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  • Energiepreiskontrolle durch § 29 GWB: Chancen und Risiken der Implementierung vor dem Hintergrund des Energierechts und des Kartellrechts

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Frage nach der Energieversorgung rückt immer mehr in den Mittelpunkt des täglichen Lebens. Die Kosten für Energie betragen sowohl bei Privatkunden als auch bei industriellen Kunden einen Großteil der monatlichen Fixkosten. Aus diesem Grund werden Energiepreise und die Liberalisierung des Energiemarktes kontrovers diskutiert: Die Öffentlichkeit fordert eine bessere sowie strengere Preiskontrolle und die Politik macht sich für Sozialtarife zur Unterstützung einkommensschwacher Nachfrager stark. Da die Energiekosten jedoch in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind und die Energieunternehmen im Allgemeinen dafür verantwortlich gemacht werden, sah sich der Gesetzgeber gezwungen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Im Dezember 2007 wurde § 29 GWB, trotz anhaltender und vehementer Kritik sowohl aus der Wissenschaft als auch von den Unternehmen und der Monopolkommission, verabschiedet. Dieser Paragraph soll die Möglichkeiten der Kartellbehörde verschärfen. Alexandra Frerichs ermittelt in dieser Untersuchung mit Hilfe von Experteninterviews die Auswirkungen von § 29 GWB auf den Energiemarkt und seine Akteure. Dabei liegt ihr Fokus auf der Frage, ob die Novelle im Wettbewerb auf dem Energiemarkt Veränderungen bewirken kann und ob diese positiv sind. Insgesamt führte sie hierzu 16 Interviews mit Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Verbraucherverbände, Politik und Energieunternehmen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel c) § 29 Satz 1 Nr. 2 GWB: In Satz 1 Nr. 2 kommt das Gewinnbegrenzungskonzept zum tragen. Hier geht es um eine unangemessene Preis-Kosten-Relation. Das Verfahren wurde bereits von den Gerichten anerkannt, aber im Falle von § 29 GWB ergeben sich zwei grundlegende Probleme. Zunächst müssen die Kosten berechnet und geprüft werden. Aber weder der Begriff 'Kosten' wird vom Gesetzgeber exakt definiert, noch wird klar welches Verfahren zur Ermittlung der Kosten anzuwenden ist. Bei der fehlenden Begriffsdefinition scheint der Gesetzgeber nicht bedacht zu haben, dass 'Kosten' viele verschiedene Bedeutungen haben kann, wie zum Beispiel Durchschnittskosten, Opportunitätskosten, Grenzkosten, kalkulatorischen Kosten, etc Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es sinnvoll die Grenzkosten heranzuziehen. Und auch der Gesetzgeber gibt in der Begründung zu § 29GWB zu verstehen, dass die Kartellbehörden die Kosten nach dem in der Wirtschaft üblichen Prinzip ermitteln und die anerkannten ökonomischen Theorien’ achten sollten. Die Kartellbehörden könnten auch die Durchschnittskosten oder Alleinstellungskosten nutzen, allerdings sind beide nicht geeignet, um die Gewinnspanne zu ermitteln, da beide unterhalb der Grenzkosten liegen und die variablen Kosten außer Acht lassen. Die Unternehmen würden in diesem Fall Verluste machen. Die Gefahr, dass die Kartellbehörden eines der letztgenannten Prinzipien zur Ermittlung der Kosten einsetzen, ist durchaus gegeben und gefährdet die wirtschaftliche Lage der Unternehmen gravierend. Sollte in diesem Fall ein Missbrauchsverstoß vorliegen, müssten die Unternehmen entsprechend die Preise senken. Gerade die kleineren Unternehmen könnten nicht lange markt- und wettbewerbsfähig bleiben. Damit wirkt das Gesetz entgegen den Bemühungen der Europäischen Kommission, einen funktionierenden Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu schaffen, entgegen. Zudem weicht § 29Satz 1 Nr. 1 GWB von Art. 81 EGV ab. Art. 81 EGV gibt an, dass die Kartellbehörden die volle Beweislast zu tragen haben. Dazu gehört auch der Nachweis der Vergleichbarkeit, also im Bedarfsfall die sachliche Rechtfertigung. Das ist gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 1/2003 nicht verboten, allerdings ist eine solche Entfernung von der europäischen Rechtsprechungen kaum wünschenswert. Darüber hinaus verstößt die Umkehr der Beweislast gegen verwaltungsrechtliche Grundsätze, da die staatliche Behörde bei einem Missbrauchsvorwurf und dem anschließenden Verfahren in die Handlungsfreiheit - im Falle von § 29GWB in die Preissetzungsfreiheit - der Unternehmen, die verfassungsrechtlich garantiert ist, eingreift und diese dann auch begründen muss. Das gilt auch für die sachliche Rechtfertigung der Vergleichbarkeit. Die umgekehrte Beweislast vereinfacht das Verfahren für die Behörden. Es ist anzunehmen, dass die Kartellbehörden in Zukunft verstärkt darauf zurück greifen werden, da die Begründung für einen Anfangsverdacht denkbar einfach sein dürfte. Das zweite Problem, das sich für die Kartellbehörden ergibt, ist die Ermittlung einer 'unangemessenen' Differenz zwischen Kosten und Entgelt. Die Differenz entspricht dem Gewinn, wobei dieser nicht zu hoch sein darf. Dazu müsste ein allgemeiner Vergleichswert in Form einer normativen Gewinnobergrenze gebildet werden. Fraglich ist, welche Werte dazu genutzt werden könnten. In der Begründung macht der Gesetzgeber die ungenaue Aussage, dass ‘für die Beurteilung, ob ein Missverhältnis zwischen Preis und Kosten gegeben ist, . auch Erfahrungswerte aus Branchen außerhalb der Energiewirtschaft herangezogen werden’ können. Nicht jeder Preis, der dieser Obergrenze nicht genügt, ist unangemessen und daher könnten auch angemessene Preise einen Missbrauchstatbestand bedienen. Eine Pauschalisierung scheint nicht angebracht und würde falsche Signale senden. Ohne genaue Definition des Kostenbegriffs und Leitlinien zur Untersuchung von Kosten und Gewinn wird § 29GWB kaum umsetzbar sein. Die Bürokratiekosten würden durch die zusätzlichen Personalkosten und die gestiegene Bearbeitungszeit, insbesondere im Vorfeld der Ermittlungen, stark ansteigen. d) § 64 Abs. 1 Nr. 1 GWB und § 81 Abs. 4 GWB: Im Rahmen der 8. Novelle des GWB wurde nicht nur § 29 GWB verabschiedet, sondern auch § 64 Abs. 1 Nr. 1 aufgehoben und § 81 Abs. 4 GWB angepasst und verschärft. Im Falle von § 64 GWB wirft dies Probleme auf. Hier wird der in Art. Abs. 4 GG garantierte Rechtsweg ausgehöhlt. Damit haben die betroffenen Energieversorger nicht mehr die Möglichkeit gegen möglicherweise falsche Entscheidungen vorzugehen, bzw. diese durch eine höhere Instanz prüfen zu lassen. Das bedeutet, verhängte Bußgeldzahlungen und Abstellungsverfügungen müssen unmittelbar ausgeführt werden, was zu bedeutenden finanziellen Einbußen führen kann. Für die Beibehaltung des Paragraphen spricht also, dass bei weit reichenden Entscheidungen in komplizierten und umfangreichen Verfügungen eine Absicherung durch die höhere Instanz von Vorteil sein kann, insbesondere da die Rechtslage durch § 29 GWB unsicher ist. Die Modifikation von § 81 Abs. 4 GWB wird gemeinhin begrüßt, da die bisherige Gesetzesfassung konkretisiert wurde. Es soll nun nicht mehr der Gesamtumsatz des Jahres, in dem die Entscheidung gefallen ist, als Grundlage zur Bemessung des Bußgeldes herangezogen werden, sondern der Umsatz aus dem Vorjahr. So wird verhindert, dass die Unternehmen durch Verschiebung von Geldern innerhalb des Unternehmens die Bemessungsgrundlage der Bußgelder reduzieren. Außerdem kommt es dadurch zu einer Anpassung an die europäische Rechtsprechung, aus der hervorgeht, dass die gesamte Unternehmenseinheit zu bewerten ist und nicht nur der betroffene Unternehmenszweig. Damit kann ein abschreckender Effekt über die mögliche Höhe des Bußgeldes erreicht werden. Allerdings muss sich noch zeigen inwiefern der europarechtliche Begriff 'wirtschaftliche Einheit' mit der deutschen Rechtsprechung im Bußgeldbereich vereinbar ist. e) Zeitliche Begrenzung Die zeitliche Begrenzung von § 29GWB wirft insbesondere für Verwaltungs- und Bußgeldverfahren Probleme auf, wenn sie vor dem 31.12.20012 nicht abgeschlossen sind. Denn nach x 131 Abs. 7 GWB ist § 29GWB nach diesem Stichtag nicht mehr anwendbar und die Verfahren müssen eingestellt werden. Hierdurch können Verfahren von vornherein unterbunden werden. Dies liegt zum Einen darin begründet, dass die Verfahrensdauer nicht eingeschätzt werden kann und zum Anderen, weil diese Verfahren sowohl für den Kläger als auch für den Beklagten hohe Kosten nach sich zieht. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Gesetzgeber die Frist verlängert, weil der Paragraph entweder noch keine Wirkung gezeigt hat oder weil er laufende Verfahren nicht gefährden will.

Über den Autor

Alexandra Frerichs, Diplom-Ökonomin. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Abschluss des Studiums 2008. Zur Zeit tätig am Lehrstuhl für Informations- und Technikmanagement an der Ruhr-Universität Bochum als wissenschaftliche Hilfskraft.

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