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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 45
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Auch in den letzten Jahren kommt dem bereits seit Mitte der Neunziger Jahre bekannten Business Process Management in Unternehmen noch immer eine anhaltend hohe Bedeutung zu. Die ständige Weiterentwicklung und Optimierung von Prozessen und Organisationsstrukturen ist heute mehr denn je gefragt, will man dem steigenden Konkurrenzdruck auf den hart umkämpften globalen Märkten nicht mit stumpfen Waffen gegenüberstehen. Nicht zuletzt als ein Resultat von regulatorischen Anforderungen - beispielsweise im Bankenbereich, in dem durch die Anforderungen an das Risikomanagement seitens der Bundesaufsicht für Finanzwesen das Business Process Management in Form eines Organisationshandbuches sogar explizit vorgeschrieben ist - kommt das Thema Prozessmanagement nicht aus der Mode, sondern ist vielmehr von dringlicher Aktualität.
Textprobe: Kapitel 4, Die Prozessorientierung: Frederick W. Taylor war der erste, der sich in der Industriegeschichte mit den einzelnen Arbeitsschritten beschäftigte, die ein Arbeiter auszuführen hatte. Er zerlegte den Arbeitsablauf in einzelne Schritte und ermöglichte so die Massenproduktion. Bei gleichem Arbeitseinsatz wurde so die Produktionsmenge um ein Vielfaches erhöht. Diese Vorgehensweise wurde schließlich von Henry Ford zur Fließbandarbeit weiterentwickelt und ermöglichte die industrielle Revolution. Seitdem wurde die Organisation von den Vertretern der klassischen Organisationslehre als ein Instrument zur Regelung sich ständig wiederholender Arbeitsprozesse verstanden. Eindeutige organisatorische Strukturen und Abläufe sollten den Menschen steuern helfen. Diese historisch gewachsene Form der Arbeitsteilung galt bis vor kurzem noch sowohl im Produktionsprozess und in der Verwaltung als unbedingt notwendig für eine sinnvolle Organisationsgestaltung. Der Taylorismus dominierte in allen Bereichen. Auslöser für ein allmähliches Umdenken war, wie schon in der Einleitung beschrieben, das wegen der Krise auf den Weltmärkten und den damit verbundenen Gewinnrückgängen notwendige Auseinandersetzen mit dem Lean-Management-Gedanken und später mit dem von Hammer und Champy entwickelten Business Process Reengineering. Damit war der Prozess in den Mittelpunkt aller Betrachtungen gekommen. ‘Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.’ Dieser Erkenntnis von A. de Saint-Exupéry müssen die Unternehmen folgen, die effektiv und effizient handeln wollen. Übertragen bedeutet dies, dass sich die Unternehmen auf ihre ureigensten Aufgaben, ihre Kernprozesse bzw. Kernkompetenzen, konzentrieren müssen, wie zum Beispiel die Produkt-entwicklung oder bestimmte Produktionstechnologien oder -verfahren. Nur die Konzentration der Unternehmensaktivitäten auf die Optimierung der Wertschöpfungsprozesse kann langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auf den globalen und immer härter umkämpften Märkten sicherstellen. 4.1, Grundlagen der Prozessorientierung: Hauptursachen für die Defizite bei funktionsorientierten Organisationsformen sind die stark ausgeprägte Arbeitsteilung und die daraus resultierende Spezialisierung der einzelnen Stellen. Daraus resultieren wiederum die Bürokratisierung, viele Schnittstellen und ein hoher Komplexitätsgrad. Damit können tayloristisch ausgerichtete Organisationsstrukturen nicht den dynamischen Veränderungsprozessen mit Globalisierung, Preisdruck, kurzen Produktlebensdauern und unterschiedlichsten Kundenanforderungen folgen. Die Hauptansatzpunkte für die Prozessorientierung sind flache Hierarchien, Produktinnovationen, Prozessvereinfachungen, Selbstmanagement und Selbst-Controlling. Diese müssen innerhalb der Unternehmensorganisation von der Unternehmensleitung gemeinsam mit den Mitarbeitern durchgesetzt werden. 4.2, Gründe für eine prozessorientierte Unternehmensorganisation: Die Gründe, die für die prozessorientierte Unternehmensorganisation sprechen, sollen im Folgenden näher erläutert werden. Zum einen sind es die Mängel der nach Funktionen strukturierten Organisationen, die nach neuen Organisationssystemen forderten, und zum anderen die Vorteile, die eine Prozessorientierung mit sich bringt. 4.2.1, Mängel funktionsorientierter Organisationssysteme: Im klassischen, funktional gestalteten Organisationsansatz werden aufgrund der Arbeitsteilung und der damit verbundenen Spezialisierung stellenübergreifende Abläufe nicht berücksichtigt. Die Prozesse werden also erst nachträglich in die bestehende Aufbaustruktur ‘hineinorganisiert’. Die Auftragsabwicklung von der Angebotserstellung bis zum Versand der Rechnung oder die Produktentwicklung von der Idee bis zur Serienherstellung sind Prozesse, die ganzheitlich zu betrachten sind. Ihre Zerlegung in Funktionen und Hierarchieebenen ergibt eine große Anzahl an Arbeitsschritten, die unweigerlich zu Steuerungsproblemen führen und einen erhöhten Koordinations- und Regelungsbedarf nach sich ziehen würden. Durch Abstimmungsschwierigkeiten, beispielsweise durch die mangelhafte Weitergabe an Informationen, oder durch Abschottung von involvierten Bereichen würden Funktionalitäten entstehen, die nicht wertschöpfend sind. Das Ressortdenken und die schlechte Transparenz der betrieblichen Abläufe würden zu sogenannten operativen Inseln führen. Diese verursachen unnötige Schnittstellen, Doppelarbeiten und Redundanzen, was die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Unternehmensorganisation und somit des gesamten Unternehmens verringern würde. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängt aber heute im großen Maße von einer schnellen und kostengünstigen Abwicklung der Kundenaufträge ab. Das ist der Grund dafür, weshalb die Prozessorientierung immer mehr an Bedeutung gewinnt. 4.2.2, Vorteile der Prozessorientierung: Durch die Ausrichtung der Organisation auf die Geschäftsprozesse werden die gegenseitigen Abhängigkeiten einzelner Tätigkeiten und damit auch die Schnittstellenproblematik verringert. Die Gefahr der schnittstellenbedingten Fehler und die Anzahl der Doppelarbeiten nehmen ab. Weitere Folge ist die Abnahme des Koordinationsaufwandes. Die Definition von bereichsübergreifenden Prozessen erlaubt die Übertragung der Verantwortung und Kompetenzen für den gesamten Prozessablauf auf eine oder eventuell mehrere Personen (sogenannte Prozess-Teams). Dadurch ist eine absolute Kundenorientierung möglich, denn innerhalb des Prozess-Teams entsteht der ‘Das ist mein Kunde’-Gedanke. Diese Prozessverantwortung ermöglicht Freiräume für eine Selbstorganisation und eine Selbstkontrolle. Die Koordination erfolgt unter den Prozessbeteiligten selbst, womit der Koordinationsaufwand nochmals abnimmt. Durch den Zugewinn an neuen Aufgaben und an Eigenverantwortung werden auch zusätzliche Motivationspotentiale für die Mitarbeiter erschlossen. Die interne und externe Kundenorientierung fördert das überbetriebliche Denken bei den Mitarbeitern und erlaubt die Konzentration auf die wertschöpfenden Aktivitäten. Es stehen nicht mehr die Ziele und Wünsche von einzelnen Bereichen im Vordergrund, sondern die Kunden stehen im Zentrum aller Bemühungen und zwar bereichsübergreifend. Damit haben Bereichsegoismen keine Bedeutung mehr. Durch diese Sichtweise wird auch eine ständige Optimierung der Abläufe im Unternehmen im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses erzielt. Das Resultat aller dieser Vorteile ist immer eine Durchlaufzeitverkürzung und damit das Hauptziel, das man mit der Prozessorientierung verfolgt. Der Zeitgewinn den man dabei erzielt ist in den meisten Fällen erheblich. 4.3, Die Prozessgestaltung: Nachdem der Prozessbegriff bereits mehrfach gefallen ist, soll jetzt seine inhaltliche Bedeutung geklärt werden. Ein Prozess wird nach Vahs ‘als eine Verkettung, d.h. als sachliche, zeitliche und räumliche Abfolge von Tätigkeiten verstanden, mit denen bestimmte Ziele verfolgt werden. Unter einem Prozess wird im Folgenden die zielgerichtete Erstellung einer Leistung durch eine Folge logisch zusammenhängender Aktivitäten verstanden, die innerhalb einer Zeitspanne nach bestimmten Regeln durchgeführt wird.’ Eine andere ist die Definition des ‘System-Ingenieurs’, die besagt, dass die Prozesse inhaltlich abgeschlossene Vorgänge umfassen, die von einem bestimmten Ereignis (zum Beispiel einem Kundenauftrag) angestoßen werden und einen genau definierten Input und Output haben. Helfrich ergänzt diese beiden Definitionen noch um die ‘Definition des Praktikers’ und sagt, dass ‘ein Prozess immer auf dem Markt beginnt und eine Kernkompetenz enthält’. Nauer ergänzt diese Prozessdefinitionen noch um folgende Aussagen: Jeder Prozess sollte eine Prozessbezeichnung besitzen. Jeder Prozess sollte seinen Lieferanten kennen, der eine definierte Vorarbeit leistet. Jeder Prozess sollte seinen Kunden kennen, für den er Arbeit leistet. Jeder Prozess sollte einen Prozessverantwortlichen (Process-Owner) für das Prozessergebnis besitzen. Jeder Prozess sollte zielgerichtet sein. Jeder Prozess sollte einen definierten Anfang und Ende haben. Jeder Prozess sollte eine selbständige Abwicklung des Kerngeschäfts durch einen entsprechenden Autonomiegrad und Verantwortungs-übertragung ermöglichen. 4.3.1, Prozessarten: In der betrieblichen Praxis existiert eine ganze Reihe von Begriffen, mit denen die einzelnen Prozessarten voneinander abgegrenzt werden. Grundsätzlich lassen sich die Abläufe im Unternehmen nach verschiedenen Kriterien unter-scheiden. Es gibt drei Arten von Prozessen. Zum einen die Prozessarten nach dem Prozessgegenstand, nach Art der Tätigkeit und nach dem Marktbezug. Unterscheidet man die Prozessart nach dem Prozessgegenstand, so unterscheidet man die materiellen und die informationellen Prozesse. Die materiellen Prozesse beziehen sich auf die Bearbeitung und den Transport von physisch real existierenden Objekten, also Rohstoffe oder Halbfertigfabrikate. Diese Prozesse beginnen als Güterströme mit der Beschaffung des notwendigen Materials als Input und enden mit dem Absatz des Fertigproduktes als Output. Die Gestaltung der materiellen Prozesse erfolgt meistens durch eine räumliche und zeitliche Anordnung der Prozessaktivitäten. Die Informations-prozesse beinhalten den Austausch und die Verarbeitung von Informationen. Sie sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie Informationen als Input erhalten, aus denen dann mittels zusätzlicher Speicherinformationen neue Informationen erstellt werden und als Output an andere Prozesse weitergeleitet werden. Charakterisiert man die Prozesse nach der Art der Tätigkeit, so erhält man die operativen Prozesse und die Managementprozesse, auch dispositive Prozesse genannt. Die operativen Prozesse oder auch Leistungsprozesse haben die eigentliche Leistungserstellung zum Ziel. Sie haben entweder einen materiellen oder einen immateriellen Output. Dabei wird noch unterschieden in die direkten Leistungsprozesse, also auf den Kunden gerichtete Prozesse, wie zum Beispiel die Produktentwicklung oder der Vertrieb, und in die indirekten Leistungs-prozesse, die eine Unterstützungsfunktion für die direkten Leistungsprozesse besitzen. Zu den indirekten Leistungsprozessen gehören das Personalwesen, das Finanz- und Rechnungswesen oder die Logistik. Die Leitungs- oder Managementprozesse verfolgen das Ziel, die Unternehmensaktivitäten zu planen, zu steuern und zu kontrollieren. Man unterscheidet in strategische und operative Managementprozesse, wobei die strategischen Prozesse der langfristigen Unternehmensentwicklung dienen, also zum Beispiel strategische Planung oder strategisches Controlling. Die operativen Managementprozesse dienen mehr der Steuerung der Leistungsprozesse, wie zum Beispiel Kurzfristplanung oder Produktionsplanung. Orientiert man sich am Marktbezug eines Prozesses, erhält man die Primär-, Sekundär- und die Innovationsprozesse. Die Primärprozesse sind an der Wertschöpfung unmittelbar beteiligt und auf die Erstellung und den Vertrieb eines Produktes oder einer Dienstleistung gerichtet. Sie entsprechen den direkten Leistungsprozessen, wie Fertigung und Vertrieb. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den Sekundärprozessen um indirekte Aktivitäten, die für die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft sorgen und nicht wertschöpfend sind. Sie unterstützen die wertschöpfenden Primärprozesse und entsprechen somit den indirekten Leistungsprozessen. Dazu gehören das Finanz- und Rechnungswesen, das Personalwesen oder die Wartung und Instandhaltung der Produktionsmaschinen. Die Innovationsprozesse hingegen können sowohl wertschöpfende Funktionen haben, wie auch unterstützende Funktionen besitzen. Sie dienen der Entwicklung und Einführung neuer Produkte (Produktinnovationen), besitzen damit einen unmittelbaren Marktbezug und sind somit wertschöpfend. Oder sie dienen der Entwicklung und Einführung neuer Produktionsverfahren (Prozessinnovationen) oder neuer Strukturen (Strukturinnovationen). Unter dem sogenannten Kernprozess versteht man die Verknüpfung inhaltlich zusammenhängender Aktivitäten, die zur Leistungserstellung vollzogen werden und zu einem Ergebnis führen, das einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet. Kernprozesse lassen sich aus den obersten Sachzielen eines Unternehmens ableiten und weisen Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten auf. Kernprozesse werden auch als Geschäftsprozesse oder Hauptprozesse bezeichnet. Beispiele dafür sind die Auftragsabwicklung oder die Produktentwicklung. Die Verbindung aller Kernprozesse bildet die Wertschöpfungskette (auch value chain genannt) eines Unternehmens. Sie umfasst alle Tätigkeiten, ‘durch die ein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben und ausgeliefert wird’.
Andreas Müller wurde 1977 in München geboren. Sein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Fachhochschule München schloss der Autor im Jahre 2002 mit dem akademischen Grad des Diplom Wirtschaftsingenieurs (FH) erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte er umfassende praktische Erfahrung in der Unternehmensberater-Branche. Seine Tätigkeit als Projektleiter in einer Vielzahl an Organisationsprojekten motivierte ihn, sich der Thematik der prozessorientierten Unternehmensorganisation zu widmen, die im vorliegenden Buch erörtert wird.
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