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- Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland: Der Bund und ausgewählte Länder im Vergleich
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In dem Buch wird der Frage nachgegangen, wie sich die unterschiedliche informationsfreiheitsrechtliche Lage in Deutschland erklären lässt. Dabei werden zwei Leithypothesen aufgestellt: Zum einen wird behauptet, dass die Existenz konservativ-liberaler Regierungskoalitionen das Inkrafttreten von Landesinformationsfreiheitsgesetzen im Vergleich zu den von SPD und Bündnis 90/Die Grünen regierten Bundesländern erheblich erschwert. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass die Grünen durch ihr Initiativ- und Abstimmungsverhalten in den jeweiligen Volksvertretungen die Verabschiedung von Informationsfreiheitsgesetzen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene besonders stark forciert und vorangetrieben hätten. Diese beiden Thesen werden anhand von vier Fallstudien untersucht. Dabei werden der Bund sowie die Länder Brandenburg, Sachsen und Baden-Württemberg genauer vorgestellt. Dabei tritt Interessantes zutage.
Textprobe: Kapitel V., Empirische Analyse: b, Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: Nach den obigen Ausführungen zur allgemeinen informationsfreiheitsrechtlichen Gesetzgebung im Bund und den Bundesländern steht mit dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes nunmehr die erste der vier Fallstudien im Fokus der Untersuchung. i., Frühere Verwaltungstradition in Deutschland sowie Entstehungsgeschichte des Gesetzes: Die bundesdeutsche Verwaltung war lange Zeit durch den Grundsatz der Amtsverschwiegenheit, eine aus den Zeiten des Absolutismus stammende Arkantradition sowie das erst 1977 eingeführte Prinzip der sogenannten beschränkten Aktenöffentlichkeit gekennzeichnet, weshalb bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes nur Personen, die von einem Verwaltungsvorgang direkt betroffen waren über einen Anspruch auf Akteneinsicht verfügten (Häfner/Gerlach 1998: 124 Scherzberg 2000: 207 Bull 2002: 202 Partsch 2002: 1 Smeddinck 2004: 58 Bräutigam 2006: 950 Kubicek 2006: 332 Neumann 2007: 2 Redelfs 2007: 115 Reinhart 2007: 19 Schoch 2009: 19 Interview mit Jürgen Roth, Referent beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit). Zudem bestand dieses allgemeine, sich aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz ergebende Recht nur, ‘soweit die Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen erforderlich [war]’ (Häfner/Gerlach 1998: 124 Anpassung: M.F.) und nur bis zum Abschluss des Verfahrens (Scherzberg 2000: 386ff. Schoch 2002: 153 Diskussionsbeiträge auf der 8. Internationalen Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten 2013). Außerhalb eines anhängigen Verwaltungsverfahrens lag die Gewährung von Akteneinsicht hingegen ausschließlich im behördlichen, pflichtgemäßen Ermessen und war zudem von der Geltendmachung eines berechtigten Interesses durch den Antragssteller abhängig (Schoch/Kloepfer 2002: 28ff. Wendt 2005: 702 Schoch 2009: 25 Diskussionsbeiträge auf der 8. Internationalen Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten). Nur das Umweltinformationsgesetz, welches im Juli 1994 Gültigkeit erlangte und in seinen Ursprüngen maßgeblich auf eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft aus dem Jahre 1990 zurückgeht, und das Registerrecht sowie das Stasi-Unterlagen-Gesetz sahen - bis zur Verabschiedung des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes Ende 2005 - ein voraussetzungsloses, jedoch thematisch begrenztes Akteneinsichtsrecht vor (Gerlach/Häfner 1998: 124 Fluck 2006: 1406 Jastrow/Schlatmann 2006: 19 Kubicek 2006: 331f. Schoch 2009: 21f. Sitsen 2009: 31 Berliner Morgenpost 2013a: 12 Interview mit Jürgen Roth, Referent beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit). Parallel dazu bestanden jedoch auch vor dem 1. Januar 2006 bereichsspezifische Zugangsmöglichkeiten zu staatlichen Dokumenten, für deren Inanspruchnahme allerdings regelmäßig ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden musste (Schoch 2002: 153 Schoch/Kloepfer 2002: 26 Scherzberg 2003: 26 Hopf 2006: 2 Kubicek 2006: 332). Hierzu zählt beispielsweise das Auskunftsrecht über Daten zur eigenen Person nach dem Bundesdatenschutzgesetz (Bull 2002: 203 Schoch/Kloepfer 2002: 28ff. Smeddinck 2004: 57 Kubicek 2006: 332 Schoch 2009: 19f.). Aus dem maßgeblichen Artikel fünf Absatz eins des Grundgesetzes, der das Grundrecht auf Informationsfreiheit zum Inhalt hat, lässt sich hingegen kein unmittelbarer, verfassungsrechtlicher Anspruch auf ein allgemeines, voraussetzungsloses Akteneinsichtsrecht ableiten, da sich dessen Bestimmungen ausschließlich auf allgemein zugängliche Quellen beziehen (Scherzberg 2003: 26 Smeddinck 2004: 57 Kloepfer/von Lewinski 2005: 1277 Sitsen 2009: 28 Diskussionsbeiträge auf der 8. Internationalen Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten). Als allgemein zugänglich in diesem Sinne gilt eine Informationsquelle, sofern ‘sie geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.’ (Jastrow/Schlatmann 2006: 12) Folglich gehören Behördenakten ausdrücklich nicht zu dieser Art von Dokumenten (Partsch 2002: 102f. Schoch 2002: 152 Schoch/Kloepfer 2002: 28ff. Jastrow/Schlatmann 2006: 12f. Schoch 2009: 37f. Diskussionsbeiträge auf der 8. Internationalen Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten 2013). Ungeachtet dessen hat das Anfang 2006 in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz des Bundes eine weit zurückreichende Entwicklungsgeschichte: Bereits im Jahre 1980 setzte das Bundesministerium des Innern eine Projektgruppe ein, die prüfen sollte, ob ein allgemeines und voraussetzungsloses Informationszugangsrecht auch in Deutschland einführbar wäre. 1983 empfahl das Gremium jedoch, einen derartigen Schritt nicht zu wagen, da die öffentliche Nachfrage nach einer entsprechenden Änderung zu gering sei und die Erfahrungspraxis mit derartigen Gesetzen im Ausland eine erhebliche Belastung der deutschen Verwaltung erwarten ließe. Diesem Votum schloss sich daraufhin die damalige Bundesregierung an. Drei Jahre später legte sodann die Fraktion der Grünen im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf über ein Einsichtsrecht in Umweltakten vor, der jedoch nur in erster Lesung behandelt wurde. Im Mai 1990 brachte dieselbe Partei einen Entschließungsantrag ins Parlament ein, in dem sie unter anderem ein allgemeines Akteneinsichtsrecht forderte. Dieses Ansinnen wurde jedoch zurückgewiesen. In der zwölften Legislaturperiode des Deutschen Bundestages wurde der Vorschlag eines Informationsfreiheitsgesetzes schließlich in der Gemeinsamen Verfassungskommission beraten, in welcher die SPD-Bundestagsfraktion sowie das Land Hessen eine Ergänzung des Grundgesetzes forderten, die eine Ausdehnung der verfassungsrechtlich verankerten Informationsfreiheit auf Verwaltungsakten bedeutet hätte. Aber auch dieser Vorschlag wurde von der Kommission mit der Begründung, seine Realisierung gefährde die Funktionsfähigkeit der Exekutive, abgelehnt (Deutscher Bundestag 1993b: 60). Im Herbst 1993 brachten daraufhin wiederum die Grünen einen Antrag in die Volksvertretung ein, in dem sie die Bundesregierung eindringlich aufforderten, einen Gesetzentwurf zu einem Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen. Gleichwohl blieb letztlich jedoch auch diese Initiative - ebenso wie zwei weitere Grünenanträge in den Jahren 1994 und 1997 - folgenlos (Partsch 2002: 145ff. Berger et al. 2006: 23ff. Jastrow/Schlatmann 2006: 14 Schoch 2009: 79). Erst der Regierungswechsel 1998 und die Vereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Koalitionsvertrag, ein Informationsfreiheitsgesetz für die Bundesebene zu verabschieden, führten zu neuen diesbezüglichen Vorarbeiten durch die Grünen-Bundestagsfraktion sowie einem Referentenentwurf des Bundesministerium des Innern, der Ende 2000 in die Ressortabstimmung eingebracht, Mitte 2001 zur Diskussion ins Internet eingestellt, aufgrund erheblicher Bedenken anderer oberster Bundesbehörden wie zum Beispiel den Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Verteidigung jedoch ab Mitte 2002 zunächst nicht weiterverfolgt wurde, sodass während der ersten vier Jahre der rot-grünen Koalition kein Informationsfreiheitsgesetz für den Bund in Kraft trat. Vielmehr wurde das Vorhaben auch in der zweiten Koalitionsvereinbarung verankert, die im Herbst 2002 unterzeichnet wurde. Trotz zahlreicher Verhandlungen waren aber bis Ende des folgenden Jahres keine Fortschritte zu verzeichnen, weshalb die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Anfang 2004 entschieden, nunmehr selbst die Initiative zu ergreifen. Daraufhin wurde eine Koalitionsarbeitsgruppe eingesetzt und im November desselben Jahres konnte eine Übereinkunft zwischen der Exekutive und den Parlamentariern erzielt werden, sodass der entsprechende Antrag der Regierungsfraktionen im Dezember 2004 eingebracht werden konnte. Im März 2005 führte der Innenausschuss des Deutschen Bundestages daraufhin eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzesvorhaben durch (Berger et al. 2006: 23ff. Jastrow/Schlatmann 2006: 14ff. Schoch 2009: 79f.). Drei Monate später befasste sich derselbe Ausschuss abschließend mit dem Vorhaben und schlug dem Plenum - bei Ablehnung durch die Abgeordneten der Union sowie Stimmenenthaltung der Fachpolitiker der FDP - die Annahme des noch leicht abgeänderten Gesetzestextes vor. Dieser Beschlussempfehlung kam der Deutsche Bundestag schließlich am 3. Juni 2005 nach, als die Initiative in dritter Lesung mehrheitlich angenommen wurde. Dabei stimmten SPD und Bündnis 90/Die Grünen für den Entwurf, wohingegen sich die Volksvertreter von CDU und CSU gegen ihn aussprachen und sich die FDP- sowie die PDS-Abgeordneten ihrer Stimmen enthielten. Nachdem der Bundesrat im Juli 2005 bezüglich des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes auf Druck jener Länder, in denen die FDP an der Regierung beteiligt war, keine Anrufung des Vermittlungsausschusses verlangte und das Vorhaben deshalb nicht dem Diskontinuitätsprinzip anheimfiel, konnte das Gesetz am 5. September 2005 vom Bundespräsidenten ausgefertigt werden und mit Wirkung zum 1. Januar 2006 in Kraft treten (Schoch 2002: 155 Kloepfer 2003: 24 Redelfs/Leif 2004: 19ff. Smeddinck 2004: 56 Bräutigam 2005: 377, 2006: 950f. Bundesrat 2005a: 1 Kloepfer/von Lewinski 2005: 1278 Kugelmann 2005a: 857, 2005b: 3609f. Schmitz/Jastrow 2005: 984 Beckemper 2006: 300 Berger et al. 2006: 23ff. Griebel 2007: 65f. Redelfs 2007: 116 Mecklenburg/Pöppelmann 2009: 15 Schoch 2009: 80 Sitsen 2009: 31ff.).
Marco Feldmann, M.A., wurde 1989 in Berlin geboren. Nach seinem Abitur im Jahr 2008 studierte er zunächst den Bachelorstudiengang Politik und Verwaltung an der Universität Potsdam. Bereits hier entwickelte er ein besonderes Interesse an innen- und sicherheitspolitischen Themen und schloss das Bachelorstudium daher mit einer Arbeit zur parlamentarischen Kontrolle von Nachrichtendiensten ab. Im Anschluss absolvierte er – ebenfalls in Potsdam – den Masterstudiengang Politikwissenschaft . Nach mehreren journalistischen Hospitanzen und Praktika in Verwaltungen, welche er auch schon während des Studiums absolvierte, arbeitet er momentan als freier Mitarbeiter in der Politikredaktion der Berliner Tageszeitung B.Z. .
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