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RWS
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Abb.: 28
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die internationalen Finanzmärkte sind bereits seit vielen Jahren einem nachhaltigen Strukturwandel ausgesetzt, der immer stärker auch deren Handelszentren, die Börsen trifft. Die aktuellen Entwicklungen in diesem Wirtschaftszweig weisen auf eine Neudefinition des Begriffs Börse hin. Das traditionelle Verständnis beschreibt die Handelsplätze als lokale oder regionale Präsenzbörsen mit begrenzten Handelszeiten. Die Geschäftsabwicklung findet auf ‚dem Parkett‘ in noch begreifbarer Handelsdimensionen statt. Das neue Geschäftsmodell andererseits ist durch eine Computerisierung, die keine geografische Zuordnung oder zentralisierte Form erlaubt, gekennzeichnet. Die Entwicklungen der Kommunikations- und Computertechnologien haben die komplette Automatisierung und Elektronisierung der Handelssysteme ermöglicht. Dadurch war es möglich, Alternative Trading Systems (ATS) zu bilden, die heutzutage eine ernsthafte Konkurrenz für traditionelle Börsen darstellen.
Textprobe: Kapitel 3, Marktmikrostrukturtheorie von Finanzmärkten: Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis herrscht eine Diskussion darüber, wie die Börsenstrukturen aufgebaut werden müssen, damit sie effizient und fehlerlos organisiert werden. Zudem haben Evolutionsschritte in dem Börsenwesen die Märkte völlig verändert. Daher ist es notwendig den Aufbau, die Funktionsweise und Theorie von Börsenstrukturen darzustellen um das Wesen und die grundlegenden Prinzipien der ATS zu verdeutlichen. Die weiteren Überlegungen beinhalten sowohl theorie- als auch praxisrelevante Aspekte. Am Anfang werden die Markteilnehmer vorgestellt und anschließend die Funktionen der Börsen kurz beschrieben. Nachfolgend findet eine Auseinandersetzung mit der Marktstruktur, die in die Marktmikrostrukturtheorie übergeht. Zum Schluss werden einige Implikationen des elektronschen Handels auf die Marktmikrostruktur dargelegt. 3.1, Marktteilnehmer in den Kapitalmärkten: Die Theorie unterscheidet nach dem Transaktionsmotiv zwischen informationsmotivierte (Insider) und liquiditätsmotivierte (uninformierte) Investoren. Die informierten Händler haben einen besseren Informationsstand über den wahren Wert eines Handelsobjekts, der ihnen einen Vorteil verschafft. Dabei sind diese nicht nur die Insider, sondern alle Händler, die eine bessere private Information als die verfügbare öffentliche besitzen. Die Wissensquelle ist dabei ohne Bedeutung. Weil die Marktmacher über keine private Information bezüglich den Liquiditätswert eines Handelsobjekts verfügen, zählen sie auch zu der Gruppe, der uninformierten Händler. Sowohl auf dem Präsenzhandel als auch bei dem Computerhandel gibt es drei Gruppen von Marktteilnehmern: Kreditinstitute, Kursmakler und Freimakler. Anders betrachtet sind die Akteure in den Finanzmärkten die Broker, die Marktmacher, die institutionellen und die privaten Anleger. Die Kreditinstitute Handeln mit Wertpapieren auf eigener oder fremder Rechnung. Nur sie an der Börse können Wertpapiere für Kunden kaufen oder verkaufen. Die Broker sind die Händler, die für die Investoren Aktien und Anteile kaufen und verkaufen. Dafür verlangen sie eine Provision (Courtage). Dabei sollen sie zu den bestmöglichen Preisen das Geschäft ausführen. Außerdem bieten sie Research-Service, Anlageberatung oder andere Finanzdienste wie Verwaltung von Fonds. Die Broker werden weiter nach Kommissionsmakler auch Freimakler, der auf eigener Rechnung handelt und der Kursmakler auch als Specialist oder Amtlicher Makler bekannt, der die Aktien bestimmter Unternehmen betreut und für den ordnungsmäßigen Handel zuständig ist, unterteilt. Die Kurs- und Freimakler nehmen intermediäre Funktionen wahr, indem sie als Vermittler von Geschäften zwischen den Akteure am Börsenhandel auftreten. Die amtlichen Makler handeln auf fremden Namen und auf fremder Rechnung. Sie dürfen Eigengeschäfte und Aufgabengeschäfte nur dann abschliessen, wenn dies zur Ausführung der erteilten Aufträge nötig ist (Spitzenausgleich) und die festgesetzten Betragsgrenzen nicht überschritten werden. Die Kursmakler stellen die Börsenpreise fest und vermitteln Aktien, die im Amtlichen Handel zugelassen sind. Sie übernehmen die Rolle eines Marktmachers indem sie Handelspreise zu denen die Händler Aktien kaufen oder verkaufen können, festlegen. Zudem haben sie die wichtige Aufgabe das Angebot an Wertpapiere sicherzustellen. Zu den Marktmachern zählen Großhändler, die mit den Brokern bei der Belieferung mit Wertpapieren in Konkurrenz stehen. Sie verlangen keine Provision, sondern verdienen am ‘spread’, der die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs darstellt. Die Freimakler betreuen alle anderen Segmente. Sie handeln entweder wie die Kursmakler oder als Vertreter für Banken, die selbst keine eigenen Händler vor Ort haben. Die freien Makler können ihrerseits die Wertpapiergeschäfte vermitteln und in eigenem Namen sowie auf eigener Rechnung abschliessen oder zur Auftrag geben. Sie unterliegen dabei keinen Beschränkungen. Die institutionellen Investoren sind z.B. die großen Pensionsfonds oder die Versicherungsgesellschaften und gehören zu den großen Wertpapierbesitzern. Die letzte Gruppe sind die privaten Anleger. Die Banken und die Freimakler können sowohl börsliche als auch außenbörsliche Geschäfte abschliessen, während die Kursmakler nur Börsengeschäfte tätigen. 3.2, Marktstruktur eines Handelsmarktes: Im Vergleich zu der später im Kapitel 3.4 theoretischen Überlegungen in der Marktmikrostrukturtheorie, die der Marktmachern die zentrale Rolle bei der Preisfindung und der Handelsprozess zuordnen ist die Realität komplizierter. Tatsache ist, dass die Marktstruktur die Preisbildung beeinflusst. Nach MADHAVAN (2000) kann die Architektur eines Marktes durch drei Kriterien abgebildet werden. Diese sind der Markttyp, die Orderformen und die Markttransparenz. Außerdem von Bedeutung ist das Handelsprotokoll an den Börsen. Es beinhaltet die Auftragsparameter und die Handelsregeln. Die Regeln betreffen die Festlegung der kleinsten mögliche Preisveränderung (Tickgröße-Regeln), das Einsatzverhalten von Marktmacher (Quotierungsregeln), die Grundsätze der Zusammenführung von Aufträgen (Ausführungsregeln) und den Umfang mit prohibitiv schwankenden Transaktionspreisen (Volatilitätsregeln). In der Literatur gibt es theoretische Arbeiten, die sich mit diesen Handelsmerkmalen befassen, wie die Arbeit von SUBRAHMANYAM (1994) zu der Handelsunterbrechung oder die Analyse der Tickgröße durch BACIDORE (2001). 3.2.1, Markttyp: Der Markttyp ist das zentrale Charakteristikum einer Marktarchitektur. Seine Strukturmerkmale sind die Handelsfrequenz, die Marktorganisation und der Automatisierungsgrad. 3.2.1.1, Handelsfrequenz: Die Systeme werden nach der Handelsfrequenz in periodischen und kontinuierlichen (stetigen, fortlaufenden) Handelsmechanismen unterschieden. Bei dem periodischen Handel (Einheitskursfeststellung) werden alle Orders von einem offiziellen Börsenmitglied solange in einem Orderbuch gesammelt, bis genügend Orders für die Transaktionen vorhanden sind, die dann zu einem bestimmten Zeitpunkt (Auktion) ausgeführt werden. Dieser Art von Handel wird auch ‘call auction’, ‘batch auction’ oder Gesamtkursermittlung genannt. Die Aufträge werden dann bei dem Handel zu einer Angebots- und Nachfrage-funktion aggregiert damit ein markträumender Einheitspreis gebildet werden kann. Zu diesem Wert muss dann die größte Stückzahl an Wertpapieren handelbar sein. Nachteilig ist, dass die Vornahme der Transaktionen nicht jederzeit möglich ist, weil das Verfahren bei Handelsobjekten angewendet wird, die geringen Umsätze ausweisen. Vorteilhaft ist jedoch die große Bewertungseffizienz. Durch die Ansammlung der Aufträge fließt bis zu dem Ausführungspunkt eine große Anzahl von Informationen in den Preisen. Anders bei dem kontinuierlichen Handel werden die Aufträge ständig verglichen, indem sie in einem Orderbuch gesammelt und die komplementäre Orders sofort ausgeführt werden. Die Preise werden hier nicht fest bestimmt, sondern durch die Mengen, die von den Marktteilnehmern zu unterschiedlichen Preisen gesetzt wurden. Der Ausführungspreis wird dann festgelegt, indem versucht wird eine möglichst große Anzahl an Orders zu diesem Wert zusammenzuführen. Die Aufträge können dabei limitiert oder unlimitiert sein. Die Ermittlung der Einzelpreise findet fortlaufend statt, wobei immer versucht wird die Orders mit dem besten Gebot der Gegenseite zu matchen. Bei dieser variablen Notierung besteht eine Transparenz des Orderbuches, weil jedem Marktteilnehmer eine Einsicht darin gewährt wird. Das Verfahren wird angewendet bei Handelsobjek-te, die hohe Umsätze haben, weil sie bei genügend Liquidität gehandelt werden, die eine effiziente Preisbildung gewährleistet. ECONOMIDES und SCHWARTZ (1995) schlagen eine Kombination von Auktion mit fortlaufendem Handel vor. Sie sehen die Vorteile dieser Struktur in den geringen Transaktionskosten und der verbesserten Preisfindung. Auch in der Praxis werden die Handelssysteme nicht nur nach einer Grundform organisiert, sondern kombinieren diese. Durch die Elemente der Grundformen lassen sich neue Organisationsmuster bilden. Diese sind z.B. Auktion mit stetigem Handel, Auktionen in Verbindung mit stetigem Handel, der zusätzlich eine untertägige Schlussauktion enthält, Eröffnungs- und Schlussauktion sowie weitere untertägi-ge Auktionen oder eine einzige Auktion am Tag. Beispielsweise erfolgt der Handel am Xetra im Wechsel von stetigem Handel und Auktion und es gibt auch Handelsobjekte, die nur in Auktionen gehandelt werden. Der Handelstag fängt an vielen Börsen mit einer Gesamtkursermittlung an, bevor mit dem Prinzip der kontinuierlichen Auktion weitergehandelt wird. Die Specialists an der NYSE sowie die Betreuer am Neuen Markt haben in dem dort stattfinden kontinuierli-chen Handel die Funktion eines Market Makers. An der Nasdaq herrscht das Marktmacherprinzip, es sind jedoch auch limitierte Aufträge aus dem Publikum zugelassen. Die hybriden Systeme versuchen die Stärken und Vorteile der Grundtypen auszunutzen, um dadurch die Effektivität und Effizienz des Handels zu vergrößern.
Emil Vasilev wurde in Plovdiv, Bulgarien geboren. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre (t.o.) an der Universität Stuttgart schloss der Autor im Jahre 2005 mit dem akademischen Grad des Diplom-Kaufmanns (t. o.) ab. Während des Studiums war der Autor bei mehreren Banken beschäftigt und war von den Finanzmärkten fasziniert. Das war die Motivation, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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