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- Der EuGH und die deutsche Umsatzsteuer. Auswirkungen der europäischen Rechtsprechung auf das nationale Umsatzsteuerrecht
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Ziel, die Umsatzsteuersysteme der EU-Mitgliedstaaten zu harmonisieren (4. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie), wurde mit der Einführung eines gemeinsamen Mehrwertsteuersystems entschieden vorangetrieben. Obwohl sich die Umsatzsteuervorschriften der Mitgliedstaaten nach den europäischen Vorgaben richten, bestehen zwischen den mitgliedstaatlichen Gesetzen und der Richtlinie zuweilen problematische Auslegungsspielräume. Diese soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) anhand des europäischen Rechts einheitlich interpretieren, um bestehende Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Dabei hat die Rechtsprechung des EuGH teilweise erhebliche Folgen auf das nationale Umsatzsteuerrecht der Mitgliedstaaten. Von einer veränderten Rechtsprechung der Gerichte über das Kippen bisheriger Verwaltungspraxis bis hin zu nationalen Gesetzesänderungen – die Auswirkungen der Urteile des EuGH sind deutlich zu spüren. Dieses Buch zeigt den genauen Zusammenhang zwischen der Umsatzsteuer und dem EuGH auf und untersucht den Einfluss des EuGH sowie die beschriebenen Wirkungen seiner Rechtsprechung am Beispiel des deutschen Umsatzsteuerrechts.
Textprobe: Kapitel 3: Auswirkungen der Rechtsprechung auf das nationale Umsatzsteuerrecht: Je bedeutender die Position des EuGH im Rechtsschutzsystem der EU ist, desto größer ist auch sein Einfluss auf die Anwendung des (umsatz)steuerrechtlichen Normgefüges. Der Anstieg der Vorlagefragen der letzten Jahre sowie die Anzahl der steuerrechtlichen Vorlagefragen zur Vorabentscheidung durch den BFH veranschaulichen vor allem auch das deutsche Verständnis des EuGH, die ihm beigemessene Bedeutung und seinen faktischen Einfluss auf das deutsche Steuerrecht. Wie bereits angedeutet, findet die Rechtsprechung des EuGH insbesondere durch das Medium des Vorabentscheidungsverfahren direkten Niederschlag im nationalen Recht der Mitgliedstaaten: Wirkt sich eine vorab entschiedene Auslegung des EuGH über die Bindungswirkung der Vorabentscheidung zunächst nur unmittelbar auf die vorlegenden nationalen Gerichte aus, so geht damit meist eine veränderte Haltung der Verwaltungsbehörden sowie zuweilen eine Reaktion des nationalen Gesetzgebers einher. Der Zusammenhang zwischen der Umsatzsteuer und dem EuGH und seiner Rechtsprechung soll nun noch einmal resümiert werden, bevor auf die konkreten Auswirkungen der Urteile des EuGH in diesem Bereich eingegangen wird. 3.1 Der EuGH und die Umsatzsteuer: Aufgrund des Zusammenhangs von Wirtschafts- und Steuerpolitik ist es naheliegend, dass der Weg zur Annäherung der einzelnen Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten in Europa und damit zur Erreichung des in der Präambel des AEUV formulierten Zieles weitgehend nur über den Weg der Steuerharmonisierung auf europäischer Ebene führen kann. Aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs der Umsatzsteuer mit dem europäischen Wettbewerb hat die Union hier die breiteste Grundlage für Harmonisierungsmaßnahmen gelegt. Die Harmonisierung der indirekten Steuern für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes basiert, wie beschrieben, auf Art. 113 AEUV, der gleichzeitig die Rechtsgrundlage der ergangenen Mehrwertsteuerrichtlinien einschließlich der MwStSystRL bildet. Mittels Vorabentscheidungsverfahren geht auf Grundlage des Harmonisierungsauftrages somit die Funktion der letztinstanzlichen nationalen Gerichte auf den EuGH über, soweit das innerstaatliche Recht auf Unionsrechtsrechtsakten beruht, was bei den nationalen Umsatzsteuergesetzen seit Erlass der Umsatzsteuerrichtlinien und schließlich mit Ergehen der MwStSystRL der Fall ist. Legt der EuGH eine Bestimmung der MwStSystRL auf Vorlage eines mitglied-staatlichen Gerichtes aus, gilt seine Auslegung gleichzeitig auch für alle Gerichte der anderen Mitgliedstaaten. Im Ergebnis wird die verbleibende Harmonisierung der jeweiligen nationalen Umsatzsteuervorschriften zum größten Teil vom EuGH übernommen und so die EU-Rechtsanwendung im Bereich der Umsatzsteuer vereinheitlicht. Hier hat der EuGH als Motor der Integration nachweisbar den Integrationsprozess vorangetrieben und mit Hilfe seiner Rechtsprechung im Vorabentscheidungsverfahren die Mitgliedstaaten dazu gebracht, das nationale Umsatzsteuerrecht im Licht seiner Urteile auszulegen (Tätigkeit der nationalen Gerichte), anzuwenden (Reaktion der nationalen Verwaltungsbehörden) und selbst abzuändern (Tätigwerden der nationalen Gesetzgeber). 3.2 Auswirkungen auf nationaler Ebene anhand von ausgewählten Urteilen: Um die gesamte Reichweite des Einflusses der Rechtsprechung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren auf das deutsche Umsatzsteuerrecht zu bestimmen, kann zweifellos nicht ein einzelnes EuGH-Urteil herangezogen werden. Gerade die Bandbreite der EuGH-Rechtsprechungen mit ihren Veränderungen und ihrem Wandel zeigen die enorme Auswirkung auf die mitgliedstaatlichen Rechtssysteme. Nachfolgend werden daher anhand von ausgewählten, aktuelleren EuGH-Urteilen exemplarisch die Auswirkungen der EuGH-Urteile auf die das deutsche Umsatzsteuerrecht bestimmenden Rechtsbereiche der Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Gesetzgebung dargestellt und kommentiert. 3.2.1 Auswirkungen auf die deutsche Gerichtsbarkeit: Aufgrund der offenkundigen, unmittelbaren Bindungswirkung der EuGH-Urteile für die vorlegenden nationalen Gerichte bietet es sich an, zunächst mit der Auswirkung der Vorabentscheide auf die nationalen Finanzgerichte und den BFH zu beginnen. Durch die Vorlagepflicht, die darauffolgende Bindung der letztinstanzlichen, obersten Bundesgerichte an den EuGH und durch die faktische Rechtsmittelunfähigkeit seiner Vorabentscheidungen, wirkt der EuGH beispielsweise im Umsatzsteuerrecht unübersehbar auf die mit Umsatzsteuerstreitigkeiten befassten Instanzen der deutschen Finanzgerichtsbarkeit ein. Da das nationale Umsatzsteuerrecht auf der europäischen MwStSystRL beruht, berührt nahezu jeder Rechtsstreit vor den nationalen Gerichten bezüglich einer deutschen Umsatzsteuernorm gleichzeitig auch eine Vorschrift des Unions-rechts. Die unionsrechtskonforme Auslegung des deutschen Umsatzsteuergesetzes spielt daher in der nationalen Finanzgerichtsbarkeit eine große Rolle. Dies wird zum Beispiel am Urteil des BFH vom 28. Mai 2013 bezüglich der Zuordnung der bewegten Lieferung bei Transport durch den mittleren Unternehmer im Reihengeschäft deutlich. Der XI. Senat hielt die nicht auf der MwStSystRL beruhende, widerlegbare Gesetzesvermutung des § 3 Abs. 6 S. 6 UStG nicht für unionswidrig, sie sei lediglich unionskonform auszulegen. Nach EuGH-Rechtsprechung sei eine umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, die zur Widerlegung der Vermutung führen könne. Der BFH bezieht sich dabei auf Vorabentscheidungen des EuGH aus dem Jahr 2010 und die von ihm angeregte und für ihn bindende Vorabentscheidung des EuGH vom 27. September 2012 , in dem der EuGH in Randnummer 34 mit seinen Äußerungen über die wirtschaftliche Verfügungsmacht dem BFH Kriterien an die Hand gibt, anhand dessen er die Beurteilung der bewegten Lieferung vornehmen kann. Dabei kommt es nach dem EuGH maßgeblich auf den Zeitpunkt an, in welchem der Endempfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Geschehe das im Bestimmungsland der Ware, sei die Bewegung der ersten Lieferung zuzuordnen. Da dem BFH jedoch genaue Sachverhaltsangaben fehlten, wurde der Rechtsstreit an das Sächsische Finanzgericht zurückverwiesen, welches weitere Tatsachenfeststellungen treffen sollte, um die bewegte Lieferung zuordnen zu können. Die Rechtssache kam nicht zuletzt deswegen vor den EuGH, weil es sich um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt mit innergemeinschaftlicher Beförderung handelte, bei der die Zuordnungsfrage für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. B) i.V.m. § 6a UStG und Art. 138 MwStSystRL streitig war. Das Wechselspiel zwischen BFH, seinem V. und XI. Senat und dem EuGH im oben genannten Urteil und die weiteren Entscheidungsmerkmale (Umsatzsteuer-Identifikationsnummer) sowie die damit weiterverbundenen Problematiken (zusammenfassende Meldung nach § 18a UStG) lohnen eine weitere Untersuchung, können im Rahmen dieser Studie jedoch nicht weiter ausgeführt werden. Große Wellen (besonders auch in der Finanzverwaltung) schlug der sich nach ständiger Rechtsprechung als Gericht nicht an die norminterpretierenden Verwaltungsanweisungen gebundene BFH im Verfahren bei der Beurteilung der Unterscheidung von einer mit dem ermäßigten Steuersatz begünstigten Essenslieferung und einer regelbesteuerten Dienstleistung im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen. Gleich in vier Fällen legte er dem EuGH Auslegungsfragen zur Vorabentscheidung vor und setzte dabei die nationalen Ausgangsverfahren aus. In seinen Vorlagebeschlüssen hat der BFH stets die nationalen Umsatzsteuerregelungen den europarechtlichen Grundlagenbestimmungen der MwStSystRL (damals noch Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG) gegenübergestellt. Außerdem hat er nach der unionsrechtlichen Auslegung des Begriffs Nahrungsmittel gefragt, um die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 UStG mit unionsrechtlicher Grundlage des Art. 98 Abs. 1 und 2 i.V.m. Anhang III Nr. 1 MwStSystRL (damals Art. 12 Abs. 3 Buchst. A) i.V.m. Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG) überprüfen zu können. Der BFH zitiert in den Vorlagebeschlüssen bereits ergangene EuGH-Rechtsprechung zu Restaurationsumsätzen (bspw. Zu Restaurationsleistungen auf einem Schiff), drückt jedoch seine Zweifel darüber aus, ob die fallbezogenen Aussagen des EuGH auf den dem BFH vorliegenden Sachverhalt übertragbar seien […].
Larissa Naujoks wurde 1992 in Bad Berleburg geboren. Sie besuchte das Goethe-Gymnasium in Gaggenau und schloss das Abitur im Jahr 2011 mit der Bestnote 1,0 ab, um anschließend ein duales Studium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg zum Bachelor of Laws zu absolvieren. Während ihrer juristischen Ausbildung interessierte sich die Autorin besonders für Öffentliches Recht und Europarecht. Für ihre Bachelorarbeit Die Rechtsprechung des EuGH und ihre Auswirkung auf das nationale Umsatzsteuerrecht erhielt die sie die Maximalpunktzahl sowie den Preis der Professor Ralf Wuttke-Stiftung für die beste Bachelorthesis. Danach zog die Autorin nach Berlin und erwarb dort den Master of European Studies (Europawissenschaften). Ihre Masterarbeit widmete Larissa Naujoks erneut dem EuGH und dessen umstrittenen Urteil vom 16.06.2015 über das OMT-Programm der EZB. Die Autorin spricht vier Sprachen und interessiert sich außerdem für Sport und Musik. In ihrer Freizeit engagiert sie sich ehrenamtlich in der christlichen Kinder- und Jugendarbeit.
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