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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
An den Finanzmärkten kommt es immer wieder zu ungewöhnlichen und unvorhergesehenen Marktbewegungen, wie die Kursblase am Neuen Markt Ende der 1990er, die sich durch rapide und besonders starke Aktienkursanstiege auszeichnete, die wenige Jahre darauf allerdings platzte und den ebenso schnellen und starken Abfall der Kurse mit sich brachte. Die herrschende finanzwirtschaftliche Theorie, in Form der neoklassischen Kapitalmarkttheorie, erklärt ein solches Phänomen mit einer ‘(…) abrupten, besonders signifikanten und im Voraus nicht antizipierbaren Verschlechterung der fundamentalen Rahmenbedingungen (…)’.Die Kursabfälle werden dann auf den sich einstellenden, besonders ungünstigen Umweltzustand, aus der Menge aller möglichen Umweltzustände, zurückgeführt. Doch sind diese Begründungen in der Realität haltbar? So waren die Kursanstiege im Neuen Markt absurd hoch und hätten selbst mit den optimistischsten Prognosen kaum vorhergesagt werden können. Diese und andere Phänomene gaben Wirtschaftswissenschaftlern und Psychologen den Anlass, psychologische Einflüsse auf die Preisbildung an Finanzmärkten zu untersuchen und verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse in die Modellbildung einzubeziehen. Aus diesen Bemühungen heraus entstand die Behavioral Finance. Sie versucht mehr Realitätsnähe in die Preisbildungsmodelle einzubringen, indem die sehr restriktiven Annahmen bezüglich der Rationalität des Investors und der Effizienz der Märkte der Kapitalmarkttheorie widerlegt und durch realistischere Annahmen ersetzt werden. Innerhalb dieser Arbeit wird untersucht, welche Gründe es für das Entstehen und die Entwicklung der Behavioral Finance gibt und ob die Zweifel, die sie an der Kapitalmarkttheorie aufkommen lässt, begründet sind. Zielsetzung der Arbeit ist es, den Stand der jeweiligen Forschung zu untersuchen und die Haltung der jeweiligen Vertreter gegenüber dem alternativen Wissenschaftszweig zu ergründen. Insgesamt soll geprüft werden, ob die Behavioral Finance zum heutigen Zeitpunkt bereits eine adäquate Alternative zur Kapitalmarkttheorie darstellt und ob sich beide Ansätze miteinander vereinbaren lassen.
Textprobe: Kapitel 2.2, Die Kapitalmarkttheorie: Die Modelle der Kapitalmarkttheorie basieren auf der Grundannahme, dass für die Preisfindung von Wertpapieren den Einflussgrößen Rendite und Risiko eine zentrale Bedeutung zukommt. Sie versuchen vor allem zu erklären, welche Rendite bei welchem Risiko erwartet werden darf, und zu ermitteln, welche fairen Risikoprämien im Marktgleichgewicht zu zahlen sind. Dazu bedarf es effizienter Märkte. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Markt effizient ist, soll im Folgenden dargestellt werden. Außerdem wird die Theorie der Portfolioselektion als Grundlage der Kapitalmarkttheorie aufgezeigt, um darauf aufbauend das Grundmodell der neoklassischen Kapitalmarkttheorie, das Capital Asset Pricing Model vorzustellen. 2.2.1, Effiziente Märkte: Die Begründer der Theorie der Portfolioselektion und auch der neoklassischen Kapitalmarkttheorie, auf dessen Modelle in den nächsten Teilabschnitten eingegangen wird, gehen grundsätzlich von der Existenz effizienter Märkte aus. Auf dem vollkommenen Kapitalmarkt, auf dem alle Investoren die gleichen Informationen kostenlos bekommen, hängt der Wert eines Wertpapiers von dem zukünftigen Zahlungsstrom ab. Die Erhöhung der Anzahl der vorhandenen Wertpapiere darf in diesem Markt keinen Einfluss auf den Wert des Titels haben, da es sonst zu Arbitragereaktionen kommen würde. In einem effizienten Markt ist dieses nicht zu erwarten, deshalb stellen alle am Markt gehandelten Wertpapiere perfekte Substitutionsmöglichkeiten dar. Anders sieht es aus, wenn neue Informationen auf den Markt kommen. Diese lösen Kursreaktionen aus, und der veränderte Wert bleibt solange bestehen, bis wieder neue Informationen ihn verändern. Hauptmerkmale eines effizienten Marktes sind damit die Preise, die als Signale dienen, um Kapital dorthin zu lenken, wo die beste Verwendungsmöglichkeit besteht. Damit die Preise diese Lenkungsfunktion übernehmen, müssen drei Bedingungen erfüllt werden. So muss operationale Effizienz gegeben sein, das heißt, dass die Preise nicht durch in der Realität vorhandene Marktunvollkommenheiten, wie Steuern oder Transaktionskosten, beeinflusst werden dürfen. Bei der Bedingung der Informationseffizienz sollten sich alle am Markt vorhandenen Informationen sofort vollständig in den Preisen niederschlagen. Es gibt drei Stufen der Informationseffizienz, abhängig davon, wie weitreichend die Informationen sind, die in die Preise eingehen. In der schwachen Form enthalten zum Beispiel Aktienkurse alle Informationen, die in historischen Kursreihen enthalten sind. Somit müssen alle Informationen der Vergangenheit bereits in den aktuellen Marktpreisen enthalten sein. Die halbstrenge oder mittelstrenge Informationseffizienz liegt vor, wenn alle relevanten, öffentlich zugänglichen Informationen bereits in die Preise eingegangen sind. Wird schlicht von Informationseffizienz gesprochen, ist in der Regel die halbstrenge Form gemeint. Wenn über alle historischen und öffentlich verfügbaren aktuellen Informationen hinaus alle nur erdenklichen Informationen in die Marktpreise der Anlageobjekte eingehen, dann spricht man von der strengen Form der Informationseffizienz. Sie macht es unmöglich, dass Insider Vorteile aus ihren Informationen ziehen, denn wenn sie diese Informationen haben, dann sind sie bereits in den Preisen vorhanden. Neben der operationalen Effizienz und der Informationseffizienz existiert noch die Bewertungseffizienz. Diese verlangt, dass nicht nur alle Informationen sofort und vollständig in den Marktpreisen enthalten sind, sondern dass die Informationen auch richtig verarbeitet werden, also dass die fundamentalen Werte der Unternehmen unverzerrt in den Preisen am Markt zum Ausdruck kommen. In den Modellen der Portfolio Selection und der Kapitalmarkttheorie bildet die Annahme der Markteffizienz einen zentralen Punkt. Nur wenn Markteffizienz gegeben ist, sind die folgenden Modelle sinnvoll einzusetzen. Allerdings wird in Theorie und Praxis seit langer Zeit diskutiert, ob effiziente Märkte existieren. Während die akademische Literatur weitgehend zu dem Schluss kommt, dass Markteffizienz gegeben ist, wird diese Annahme von Praktikern vielfach abgelehnt. Begründet wird die Ablehnung mit auftretenden Marktanomalien. Diese Diskussion soll später noch einmal aufgegriffen und an dieser Stelle nicht vertieft werden. 2.2.2, Grundlagen für die Bewertung im Marktgleichgewicht: Die neoklassische Kapitalmarkttheorie baut auf der Theorie der Portfolioselektion auf. Diese Theorie, auch Portfolio Selection Model genannt, bildet damit gleichzeitig den Ausgangspunkt für das Capital Asset Pricing Model, auf das später eingegangen wird. Die Theorie der Portfolioselektion, die auf Markowitz (1952, 1959) und Tobin (1958) zurückgeht, beschäftigt sich mit der Frage der Aufteilung und Haltung unterschiedlich ausgeprägter Wertpapiere, und sucht Gründe für die Neigung von Investoren Portfolios zu bilden. Es werden gewisse Annahmen gemacht, damit das Modell anwendbar ist. Diese teilen sich in anlageobjektbezogene-, anlegerbezogene- und kapitalmarktbezogene Annahmen. Bezüglich der Anlageobjekte wird angenommen, dass die Renditen als stochastisch abhängige Zufallsvariablen betrachtet werden können. Dabei muss es sich um Renditeverteilungen handeln, für die µ und s existieren. Anlegerbezogen werden folgende Annahmen getroffen: Zum einen ist der zugrunde gelegte Investor risikoscheu. Wie oben bereits gezeigt wurde, besitzt er also eine konkave Nutzenfunktion. Er strebt zwar Renditemaximierung aber gleichzeitig Risikominimierung an. Um sich dabei bei einem Wertpapier orientieren zu können, betrachtet er ausschließlich Erwartungswert der Renditen und deren Streuung, also Varianz bzw. Standardabweichung der Renditen. Der Investor folgt damit dem (µ,s)-Entscheidungsprinzip, das eine Vorauswahl effizienter Portfolios ermöglicht. Zudem betrachtet der Investor einen Planungszeitraum von einer einzigen Periode und beschäftigt sich deshalb jeweils mit einem einperiodigen Entscheidungsproblem. Weiter wird angenommen, dass der Investor rational denkt und handelt und damit, in Verbindung mit der Risikoaversion, das Wertpapier (-Portfolio) auswählt, das bei gleichem Risiko eine höhere erwartete Rendite oder bei gleicher erwarteter Rendite ein niedrigeres Risiko aufweist. Alle Portfolios die diese Eigenschaft erfüllen, liegen auf der sogenannten Effizienzlinie. Portfolios die unter- oder oberhalb der Linie liegen, sind weniger effizient und werden deshalb von dem rationalen, risikoaversen Investor nicht ausgewählt. Zusätzlich zu den Annahmen bezüglich der Anlageobjekte und der Anleger, wird von einem vollkommenen Kapitalmarkt ausgegangen. Das bedeutet, dass die auf den Märkten vorhandenen Wertpapiere unendlich teilbar sind, weder Steuern und Transaktionskosten, noch Markteintritts- oder Austrittsbarrieren existieren. Es ist eine kostenlose und vollkommene Informationsbeschaffung und -verarbeitung möglich, der Investor kann keinen Einfluss auf die Preisbildung der Wertpapiere nehmen, und es ist jederzeit eine unbeschränkte Kapitalanlage, sowie Kreditaufnahme zum einheitlichen, risikolosen Zinssatz möglich. Markowitz entwickelt die Theorie der Portfolioselektion aufgrund der Beobachtung in der Realität, dass die meisten Anleger ihr Vermögen nicht in ein einziges Wertpapier investieren, sondern ihr Kapital streuen. Daraus schließt er, dass Investoren bei der Kapitalanlage nicht nur die erwartete Rendite (µ) eines Wertpapiers betrachten, denn dann müssten sie ihr gesamtes Vermögen in das Anlageobjekt investieren, das die höchste erwartete Rendite aufweist. Er schlussfolgert, dass zusätzlich zur erwarteten Rendite auch die Streuung der Renditen (s) betrachtet wird und es deshalb zur Portfoliobildung kommt. Die ausschließliche Betrachtung von Rendite und Risiko hält Markowitz für ausreichend, wenn die Renditen normalverteilt sind. Kernpunkt des Modells von Markowitz ist der erwünschte Diversifikationseffekt. Dieser beschreibt die Risikoreduktion durch die optimale Mischung von Wertpapieren. Die einzelnen Renditen innerhalb eines Portfolios werden mit ihrem entsprechenden Portfolioanteil multipliziert und anschließend insgesamt aufaddiert, um zur Portfoliorendite zu gelangen. Bei dem Portfoliorisiko kann nicht so verfahren werden. Es genügt nicht, die einzelnen Varianzen zu gewichten und aufzuaddieren. Es müssen ebenso die Kovarianzen, also das Maß für die Stärke der stochastischen Abhängigkeit der Renditen, betrachtet werden. Da der direkte Vergleich von Kovarianzen, aufgrund der damit beinhalteten Dimension, wenig sinnvoll ist, werden diese zum Korrelationskoeffizienten standardisiert. Dieser Korrelationskoeffizient ist auf Werte zwischen +1 und -1 begrenzt. Bei einer vollständigen positiven Korrelation der Renditen, und damit bei einem Wert von +1, ergibt sich das Gesamtrisiko als Summe der gewichteten Einzelrisiken. Der bereits erwähnte Diversifikationseffekt tritt dann auf, wenn keine vollständige positive Korrelation vorliegt. Bei vollständiger negativer Korrelation, also einem Wert von -1, wird der maximale Diversifikationseffekt erreicht. Tobin erweitert das Modell von Markowitz, indem er eine weitere Annahme hinzufügt. Diese sagt aus, dass Investoren unbeschränkte Geldanlage- und Geldaufnahmemöglichkeiten besitzen. Damit kann die Entscheidung über die Zusammensetzung des risikobehafteten Portfolios unabhängig von der Risikoneigung des Investors getroffen werden. Es lässt sich, durch zusätzliche Betrachtung dieser Annahme, jedes Portfolio mit dem risikolosen Wertpapier kombinieren, wobei Mischportfolios entstehen, die eine Gerade bilden, deren Achsenabschnitt auf der Ordinate der risikolose Zins formt. Tobin bestimmt dann die effizienten Mischportfolios, wobei sich eine Effizienzlinie ergibt, die eine Tangentiallinie an der Effizienzkurve nach Markowitz bildet. Aus dieser Bestimmung folgt, dass sämtliche effizienten Mischportfolios aus dem risikolosen Wertpapier und einem einzigen risikobehafteten Portfolio bestehen. Welches Mischportfolio der Investor nun auswählt, hängt von seiner Risikoneigung ab. Im Extremfall wird der sehr risikoaverse Investor allein die risikolose Anlage wählen. Die Schwierigkeit der Theorie der Portfolioselektion, obwohl sie in der Kapitalanlagepraxis große Verbreitung gefunden hat, liegt vor allem in der Schätzung zukünftiger Rendite- und Risikodaten und in der benötigten Datenmenge. Eine Erleichterung bringt das von Sharpe erdachte Indexmodell, das zu einer erheblichen Reduzierung der zu ermittelnden Daten führt. Markowitz zeigt mit seinem Modell, dass sich das Portfoliorisiko durch Diversifikation stark verringern lässt. Tatsächlich sind vollständig negativ korrelierte Aktien nicht zu finden. Den Grund vermutet Sharpe darin, dass Marktentwicklungen alle Aktien beeinflussen. Somit spaltet sich die Rendite einer Anlage in einen von der Marktentwicklung abhängigen und einen von der Marktentwicklung unabhängigen Teil. Ein Index soll dabei die Marktentwicklung möglichst genau widerspiegeln. Damit können dann die zu ermittelnden Kovarianzen der Renditen zwischen den einzelnen Aktien durch die Korrelation mit der Marktrendite ersetzt, und die benötigte Datenmenge verringert werden. Die Haupterkenntnis des Index-Modells von Sharpe ist, dass sich das Risiko eines Wertpapiers in einen systematischen, also vom Markt induzierten Teil und einen unsystematischen, also objektspezifischen Teil gliedert. Das systematische Risiko wird häufig mit ß bezeichnet. Werden in die Betrachtung mehr Faktoren als nur der Marktindex einbezogen, spricht man auch vom Multi-Index Modell. Geht man davon aus, dass es keine Unterschiede zwischen den Investoren gibt, stets alle Informationen vollständig in den Wertpapierkursen Ausdruck finden und ebenso in die Anlageentscheidungen aller Marktteilnehmer einfließen, lässt sich das Index-Modell zum Markt-Modell erweitern. Durch diese Annahmen ist es möglich, ein im Gegensatz zum effizienten Portfolio leichter zu ermittelndes Referenzportfolio zu generieren, das für die Beurteilung der tatsächlichen Portfolios herangezogen werden kann. Das Marktportfolio stellt die herrschende Meinung hinsichtlich des anzustrebenden Portfolios dar. Es beinhaltet nur systematische und keine unsystematischen Risiken. Ein rationaler, risikoaverser Investor wird immer das Marktportfolio besitzen wollen. Das führt dazu, dass im Marktgleichgewicht alle Investoren das Marktportfolio halten. In einem Marktgleichgewicht besitzen die Wertpapiere Preise, die sich abhängig von den Raten, mit denen Produzenten und Konsumenten diese Assets gegen andere Assets substituieren können, einstellen. Entspräche der Preis des Wertpapiers nicht dem Marktgleichgewicht, zum Beispiel weil der Preis zu niedrig wäre und somit die gesamte Nachfrage auf dieses Papier gezogen und von anderen Papieren abgezogen werden würde, dann wäre dieses Wertpapier nicht mehr Teil des Marktgleichgewichtes. Marktgleichgewicht beschreibt damit den Zustand, in dem alle Marktteilnehmer ihre Wirtschaftspläne realisieren können, keiner seine Dispositionen ändern möchte und der Markt geräumt ist.
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