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- Das Zinsverbot in der islamischen Wirtschaftsordnung: Philosophische und religiöse Grundlagen
Religion
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Abb.: 9
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Konferenz der islamischen Länder ist eine Organisation, in der sich heutzutage ungefähr 50 Länder zusammengeschlossen haben, deren Bevölkerung überwiegend muslimisch ist. Der Großteil dieser Länder erlangte in den 50er und 60er Jahren ihre Unabhängigkeit von den europäischen Kolonialmächten. Die Bemühungen islamischer Länder, geistig zu den eigenen Wurzeln zurück zu finden sowie politisch und wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen zu wollen, manifestierten sich auf wirtschaftlicher Seite am deutlichsten in zwei Punkten: einerseits darin, dass die Islamische Ökonomik an immer mehr Hochschulen als neue ökonomische Disziplin Einzug fand - andererseits im Phänomen des Islamic Banking, eines auf der Basis des Zinsverbotes basierenden Bankensystems. Neben dem Sozialwesen mit der Konzeption der zak¡t-Abgabe ist vor allem die Idee eines zinslosen Finanzsystems das Hauptcharakteristikum der islamischen Wirtschaftsordnung. In der vorliegenden Arbeit wird die islamische Wirtschaftsordnung vor dem Hintergrund von philosophischen und religiösen Konzepten über das Zinsverbot betrachtet. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Antike, auf das Juden- und Christentum und auf ein modernes Konzept des Zinsverbotes, das Freigeld, eingegangen.
Textprobe: Kapitel 4, Die islamische Wirtschaftsordnung: In diesem Kapitel wird darauf eingegangen, welche grundsätzliche Orientierung der Islam zu zentralen Wirtschaftsfragen einnimmt. Dabei ist die islamische Wirtschaftsordnung eine sehr umfangreiche Thematik. Der Versuch, sie in ihrer gesamten Komplexität darstellen zu wollen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.18 Ziel dieses Vorhabens ist es vielmehr, eine erste Einführung in das System einer islamischen Wirtschaft zu geben, jedoch nur soweit dies zum Verständnis des islamischen Zinsverbotes nötig ist, auf dem das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt. Die Beschäftigung mit der inzwischen sehr zahlreich vorhandenen Literatur macht deutlich, daß man nicht von der islamischen Wirtschaftsordnung als eine genau definierte Menge von Regeln, Normen und Institutionen sprechen kann. Vielmehr werden unter dem Oberbegriff islamische Wirtschaftsordnung alle Ansätze islamischer Ökonomen zusammengefaßt, die versuchen, Ordnungsentwürfe und Rechtssätze herzuleiten, welche sich auf Koran und sunna zurückführen lassen. Diese Entwürfe unterteilt NIENHAUS (1982:116ff.) in Entwürfe mit einem retrospektiven bzw. mit einem deduktiven Ansatz. Ersterer ist ein traditioneller Ansatz. Er erklärt unwiderlegbar den von Mohammed in Medina gegründeten Staat zum Ideal der muslimischen Gesellschaft schlechthin (NIENHAUS 1982:120). Dieser rückwärts gewandte Ansatz versucht natürlich nicht, Medina in der heutigen Zeit wiederaufzubauen. Vielmehr gelten die damals herrschenden Normen als die bestmöglichen. Es soll, anhand des Modellstaates Medina aufgezeigt werden, welche Werte für das Leben in einer muslimischen Gesellschaft zu gelten haben und welche Ziele Moslems verfolgen sollten (NIENHAUS 1982:121). Als Vertreter dieser Ansicht nennt Nienhaus Sardar mit seinem Buch The Future of Muslim Civilisation aus dem Jahre 1979. Den zweiten Ansatz nennt Nienhaus den deduktiven Ansatz. Hierbei wird, bezeichnend für ein deduktives Vorgehen, von allgemeingültigen Axiomen und Theoremen auf den Einzelfall geschlossen. Dabei leiten sich die Axiome aus den ethischen Werten des Korans und der sunna ab. Als zwei Vertreter dieses Ansatzes beschreibt Nienhaus Naqvi, dessen Theorie er als Egalitäre Wirtschaftsdiktatur bezeichnet und Chapra, den er als gemäßigt und als Vertreter einer sozialen Marktwirtschaft sieht. Als dritte Gruppe eines solchen Ansatzes nennt er die Konzepte, die man unter dem islamischen Sozialismus zusammenfassen kann (vgl. NIENHAUS 1989:189). Während diese Ansätze in ihren praktischen Auswirkungen eine große Spannweite aufweisen, sind ihnen einige grundsätzliche Prinzipien und Regeln gemein. Dazu zählen insbesondere das explizit in Koran und sunna erwähnte zak¡t-Gebot sowie das rib¡-Verbot, die in Kapitel 4.4 und 4.5 eingehend behandelt werden. Beide werden auch immer wieder als Argumente für die Originalität einer islamischen Wirtschaftsordnung herangezogen. Auf die ethischen und moralischen Prinzipien als Basis der Vorstellungen eines islamisch geprägten Wirtschaftssystems wird, nach einem einführenden Überblick über die geschichtliche Entwicklung der islamischen Wirtschaftsordnung (vgl. Kapitel 4.1), in Kapitel 4.2 eingegangen. In Kapitel 4.3 werden die islamischen Eigentumsvorstellungen erläutert. Abschließend wird das Islamic Banking vorgestellt, ein Versuch, das Zinsverbot in die Praxis umzusetzen und somit eine islamische Alternative zum zinsbasierten westlichen Finanzsystem zu schaffen (vgl. Kapitel 4.6). 4.1, Historische Entwicklung der islamischen Wirtschaftsordnung: Während die zwei grundlegenden Elemente einer islamischen Wirtschaftsordnung (zak¡t- Gebot und rib¡-Verbot) schon in Zeiten des Propheten entstanden sind, ist eine systematische Erörterung wirtschaftlicher Fragestellungen erst in der heutigen Zeit erkennbar. Ausgelöst durch die Oktoberrevolution 1917, die auch für die islamischen Länder ein einschneidendes Ereignis darstellte, behandelte der Syrer Mu®sin al-Bar¡z! 1929 in seinem Buch Islamisme et Socialisme das Verhältnis des Islam zum Sozialismus. Er kommt bei seinen Gedanken in puncto islamischer Wirtschafts- und Soziallehre zum Schluß, daß diese irgendwo zwischen Sozialismus und Kapitalismus anzusiedeln sei (vgl. REISSNER 1996:153). In den 50er und 60er Jahren beherrschte dann die Diskussion um die Vereinbarkeit des Islam mit dem Sozialismus bzw. die Auseinandersetzung um die Eigentumsfrage (an Produktionsmitteln) die Debatte bezüglich der Vorstellungen über eine islamische Wirtschaftsordnung (vgl. MÜLLER 1996:18f.). Mitte der 70er Jahre folgte eine systematische und institutionell untermauerte Entwicklung der Islamischen Ökonomik (GÄRBER 1991:24). Ihren Anfang nahm sie auf der First International Conference on Islamic Economics in Mekka im Jahre 1976. Im Anschluß daran fand das Fach Islamische Ökonomik Einzug an immer mehr Hochschulen (vgl. NIENHAUS 1989:175) und des weiteren wurden eine Reihe von Forschungsinstituten in den Ländern der islamischen Welt gegründet (vgl. GÄRBER 1991:24). Dieser kurze Überblick zeigt, daß die akademischen Bemühungen um eine islamische Wirtschaftsordnung ein noch relativ junges Phänomen darstellen. Dies sollte bei den folgenden Ausführungen immer mit in Betracht gezogen werden […]. 4.2.3, Prinzip der Nicht-Schädigung: Alle Praktiken und somit auch wirtschaftlichen Aktivitäten, bei denen andere geschädigt werden, sind im Islam verboten. Dies ist z.B. bei jeglicher Art von Null-Summen-Transaktionen der Fall, bei denen der Gewinn des einen den Verlust des anderen bedingt. Somit werden Glücksspiele und Spekulationsgeschäfte als Beispiel solcher Transaktionen erwähnt und folglich untersagt. Aber auch Betrug und Diebstahl sowie bewußte Irreführung sind verboten. Das Zinsnehmen, auf das in Kapitel 4.5 noch ausführlich eingegangen wird, widerspricht, so die islamische Lehre, ebenfalls dem Prinzip der Nicht-Schädigung (vgl. NIENHAUS 1989:187). Auch die Problematik der Umweltverschmutzung wird zunehmend von islamischen Autoren unter dem Aspekt der Nicht-Schädigung diskutiert (vgl. NIENHAUS 1982:68). 4.2.4, Prinzip der sozialen Gerechtigkeit: It says that behind the workings of an economy based in market exchanges, the allocation of resources, the maximisation of utility and profits, is a more fundamental truth – that of social justice (CHOUDHURY 1986:8). Das Prinzip beinhaltet insbesondere eine Verpflichtung gegenüber der islamischen Gemeinschaft (arab.: umma), welche das höchste Gut der islamischen Philosophie dar[stellt] (MÜLLER 1996:32). Der Mensch ist dazu verpflichtet, sich seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit selbst zu erwirtschaften, gleichzeitig trägt er aber auch eine Verantwortung für all diejenigen, denen das aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist (vgl. CHAPRA 1992:211). Die Pflicht zu zak¡t-Abgabe (siehe Kapitel 4.4) aber auch das rib¡-Verbot (siehe Kapitel 4.5) können somit als wichtigste Elemente einer islamischen Wirtschaftsordnung zur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit angesehen werden (vgl. MÜLLER 1996:35). 4.3, Islamische Eigentumsvorstellungen: Islamische Eigentumsvorstellungen basieren darauf, daß der Mensch als Allahs Stellvertreter […] geschaffen worden ist und daß alles, was existiert, zu seinem Gebrauch da ist (CIBEDO 1980:5). Letzten Endes bleibt aber Gott der alleinige und absolute Eigentümer aller Dinge auf Erden und im Himmel (dies wird gleich an mehreren Stellen im Koran (2:107, 2:255, 2:284, 5:120, 48:14) erwähnt). Dem Menschen obliegt als Stellvertreter (vgl. KORAN 35:39, 57:7) lediglich ein Nutzungsrecht an den Gütern. Dieses Nutzungsrecht erlaubt es dem Mensch, mit Hilfe irdischen Güter seine Bedürfnisse zu befriedigen. Gott hat die Welt jedoch nur mit begrenzten Ressourcen ausgestattet, die, so der Islam, zur Bedürfnisbefriedigung aller ausreichen, wenn sie effizient und gerecht genutzt werden (vgl. CHAPRA 1992:203). Daraus ergeben sich Verpflichtungen des Einzelnen bei der Verwendung der irdischen Güter. Im folgenden soll nun betrachtet werden, wie Eigentum nach islamischer Vorstellung entsteht und in welcher Art und Weise bzw. mit welchen Beschränkungen dieses verwendet werden darf. In einem abschließenden Kapitel wird auf die Diskussion über die Eigentumsfrage bei Produktionsmitteln eingegangen, die auch unter islamischen Ökonomen herrscht.
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Übersetzt und kommentiert von Michael P. Veit