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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 82
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Ist die Gewaltkriminalität Jugendlicher heute tatsächlich so massiv und umfangreich wie von den Medien aufgezeigt? Sind die Jugendlichen besonders brutal? Und in welchem Umfang findet Gewalttätigkeit tatsächlich statt? Diese und weitere Fragen werden, unter Berücksichtigung verschiedener Datenquellen, in diesem Buch betrachtet. Zentrales Thema ist das quantitative Ausmaß der Gewaltkriminalität Jugendlicher. Der Betrachtungszeitraum beschränkt sich, unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Datenquellen, auf die Jahre 2007/2008, daher steht nicht die allgemeine Entwicklung, sondern vielmehr der ‚Ist-Stand’ im Fokus der Untersuchung. In diesem Zusammenhang werden Erscheinungsformen analysiert und Erklärungsansätze entwickelt und auf diese Weise ein umfassendes Bild des Phänomens Jugendkriminalität in Deutschland entworfen.
Textprobe: Kapitel III. 3, Betrachtung des Dunkelfeldes: a), Anmerkungen zur Dunkelfeldforschung: Ob die statistischen Zahlen der PKS den Umfang und die Erscheinungsform der Gewaltkriminalität Jugendlicher tatsächlich widerspiegeln können, kann nur durch die ergänzende Betrachtung einer Dunkelfeldstudie beantwortet werden. Aber auch die Dunkelfeldforschung ist, wie die Hellfeldforschung bzw. deren Statistiken, kritisch zu betrachten. Selbst repräsentative Dunkelfeldbefragungen können nur selektive Erkenntnisse vermitteln, da die Täter erfahrungsgemäß nur bei leichten und einem Teil der mittelschweren Delikte gewillt sind, ‘halbwegs wahrheitsgemäße Angaben’ zu machen. Stimmen der Literatur behaupten sogar, die Dunkelfeldforschung ‘tappe regelrecht selber im Dunkeln’ und eine systematische Erforschung von Fehlerquellen und Verzerrungseffekten steht ebenso noch aus. Das gebräuchlichste Verfahren in der empirischen Dunkelfeldforschung ist die Befragung. Bei der Befragung muss zwischen Täter- und Operbefragung unterschieden werden. Die bevorzugte Täterbefragung (‘Self reported deliquency’) birgt allerdings viele, bei der Auswertung zu berücksichtigende, Probleme. Methodisch spielen die Objektivität der Befragung, die Reliabilität, die Validität, die Verständlichkeit der Straftatbestände und das Frageverständnis eine Rolle. Auch problematisch ist die grundsätzliche Erfragbarkeit von Straftaten (Wie ehrlich sind die Antworten der Versuchspersonen?) die Erreichbarkeit sowie die Erinnerungsleistungen der Probanden sowie der Effekt der sozialen Erwünschtheit der Antworten. Nachdem es bislang zwar einige multizentrische Dunkelfeldstudien gab, die allerdings nicht als repräsentativ für die gesamte BRD galten wurden am 17.03.2009 von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble und dem Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachen e.V. (KFN) Prof. Dr. Christian Pfeiffer erste Ergebnisse des Forschungsprojekts ‘Jugendliche in Deutschland als Täter und Opfer von Gewalt’ vorgestellt. Dieser Forschungsbericht Nr. 107 des KFN in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) wird in dieser Arbeit zur ‘Beleuchtung’ des Dunkelfeldes genutzt. b), Anmerkungen zum Forschungsprojekt Nr. 107 des KFN: In diesem Forschungsprojekt sind in zufällig ausgewählten Landkreisen und kreisfreien Städten rund 50.000 Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufen mittels eines Fragebogens befragt worden. Zunächst wurden zur Durchführung der Studie 61 repräsentative, per Zufall bestimmte Erhebungsgebiete in Deutschland ausgewählt, um anschließend eine nach Schulformen geschichtete Zufallsauswahl von neunten Jahrgangsstufen zu treffen, in welchen die Befragung stattfinden sollte. Insgesamt betrug der Umfang, der für die Befragung bestimmten, 3.052 Schulklassen mit 71.891 Schülern. Von diesen bestimmten Klassen fielen jedoch 921 (21.183 Schüler) total aus, sodass noch 50.708 im Durchschnitt 15 Jahre alte Schüler der 9. Klasse potentiell zur Befragung zur Verfügung standen. Gleichwohl sind, wie man bei der Bewertung dieser Studie kritisch berücksichtigen muss, 7.483 der 50.708 (14,8%) zu befragenden Schüler ausgefallen, da sie am Tag der Befragung nicht in der Schule waren, die Teilnahme verweigerten bzw. durch die Eltern untersagt bekamen oder den Fragebogen in nicht verwertbarer Weise ausfüllten. Dies bedeutet für die Studie eine Gesamtausfallquote von 37,9%, sodass lediglich 44.610 Fragebögen für Auswertungen zur Verfügung standen. Insbesondere bei den 14,8% potentiell zur Verfügung stehenden, jedoch ausgefallenen Schülern, könnte es sich aber gerade um delinquente Schüler handeln. Immerhin können sozial abweichende Verhaltensweisen wie Schulschwänzen und Arbeitsverweigerung Indikatoren für delinquentes Verhalten sein. Problematisch zu sehen ist außerdem die Erhebungsmethode eines Fragebogens, bei dem die Fragen bewusst im Kontext zu anderen Fragen stehen, sodass bei den Schülern ein sogenannter ‘Fragebogeneffekt’ entstehen kann. Eine weitere Einschränkung der Validität kann in der Vorgehensweise gesehen werden, die Schüler in Anwesenheit ihrer Mitschüler zu befragen. Dieser Umstand könnte das Antwortverhalten der Befragten Schüler beeinflusst haben. Auch muss kritisch gefragt werden, ob und inwieweit die Befunde auf Jugendliche die noch nicht die 9. oder schon die 10. Jahrgangsstufe besuchen bzw. die Schulzeit beendet haben, sprich jüngere oder ältere Jugendliche, übertragbar sind. All diese Faktoren müssen bei der Betrachtung der Ergebnisse berücksichtigt werden.
Sandra Göke, geb. 1984 in Borken/Westfalen, absolvierte ihr Grundstudium an der Justus-Liebig-Universität in Giessen. Für ihr Hauptstudium wechselte sie an die Eberhard-Karls-Universität in Tübingen und befindet sich dort nun in der Examensvorbereitung. Praktische Erfahrungen sammelte die Autorin bei ihren Praktika am Landgericht Giessen, bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart und in der Rechtsanwaltskanzlei Schobinger & Partner. Des weiteren betreut sie ehrenamtlich Jugendliche im Rahmen der Patenaktion des Landkreises Böblingen.
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