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- Die italienische Christdemokratie: Der mögliche Bezug der Forza Italia zur Christdemokratie
Religion
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Christdemokratie hat in den westeuropäischen Parteiensystemen eine lange Erfolgsgeschichte aufzuweisen. Aus dem ursprünglichen Konflikt zwischen Kirche und Staat um die religiösen Freiheiten entstand zunächst der politische Katholizismus, welcher als klassen- und schichtübergreifende Bewegung die Grundlage für die Etablierung der christdemokratischen Parteien nach dem zweiten Weltkrieg bildete. Die Christdemokratie ist im Gegensatz zur Sozialdemokratie oder anderen politischen Ideologien, in der Forschung verhältnismäßig selten zum Betrachtungsgegenstand geworden. Der rasante Aufstieg der Forza Italia hat jedoch vermehrt zu näheren Untersuchungen geführt. Die Person Silvio Berlusconis, sein Aufstieg, seine Ansichten und seine politische Karriere sind schon des Öfteren Teil der Fachliteratur geworden. Seine politische Kreation, die Forza Italia, wird in der Forschung des Öfteren behandelt, wenn es um das Erstarken von rechtspopulistischen Parteien in Europa geht. Der Bezug der Forza zur italienischen Christdemokratie wurde bisher allerdings nicht explizit betrachtet. Diese Arbeit untersucht nun einen möglichen Bezug der Forza Italia zur Parteienfamilie der Christdemokratie, um die Frage beantwortet zu können, ob Silvio Berlusconis politisches Gebilde als christdemokratische Partei im traditionellen Sinne angesehen werden kann. Ein weiteres Ziel besteht im Aufzeigen der wesentlichsten Faktoren der Christdemokratie, sodass ein kompaktes Gesamtbild über sie gewonnen werden kann. Die Forza Italia ist in dieser Arbeit im Fokus der Betrachtung daher muss es ebenfalls das Ziel sein, über die Hintergründe und Gegebenheiten der Christdemokratie in Italien zu informieren. Dafür werden die zentralen Elemente der Christdemokratie untersucht, nämlich die Ideologie, ihre Programmatik und ihre Strukturen, sowie ihr vertretenes Wählerspektrum. Es soll herausgestellt werden mit welchen politischen Anforderungen, Widrigkeiten und Besonderheiten es eine Partei in Italien zu tun hat.
Textprobe: Kapitel 3. Die Christdemokratie in Italien: Die wesentlichsten Elemente der Christdemokratie sind mit der Betrachtung ihrer zugrunde liegenden Ideologie, ihrer Programmatiken und ihrer Organisationsstruktur nun vorgestellt worden. Bevor dieses Muster nun auf die Forza Italia übertragen wird, ist ein Übergangskapitel zur Geschichte der Christdemokratie in Italien sinnvoll, um aufzuzeigen, wie die christdemokratischen Parteien vor der Gründung der Forza Italia aufgebaut waren und welche Politik sie vertraten. Zu diesem Zweck wird im ersten Abschnitt die PPI betrachtet, deren Gründung den ersten Versuch darstellt, die politische Repräsentanz von Katholiken zu ermöglichen. Die Gründungsgeschichte der nachfolgenden DC, sowie ihre Struktur, ihre Programmatik und ihre Auflösung werden ebenfalls in den nachfolgenden Abschnitten behandelt. Die Konzentration auf die wichtigsten Daten und Eckpunkte der italienischen Christdemokratie erfolgt ganz im Sinne der Forschungsfrage, denn einige Ausführungen zu den christdemokratischen Parteien lassen sich als Vergleich zur Forza Italia im Hinterkopf behalten. 3.1 Die erste christdemokratische Partei PPI: Der Grundkonflikt zwischen Staat und Kirche, der sich in den europäischen Ländern seit der Französischen Revolution herausgebildet hatte, führte in Italien zu einem generellen Verbot der politischen Aktivität von Katholiken. Diese Non expedit genannte Verordnung, erlassen von Papst Pius IX, unterband eine Betätigung der Gläubigen im neuen, im Zuge des Risorgimento geeinten, Italien. Die Okkupation des Kirchenstaates 1870 innerhalb dieses Einigungsprozesses sorgte dafür, dass sich der Konflikt zwischen dem Staat und der Kirche in den darauf folgenden Jahrzehnten in der Beschränkung der Rechte des Kirchenstaates durch den Staat Italien manifestierte. Insbesondere im Bereich des Bildungswesens wurden die Rechte des Vatikans beschränkt, indem der Staat diverse Gesetze erließ, die den Machtbereich des Kirchenstaates empfindlich einschränken sollte. Darunter zählte u.a. der Ersatz des Unterrichtfaches Religion durch die Fächer Staatsbürgerkunde und Ethik. Die Einführung der Ziviltrauung, sowie die gerichtliche Garantie der legalen Trennung von Ehepartnern schränkten die Vorherrschaft der Katholiken auch im Familienbereich ein. (vgl. Fix 1999 : 81f). Der auch als römische Frage bekannte Konflikt zwischen dem Vatikan und dem Staat Italien sollte erst 1929 durch die Lateranenverträge beendet werden. Die bereits erwähnte Enzyklika Rerum Novarum von Papst Leo XIII weichte sozusagen das Non Expdeit von Papst Pius IX auf, indem er die Zusammenarbeit mit einem Staat akzeptierte, welcher bereit sei, das göttliche und natürliche Sittengesetz zu respektieren. Der Papst räumte mit der Enzyklika ein, dass es die Aufgabe des Staates sein muss den Schutz der Arbeiter vor Ausbeutung zu gewährleisten. Ebenfalls wurde das Recht auf Eigentum und das Recht der Arbeiter auf Entlohnung propagiert. (vgl. Lill/Wegener 1991:32). Im Gründungsjahr 1919, des vom italienischen Priester Luigi Sturzo gegründeten PPI, wurde gleichzeitig das Non Expedit von Papst Bendedikt XV aufgehoben, welcher als Mann des Maßes galt. Er bemühte sich um Frieden während des ersten Weltkrieges und ermutigte Sturzo zur Parteigründung. (vgl. Lill/Wegener 1991 : 36). Die Gründung der PPI ist nicht als logische Endstufe der politischen und sozialen Aktivitäten der Katholiken zu verstehen, sondern als Etablierung einer Partei mit neuem Charakter, die nicht nur für Katholiken etabliert worden war, sondern sich als Volkspartei verstand. Das bezeugt auch ihre Namensgebung, bei welcher sich Sturzo gegen die Verwendung des Adjektivs katholisch wandte, da er die Trennung zwischen der Religion und der realen Politik betonte. Ein weiteres neues Charakteristikum bestand in der Formulierung eines politischen Programmes, welches klassenübergreifend das Leben jedes einzelnen Bürgers verbessern sollte (vgl.di Maio 2001 : 128ff). Hier deuten sich bereits Gemeinsamkeiten mit der Democrazia Christiana an, welche nach dem zweiten Weltkrieg auf den politischen Strukturen der PPI aufbauen konnte. Die PPI war durch ihre generelle Offenheit gegenüber politischen Akteuren und ihr offenes, klassenübergreifendes politisches Programm, eine sehr heterogene Partei, in der sich rechte und linke Flügel gebildet hatten. Dieser Umstand ist u.a. ein Grund dafür, dass sich die Partei 1922 in zwei Lager spaltete. Vorausgegangen war zunächst die Gründung einer Koalition von nichtfaschistischen Gruppen und Politikern unter der Führung von Benito Mussolini. Der Tod von Papst Benedikt XV stellte neben dem Erstarken der Faschisten den Anfangspunkt des Niedergangs der PPI dar. Sein Nachfolger Papst Pius XI erachtete die Partei eher als Hindernis für eine Lösung der Römischen Frage, also für die Aussöhnung zwischen Staat und Kirche. In der Bevölkerung setzte ebenfalls der Glauben ein, dass die PPI nun überflüssig geworden war, da die Regierung jetzt die Wahrung der religiösen Interessen übernahm. Die Beziehung zwischen dem Vatikan und Mussolini wurden immer besser die Folge davon war zum einen, dass Sturzo sein Amt verlor und ins Exil gehen musste und zum anderen, dass sich ein klerikaler-faschistischer Flügel von der Partei abspaltete. Ein neues Wahlgesetz, welches die Faschisten zu Ungunsten der PPI verabschiedet hatten, sowie das zweimalige Scheitern des Koalitionsversuches mit den Sozialisten, sorgten dafür, dass die Partei faktisch schon am Ende war, bevor sie 1926 verboten wurde.(vgl. Di Maio 2001 : 136ff). 1929 wurde die Römische Frage durch die Lateranverträge zwischen der faschistischen Regierung und dem Heiligen Stuhl gelöst. Die Katholiken wurden so in den breiten Konsens der Italiener zum Faschismus integriert (vgl. Lill/Wegener 1991 : 39ff). Die Ablehnung bezüglich einer Lösung auf die Römische Frage und ihre weitgehende Unabhängigkeit von der katholischen Kirche sollten später zu ihrem Ende beitragen, ebenso wie ihre generelle Uneinigkeit, welche sich im Umgang mit den Faschisten offenbarte. Die Unterstützung Mussolinis ist gleichzeitig als Ablehnung des liberalen Staates zu interpretieren. (vgl. Vecchio 1988 : 243f). Die PPI widersetzte sich dem Drang eine Partei für Katholiken zu gründen eher bestand ihr Kredo in der Propagierung eines politischen Programmes, das die Partei für alle gesellschaftlichen Gruppierungen wählbar machen sollte. In der Fachliteratur wird die PPI von einigen Autoren, u.a. von Urbat, Trefs und Waldmann, als Vorläufer der Democrazia Christiana bezeichnet. Die klassenübergreifende Politik, welche auf christlichen Werten beruhte, sowie ihre späteren Akteure De Gasperi oder Mario Scelba. zeugen in der Tat von einer Verbindung zwischen den beiden Parteien. (vgl. Trefs 2007 : 44f) Allerdings existieren diverse Unterschiede zwischen der PPI und der DC. Dazu zählen u.a. die kirchliche Unterstützung, welche die DC genoss, die Betonung des christlichen Glaubens, und die unterschiedliche soziale Basis. Während die PPI die Landbevölkerung in Mittel- und Norditalien zu mobilisieren vermochte, konstituierte sich nach dem zweiten Weltkrieg auch eine Basis der DC in Süditalien (vgl. Vecchio 1988 : 241f).
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