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- Personaldiagnostik und Entwicklung im Profi-Fußball: Konzeption und Evaluation eines Instruments zum taktischen Entscheidungsverhalten im Fußball
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 224
Abb.: 65
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Sportpsychologie gewinnt im Fußball merklich an Bedeutung. Spätestens seit der WM 2006 und dem darauf folgenden Film Deutschland ein Sommermärchen rückte die Sportpsychologie verstärkt ins öffentliche Interesse. Welche Entwicklungsmaßnahmen ausgewählt werden, hängt meist mit der Orientierung auf kurzfristige Siege und Gewinne zusammen. Auch werden sie oft nur im Hinblick auf das nächste Spiel bewertet. Zusätzlich können selbst etablierte Interventionsmethoden kontraproduktiv wirken, wenn sie nicht auf der Basis einer fundierten Analyse durchgeführt werden. Häufig verzerren Stimmungen und Meinungen ein objektives Bild der Spieler. Für eine solide Trainingsplanung und Spielerentwicklung ist die wohlüberlegte Auswahl verlässlicher Methoden entscheidend für die Qualität des Ergebnisses. Diese Notwendigkeit wird in einem Instrumentarium zur Diagnostik und Entwicklung im Fußball aufgegriffen. In Zusammenarbeit mit der Friedrich Schiller Universität Jena und mit Thüringer Fußballvereinen wurde das Instrumentarium zur Erhebung des sportpsychologischen Profils entwickelt. Mit Hilfe dieses Instruments kann eine genaue Analyse des psychologischen Stärken- und Schwächenprofils der Spieler ermöglicht werden. Daraus ergeben sich für den Trainer ganz neue Möglichkeiten, individuell auf die einzelnen Spieler einzugehen. Das Instrument besitzt eine große Bandbreite psychologischer Faktoren. Im Rahmen einer aufwendigen und umfassenden Recherche wurden Studien, Überblicksarbeiten und Tests vorgenommen, um die wichtigsten und ausschlaggebenden Leistungskomponenten zu ermitteln. Das Instrument gliedert sich in den Bereich der sportspezifischen Persönlichkeit und den Bereich der Entscheidungen in taktischen Situationen. Für den Bereich der Persönlichkeitsorientierung werden Verfahren zur Erfassung der sportspezifischen Persönlichkeit - dazu zählen Leistungsmotivation, Flexibilität, Teamorientierung und Stressregulation - verwendet. Im Bereich der simulationsorientierten Verfahren wird das Entscheidungsverhalten sowie das situative Risikoniveau der Spieler in taktischen Situationen erhoben. In taktischen Situationen wird untersucht, wie sich die Spieler in gegebenen Entscheidungssituationen verhalten. Als Beurteilungskriterien für die Qualität der Entscheidungen der Spieler wird die Übereinstimmung zwischen Trainer und Spieler angenommen. Die Differenz zwischen Trainer und Spieler dient als Grundlage für die Handlungsempfehlungen für den Trainer bezüglich des jeweiligen zu betrachtenden Spielers. Konkrete Möglichkeiten für die Trainingsgestaltung werden erläutert. Das Messinstrument steht sowohl als onlinegestützte Version als auch in Papierform zur Verfügung.
Textprobe: Kapitel 2.3, Person-Organisations-Fit: In vorangegangen Arbeiten wurden Diagnostik und Entwicklung im Sport sehr häufig mit einem Leistungskriterium untersucht beziehungsweise durchgeführt. Beispielsweise ließen Höner (2002, 2003b) und Roth (1991) die Qualität der Entscheidung von Experten einschätzen. Somit wurde für die Spieler ein ‘objektives’ Richtigkeitsmaß bestimmt. Im Gegensatz zur absoluten Leistung, welche beispielsweise mittels eines Intelligenztests gemessen wird, kann aus personaldiagnostischer Sicht die Passung eines Bewerbers zur Organisation und/oder zur Position ein wichtiges Einstellungskriterium darstellen (vgl. Piasentin & Chapman, 2006). Übertragen auf den Fußball würde dies bedeuten, dass die Passung eines Spielers zum Verein einen wichtigen Stellenwert besitzen kann. Da für taktische Entscheidungen zwischen verschiedenen Vereinen durchaus unterschiedliche Lösungsansätze für die gleiche Situation präferiert und genutzt werden, erscheint auch die Passung der taktischen Entscheidungen zwischen Trainer und Spieler als wichtige Quelle für Entwicklungsmaßnahmen der Spieler. Ein weiterer Aspekt für die Bedeutung der Passung ergibt sich aus dem Charakter des Mannschaftssports. Die Übereinstimmung zwischen der Entscheidung des Trainers mit der Entscheidung des Spielers führt letztlich zu gleichen Entscheidungen bestimmter Mannschaftsteile (Spiel auf Abseits oder Pressing). Das dadurch verbesserte ‘Funktionieren’ der Mannschaft oder einzelner Mannschaftsteile ist für den Erfolg maßgeblich (vgl. Gabler, 1979 Veit, 1979). Auch können Ausprägungen verschiedener Persönlichkeitsmerkmale eines Spielers für verschiedene Vereine unterschiedlich bedeutsam sein. Im Kontext der Organisation wird von einem Person- Organisations- Fit gesprochen (vgl. Hossiep & Paschen, 1989). Eine theoretische Untermauerung dieses Ansatzes bietet die Kongruenztheorie nach Holland (1976). Die ursprünglich für die Berufswahl konzipierte Theorie wurde seit dem weiterentwickelt und wird für die Passung eines Bewerbers zur Organisation verwendet (Hoffmann & Woehr, 2005 Piasentin & Chapman, 2006 Roberts & Robins, 2004 Schneider, 1987 Verquer, Beer & Wagner, 2003). Muchinsky (1987) unterteilt die Passung (Fit) in supplementärer und komplementärer Fit. Als komplementärer Fit wird die Komplettierung einer Organisation durch die Person oder ein Hinzufügen von etwas bisher Fehlendem bezeichnet (Moser & Schmook, 2006). Unter supplementärem Fit versteht Muchinsky (1987) die Passung von Merkmalen der Person mit Merkmalen der Organisation. Als typische Kriterien für die Passung zwischen Person und Organisation wurden in der Vergangenheit vor allem die Übereinstimmung der Werte, der Ziele, der Passung der Wünsche der Person mit den Gegebenheiten der Organisation (needs-supplies fit) und der Passung der Anforderungen der Organisation mit den Fähigkeiten der Person (demands-abilities fit) untersucht (Hoffman & Woehr, 2006). Die Auswirkungen der Homogenität der Personen innerhalb von Organisationen beschreibt die Attraction-Selection-Attrition (ASA) -Theorie von Schneider (1987). Hierbei wird zwischen drei wesentlichen Sequenzen des ‘Reproduktionsprozesses’ einer Organisation unterschieden. Unter Attraction versteht man die Anziehung bestimmter Personen durch bestimmte Organisationen mit Selection ist die spezifische Personalauswahl und mit Attrition der selektive Verbleib bestimmter Personen gemeint. Als Kritik der Kongruenztheorie wurden die angenommene Unveränderlichkeit der Person und der Organisation und die getrennte Betrachtungsweise durch das Ausblenden der Interaktion zwischen Person und Organisation genannt (Moser & Schmook, 2006). Festzuhalten bleibt jedoch, dass ein grundsätzlicher Missfit zwischen Person und Organisation sehr wahrscheinlich zu einer Ablehnung oder einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen würde (Schallberger, 1987 vgl. Moser & Schmook, 2006). Anderseits wirkt sich nach der Sozialisationshypothese die Berufstätigkeit auf die Persönlichkeit aus (vgl. Kohn & Schooler, 1983) und Unternehmen können durch gezielte Personalentwicklung die Personenmodifikationen im Sinne ihrer Strategie optimieren. Deshalb werden der FIT zwischen Person und Organisation sowie die sich wechselseitige Beeinflussung von Person und Organisation durch den Ansatz eines kontinuierlichen Anpassungsprozesses zwischen Arbeitswelt und Individuum (Moser & Schmook, 2006) integriert. Auf Grund der Bedeutung eines FIT zwischen Person und Organisation und der Bedeutung homogener Entscheidungen einzelner Mannschaftsteile im Fußball, kann davon ausgegangen werden, dass der Passung eines Spielers zum Verein eine wesentliche Bedeutung beigemessen werden kann.
Benjamin Koch ist Inhaber der HR & Sport Consulting. Während des Studiums der Psychologie konnte er bereits als Vorsitzender, Trainer und sportpsychologischer Berater der Abteilung Kickboxen praktische Erfahrungen als Sportpsychologe sammeln. Wichtiges Wissen und Best Practice Erfahrungen erhielt er während seiner Tätigkeiten an der Sporthochschule in Köln, am Bundesamt für Sport in Magglingen (Schweiz) sowie während seines Auslandstudiums der Sportpsychologie in Sevilla (Spanien). Seine Abschlussarbeit führte er an der Schnittstelle zwischen Sport- und Personalpsychologie im Fußball durch. Zurzeit ist der Autor als freier Mitarbeiter für Managementberatungen wie zum Beispiel Clockwise Consulting oder Machwürth Team International tätig und begleitet in erster Linie Beratungsprojekte in den Bereichen Organisationsentwicklung, Coachings und Führungskräfteentwicklung. Zusätzlich hält er Vorlesungen und Seminare an der Friedrich Schiller Universität (Beratung in Unternehmen) und an der Fachhochschule Jena (Personalführung für Wirtschaftsingenieure).
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