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- Die Entstehung von Basel III: Eine Untersuchung auf rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die globalisierte Finanzwelt befindet sich nach der Weltfinanzkrise wieder in einem starken Aufwärtstrend. Gleichzeitig bewegt sich die altehrwürdige Branche, die in den letzten Jahren um neue Mitbewerber neben Banken und Versicherungen erweitert wurde, am Scheidepunkt. Die öffentliche Meinung, zumindest in den eher westlich orientierten Staaten, äußert Vorbehalte gegenüber den Vorgehensweisen der Finanzindustrie. Diese erscheinen dem Bürger oftmals undurchschaubar und damit gefährlich. Diese Untersuchung soll helfen die Frage zu klären, ob Europa im Wettbewerb der Währungs- und Finanzräume von einer Vorbildfunktion bei der Umsetzung des momentan in der Diskussion befindlichen Regelwerks Basel III profitieren kann. Eventuell sind vermehrt negative Effekte zu erwarten. Es kann sich dabei sowohl um politische Einflussverluste, monetär messbare Einbußen in Finanz- und Realwirtschaft oder auch um volkswirtschaftliche Wohlstandsverluste uvm. handeln. Vielleicht sind die unter dem Schlagwort ‘Basel III’ zusammengefassten Wirkmechanismen - richtig angewandt und mit Augenmaß umgesetzt - aber auch ein positiver Standortfaktor für Europa.
Textprobe: Kapitel 3.3, Kritiken am Baseler Ausschuss: Es lässt sich festhalten, dass die bloßen Empfehlungen des Baseler Ausschusses nicht zwingend in nationales Recht umzusetzen sind. Allerdings mögen sie in der Europäischen Union mittelbar Rechtswirkung über ihren Einfluss auf die Gestaltung der für Bankenaufsicht maßgeblichen EG-Richtlinien bis zu einem gewissen Grad entfalten. Auch aus diesem Grund wird die sogenannte Aufsichts-Arbitrage möglich, die Ab-wanderung von Finanzmarktakteuren in nicht-regulierte oder schwächer regulierte Märkte, bspw. Emerging Markets. Manche Akteure erhoffen sich hiervon verschiedene Vorteile. Die Bandbreite geht dabei von geschmälerten Verwaltungsaufwendungen durch weniger regulatorische Prozesse bis hin zur Möglichkeit höhere Renditen durch anderswo untersagte Hochrisikoinvestments zu generieren. Dieses Vorgehen kann auf der anderen Seite sogar dazu führen, dass staatliche Akteure bewusst darauf setzen Standortvorteile zu erlangen, in dem die Baseler Empfehlungen nicht oder nur stark verzögert in nationales Recht umgesetzt werden. Ferner bleibt festzuhalten, dass verschiedene nationale Interessen aus verschiedenen Kulturkreisen im Ausschuss aufeinandertreffen. Es kann hier in der Diskussion also zu Verzögerungen oder Unterbrechungen kommen, weil einige Aufsichtsbehörden der Mitgliedsländer auf Basis nationaler oder sogar nur behördlicher Interessen dieses für sinnvoll erachten. Dabei ist dieses Vorgehen weniger als politisch motiviert zu betrachten, sondern vielmehr den verschiedenartigen Aufsichtsarchitekturen der einzelnen Nationalstaaten geschuldet. Weiter ist zu beachten, dass nicht alle Aufsichtsbehörden der globalisierten Finanzwelt auf Basis völliger staatlicher und damit politischer Unabhängigkeit agieren können. Trotzdem ist eine politische Komponente wohl erst mit dem Diskussionsprozess um Basel III in den Vordergrund getreten. Der Verbesserung der internationalen Finanzmarktaufsicht ist durch das geschilderte Vorgehen Einzelner aber weniger gedient. Ein veröffentlichtes Diskussionspapier kann somit immer nur einen Kompromiss verschiedener Strömungen und Ansichten enthalten und niemals die für einen Finanzmarkt oder -platz perfekte Lösung bieten. Ein weiteres Problem ergibt sich durch den quartalsweisen Tagungsrhythmus im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Die hochinnovativen Geld- und Finanzmärkte ändern ihre Ausrichtung oftmals schneller, als die Wissenschaft ihnen folgen kann. Somit kann der Baseler Ausschuss immer nur auf Basis der aktuell drängendsten Problemlagen agieren und diskutieren und nur in der Nachschau aktiv werden. Aktuelle Krisen können daher durch das Handeln des Diskussionsforums nicht verhindert werden. Vielmehr können nur Lösungsansätze gefunden werden für Problemlagen, die bereits eingetreten sind. Außerdem soll deren Unterbindung in der Zukunft, mithin eine etwaige Wiederholung von Krisenszenarien, garantiert sein. Weiter wird an der Legitimität der Ausschussempfehlungen gezweifelt. Im Grundsatz kann abgeleitet werden, dass staatliche, weisungsgebundene Behörden (Bundesbank und BaFin) Vertreter in ein Gremium entsenden, welches gleichzeitig die Grundlage dafür schafft Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene zu befördern und deren Inhalte zu bestimmen. Somit ist die eigentlich der Legislative zugeschriebene gesetzgeberische Gewalt auf diesem speziellen Gebiet nur noch pro forma bei den Parlamenten angesiedelt. Die Gesetzesvorhaben werden vielmehr von den Aufsichtsbehörden selbst initiiert eben durch das Mitwirken im Baseler Ausschuss und die dort formulierten Empfehlungen. Mittelbar wird somit die Gesetzgebung, zumindest inhaltlich, im speziellen Bereich des Bankenaufsichts- und Regulierungsrechts an nachgeordnete Fachbehörden delegiert. Ferner wird die Basis für das eigentliche Tätig werden des BCBS von deutschen Juristen angezweifelt. Kindler geht sogar so weit und folgert, dass diese Organisation ohne Rechtsgrundlage arbeitet. Es existiert kein völkerrechtlich zu qualifizierender Gründungsvertrag zwischen den Mitgliedsstaaten selbst. Festzuhalten ist vor diesem Hintergrund vor allem, dass die in den Ausschuss entsandten Vertreter innerstaatlichen Fachbehörden angehören. Sie handeln nicht mit im Auftrag oder Namen ihres Staates und können daher mit ihren Empfehlungen und Entscheidungen ihren Heimatstaat nicht rechtskräftig binden. Solange allerdings die Politik damit fortfährt die Empfehlungen in der Europäischen Union mit großem Eifer und oftmals ohne Änderungen umzusetzen, wird sich an diesem u.U. als Demokratiedefizit zu qualifizierendem Zustand nichts ändern – und dies muss kein Nachteil sein. Es kann dabei nämlich auch argumentiert werden, dass die Mindeststandards und Empfehlungen des Baseler Ausschuss gerade deshalb eine gewisse praktische Legitimität aufweisen, weil sie im Konsens der Aufsichtsbehörden der global wichtigsten Finanzplätze verabschiedet werden und damit das Meinungsbild der führenden Finanzaufseher dieser Welt abbilden. Der Baseler Ausschuss ist damit zunehmend von großer rechtspolitischer Bedeutung auch für den deutschen Normen-setzer und dieser wird sich den Arbeitsergebnissen des BCBS nicht entziehen können. Bevor hier von juristischer Seite auf völkerrechtlicher Ebene eine Basis für das Agieren des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht auch nur angedacht geschweige denn umgesetzt worden ist, hat der Markt Fakten geschaffen. So laufen Staaten Gefahr als risikoreicheres Investment zu gelten, sollten sie nicht die Empfehlungen aus Basel um-setzen. Dies kann u.U. zu einer verteuerten Refinanzierung und damit zu neuerlichen Belastungen für den Staatshaushalt führen. In Zeiten angespannter Staatsfinanzen möchten dieses nur wenige Staatenlenker riskieren. Für die Wachstumsmärkte von großem Interesse ist die Stoßrichtung und die Besetzung des Ausschusses bis zum Beitritt der neuen Akteure, beispielhaft seien hier Brasilien, Indien und China genannt. Das Baseler Gremium an sich war und ist seit seiner Gründung eher westlich orientiert und geprägt auf Grund der Wertevorstellung der Gründerparteien. Somit entsprechen auch das Grundverständnis und die Denkrichtung der bis dato veröffentlichten Papiere westlichen Standards. Fraglich bleibt hierbei, ob die neuen Mitglieder diesen Vorgaben ohne weitere Veränderungen folgen wollen – oder sich wie andere Akteure einfach der Umsetzung in nationales Recht entziehen und den Ausschuss nur zur reinen Informationsgewinnung nutzen. Dieses Verhalten wird die praktische Legitimität des BCBS wahrscheinlich irreversibel beschädigen. Den dritten möglichen Weg stellt die aktive Beteiligung der genannten Staaten an aktuellen Diskussionen dar. Dieses wiederum stärkte den Ausschuss als internationales Forum umso mehr. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft nationale Interessen eine große Rolle spielen werden. Abgeleitet werden kann, dass die Staatenlenker vermehrt Einfluss auf den Entstehungsprozess der Arbeitspapiere und Empfehlungen des Baseler Ausschusses Einfluss nehmen möchten. Diese Entwicklung lässt sich evtl. auch daran ablesen, dass die Verhandlungen zum neuesten Regelwerk Basel III auf der Agenda des G20-Gipfels in Seoul 2010 stehen. Die politische Dimension gewinnt somit mehr und mehr an Bedeutung. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass einmal im politischen Entscheidungsprozess beschlossene Formulierungen und Vereinbarungen im Nachgang nur noch schwerlich zu umgehen sind. Daher bietet sich eine vorherige Beeinflussung der Inhalte – ausgerichtet nach nationalen Interessen – in diesem Fall besonders an. So unterliegt ein Mitgliedsstaat in der heutigen Diskussion um eine wirksame, globale Bankenaufsicht im späteren Verfahren dann auch nicht dem Verdacht diese be- oder verhindern zu wollen, wie es im Falle der evidenten Nichtumsetzung der Baseler Vorschläge in nationales Recht offenkundig der Fall wäre. Weiter ist kritisch zu hinterfragen, ob ein bloßer informeller Ausschuss auf internationaler Basis mit einem festen Mitarbeiterstab von 14 Mitarbeitern wirklich in der Lage ist einen Überblick über das weltweite Finanzgeschehen zu behalten und entsprechend zu beurteilen. Auch besteht die Gefahr, dass hier eine sehr geringe Anzahl von Personen Entscheidungen trifft, die immense Auswirkungen auf die globale Finanzarchitektur haben können. Die Komplexität der Arbeitsergebnisse des Baseler Ausschusses mag dagegen schon in sich die Effektivität des BCBS stören, da viele verschiedene Unterausschüsse und Arbeitsgruppen mittlerweile eine Menge an neuen Gedanken veröffentlichen und damit neue Diskussionen befeuern. Hinzu treten auch Kontrolldefizite bezogen auf die Arbeit der einzelnen Unterausschüsse und des Zustandekommens dort erarbeiteter Arbeitsergebnisse. Die vorhandenen Erkenntnisse des Baseler Ausschusses zu den Fehlsteuerungen von Basel I lassen erahnen, dass die Vorschläge des Ausschusses auf Grund der Komplexität der Materie und der Schnelllebigkeit der Finanzwelt und deren innovativer Finanz-produkte in der Vergangenheit zu kurz gegriffen haben. Hat sich im Ausschuss eine neue Erkenntnis durchsetzt, dann ist bereits viel Zeit vergangen seit der ersten Umsetzung des entsprechenden, nun änderungsbedürftigen Regelwerkes. Erst dann aber können passende Änderungen erarbeitet werden, eben auf Basis der real sichtbaren Effekte. Es kann gefolgert werden, dass alle Auswirkungsstudien des Ausschusses zu neuen Regelwerken zum Trotz die globale Finanzindustrie augenscheinlich über wesentlich größere Kapazitäten als die weltweite Bankenaufsicht verfügt. Sie ist daher in der Lage die Schwachstellen der Regelwerke schneller zu identifizieren und zu ihrem Vorteil bzw. in ihrem Sinne zu nutzen. Dieses wiegt umso schwerer, als Interessenvertreter der Kreditinstitute teils schon früh in den Entstehungsprozess neuer Regelwerke eingebunden werden. Es besteht die Gefahr, dass diese Akteure ihre Eigeninteressen verfolgen. Durch den langsamen Umsetzungsprozess der Vorschläge innerhalb des Ausschusses und im Nachgang in den jeweiligen Legislativen der einzelnen Nationalstaaten kommt es zu starken Verzögerungen im Zeitablauf. Diese können in einer hochflexiblen Finanzwelt so nicht hingenommen werden, will man hier wirksam regulieren und zukünftigen Krisen wirklich vorbeugen. Dieses Problem besteht seit der Hinwendung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zum materiellen Bankenaufsichtsrecht, also Vorschlägen zu generellen Mindestkapitalstandards o.ä. Hierdurch hat die zu bearbeitende Thematik eine Komplexität erreicht, die kaum noch überschaubar scheint und nur mit ausreichenden Personal- und Wissenskapazitäten sowie dem internationalen politischen Konsens des Bedarfs nach einer wirksamen und schlagkräftigen Banken-aufsicht möglich ist. Die Fehlsteuerungen und Schwachstellen der Regelwerke des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht sind offenkundig – und sie werden deshalb durch Diskussionen in diesem internationalen Forum zu Änderungen führen und wahrscheinlich auch noch weitere Regelwerke nach sich ziehen. Entscheidend für die Beurteilung der Arbeit des Ausschusses ist bei allen negativen Ausflüssen wohl aber die internationale Akzeptanz der Empfehlungen an sich. Vor der Institutionalisierung des BCBS ist internationale Finanzmarktregulierung oder überhaupt die Diskussion darüber in der heute bekannten Form undenkbar. In der politischen Konsensfindung müssen vor allem auf internationaler Ebene die kleinsten Gemeinsamkeiten als Ausgangspunkt genutzt werden, um daraus eine adäquate, international anwendbare materiell-rechtliche Grundlage für eine globalisierte Bankenaufsicht zu schaffen. Idealvorstellung ist dabei, dass diese möglichst viele der heutigen Themen auf den Weltfinanzmärkten erfasst. Dieser Zielvorstellung kommt der Baseler Ausschuss bei aller Ineffektivität erstaunlich nahe. Gerade die Diskussionen auf internationaler Ebene befördern eben den sogar in der öffentlichen Diskussion festgestellten Wandel hin zu einem verstärkten Problem-bewusstsein bzgl. Der Auswirkungen internationaler Finanzmarktstabilität. Auch scheint eine Verhaltensänderung dahingehend eingetreten zu sein, dass Staaten dieses Thema vermehrt auf die politische Agenda heben, um damit wirksame Schutz-mechanismen gegen neue Krisen zu begründen. Ferner ist zu beachten, dass die Tätigkeit des BCBS immer noch auf einem Status des nichtstaatlichen Akteurs basiert und keinerlei Souveränität an ihn abgetreten worden ist. Gleichwohl wird aber ebenso klar, dass sich viele Staaten heute schon deshalb nicht mehr der (Teil-) Umsetzung von Baseler Empfehlungen in nationales Recht entziehen können, da der internationale Finanzmarkt den Baseler Ausschuss akzeptiert hat und dessen Vorschläge und Diskussionen aufmerksam verfolgt. Hieraus folgt die Möglichkeit, dass Anleger weniger umsetzungswillige Staaten bspw. Mit Risikozuschlägen für ihre staatlichen oder Unternehmensanleihen sowie evtl. Kapitalabflüsse abstrafen könnten. Sobald der Markt eine Instabilität des Finanzmarktsystems eines Landes identifiziert, welche direkt oder indirekt auf fehlende Regulierung im Sinne der Baseler Empfehlungen zurückzuführen sein wird, steht diese Möglichkeit im Raum. Zusammengefasst lässt sich folgern, dass bei all den dargestellten Problemen in Zusammenhang mit dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht keine weiteren Best-Practice-Lösungen auf diesem Gebiet internationaler Zusammenarbeit existieren. Weder die Weltbank, noch der International Monetary Fund oder gar die European Banking Authority sind in der Lage auch nur annähernd ein solches Niveau an praxistauglichen und damit international anerkannten Lösungen anzubieten wie der BCBS.
Marc Schröder hat nach einer Bankausbildung Wirtschaftsrecht mit bankfachlichem Schwerpunkt in Lüneburg und Wismar studiert und mit dem Master of Laws abgeschlossen. Mittlerweile arbeitet der Autor als Beteiligungsmanager und beobachtet in dieser Position die Entwicklungen rund um die Regulierung der Bankenwelt von außen. Er sammelt noch immer die neuesten Erkenntnisse aus dem Themenkreis der Bankenregulierung und leitet daraus Überlegungen zur Zukunft der Bankenbranche ab.
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