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- Rollentheorie als neuer Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit: Vergleichende Analyse des Geberverhaltens der „neuen“ Geber Brasilien und Südafrika
Recht
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Gegen Ende der 1990er Jahre kam es zu einer massiven Veränderung der Akteursstruktur der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Neben den in internationalen Gebergremien organisierten Industrieländern betraten Staaten als Geber die Bühne der Entwicklungszusammenarbeit, die selbst in großem Umfang Unterstützungsleistungen erhielten. Diese so genannten neuen Geber sind bis heute nicht im Development Assistance Committee organisiert und somit an keine Richtlinien bezüglich der Mittelvergabe gebunden. Eine Beschränkung ihrer Förderung, zum Beispiel auf Länder, die sich zur Umsetzung eines demokratischen Wandels verpflichten, besteht somit für sie nicht. Woran also orientieren sich diese Geber bei ihrer Mittelvergabe? Einen vielversprechenden Erklärungsansatz stellt die Analyse der national role conceptions der neuen Geber dar. Die Anwendbarkeit dieses sozialpsychologischen Theoriekonstrukts wird in dieser Studie mittels einer methodenbasierten vergleichenden Analyse am Beispiel der neuen Geber Brasilien und Südafrika geprüft. Hierbei werden sowohl die national role conceptions als auch die Entwicklungszusammenarbeit der beiden neuen Geber beleuchtet.
Textprobe: Kapitel 2.3.2, Abgrenzung der Rollentheorie: Konnte oben die Rollentheorie innerhalb des theoretischen Spektrums der Internationalen Beziehungen als akteurszentrierter, sozial-konstruktivistischer Ansatz eingeordnet werden, soll im Folgenden nun eine Abgrenzung zu ähnlichen sozial-konstruktivistischen Konzepten erfolgen. Dabei sollen die Erklärungsansätze der außenpolitischen Identität sowie der der nationalen außenpolitischen Kultur berücksichtigt werden, da diese innerhalb der Internationalen Beziehungen und speziell der Außenpolitikanalyse besonders häufig zur Untersuchung herangezogen werden. Rolle und Identität: Aus dem soziologischen Verständnis, wonach Identität das Selbstverständnis des Einzelnen im Verhältnis zu anderen Mitgliedern der Gesellschaft meint, kann für die Außenpolitikanalyse abgeleitet werden, dass unter außenpolitischen Identitäten das Selbstverständnis einer Nation oder eines politischen Systems im Verhältnis zu anderen Mitgliedern des internationalen Systems zu verstehen ist (Reus-Smit 1997: 565). Identität muss also in beiden Fällen als eine Idee der Person beziehungsweise der Nation von sich selbst verstanden werden, die sich aus dem Unterschied, wie zum Beispiel einem anderen Wertesystem, zu anderen Personen beziehungsweise Nationen ergibt (Harnisch 2003: 331). Identität ist somit immer mit der Abgrenzung einer Gruppe von einer anderen verbunden. Eine angenommene Identität kann außenpolitische Handlungen bedingen oder auch im Nachhinein rechtfertigen und gibt den politischen Akteuren somit einerseits einen Leitfaden für ihr außenpolitisches Handeln an die Hand, andererseits jedoch auch die Möglichkeit unpopuläres außenpolitisches Handeln vor der eigenen Bevölkerung als legitim darzustellen (Reus-Smit 1997: 565). Während also, wie beschrieben, die Identität einer Nation primär durch ihre Gesellschaft definiert wird und somit in erster Linie gemeinschaftsorientiert ist (Harnisch 2003: 331), bedarf es bei der Ausbildung außenpolitischer Rollen darüber hinaus der Umwelt des Landes, die bestimmte Erwartungen an die Nation beziehungsweise die außenpolitischen Entscheidungsträger stellt (Holsti 1970: 229). Außenpolitische Rollen spiegeln also, im Gegensatz zu außenpolitischen Identitäten, auch die Umwelt in die ein Staat eingebunden ist, wider (Kirste 1998: 45). Da außenpolitische Identitäten immer den Aspekt der Abgrenzung beinhalten, sind sie für die nachfolgende Analyse weniger geeignet als das rollentheoretische Konzept. Die Entwicklungszusammenarbeit von Staaten und ihre Ausrichtung, die den Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung bilden, beruht weniger auf dem Willen zur Abgrenzung gegenüber anderen Staaten, sondern vielmehr auf Interessen des Geberstaates in Hinblick auf seine Rolle beziehungsweise seinen Status in der internationalen Umwelt oder anderen, zum Beispiel ökonomischen Motiven. Rolle und außenpolitische Kultur: Unter der außenpolitischen Kultur eines Landes kann ‘[…] die Gesamtheit aller kognitiven und handlungsleitenden Ideen einer Gesellschaft in Hinblick auf ihr Außenverhalten […]’ (Harnisch 2003: 331) verstanden werden. Diese Ideen fließen in die außenpolitische Praxis der Nation über die Ausformung bestimmter Politikstile und Handlungsweisen ein und finden darüber Eingang in die außenpolitischen Institutionen, wie den Botschaften oder dem Außenministerium (Harnisch 2003: 331f.). Im Gegensatz zur außenpolitischen Rolle, umfasst das Konzept der außenpolitischen Kultur somit die Überzeugungen der gesamten Gesellschaft hinsichtlich der Außenpolitik des Landes und kann auch das Verhalten einzelner Akteure, wie z.B. Botschaftsangestellten in bestimmten Situationen erklären. Der Fokus des Ansatzes ist also umfassender als der der Rollentheorie, der eher auf die Erklärung der Außenpolitik insgesamt, bestimmter Teilbereiche oder spezifischer außenpolitischer Entscheidungen als auf die Erklärung der Handlung einzelner zielt. Demgegenüber gelingt es aber der Rollentheorie im Gegensatz zum Ansatz der außenpolitischen Kultur die Erwartungen der Außenwelt an die Außenpolitik eines Landes sowie besondere Entscheidungsgrundlagen, wie außenpolitische Konzepte, in die Untersuchung einzubeziehen (Maull 2007: 74-75). Da es sich bei der Entwicklungszusammenarbeit um einen Teilbereich der Außenpolitik eines Staates handelt und nicht um die Handlung einer einzelner Person, kann der rollentheoretische Ansatz für die Analyse dieser Studie als geeigneter angesehen werden als das sehr weit gefasste Konzept der außenpolitischen Kultur.
Katharina Bockelmann, Magistra Artium, absolvierte ihr Studium der Politikwissenschaft an der Friedrich-Schiller Universität Jena, der Victoria University Wellington (Neuseeland) und der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg. Ihre Forschungsschwerpunkte waren: Vergleichende Politikwissenschaft, Entwicklungszusammenarbeit und Friedens- und Konfliktforschung.
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