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- Die Lebensversicherung in Deutschland vor dem Hintergrund des andauernden Niedrigzinsumfelds: Ist ein bewährtes Geschäftsmodell endgültig gescheitert oder gibt es Wege aus der Krise?
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In Wahrheit ist mit der Lebensversicherung ein Geschäftsmodell gescheitert. Nach Zinssenkungen und unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen der EZB zweifeln Presseartikel immer wieder die Zukunftsfähigkeit privater Altersvorsorge an und nähren Ängste, ob Versicherer in der Lage sind, ihre Leistungsversprechen uneingeschränkt zu erfüllen. Im Niedrigzinsumfeld ergeben sich für Lebensversicherer neue Herausforderungen, die es zu beleuchten gilt. Denn offenkundig ist es eine komplexe Aufgabe, mit einer konservativen Kapitalanlage langfristige Zinsgarantien von bis zu 4 % auf die Sparbeiträge der Kunden zu erwirtschaften. Hieraus erwächst die Frage, wie Versicherer konkret durch das Niedrigzinsumfeld beeinträchtigt werden und wie sie zukünftig am Markt bestehen können. Diese Analyse beschäftigt sich u.a. mit Herausforderungen, die sich aus dieser Situation ergeben. Es wird herausgestellt, wie es um garantierte Leistungen und Überschussbeteiligung als zentrale Produktmerkmale bestellt ist. Weiterhin werden detailliert eingeleitete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen aufgezeigt, um zu einer Diskussion möglicher Modifikationen von Produkten und Geschäftsmodell überzuleiten.
Textprobe: Kapitel 4, Herausforderungen im Niedrigzinsumfeld: 4.1, Anlagevorschriften für Lebensversicherer: Das gegenwärtige Umfeld an den Kapitalmärkten ist durch niedrige Renditen für nach herrschender Meinung als sicher eingestufte Geldanlagen gekennzeichnet. Dies betrifft private Sparer, die die sinkenden Zinsen z.B. beim Tagesgeld oder bei neuen Anlagen auf Festgeldkonten zu spüren bekommen. Der geringere Zinsertrag macht sich darüber hinaus ebenso bei institutionellen Anlegern bemerkbar. Im Gegensatz zu Privatanlegern haben diese jedoch weitaus größere Volumina zu verwalten. Es sei daher noch einmal der Kapitalanlagebestand der Lebensversicherer zum Ende des Jahres 2011 mit ca. 740 Mrd. EUR in Erinnerung gerufen. Hieraus erwächst die Frage, welche Investments die deutsche Versicherungswirtschaft bei den Lebensversicherungsprodukten als monetäre Grundlage für die abgegebenen Leistungsversprechen tätigt und wie sich das Niedrigzinsumfeld auf diese Anlagen auswirkt. Wegen des Gewichts der Branche und ihrer gesamtvolkswirtschaftlichen Relevanz hat der Gesetzgeber Anlagegrundsätze für die Geldmittel der Lebensversicherer erlassen. Das Vermögen ist nach § 54 Abs. 1 VAG so zu investieren, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität des Versicherungsunternehmens unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung erreicht wird. Diese Vorschrift kann durchaus als anspruchsvoll angesehen werden, da eine möglichst risikolose Anlage grundsätzlich im Zielkonflikt mit hohen Renditen und einer schnellen Umwandlung in flüssige Mittel steht. Die Unvereinbarkeit aller Ziele zugleich ist im Allgemeinen anerkannt und lässt sich grafisch im so genannten magischen Dreieck illustrieren. Unabhängig davon muss es den Lebensversicherern zu jeder Zeit gelingen, fällige An-sprüche zu bedienen allein schon um Eingriffe der BaFin zu verhindern. Daher ist, auch durch Streuung der Assets, dem Sicherheitsanspruch bei zeitnaher Liquidierbarkeit Vorzug vor dem Renditeaspekt zu geben. Trotzdem sollte durch die Investitionen zumindest der garantierte Rechnungszins auf die Sparbeiträge erwirtschaftet werden können. Weiterhin haben die Versicherer bei der Kapitalanlage die Aufzählung der Anlageverordnung (AnlV) zu berücksichtigen. Im § 2 AnlV werden als gestattete Formen u.a. Darlehen an die öffentliche Hand, internationale Organisationen und Unternehmen, Policendarlehen an die eigenen Versicherten, Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Immobilien, Einlagen bei Kreditinstituten, Beteiligungen und Genussrechte benannt, sofern diese die näheren Spezifika des Paragrafen erfüllen. Die Aufzählung in der Verordnung ist abschließend und bindend für die Versicherungswirtschaft. Darüber hinaus konkretisiert der § 4 AnlV die Streuung der Anlagen, während § 3 AnlV quantitative Beschränkungen für einzelne Positionen ausführt. Damit soll das Klumpenrisiko einer zu hohen Konzentration einzelner in § 2 AnlV gestatteter Vermögensobjekte verhindert werden. Analog zu den Rechnungsgrundlagen schlägt sich der Sicherheitsgedanke somit auch in der Verwaltung des Kapitals nieder. Es schließt sich ein Diagramm an, das die Umsetzung dieser Prämissen in der Praxis veranschaulicht […]. Abbildung 7 lässt erkennen, dass die im GDV organisierten Lebensversicherer mit gut 87 % einen Großteil des Kapitals in Anleihen investieren. Diese Schuldverschreibungen verbriefen den Versicherern als Gläubiger einen schuldrechtlichen Anspruch auf Tilgung des gewährten Darlehens sowie auf Zinszahlung durch den Emittenten der Anleihe. Durch eine gewissenhafte Auswahl von Schuldnern mit guter Bonität - etwa der Bundesrepublik Deutschland bei Staatsanleihen oder z.B. soliden deutschen Großkonzernen bei Unternehmensanleihen - ergibt sich unter normalen Umständen eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit bei stetiger Bedienung der Zinsverpflichtungen. Mit diesen gut kalkulierbaren Mittelzuflüssen tragen die Versicherer Sorge dafür, dass sie die Sparbeiträge ihrer Versicherten zumindest in Höhe des garantierten Rechnungszinses vergüten können. Aktien hingegen steuerten einen Anteil von weniger als 3 % zum Portfolio bei. Seit den volatilen Entwicklungen im letzten Jahrzehnt haben die Versicherer ihr Engagement an den Aktienmärkten konsequent reduziert. Im Jahr 2007 lag die durchschnittliche Aktienquote z.B. noch bei über 8 %. Auch Immobilien waren mit weniger als 4 % nur unterdurchschnittlich vertreten. Natürlich obliegt es dem Management der jeweiligen Versicherungsgesellschaft, wie die Kapitalstruktur im Einzelnen ausgestaltet wird. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise kann für die gesamte Branche jedoch eine verstärkte Risikoaversion und damit die Fokussierung auf Anleihen abgeleitet werden. Die Situation in Griechenland hat unlängst gezeigt, dass selbst Rentenpapiere nicht frei von Risiken sind. An dem Schuldenschnitt im letzten Jahr oder - um es aus Gläubigersicht auszudrücken - der Abschreibung von Forderungen, waren beispielsweise Versicherer beteiligt. Weiterhin ist der langfristige Garantieaspekt der Lebensversicherungsprodukte unter Anlagegesichtspunkten kritisch zu hinterfragen. Schließlich wird bei Vertragsabschluss je nach Laufzeit der Versicherung eine Mindestverzinsung teilweise über mehrere Jahr-zehnte zugesagt. Nach Schradin ist daher ein fristkongruentes Asset-Liability-Management [angebracht] . In der Literatur wird in diesem Zusammenhang in Anlehnung an das Konzept von Macaulay ebenso vom Duration Matching gesprochen. Unter Duration versteht man die durchschnittliche Dauer der Kapitalbindung eines festverzinslichen Wertpapiers. Dem folgend sollte Deckungsgleichheit zwischen den Laufzeiten der Schuldverschreibungen und den ihnen gegenüberstehenden Anspruchszeiträumen der Versicherten herrschen. Dies ist über festverzinsliche Wertpapiere in der Regel aber nicht abzubilden. Die Bundesrepublik Deutschland emittiert Bundesanleihen z.B. mit einer maximalen Laufzeit von 30 Jahren, wobei zehnjährige Anleihen gebräuchlicher sind. Wird eine solche Schuldverschreibung sodann nach 10 Jahren fällig, während der Lebensversicherungsvertrag noch weiter läuft, müssen die Geldmittel unter Einfluss des dann vorherrschenden Zinsumfelds reinvestiert werden. Aus diesem Umstand erwächst für den Versicherer das Risiko, dass die neu zu erwerbenden Rentenpapiere nicht mehr auskömmlich genug sein könnten, um den garantierten Rechnungszins zu erwirtschaften. Vor diesem Hintergrund würde sich das Szenario einer lang anhaltenden Niedrigzinsphase negativ auf die Anbieter von Lebensversicherungen auswirken, da sie einen etwaigen Differenzbetrag zur Mindestverzinsung ihrerseits reservieren müssten. Hinzu kommt, dass die Verwirklichung eines Absicherungsvorhaben des aus der Fristinkongruenz resultierenden Zinsänderungsrisikos statt auf einzelvertraglicher Ebene vielmehr im aggregierten Bestand der Versicherer erfolgen müsste […].
Mike Donner begann 2006 seine Ausbildung bei einem großen deutschen Versicherer. Seither gilt sein wirtschaftliches Interesse insbesondere auch den Entwicklungen in der Versicherungsbranche. Nach seinem Wechsel zu einem auf Lebensversicherungen spezialisierten Versicherer und einem wirtschaftswissenschaftlichen Abendstudium erlangte er erfolgreich den Grad eines Bachelor of Arts. Wiederholt kritische Beiträge in TV und Printmedien motivierten den Autor, sich der Zukunftsfähigkeit der deutschen Lebensversicherung – im Speziellen vor dem Hintergrund des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes – zu widmen und aus einer objektiveren Sichtweise konstruktiv zu bewerten.
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