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- Kommunaler Ordnungsdienst in Baden-Württemberg: Eingriffsbefugnisse und neues Ausbildungsmodell
Recht
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende Studie befasst sich mit der Ausbildungssituation des Kommunalen Ordnungsdienstes bzw. Gemeindevollzugsdienstes in Baden-Württemberg und widmet sich dabei sowohl der heutigen sehr heterogenen Ausbildungslandschaft in Baden-Württemberg als auch den bildungstheoretischen Grundlagen, die als fundamentale richtungsweisende Strategie für ein neues ganzheitliches Ausbildungsmodel fungieren. Zudem wird die Notwendigkeit einer neuen Ausbildung an den wichtigsten rechtlichen Eingriffsbefugnissen des Polizeirechts und des Strafprozessrechts anschaulich verdeutlicht und sich abschließend auf das Beschreiben eines neuen ganzheitlichen landeseinheitlichen Ausbildungskonzeptes für den Kommunalen Ordnungsdienst in Baden-Württemberg konzentriert.
Textprobe: Kapitel 4, Neue Ausbildung: 4.1 Ganzheitliche Ausbildung: Bei der Konzeption einer Ausbildung sind die neuesten berufsbildungswissenschaftlichen Grundlangen als Ausgangspunkt anzuwenden. Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, bildet eine ganzheitliche Ausbildung den Schmelztiegel aus allen unterschiedlichen theoretischen Richtungen. Die Bildung von Methoden-, Sozial-, Fach- und Gesellschaftskompetenz ist elementares Grundgerüst und zeichnet sich in den Inhalten ab. Im Berufsalltag eines Gemeindevollzugsbediensteten ist der Kontakt zu Menschen unter unterschiedlichsten Umständen gegeben. Häufig sind dies Situationen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger einseitig belastet werden: durch das Verhängen von Bußgeldern oder beschränkende Maßnahmen. Nicht nur in diesen Situationen muss der Gemeindevollzugsbedienstete Empathie und Entscheidungskompetenz beweisen. In weiteren unzähligen Arbeitssituationen ist er zum schnellen, konsequenten, rechtssicheren, psychologisch vorbildlichen, selbstständigen Entscheiden veranlasst. Die Sicherheit im Handeln kann in der Ausbildung durch eine handlungsorientierte Didaktik und Ausbildungsaufbau sichergestellt werden. Die Verknüpfung von theoretisch vermittelten rechtlichen, psychologischen und einsatztaktischen Grundlagen mit der praktischen Einübung der Inhalte in Rollenspielen führt zu einer besseren Verinnerlichung und Handlungskompetenz. Zudem können in fächerübergreifend, handlungsorientiert gestalteten Unterrichtseinheiten die erwünschten Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen aufgebaut werden. Genau diese Schlüsselqualifikationen sind ein wichtiger Parameter in der Ausbildung und stehen am Anfang der Überlegung für ein Konzept. Schlüsselqualifikationen, die in der Ausbildung gestärkt und geformt werden sollen, sind unter anderem: Selbstständigkeit, Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Medienkompetenz, Leistungsbereitschaft, Zielbewusstsein, Zuverlässigkeit, Kommunikationsfähigkeit, interkulturelle Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität, Reflexionsfähigkeit, Selbstlernkompetenz und Ehrlichkeit. Die Ausformung dieser Kompetenzen wird auf der einen Seite in theoretischen Fächern gelernt, aber im Wesentlichen in den praktischen Übungen vermittelt. In einer ganzheitlichen Ausbildung, die nicht nur fachspezifische Themen vermitteln möchte, ist auch die Möglichkeit der Erlangung der Fachhochschulreife einzuräumen. Schon heute wird dies bei der Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten angeboten. Fächer wie Deutsch, Englisch oder Französisch sind unabhängig von der Erlangung der Fachhochschulreife wichtig, da ein Großteil der Arbeit des Gemeindevollzugsdienstes Schreibarbeiten nach sich zieht. Speziell im Fach Deutsch ist auf die besonderen Belange eines geschriebenen Berichts einzugehen. Trotz Schulabschluss sind die Deutschkenntnisse und -fähigkeiten für die generellen und spezifischen Schreibtätigkeiten heute leider nicht mehr gegeben. Eine Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten, auch im Sinne einer ganzheitlichen Ausbildung, ist notwendig und gehört zu derem Leistungsumfang. Da Gemeindevollzugsbedienstete einen Großteil ihrer Arbeit außerhalb des Büros verbringen, sind sie, gerade in großen oder touristisch geprägten Kommunen, ein erkennbarer Ansprechpartner. Die kommunikativen Kompetenzen müssen daher in einer gängigen Fremdsprache ebenfalls verbessert werden. In einer ganzheitlichen Ausbildung möchte man den Auszubildenden zu einem mündigen Bürger entwickeln, der seine Rechte und Pflichten in der Gesellschaft wahrnimmt. Daher ist es wichtig, dass es Fächer wie Politische Bildung oder Geschichte gibt, die dies bewerkstelligen können. Die Persönlichkeitsbildung ist neben der Fachkompetenz der wesentliche Punkt einer ganzheitlichen Ausbildung. Dies leisten Fächer wie Psychologie, Berufsethik und Führungslehre. Es stellt sich auch die Frage, wie die einzelnen Lehrinhalte unterrichtet werde sollen. In den meisten Schulen, wie auch den Berufsschulen, wird das Wissen noch im klassischen Fächerkanon vermittelt. Jeder Lehrinhalt hat ein eigenes Fach. So ist die Struktur, auch für die Lehrkräfte, übersichtlich. Das Problem des fächersystematischen Curriculums ist, dass die Vernetzung des Wissens nicht in geeigneter Form an die Auszubildenden herangetragen werden kann. Komplexe, berufsnahe Praxisbeispiele können nur eindimensional vermittelt werden, ohne in ausreichendem Maße Zusammenhänge mit anderen Themengebieten verdeutlichen zu können. Die Vorteile einer situationsorientierten Lehrplangestaltung liegen auf der Hand. In berufsalltäglichen Situationen können interdisziplinär verknüpfte Handlungsprobleme angegangen werden. Die Verbindung mit dem zukünftigen Berufsalltag ist ausreichend vorhanden, sodass in Bezug darauf dieses problemlösende Denken gefördert wird. Gerade in Verbindung mit einer handlungsorientierten Komponente im Curriculum können die Auszubildenden ihre Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten in einem fächerübergreifenden Unterricht für die Bewältigung der im Berufsleben anstehenden Probleme nutzen. Das Relevanz- und Ordnungsprinzip des situationsorientierten Curriculums sind die Geschäfts- bzw. Arbeitsprozesse, mit denen die Auszubildenden in ihrem beruflichen Tun konfrontiert werden. Die Gliederung nach Handlungssituationen ist in der neuen Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes ein Bestandteil des Curriculums. Die Komplexität des interdisziplinären Ansatzes spiegelt sich auch in der Unterrichtsweise wider. Nicht nur ein Lehrer, sondern mehrere Kräfte aus unterschiedlichen Fachdisziplinen sind am Unterricht beteiligt. Des Weiteren wird die Prüfung oder Notengebung komplexer, da mehrere Ebenen bedacht werden müssen. Für die Ausbildung des Gemeindevollzugsdienstes ist ein situationsorientierter Curriculum, zumindest in den fachspezifischen Unterrichtseinheiten, sinnvoll, um die Vernetzung der einzelnen Fächer ganzheitlich herzustellen. Eine Aufteilung in die Situationen Verkehrsüberwachung, Streifendienst und Repression, analog der Leitthemen in der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst, ist hilfreich. In diesen Situationen werden die verschiedenen spezifischen Rechtskenntnisse, psychologischen Grund-sätze und das taktische Vorgehen verbunden und ganzheitlich, interdisziplinär unterrichtet. Die Situation ‘Verkehrsüberwachung’ beschäftigt sich mit den Aufgaben bei der Überwachung des Verkehrs durch den gemeindlichen Vollzugsdienst. In der Situation ‘Streifendienst’ werden die gesamten Themengebiete, die auf einem Streifengang relevant werden, wie zum Beispiel Polizeirecht und Jugendschutz, gelehrt. Hierunter fallen alle Rechtsgebiete, ausgenommen die Verkehrsüberwachung, die nach § 31 DVO PolG dem gemeindlichen Vollzugsdienst als Aufgabe übertragen wurde. Die Situation ‘Repression’ zielt auf die Möglichkeiten des Gemeindevollzugsdienstes im Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren hin und beinhaltet die Eingriffsbefugnisse nach der Strafprozessordnung, das Ordnungswidrigkeitenrecht sowie ausgewählte Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände. Neben dem situationsorientierten Unterricht wird ein Teil des Curriculums weiterhin fächersystematisch aufgebaut sein. Die Bereiche der Allgemeinbildung (Deutsch/Englisch), der Gesellschaftslehre oder das Einsatztraining und der Sport werden fächerbezogen unterrichtet werden. In einer neuen ganzheitlichen Ausbildung des Gemeindevollzugsdienstes ist es ebenfalls wichtig, die Einordnung des Handelns in die gesamte Rechtsmaterie korrekt vorzunehmen. Dazu gehört es auch, mehr als nur die unmittelbar tangierten Rechtsgebiete im Aufgabenbereich des Gemeindevollzugsdienstes zu kennen. Ein Überblick über wichtige Themen wie Haushaltsrecht, Arbeitsrecht, Personalvertretungsrecht, Baurecht und Kommunalrecht sollte während der Ausbildung vermittelt werden.
Christoph Balzer, M.A. Public Management, wurde 1977 in Schopfheim geboren. Reichhaltige Erfahrung und fundiertes Wissen konnte er in seiner über 14-jährigen Tätigkeit bei der Landespolizei Baden-Württemberg in verschiedenen Funktionen sammeln. Während seines berufsbegleitenden Masterstudiums an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, abgeschlossen mit dem Grad Master of Arts im Jahre 2013, wechselte er in die Kommunalverwaltung. Dort baute er einen Kommunalen Ordnungsdienst auf und zeichnet sich verantwortlich für die Sicherheitsarchitektur der Kommune. Über seine Arbeit hinaus engagiert er sich freiberuflich in der Ausbildung von Kommunalen Ordnungsdiensten als Dozent und unterstützt beratend die Entwicklung von ganzheitlichen Sicherheitskonzepten bei Kommunen.
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