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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die sogenannte Finanzkrise führte den globalen Finanzmarkt in den Jahren 2007/2008 an den Rand des Zusammenbruchs und warf weltweit entscheidende Fragen auf: Handelte es sich um ein unvorhersehbares Ereignis oder lagen die Ursachen in menschlicher Hand? Sofern Letzteres der Fall war, stellt sich sogleich die Frage, ob bestimmte Personen für ihre, im Vorfeld der Finanzkrise getätigten, Handlungen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Die aufgeworfenen Fragen sollen im Verlauf dieses Buches beantwortet werden, was jedoch zunächst eine ausführliche Auseinandersetzung mit den komplexen Umständen der Krise erfordert. Die Untersuchung gliedert sich daher in drei Hauptteile: Im ersten Schritt werden die relevanten ökonomischen Rahmenbedingungen, Zusammenhänge und Ereignisverläufe sowie die einschlägigen Finanzprodukte und Geschäftsmodelle dargestellt. Der zweite Teil beinhaltet die Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Komplexität internationaler Finanzmärkte und kriminogenem Verhalten am Kapitalmarkt. Schließlich wird anhand der Untreue (§ 266 StGB) aufgezeigt, inwieweit sich Bankvorstände und andere Entscheidungsträger durch ihr Handeln strafbar gemacht haben könnten.
Textprobe: Kapitel 4.4.3.1.1 Die Landesbanken: Die erwähnten Landesbanken, deren Satzungen hier exemplarisch angeführt werden sollen, waren zwar nach außen vollständig rechtsfähig und durften Bankgeschäfte jeder Art tätigen (vgl. § 2 Abs. 5 Sachsen LB-Satzung vom 28.04.2006, § 3 Abs. 1 BayernLB-Satzung vom 08.07.2005), jedoch waren sie im Innenverhältnis auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke festgelegt. Hierbei ist jedoch zwischen dem Ob der getätigten Geschäfte und dem Wie zu differenzieren. Laut ihren Satzungen waren die im Rahmen des ABS-Geschäfts tätig gewordenen Landesbanken grundsätzlich dazu befugt. Hinsichtlich der Art und Weise, wie und in welchem Umfang solche Geschäfte getätigt werden sollen, waren sie jedoch darauf festgelegt, alle Geschäfte […] unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags […] zu führen (§ 2 Abs. 6 Sachsen LB-Satzung vom 28.04.2006, vgl. auch § 3 Abs. 4 BayernLB-Satzung vom 08.07.2005). Ob die Wertpapiergeschäfte in dem vorgefundenen Umfang noch unter Beachtung des öffentlichen Auftrags getätigt wurden, muss im Rahmen einer Einzelfallprüfung für die jeweiligen Institute gesondert erörtert werden. Es kann jedoch auch dahinstehen, wenn schon das Ob eines solchen Engagements durch andere Vorgaben versagt war. Als solche kommen allgemeine Grundsätze des öffentlichen Rechts in Betracht, welche sich aus den Länderverfassungen und dem Grundgesetz ableiten. Hierbei können insbesondere die Grundsätze der (mittelbaren) Staatsverwaltung herangezogen werden. Jegliches Handeln des Staates, auch wenn es durch eine Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine privatrechtlich organisierte Aktiengesellschaft getätigt wird, ist (mittelbare) Staatsverwaltung. Aus dem Sozial- und Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) folgt, dass der Staat stets dem öffentlichen Wohl verpflichtet bleibt. Mithin müssen auch die Handlungen der Landesbanken – unabhängig davon in welcher Rechtsform sie geführt werden – als (mittelbare) Staatshandlungen einem öffentlichen Zweck dienen. Eine einheitliche Begriffsbestimmung für den öffentlichen Zweck ist jedoch nicht vorhanden. In der Regel heißt es, öffentlicher Zweck sei jede gemeinwohlorientierte, im öffentlichen Interesse der Einwohner liegende Zielsetzung, also die Wahrnehmung einer sozial-, gemeinwohl- und damit einwohnernützigen Aufgabe . Für die öffentliche Wirtschaft bedeutet dies, dass ein Recht der öffentlichen Hand zu beliebiger Wirtschaftsbetätigung nicht anerkannt werden kann, [dass] vielmehr jedes Unternehmen durch Erfordernisse des Gemeinwohls hinreichend gerechtfertigt sein muss . Dem Staat steht zwar in Bezug auf die Festlegung der öffentlichen Zwecke eine breite Einschätzungsprärogative zu, jedoch besteht Einigkeit darüber, dass die reine Gewinnerzielungsabsicht keinen öffentlichen Zweck darstellt, da der Staat sich aus Steuern und Abgaben zu finanzieren hat. Zwar darf und soll der Staat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben Erträge erzielen, jedoch muss dies ein Nebeneffekt und nicht alleiniger Zweck der Unternehmung sein. Andernfalls würde das Zweckerfordernis leerlaufen. Je nach Art und Umfang der neuen ABS-Geschäftsmodelle könnte dies für einige der Landesbanken bedeuten, dass ein Tätigwerden als Geschäftsbank außerhalb öffentlicher Zwecke und die damit verbundenen Eigengeschäfte in börsennotierte Wertpapiere als isolierbarer Geschäftszweig rein spekulativer Art begriffen werden müssen. Ein solches Vorgehen ist nicht vereinbar mit dem öffentlichen Zweck staatlichen Handelns. In der Literatur wird insbesondere angeführt, dass es sich bei den Wertpapieren zumeist um verbriefte Kreditforderungen amerikanischer Immobilienkäufer handelte und die Landesbanken demnach mittelbar den amerikanischen Markt finanziert haben. Ebenfalls wird das große Volumen, welches im Rahmen des ABS-Geschäfts investiert wurde (die drei angeführten Banken Sachsen LB, BayernLB und WestLB kauften amerikanische Wertpapiere mit einem Gesamtvolumen von fast 80 Mrd. Euro), als nicht mehr von einem (auch nicht mittelbaren) öffentlichen Zweck gedeckt, deklariert. Diese Ansicht wird auch dadurch gestützt, dass Banken, wie die Sachsen LB, ihre eigentliche Hauptaufgabe, die Förderung des sächsischen Heimatmarktes, zum Wohle des neuen Geschäftsmodells vernachlässigten. Die Verfolgung des öffentlichen Zwecks ist zwingendes öffentliches Recht und genügt auch den Anforderungen an eine Pflichtnorm i.S.d. § 266 StGB, da diese Beschränkung zumindest auch dem Schutz der öffentlichen Hand vor ökonomischen Experimenten und mithin dem Vermögensschutz dient. Durch den zwingenden Charakter dieser Vorgaben ist auch eine Zustimmung oder Förderung der in den Kreditausschüssen vertretenen Bundesländer und des Verbands der Sparkassen ohne Belang für ein pflichtwidriges Handeln der Vorstände, sondern kann vielmehr ebenfalls als Pflichtverletzung der in diesen Ausschüssen tätigen Personen gewertet werden. Ob die Geschäfte im Einzelnen nicht vom öffentlichen Zweck gedeckt waren und ob diese Pflichtverletzung als gravierend zu beurteilen ist, muss vorliegend dahinstehen, da diese Fragen im Rahmen einer Einzelfallprüfung unter Einbeziehung der einzelnen detaillierten Geschäfte und der jeweiligen Ländervorgaben zu prüfen wären.
Robert Wilkens, Jahrgang 1987, schloss Anfang 2012 sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig ab und ist seitdem Doktorand am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht. Darüber hinaus war er über zweieinhalb Jahre als Forensiker für die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG in Berlin tätig, wo er an zahlreichen nationalen und internationalen Ermittlungen zur Aufklärung wirtschaftskrimineller Sachverhalte beteiligt war. In seinen bisherigen Veröffentlichungen beschäftigte sich Robert Wilkens insbesondere mit den Themen Geldwäsche, Compliance-Ermittlungen und Corporate Governance. Seit Ende 2015 absolviert er sein Referendariat am Landgericht Leipzig.
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