kapitalgeber geordnet und stellt somit die Mittelherkunft des Unternehmens dar. Die Passivposten gliedern sich gemäß § 247 (1) HGB in Eigenkapital, Schulden, passive Rechnungsabgrenzungsposten und passive latente Steuern. Unter dem Oberbegriff Schulden werden Passivposten subsumiert, die nicht Eigenkapital, passive Rechnungsabgrenzungsposten oder passive latente Steuern sind. Ob dann eine Schuld als Verbindlichkeit oder Rückstellung zu bilanzieren ist, hängt davon ab, ob die Verpflichtung sicher oder unsicher ist und/oder ob die aus der Verpflichtung resultierende wirtschaftliche Belastung exakt oder lediglich in einer Bandbreite quantifizierbar ist. Verbindlichkeiten sind Verpflichtungen der Unternehmung gegenüber seinen Lieferanten oder sonstigen Gläubigern, deren Grund und Höhe bekannt ist. Nach § 253 (1) HGB sind diese mit dem künftigen Erfüllungsbetrag zu passivieren. Dieser stimmt auch überiwegend mit dem zugeflossenen Betrag überein. Bei Darlehen oder Anleihen ist jedoch oftmals der Ausgabebetrag geringer als der Erfüllungsbetrag. Für dieses sogenannte Damnum besteht, wie bereits erläutert, ein Aktivierungswahlrecht. Bei Rückstellungen sind, im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten, der Grund und/oder die Höhe der Verpflichtung nicht sicher. Allerdings dürfen diese nicht nur vage bestehen und in maximaler Höhe bilanziert werden. Vielmehr sollte eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit bestehen und ein objektiver Wert angesetzt werden. Daher ist nach HGB nur die Bildung für folgende Rückstellungen möglich: ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 (1) Satz 1 HGB, erster Sachverhalt), drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 (1) Satz 1 HGB, zweiter Sachverhalt), Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtung (§ 249 (1) Satz 2 Nr. 2 HGB) und im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 (1) Satz 2 Nr. 1 HGB). Zudem sind gemäß § 250 (2) HGB passive Rechnungsabgrenzungsposten Bestandteil der Passiva. Diese müssen, analog zu den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, gebildet werden, wenn das Unternehmen Einnahmen erhält, die einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Dies kann beispielsweise bei Mieteinnahmen der Fall sein. Weiters befinden sich auf der Passivseite passive latente Steuern. Wie bei aktiven latenten Steuern entstehen diese, wenn unterschiedliche Wertansätze nach Handels- und Steuerrecht existieren. Der handelsrechtliche Gewinn bildet hierbei die Ausgangsbasis und wird um steuerrechtliche Vorschriften korrigiert. Ist der Steueraufwand nach HGB höher als die Steuerzahlung nach Steuerrecht wird der Differenzbetrag auf der Passivseite als latente Steuer ausgewiesen. Im Gegensatz zu Verbindlichkeiten oder Rückstellungen handelt es sich beim Eigenkapital nicht um eine Verpflichtung der Unternehmung gegenüber Dritten. Vielmehr ist es die Differenz aus der Aktiva abzüglich aller anderen Passivposten. Die Eigenkapitalhöhe ergibt sich somit erst nach Ansatz und Bewertung der übrigen Bilanzposten. Nach derzeitigem Recht müssen alle Eigenkapitalpositionen, der Gewinn- oder Verlustvortrag sowie der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag ausgewiesen werden. Hierdurch kann die Entstehungsgeschichte der Eigenkapitalpositionen sowie die unterschiedlichen Rechtspositionen nachvollzogen werden. Zudem ist eine Differenzierung hinsichtlich der Ausschüttbarkeit möglich. Grundsätzlich sollten alle geltenden passiven Ansatzgrundsätze auch von spendensammelnden Organisationen eingehalten werden. Hierdurch wird ein klares und transparentes Bild über die Schuldensituation vermittelt und Ungleichheiten zu privatwirtschaftlichen Unternehmen reduziert. Zudem sollte jedoch, sobald eine Außenverpflichtung aufgrund einer Bewilligung vorliegt oder eine Willenserklärung erfolgt ist, grundsätzlich eine Projektrückstellung gebildet werden. Wenn Zahlungszeitpunkt und –höhe der Jahresabschlusserstellung feststehen, ist eine Projektverbindlichkeit auszuweisen. Weiters sollte für spendensammelnde Organisationen ein Erläuterungsgebot für alle Rückstellungen bestehen, da innerhalb der Bilanz nicht für jeden Leser klar ersichtlich ist, für welche Zwecke Rückstellungen gebildet wurden oder projektbezogene Verbindlichkeiten bestehen. Der Anhang sollte diese daher hinsichtlich Begründung, Höhe und zeitlicher Verteilung zwingend erläutern und aufschlüsseln. Zudem wird so eine Vergleichbarkeit verschiedener Organisationen erleichtert und untereinander können Benchmarks gesetzt werden.
Julia Tecklenborg, M.Sc., wurde 1982 in Achim geboren. Ihr Studium der Angewandten Betriebswirtschaftslehre mit der Fachrichtung Nonprofit Management an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt schloss die Autorin im Jahre 2015 mit dem akademischen Grad Master erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen im Nonprofit Bereich. Sie organisierte unter anderem mehrere Kinderstädte und arbeitet nun als freiberufliche Projektmanagerin im öffentlichen Bereich. Diese Tätigkeit motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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