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Recht / Wirtschaft / Steuern

Christian A. Conrad

Herausforderungen einer globalen Wirtschaftsethik

ISBN: 978-3-95935-300-7

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 424
Abb.: 40
Sprache: Deutsch
Einband: gebunden

Inhalt

Die fortschreitende Globalisierung der Wirtschaft führt zu immer neuen Änderungen der internationalen Arbeitsteilung und neuen Geschäftsmöglichkeiten, womit besondere ethische Herausforderungen verbunden sind. Internationale Konzerne können sich im Rahmen der Globalisierung durch eine Standortverlagerung dem Zugriff ihrer Regierungen entziehen und die Schwächen ausländischer Staaten zu ihrem Vorteil ausnutzen. Die Unternehmen können nicht nur durch eine Standortwahl versuchen, ihre Kosten zu Lasten der Umwelt und der Arbeitnehmer zu minimieren, sondern auch ihre steuerliche Belastung senken. Ziel dieses Sammelbandes ist es, ethische Verfehlungen aufzuzeigen und mit Hilfe der Wirtschaftsethik Lösungsansätze herauszuarbeiten. Die Globalisierung ändert die Welt und das zwischenmenschliche Zusammenleben. Es gibt immer mehr internationale Vernetzungen, die zu immer mehr Interdependenzen führen. Das Ergebnis der Analyse zeigt, dass vor diesem Hintergrund in allen Bereichen immer mehr Politiken global abgestimmt werden müssen. Je globaler die Welt wird, desto mehr bedarf es eines supranationalen Rechtssystems mit einer übergeordneten Organisation, die über Sanktionsmöglichkeiten verfügt, um ethisches Wirtschaftsverhalten durchzusetzen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5, Ethik im Gesundheitssektor: […] 5.4.2, Vergleich zwischen privat und gesetzlich Versicherten: Das negativ besetzte Schlagwort Zwei Klassen Medizin ist ein, von den Medien gerne benutzter Begriff, welcher die unterschiedliche medizinische Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten (Kassenpatienten) und privat versicherten Patienten beschreibt. In diesem Kontext wird oft der unterschiedliche Leistungsanspruch der Versicherten diskutiert. Im Folgenden wird der Unterschied zwischen privat und gesetzlich versicherten Arbeitnehmern erläutert und ein Blick auf Vor- und Nachteile dieser Systeme geworfen. Ziel ist es, einen kritischen Einblick mit Bezug auf die ethische Korrektheit dieser Praktiken zu werfen. 5.4.2.1, Private Krankenversicherung: Diese Art der Krankenversicherung ist für Selbständige und Beamte interessant, also alle Personengruppen, die nicht versicherungspflichtig sind. Der Wechsel von gesetzlicher-, zur privaten Krankenversicherung, stellt, ebenfalls für gut verdienende Arbeitnehmer, welche mit ihrem Lohn über der Beitragsbemessungsgrundlage liegen, eine Alternative zur gesetzlichen Krankenversicherung dar. 5.4.2.1.1, Vorteile: Wenn sich ein selbstständiger gesetzlich krankenversichert, entfällt der Arbeitgeberanteil und er muss die gesamte Krankenversicherung selbst bezahlen, was mitunter 700 EUR bis 800 EUR monatliche Mehrbelastung bedeuten kann. So ist der Anreiz gegeben, sich an eine private Krankenversicherung zu wenden. 5.4.2.1.2, Nachteile: Ein als ethisch kritisch zu betrachtender Punkt ist, dass nicht jeder Selbstständige und jeder Arbeitnehmer in die private Krankenversicherung eintreten kann. So kommt es zu einem systematischen Ausschluss von Personengruppen, die weniger als 54.900 EUR jährlich verdienen. Ebenfalls problematisch ist, dass sich die Höhe der Beiträge nach Vorerkrankungen und gesundheitlichem Zustand der Versicherten richten. So rät die Verbraucherzentrale NRW, dass sich Männer ab 46 und Frauen ab 37 nicht mehr privat versichern sollten. Beitragssätze erhöhen sich mit steigendem Alter und bei Auftreten von Erkrankungen enorm. Hier gibt es keine Solidargemeinschaft, die andere Versicherte mitfinanziert im Falle, dass diese ihre Beiträge nicht mehr zahlen können. Auch sind nicht berufstätige Frauen und Kinder in der PKV nicht automatisch mitversichert, wie dies in der GKV der Fall ist, was einen zusätzlichen finanziellen Mehraufwand bedeutet. In dieser Situation wird auch eine Rückkehr zur gesetzlichen Krankenversicherung extrem schwierig. Denn dieser Wechsel wird nur möglich, wenn das jährliche Einkommen wieder unter 54900 EUR sinkt. Wer allerdings älter als 55 Jahre alt ist und in den letzten 5 Jahren privat versichert war, kann nicht mehr zurück in die GKV, es sei denn, die Person wird arbeitslos. Durch hohen Wettbewerb in der Branche kommt es dazu, dass heute auch unseriöse Wettbewerber im Markt aktiv sind. Da die Beiträge hier nicht einkommensgebunden sind, können Anbieter privater Krankenversicherungen Beiträge jährlich verändern. So gibt es Anbieter, die mit niedrigen Einstiegsangeboten werben, aber hohe Beitragssteigerungen in den Folgejahren verschleiern. 5.4.2.1.3, Ethische Bewertung: Nun stellt sich die Frage, ob der Ausschluss von Älteren, Kranken und Personen, die es sich finanziell nicht mehr erlauben können, als ethisch vertretbar einzustufen ist. Zur Bewertung wird die Moralökonomik herangezogen. Betrachtet man nun modernere ethische Bewertungsansätze wie die Moralökonomik, kommt man zu einem ganz ähnlichen Ergebnis. Hierbei ist von einem Zielkonflikt zwischen den Nutzen der beteiligten Akteure auszugehen. Moralisches Verhalten kann hierbei nur entstehen, wenn ein Akteur einen Vorteil hat. Damit moralisches Verhalten also lohnenswert wäre, müssten Anreizsysteme geschaffen werden, wie staatliche Zuschüsse für die Zulassung Älterer, Kranken und Personen die sich in finanzieller Notlage befinden. Die Moralökonomik verlangt lediglich, dass sich die Beteiligten gesetzeskonform verhalten, was gesetzliche Krankenkassen und private Krankenkassen machen, da es hierzu keine Gesetzesregelungen gibt, die etwas anderes vorschreiben. Allerdings zählt sowohl die Individualethik als auch die Moralökonomik zu den umstrittenen ethischen Bewertungsansätzen. Erstere sollte besser durch die Diskursethik ersetzt werden, da diese generell besagt, dass die Gemeinschaft festlegen soll, was als moralisch und ethisch als richtig gilt. Im engeren Sinn bedeutet dies: Jede gültige Norm muss der Bedingung genügen, dass die Folgen und Wirkungen, die aus ihrer Befolgung entstehen von allen Betroffenen akzeptiert werden können. Geklärt wird dies in einem Prozess eines praktischen, realen Diskurses der Betroffenen untereinander. Im Vergleich zu Kants kategorischem Imperativ verschiebt sich das Gewicht von dem, was der Einzelne ohne Widerspruch als allgemeines Gesetz annehmen kann hin zu dem, was alle als allgemeines Gesetz zwanglos annehmen können. Durch den Diskurs wird etwa einer möglichen interessenbedingten Verzerrung des Urteils durch das Gegenüber vorgebeugt. In Bezug auf Lockangebote mit großen Beitragssteigerungen kann nach Immanuel Kants Auffassung eine kritische ethische Bewertung vorgenommen werden. Kants’ praktischer imperativ besagt: Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderem, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest. Im heutigen Sprachgebrauch würde dies der Bedeutung von der Zweck heiligt nicht die Mittel entsprechen. Den Anbietern ist es recht, Beitragserhöhungen bewusst zu verschleiern, nur um neue Kunden zu akquirieren, was Kants´ Ansicht nach falsch ist. 5.4.2.2, Gesetzliche Krankenversicherung: Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist grundsätzlich eine Art der Krankenversicherung für alle, die nicht als versicherungsfrei eingestuft sind. Dies sind in den meisten Fällen Personen, die sich in einem angestellten Verhältnis befinden und nicht die oben genannten Voraussetzungen für die private Krankenversicherung erfüllen. Ein Katalog der angebotenen Leistungen ist im fünften Sozialgesetzbuch fest verankert. 5.4.2.2.1, Vorteile: Viele Nachteile der privaten Krankenkassen sind auch gleichzeitig Vorteile der gesetzlichen. Es gibt eine sogenannte Solidargemeinschaft bei der jeder Versicherte so viel zahlt, wie es ihm wirtschaftlich möglich ist, beziehungsweise so viel wie er über seinen Arbeitgeber entrichten muss. Der Versicherungsnehmer braucht sich demgemäß bei eintretender Krankheit, vor in die Höhe schnellenden Beträgen nicht zu fürchten. Diese Gemeinschaft ermöglicht auch die kostenlose Mitversicherung von Kindern und nicht berufstätigen Frauen über den Ehepartner. Krankenkassen sind dazu gezwungen Mehrleistungen anzubieten, um ihre Kunden zu halten. Ein Überblick über angebotene Leistungen ist auf nahezu allen Internetseiten großer Versicherer zu finden. 5.4.2.2.2, Nachteile: Wie im Kapitel Versicherte Beiträge und Leistungen schon erwähnt, werden Beitragssätze und Leistungen im Jahresrhythmus von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit vielen anderen Parteien festgesetzt. Das bedeutet, dass die Politik die Kassen und den Wettbewerb in der Branche ausbremst, da Kassen, die gut Wirtschaften, nicht die Möglichkeit habe ihre Versicherungen zu günstigen Preisen anzubieten und die, die es nicht tun, weiterhin Jahr für Jahr Geld erhalten. 5.4.2.2.3, Ethische Bewertung: Dadurch, dass Leistungen und Beiträge von der kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, der deutschen Krankenhausgesellschaft und dem GKV- Spitzenverband im gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt werden, wird es schwieriger die Gesinnung jedes einzelnen einzusehen. Jede Partei vertritt verschiedene Interessen. Durch fehlende Transparenz wird also nicht klar, ob alle das Wohl der gesetzlich Versicherten und somit eine positive Gesinnung haben. An dieser Stelle geht die Gesinnungsethik mit der Publizitätsregel einher, welche besagt: Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht. Es ist hier nicht klar, ob die Gemeinschaft der Entscheidenden nichts zu verschweigen hat, beziehungsweise sich nichts vorzuwerfen hat, wenn Transparenz geschaffen werden würde. Wobei dies grade in Bezug auf Finanzierung große Probleme bereitet. Auch die Folgenethik ist in diesem Zusammenhang zu betrachten. Denn der Staat legt Beiträge und Leistungen fest, ohne überhaupt zu wissen, ob damit das Richtige erreicht wird und er nimmt grob fahrlässig in Kauf, dass auch Krankenkassen die weniger gut Wirtschaften als andere, hierdurch keinen Nachteil erleiden und somit der Wettbewerb in der Branche zum Erliegen kommt. 5.4.2.3, Gesetzliche Krankenversicherung mit Zusatztarifen: Als ein Kompromiss zur oft teuren privaten Krankenversicherung könnte eine gesetzliche Krankenversicherung mit Zusatztarifen in Betracht gezogen werden. Bei gesetzlichen Kassen sind viele Leistungen oft sogar besser als bei Privaten. Dies ist beispielsweise bei psychotherapeutischen Behandlungen, oder der Vor- und Nachsorge bei Geburten der Fall. Somit wäre für viele Versicherungsnehmer die gesetzliche Krankenkasse, die über einen längeren Zeitraum die günstigere ist, mit Zusatzpolicen die wohl rationalste Entscheidung. Zusatzversicherungen wie beispielsweise Chefarztbehandlungen oder Einbettzimmer, können dann optional dazu gebucht werden und sind in der Regel beitragsstabil, so Analysten von Morgan & Morgan. So kann sich jeder so versichern, wie er es für sich selbst als am sinnvollsten empfindet und muss nicht für Leistungen bezahlen, die er voraussichtlich nicht in Anspruch nehmen wird. Der Beitritt zur Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenkassen kann als moralisches oder tugendhaftes Verhalten beschrieben werden, denn laut Definition von Moral geht es hierbei um Verhaltensweisen und Einstellungen, die von Kultur zu Kultur verschieden sein können, mit positiver Wirkung auf Dritte. In diesem Fall also um die Hilfe derer, die Ihre Versicherungen nicht mehr zahlen können. So vereint diese, sowohl die Vorteile der gesetzlichen Krankenversicherung mit ihrem Ziel der optimalen Versorgung, als auch die Vorteile der gewinnorientierten privaten Krankenversicherung mit der Betrachtung des Patienten als Kunden.

Über den Autor

Christian A. Conrad beendete nach Auslandsaufenthalten in den USA und Brüssel seine Doktorarbeit über die europäische Stahlpolitik als Assistent am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik der Universität Tübingen. Anschließend arbeitete er im internationalen Unternehmenskundengeschäft einer der fünftgrößten deutschen Banken. Dadurch war er im ständigen Kontakt mit den Geschäftsführungen zahlreicher Unternehmen. Conrad schrieb eine Vielzahl Bücher und Aufsätze zu den Themen Märkte, Wettbewerb und insbesondere Finanzmärkte. Als einer von wenigen warnte er vor dem Ende der 90er Jahre vor dem Zusammenbruch der Börsenbubble und im Jahr 2000 vor einer gigantischen Finanzmarktkrise, die nur noch unter massiven Belastungen der Steuerzahler aufgefangen werden konnte. Derzeit ist er Professor für Volkswirtschaftslehre und Leiter des Master-Seminars Angewandte Wirtschaftsethik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Saarbrücken.

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