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- Mergers & Acquisitions: Eine Analyse vor dem Hintergrund der Problemlagen von Principal-Agent-Beziehungen
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 98
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Druck des globalen Wettbewerbs führt derzeit weltweit zu einer tief greifenden Veränderung der Unternehmenslandschaft. Die Führungsgremien der Unternehmen versuchen durch Änderungen der Unternehmensstrukturen sowie durch Käufe und Verkäufe von Unternehmen und Unternehmensteilen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern und zu verbessern. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren ihr internes Optimierungspotenzial durch Umstrukturierungen, flexible Ablaufprozesse und moderne Informationssysteme weitestgehend ausgeschöpft. Manage stehen vor der Entscheidung: Wollen sie weitere Wachstums- und Restrukturierungspotenziale durch eigene Unternehmensmaßnahmen und Produktentwicklungen erreichen oder wollen sie dem zeitsparenden Zukauf oder dem Zusammenschluss mit anderen Unternehmen am Markt den Vorzug geben? Obwohl gerne als ‘Königsdisziplin’ des Investmentbanking und des Corporate Finance bezeichnet, bergen sogenannte Mergers & Acquisitions-Deals jedoch hohe Risiken. Ziel dieser Arbeit ist es, Mergers & Acquisitions schwerpunktmäßig vor dem Hintergrund der Problemlagen von Principal-Agent-Beziehungen zu analysieren. Dafür soll ein Bezug von der wissenschaftlichen Grundlage dieser Problematik - der Principal-Agent-Theorie - zu dem Aufbau und Ablauf von M&A-Transktionen hergestellt werden.
Textprobe: Kapitel 4.1, Grundlagen der Principal-Agent-Theorie: Die Principal-Agent-Theorie, auch Agency-Theorie genannt, ist eine Ausprägung der aus der Volkswirtschaftslehre stammenden ‘Neuen Institutionenökonomie’. Diese Richtung der ökonomischen Theorien ist charakterisiert durch die Abkehr von der Vorstellung neoklassischer Wettbewerbsmärkte durch die Berücksichtigung der Existenz von Transaktionskosten in Preismechanismen. Sie entstand, weil die bislang vorherrschende starre Gleichgewichtstheorie der Neoklassik nicht in der Lage ist, die Möglichkeit opportunistischen Verhaltens von Wirtschaftssubjekten zu erklären. Opportunismus bezeichnet hier die Verfolgung der eigenen Interessen mit List und Tücke, d. h. Informationen werden bewusst verheimlicht oder verzerrt oder es werden Handlungen durchgeführt, die den eigenen Nutzen auch auf Kosten anderer erhöhen. In Bezug auf das Themenfeld von M&A ist beispielsweise mit Hilfe der Neoklassik nicht nachvollziehbar, warum im Zuge von M&A-Transaktionen teilweise erhebliche, über den Marktpreis hinausgehende Prämien für Akquisitionsobjekte gezahlt werden. Ebenso passt die Bedeutung von lateralen Akquisitionen nicht immer mit einer Maximierung des Unternehmenswertes gemäß des Rationalitätspostulats der Neoklassik zusammen. Den Grund für dieses Erklärungsdefizit bilden vor allem die Annahmen der Neoklassik, dass alle Wirtschaftssubjekte unendlich schnell auf Datenänderungen reagieren können, die Annahme der homogenen und vollkommenen Information aller Wirtschaftssubjekte, sowie des Fehlens von Transaktionskosten.In der Neoklassik kann es deshalb schädigende Handlungen, wie Täuschung zwischen Wirtschaftssubjekten nicht geben, da alle Beteiligten korrekt und umfassend informiert sind. Gegenstand der Principal-Agent-Theorie ist eine Form der Kooperation zwischen zwei oder mehr Wirtschaftssubjekten, die beide danach streben, ihre persönlichen Interessen bestmöglich zu verwirklichen. Einer der Beteiligten führt eine Handlung aus, die neben seinen eigenen Interessen auch die Interessen der anderen involvierten Wirtschaftssubjekte tangiert. Das handelnde Wirtschaftssubjekt wird ‘Agent’ genannt, das von der Handlung betroffene Wirtschaftsubjekt bezeichnet man als ‘Principal’. Die Principal-Agent-Theorie wird in der wissenschaftlichen Literatur in verschiedene Ausrichtungen und Bereiche unterteilt, die unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten zugeordnet werden. Zum einen wird zwischen der positiven und der normativen Ausrichtung der Theorie unterschieden. Die positive Principal-Agent-Theorie ist weitestgehend deskriptiv und stärker empirisch ausgerichtet. ‘Positiv’ bedeutet in diesem Kontext ‘das Gegebene’. Sie sucht nach Beziehungen zwischen Principal und Agent in Organisationen und beschreibt und analysiert Lösungen, die dort für die auftretenden Probleme in dieser Beziehung gefunden werden, ohne jedoch eigene Lösungsmodelle zu entwickeln. Die normative Principal-Agent-Theorie bedient sich mathematisch-formaler Hilfsmittel, entwirft Beziehungsmodelle, wobei sie weitgehend abstrahiert von den empirischen Randbedingungen und versucht, durch deren mathematische Analyse effiziente Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Zum anderen wird zwischen den Bereichen der ökonomischen und finanziellen Principal-Agent-Theorie differenziert, wobei sich der ökonomische Zweig mit dem Kooperationsvertrag als Grundlage der Interaktion zwischen den Beteiligten beschäftigt und der finanzielle mit seiner Anwendung auf Finanzierungsbeziehungen zwischen Principal und Agent. Vor dem Hintergrund der Anwendung der Principal-Agent-Theorie auf das Gebiet der Mergers & Acquisitions soll der Bereich der ökonomischen Principal-Agent-Theorie den Betrachtungsschwerpunkt dieser Arbeit darstellen. 4.1.1, Definition einer Principal-Agent-Beziehung: Der Geltungsbereich der Principal-Agent-Theorie ist in der wissenschaftlichen Literatur umstritten. Nach einer sehr weiten Interpretation liegt eine Principal-Agent-Beziehung bereits vor: ‘whenever one individual depends on the action of another’. Diese Definition ist für eine ökonomische Analyse allerdings zu weit gefasst. Um den Gültigkeitsbereich der Theorie zu konkretisieren, fordert eine in der Literatur häufig anzutreffende engere Definition neben der Beeinflussung der Interessen des Principals durch die Handlungen des Agents eine rechtliche Basis für die Kooperation der Beteiligten in Form eines Vertrages. Für diese engere Definition einer Principal-Agent-Beziehung existiert eine Reihe von Untersuchungsbeispielen, wobei grundsätzlich der erstgenannte als Principal und der zweite als Agent betrachtet werden kann: • Warenkäufer und Warenverkäufer (Akerlof, 1970). • Versicherer und Versicherter (Spence/Zeckhauser 1971). • Grundbesitzer und Pächter (Stiglitz 1974). • Anteilseigner und Unternehmensführung (Jensen/Meckling, 1976). • Gläubiger und Kreditnehmer (Stiglitz/Weiss 1981). Da es sich bei den angeführten Beispielen um wechselseitige Vertragsbeziehungen handelt, kann sich die Rollenverteilung von Principal und Agent je nach Betrachtungsweise unterscheiden. Analysiert man die Beziehung von Versicherer und Versicherten beispielsweise aus der Sicht des Versicherten, so kann ebenfalls dieser je nach Betrachtungsschwerpunkt die Rolle des Principals gegenüber dem Versicherer als Agent einnehmen. Eine weitere Eingrenzung des Anwendungsbereiches der Prinzipal-Agent-Theorie kann anhand des Auftragshandelns vorgenommen werden. Bei dieser Definition liegt eine Principal-Agent-Beziehung nur dann vor, wenn ein Auftraggeber (Principal) die Erledigung einer Aufgabe an einen Auftragnehmer (Agent) delegiert und der Agent autonome Entscheidungen zur Ausführung des ihm übertragenden Auftrages treffen kann. 4.1.2, Principal-Agent-Beziehungen bei Mergers & Acquisitions: Übertragen auf die Beteiligten einer M&A-Transaktion lässt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Principal-Agent-Beziehungen feststellen. Da nicht alle dieser Beziehungen auf einem expliziten Auftragshandeln des Agents basieren, ist die letztgenannte Definition des Verhältnisses zwischen Principal und Agent für diesen Anwendungsbereich zu eng gefasst und soll daher im weiteren Verlauf dieser Arbeit nur als möglicher Teilaspekt einer Principal-Agent-Beziehung verstanden werden. Um die komplexe Struktur des Beziehungsgeflechts im Rahmen einer M&A-Transaktion besser analysieren zu können, soll die Kooperation der beteiligten Unternehmen auf ihre wesentlichen Elemente reduziert werden: Die Fusion zweier Unternehmen stellt den Gipfel ihrer Zusammenarbeit dar. Durch die wechselseitige Rollenverteilung lässt sich ein Unternehmen selber als Principal und das jeweilige Partnerunternehmen als Agent in der Beziehung betrachten. Bei der Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes handelt es sich um einen einfachen Kaufvorgang. Ein Käufer (Principal), in diesem Fall ein Unternehmen, kauft etwas - ein Unternehmen oder ein Unternehmensteil - gemäß eines vereinbarten Vertrages von einem Anbieter (Agent). Diese Principal-Agent-Beziehungen zwischen zwei Unternehmen stellen die Basis sämtlicher Verbindungen in der Gesamtstruktur eines M&A-Prozesses dar. Die weiteren dargestellten Beziehungen betreffen lediglich Teilbereiche der Transaktion und spielen sich isoliert innerhalb eines der Unternehmen ab. Aus diesem Grund sollen die Problemstellungen im Rahmen von M&A-Transaktionen auf der Ebene der Principal-Agent-Beziehung zwischen den beteiligten Unternehmen im weiteren Verlauf behandelt werden. 4.1.3, Grundlage von Principal-Agent-Beziehungen: Wie bereits beschrieben, besteht die Grundstruktur einer Principal-Agent-Beziehung in einer bilateralen Kooperation zwischen einem Principal und einem Agent. Die Rahmenbedingungen dieser Zusammenarbeit werden durch die gemeinsame Unterzeichnung eines Vertrages geregelt. Als Vertrag wird das Übereinkommen zwischen Principal und Agent bezeichnet, in dem die jeweils zu leistenden Beiträge zur gemeinsamen Zusammenarbeit und die Beteiligung am Erfolg bereits im Vorfeld festgelegt sind. Für den Agent ergibt sich daraus die Verpflichtung, die vereinbarte Leistung zu erbringen. Im Gegenzug erhält er für seine Bemühungen die im Vertrag spezifizierte Entlohnung. Was im Detail die vertraglichen Regelungen darstellen, ist von der jeweils betrachteten Principal-Agent-Beziehung abhängig. Es sollten aber alle möglichen Eventualitäten, die im Laufe der Kooperation auftreten können, in dem Vertrag zu berücksichtigt und die sich daraus ableitenden Ansprüche im Detail zu geregelt werden: ‘A contract is a reliable promise by both parties, in which the obligations of each, for all possible contingencies, are specified’. In der Literatur werden solche Verträge als ‘vollständige’ Verträge bezeichnet. Da sich der vertragliche Einschluss sämtlicher Möglichkeiten, speziell bei länger andauernden Vertragsverhältnissen, in der Realität jedoch meistens als utopisch erweist, lassen sich in der Praxis überwiegend unvollständige Vertragsbeziehungen antreffen. Entscheidend für die Gestaltung des Vertrages zwischen Principal und Agent ist die Forderung, dass er auf verifizierbaren Vertragselementen beruht. Ein Vertragselement ist verifizierbar, wenn es überprüft werden kann, sobald es eintritt und damit auch von einer dritten Partei nachvollziehbar ist. Die Forderung nach verifizierbaren Größen soll garantieren, dass jede Vertragspartei einen Vertragsbruch anzeigen und die Vertragserfüllung rechtlich durchsetzen kann. Die gesetzlich gewährleistete Durchsetzbarkeit des Vertrages induziert eine Verhaltenssicherheit innerhalb der Vertragsbeziehung. Die explizite Berücksichtigung eines möglichen Vertragsbruchs durch eine der beiden Parteien deutet bereits an, dass nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, dass der Principal und der Agent dieselben Interessen in der Beziehung besitzen. Wäre dies der Fall und würde eine Interessenharmonie bestehen, wäre ein Vertrag zwischen den beiden Parteien überflüssig. In diesem Fall würde eine mündliche Absprache ausreichen. Dass dies im Allgemeinen keine realistische Annahme ist, stellte bereits 1651 der englische Philosoph Thomas Hobbes fest: ‘the force of words … [are] too weak to hold men the performance of their convenants’. Es ist also davon auszugehen, dass das Handeln von Principal und Agent durch ihre persönlichen Interessen und Ziele bestimmt ist, welche nicht selten gegenläufig sind. 4.1.4, Zeitliche Struktur von Principal-Agent-Beziehungen: Im Verlauf einer Principal-Agent-Beziehung sind verschiedene Zeitpunkte von wesentlicher Bedeutung. Um den zeitlichen Ablauf besser analysieren und verstehen zu können, bietet es sich an, die stattfindende Interaktion zwischen Principal und Agent zu schematisieren. In der Literatur wird dazu häufig das Instrumentarium der Spieltheorie herangezogen und der Zeitverlauf in Form eines sequentiellen Zwei-Personen-Spiels dargestellt. Den Ausgangspunkt der Interaktion zwischen Principal und Agent bildet die Entscheidung des Principals, ob und in welcher Form er dem Agent einen Vertrag als Grundlage für eine zukünftige Zusammenarbeit anbietet (1). Er sollte bei der Gestaltung des Vertrages das Verhalten des Agents bei dessen Aufgabendurchführung so weit wie möglich berücksichtigen. Im Falle eines Vertragsangebots steht der Agent im Gegenzug vor der Entscheidung, ob er den Vertrag annimmt oder nicht (2). In diesem Modell hat der Agent also nicht die Möglichkeit, dem Principal ein Gegenangebot zu unterbreiten, oder mit ihm in Vertragsverhandlungen zu treten. Die Verhandlungsmacht liegt damit vollständig beim Principal. Die Beziehung ist beendet, falls sich der Agent für eine Ablehnung des Angebots entscheidet. Der Agent wird das Vertragsangebot annehmen, wenn sein zu erwartender Nutzen aus der Zusammenarbeit mindestens so groß ist wie sein Nutzen, den er in einer alternativen Kooperation, den sog. Reservationsnutzen, erzielen könnte. Bei Vertragsannahme trifft der Agent anschließend Entscheidungen und führt Handlungen aus, die zum Erzielen eines Ergebnisses führen sollen (3). Dabei entscheidet er sich für die Handlungen, die nach Maßgabe seiner persönlichen Interessen und der ihm zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen - auf Basis ihm vorliegender Informationen und der Bestimmungen des Vertrages - optimal sind. Dabei wägt der Agent ab, welche Folgen seine Entscheidungen im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen mit dem Principal haben werden. In der Spieltheorie wird ein solches Verhalten eines Akteurs als ‘strategisch’ bezeichnet. Strategisches Verhalten bedeutet, dass eine Partei bei ihren Entscheidungen die Wechselwirkungen ihrer Interaktion mit der anderen Partei einbezieht. Außerdem legt der Agent das Leistungsniveau, mit dem er seine Handlungen ausführt, selber fest. Er wird dabei die Kosten und das Arbeitsleid, welche für ihn mit seinem Arbeitseinsatz verbunden sind, berücksichtigen. Die Handlungen des Agents führen zu einem Ergebnis, welches durch das Einwirken exogener Faktoren (dazu gehören z. B. Veränderungen von Marktgegebenheiten, Verhalten der Konkurrenz oder technologischer Fortschritt) beeinflusst werden kann (4). Das endgültig erzielte Ergebnis der Handlungen des Agents wird nach Maßgabe des Vertrages zwischen Principal und Agent aufgeteilt und der Agent damit entlohnt (5). Die Zeitpunkte 1 bis 5 müssen nicht gleich weit, sondern können beliebig weit voneinander entfernt sein, da sich die unterschiedlichen Interaktionen über einen beliebigen Zeitraum erstrecken können. Dieses Grundmodell einer Zwei-Personen-Struktur in einer Principal-Agent-Beziehung lässt sich um weitere Akteure erweitern. In der Fachliteratur spricht man z. B. von ‘Common Agency’, wenn mehrere Principals eine Aufgabe an einen Agent delegieren. Sind mehrere Agents an der Durchführung einer Aufgabe beteiligt (z. B. in Form einer Teamproduktion), wird diese Konstellation als Multi-Agents-Modell bezeichnet. Bezogen auf eine M&A-Transaktion kann die zeitliche Struktur einer Principal-Agent-Beziehung durchaus auf den Ablauf des M&A-Prozesses übertragen werden. Die folgende Grafik soll den Zusammenhang der beschriebenen Phasen in der Interaktion zwischen Principal und Agent mit den Phasen des M&A-Prozesses herstellen. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen des M&A-Prozesses die Phase der Integration in der Regel die meiste Zeit in Anspruch nimmt. Damit stellt dieser Abschnitt von der Vertragsunterzeichnung bis zum Abschluss der Integration den zeitlichen Schwerpunkt des Prozesses dar. Eine abschließende Erfolgsbewertung der Transaktion kann erst nach Ende des gesamten M&A-Prozesses erfolgen.
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