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- Die europäische Union und der deutsche Föderalismus: Möglichkeiten und Grenzen der politischen Einflussnahme der Bundesländer am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Zur Charakterisierung der Politik im deutschen Bundesstaat werden seit Ende der 1960er Jahre vor allem zwei Begriffe verwendet, die die Entwicklungstendenzen des bundesstaatlichen Ordnungsprinzips am ehesten beschreiben: Politikverflechtung und Föderalismus. Im Rahmen der Koordination und Kooperation der verschiedenen staatlichen Akteure ist ein komplexes Netzwerk von sich überschneidenden Zuständigkeiten, Koordinationsmustern sowie formellen und informellen Mitsprachebefugnissen entstanden. Vor dem Hintergrund des voranschreitenden europäischen Integrationsprozesses stellt sich für die bundesdeutschen Länder die Frage, wie sie auf die Europapolitik des Bundes und auf die politischen Entscheidungen, die auf europäischer Ebene getroffen werden, Einfluss nehmen können. Im Mittelpunkt steht dabei stets die Intention, den durch den europäischen Integrationsprozess erlittenen Kompetenzverlust auszugleichen und möglichst das Heft des Handelns in der Hand zu behalten. Trotz ihrer Bemühungen müssen die Länder eine wachsende Limitierung ihres eigenständigen Handlungs- und Gestaltungsspielraums hinnehmen, wobei die Landesparlamente in besonderer Weise betroffen sind. Der Umstand, dass der bundesdeutsche Föderalismus das zwischen Nationalstaat und Europäischer Union bestehende Zwei-Ebenen-System um eine dritte subnationale Ebene erweitert, und die Frage, welche Konsequenzen dies für die Beteiligungsmöglichkeiten der Länder am europäischen Entscheidungsprozess hat, liegen dieser Arbeit zugrunde.
Textprobe: Kapitel 4.2, Möglichkeiten und Grenzen der politischen Einflussnahme der Länder: Von den Anfängen der Europäischen Gemeinschaft in den 1950er Jahren bis in die 1980er Jahre hinein beruhten die Mitwirkungswirkungsmöglichkeiten der deutschen Länder vor allem auf den föderalen Strukturen der Bundesrepublik. Bereits damals wurde im Bundesrat eine Debatte über die Kompetenzverluste der Bundesländer geführt. In den ersten Jahren, in denen sich das europapolitische Entscheidungs- und Koordinierungssystem zunächst mühsam konstituierten musste, gewährte zunächst die sogenannte 'Adenauer-Arnold-Absprache', eine Übereinkunft zwischen dem damaligen Bundeskanzler und dem Bundesratsvorsitzenden, die den Montanindustrieländern eine Mitsprachemöglichkeit bei der Auswahl der beiden deutschen Vertreter in Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einräumte. Darüber hinaus verpflichtete sich die Bundesregierung zunächst in Form einer Absichtserklärung dazu, den Bundesrat laufend über die europolitischen Fortschritte und Initiativen zu unterrichten sowie ggf. die Länder anzuhören. Anlässlich der Verhandlungen über die Römischen Verträge von 1956 wurde die Institution eines sogenannten 'Länderbeobachters' etabliert, welcher an den Ratssitzungen teilnehmen und darüber in den Ländern berichten durfte. Die Informationspflicht der Bundesregierung wurde auf Initiative des Bundesrates in Art. 2 des Zustimmungsgesetzes zu den Römischen Verträgen festgeschrieben. Im Zuge der Beratungen zur Schaffung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) sahen die Länder ihre Kompetenzen erneut in Gefahr. Mit der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes bis Ende 1992 sollte die Handlungshoheit in den Bereichen Forschung, Technologie und Umweltschutz ursprünglich an die Europäische Gemeinschaft (EG) übergehen. Die Länder meldeten aus diesem Grund bei der Beratung des Gesetzes im Bundesrat frühzeitig Bedenken an und verlangten ihre Beteiligung. Es gelang ihnen in der Folge, die obligatorische Zustimmung des Bundesrats als Voraussetzung jeder Modifizierung der europäischen Verträge als Hebel zu benutzen, um die Bundesregierung dazu zu bewegen, sich auf der europäischen Ebene für die Verankerung der Regionen in der Europäischen Union einzusetzen und ihre europapolitischen Rechte innerstaatlich stärker zu institutionalisieren. Eine der wesentlichen Änderungen bestand jedoch darin, dass der 1979 im 'Neuen Länderverfahren' eingeschlagene Weg, der einst auf die Etablierung eines verfassungssystematischen Bund-Länder-Verfahrens abgezielt hatte, aufgegeben wurde. Stattdessen ist der Bundesrat als zuständiges Gremium für die Formulierung der europapolitischen Position der Länder gegenüber Bundestag und Bundesregierung benannt worden, eine Regelung, die bis heute als nachhaltige Schwächung der einzelnen Länder in europapolitischen Angelegenheiten gilt. Da die Entscheidungen des Bundesrates qua Mehrheitsbeschluss gefasst werden, verloren die Länder durch die Neuregelung de facto ihre Vetomöglichkeit zur Verhinderung der für sie unvorteilhafter europapolitischen Entscheidungen zugunsten einer Erleichterung der gesamtstaatlichen Entscheidungsfindung. Das entsprechende Gesetz trat am 25. 12. 1986 in Kraft. Ein Jahr später wurde gem. Art. 2 Abs. 6 EAG (Europarechtsanpassungsgesetz) eine 'Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Länder über die Unterrichtung und Beteiligung des Bundesrats und der Länder bei Vorlagen im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft', in der die Verfahren zur Unterrichtung festgelegt wurden, geschlossen. Eine Ministerpräsidentenkonferenz legte zeitgleich das Prozedere für die Benennung der Ländervertreter gem. Art. 2 Abs. 5 EAG fest. Mit dem Vertragswerk von Maastricht war ein weiterer Transfer von Länderkompetenzen auf die europäische Ebene verbunden. Angesichts dieser sich frühzeitig abzeichnenden Entwicklung legten die Länder bereits vor den eigentlichen Verhandlungen ihre Positionen und Erwartungen dar. Danach sollte sich die Europäische Union an föderale Grundsätze gebunden fühlen, um in den Mitgliedstaaten eine ausgewogene Wirtschaftsentwicklung, die Bewahrung der kulturellen Identitäten und eine möglichst große Bürgernähe sicherstellen zu können. Konkrete Forderungen bezogen sich auf die Schaffung eines Regionalausschusses sowie die Teilnahme von Ländervertretern an Ministerratssitzungen. Eine der signifikanten Folgen dieses Insistierens war die verfassungsrechtliche Verankerung von Mitwirkungsrechten der Länder über den Bundesrat in Angelegenheiten der EU. Laut Art. 50 GG konnten die Länder fortan über den Bundesrat auch an EU-Angelegenheiten mitwirken. Beteiligungsrechte in EU-Angelegenheiten sind in den Neufassungen der Artikel 23, 52 Abs. 3a GG sowie im Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) geregelt. Weitere Verfahrensvorschriften zu den Beteiligungsrechten der Länder in EU-Angelegenheiten, beispielsweise zum Informationsverfahren oder zu den Ländervertretungen, sind in den sogenannten 'Bund-Länder-Vereinbarungen' nach § 9 Satz 2 EUZBLG enthalten. Im Folgenden werden die wichtigsten Beteiligungsmöglichkeiten und Rechtsmittel vorgestellt, die der Einbeziehung der Länder in den europapolitischen Diskurs dienen.
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