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- Die Problematik der Willensbildung in der Einheitsgesellschaft. Betrachtung am Beispiel der GmbH & Co. KG
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Arbeit befasst sich in erster Linie mit der Frage, ob der Geschäftsführer einer Einheits-GmbH & Co. KG über seine eigenen Angelegenheiten entscheiden darf. Insbesondere geht es um die Frage, ob sich der Geschäftsführer selbst bestellen, abberufen und entlasten kann, sich selbst prüfen und überwachen muss und über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft ihm gegenüber entscheiden kann. Dies könnte ihm deshalb verwehrt sein, weil er Richter in eigener Sache ist und damit einem Interessenkonflikt unterliegt. Neben der dezidierten Darstellung der unterschiedlichen Ansichten wird erläutert, warum der Geschäftsführer in diesen Fällen von einem Stimmverbot betroffen ist. Darüber hinaus beleuchtet die Arbeit auch, ob vertragliche Abreden die Problematik verhindern könnten. Insbesondere wird dabei auf die sogenannte Vollmachtslösung eingegangen.
Textprobe: Kapitel bb) Unbeschränkte Entscheidungskompetenz der Geschäftsführer Damit verfügen die Geschäftsführer entsprechend der bereits dargestellten Systematik über die uneingeschränkte Entscheidungskompetenz in ihrer Komplementär GmbH. Grundsätzlich ist nicht zu beanstanden, wenn die Geschäftsführer über Kompetenzen verfügen, die sonst den Gesellschaftern zustünden. Schließlich ist es unter anderem ihre Aufgabe als Geschäftsführer, die Rechte aus Gesellschaftsanteilen wahrzunehmen, wenn diese im Eigentum entweder der KG oder der GmbH stehen. Allerdings hat der Gesetzgeber den Gesellschaftern der GmbH nach §§ 45 Abs. 2, 46 GmbHG bewusst bestimmte Kompetenzen zugeteilt und den Geschäftsführern damit vorenthalten. Dabei geht es weniger darum, dass die Gesellschafter zwingend diese Kompetenzen ausüben müssen, sondern vielmehr darum, dass ein Geschäftsführer gerade nicht darüber entscheiden darf. Als Begründung kann angeführt werden, dass der entsprechende Geschäftsführer ansonsten Richter in eigenen Angelegenheiten sein würde. Betroffen davon sind insbesondere die Kompetenzen gemäß § 46 Nr. 5, 6 und 8 GmbHG. Stünde einem Geschäftsführer also die Kompetenz diesbezüglich zu, müsste dieser betroffene Geschäftsführer erstens über seine eigene Bestellung, Abberufung und Entlastung entscheiden (Nr. 5), zweitens sich selber prüfen und überwachen (Nr. 6) sowie drittens gegebenenfalls entstandene Ersatzansprüche gegen sich selber geltend machen (Nr. 8). Vergleichbares gilt auch für den Abschluss und die Gestaltung des Geschäftsführeranstellungsvertrags. Schließlich wird dieser zwischen dem Geschäftsführer und entweder der GmbH oder der KG geschlossen, wobei der jeweilige Geschäftsführer wiederum entweder die GmbH oder die KG gegenüber sich selber vertritt. Er würde also in einem Insichgeschäft sowohl auf Seiten der GmbH oder KG als auch für sich selber handeln. Dementsprechend üben die Geschäftsführer aufgrund der wechselseitigen Beteiligung der Gesellschaften Kompetenzen aus, die dem Willen des Gesetzgebers zufolge allerdings durch die Gesellschafter ausgeübt werden sollten. Das wird vor dem Hintergrund des allgemeinen Grundsatzes nemo iudex in causa sua (lat. niemand sei Richter in seiner eigenen Sache) als problematisch angesehen. Auch verbliebe den Kommanditisten als den wirtschaftlichen Inhabern des Unternehmens, abgesehen von den mitwirkungsbedürftigen Geschäften auf der Ebene der KG, keine nennenswerte Entscheidungskompetenz, wenn die Geschäftsführer über alle Gesellschafterkompetenzen verfügen würden. Ein Geschäftsführer könnte entgegen dem erklärten Willen der Kommanditisten handeln und beispielsweise sich selber erneut zum Geschäftsführer bestellen, obwohl die Kommanditisten einen anderen Geschäftsführer hätten bestellen wollen. Diese uneingeschränkte Entscheidungskompetenz der Geschäftsführer wird jedenfalls wirtschaftlich in aller Regel von den Kommanditisten nicht gewollt sein. cc) Auswirkungen einer Mitwirkungspflicht der Kommanditisten? Fraglich ist dabei, wie es sich auswirkt, wenn die in der Gesellschafterversammlung der GmbH zu treffende Entscheidung auf der Ebene der KG ein mitwirkungspflichtiges Geschäft darstellt. Dabei wäre die Entscheidung auf der Ebene der GmbH nach § 46 GmbHG durch Beschluss der Gesellschafterversammlung zu treffen. Die Ausübung des Stimmrechts für die Anteile der Alleingesellschafterin würde nach der zuvor dargestellten Systematik in Vertretung durch die Geschäftsführer der Komplementär GmbH erfolgen. Dabei wäre die Stimmrechtsausübung selber eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die auch nach den Regeln über Willenserklärungen zu behandeln ist. Daher wäre auch eine Stellvertretung bei der Stimmrechtsausübung möglich. Auf der Ebene der KG müssten die Kommanditisten dieser Stimmrechtsausübung vorweg durch Beschluss zustimmen. (1) Keine Entscheidung des Geschäftsführers in eigenen Angelegenheiten? Beispielsweise könnte die Bestellung eines Geschäftsführers der Komplementär GmbH gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG der Zustimmung der Kommanditisten auf der Ebene der KG bedürfen. Da die Geschäftsführer der Komplementär GmbH die Rechte der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär GmbH wahrnehmen, könnte sich ein Geschäftsführer, wenn er zum Beispiel alleinvertretungsbefugt ist, bei einer erneuten Bestellung selber bestellen und damit in eigenen Angelegenheiten entscheiden. Allerdings könnte angenommen werden, dass die Entscheidung durch das Zustimmungserfordernis primär auf die Ebene der KG verlagert wurde. Dabei müsste den Kommanditisten vom Geschäftsführer mitgeteilt werden, wie dieser in der Gesellschafterversammlung der Komplementär GmbH abstimmen werde. Die Kommanditisten könnten dann ihre Zustimmung erteilen oder versagen. Dabei kämen die in der Personengesellschaft geltenden Grundsätze des Stimmrechtsausschlusses zum Tragen. Das bedeutet, dass der entsprechende Geschäftsführer für die Komplementär GmbH in der Gesellschafterversammlung der KG das Stimmrecht ausüben müsste, wenn das Stimmrecht des Komplementärs, wie in der Praxis üblich, nicht ohnehin bereits ausgeschlossen wäre. Den entsprechenden Grundsätzen im Personengesellschaftsrecht zufolge unterläge der Geschäftsführer auch in dem Fall, in dem der Komplementärin ein Stimmrecht eingeräumt wurde, einem Stimmverbot. Problematisch ist allerdings, dass der Geschäftsführer in diesem Fall auch die Entscheidung der Kommanditisten in der Gesellschafterversammlung der Komplementär GmbH umsetzen müsste. Hielte er sich an die Vorgaben der Kommanditisten würde er tatschlich nicht in eigenen Angelegenheiten entscheiden. Würde er aber über eine unbeschränkte Vertretungsmacht verfügen, könnte er in der Gesellschafterversammlung entgegen dem erklärten Willen der Kommanditisten abstimmen. Er würde damit über eine nahezu uneingeschränkte Alleinentscheidungskompetenz verfügen. Im angeführten Beispiel könnte er sich dann selber erneut zum Geschäftsführer bestellen, obwohl die Kommanditisten ihn hätten abberufen wollen, weil beispielsweise schwerwiegende Differenzen zwischen ihnen und dem Geschäftsführer bestehen. Damit könnten die wirtschaftlichen Inhaber letztlich nicht mehr über die Position des Geschäftsführers ihres Unternehmens entscheiden. Die Kommanditisten könnten allerdings dadurch geschützt werden, dass die Stimmrechtsausübung des Geschäftsführers in der Gesellschafterversammlung der Komplementär GmbH unwirksam ist. Da es sich bei der Stimmabgabe um eine Willenserklärung handelt und die Vertretungsregeln Anwendung finden, könnte sie unwirksam sein, wenn die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht einschlägig wären. Wäre die gegen den Willen der Kommanditisten erfolgte Willenserklärung in der Gesellschafterversammlung nach den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht unwirksam, bestünde keine Gefahr, dass ein Geschäftsführer in eigenen Angelegenheiten entscheiden würde, sodass sich die aufgeworfene Problematik in diesem Sinne nicht stellen würde. (2) Grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht des Geschäftsführers? Dazu ist allerdings zunächst festzustellen, dass der Geschäftsführer der Komplementär GmbH gemäß §§ 161 Abs. 2, 126 Abs. 2 HGB sowie § 37 Abs. 2 GmbHG tatsächlich grundsätzlich über eine unbeschränkte Vertretungsmacht, die auch nicht entfallen kann, verfügt. Das bedeutet, dass die Vertretungsmacht der Komplementär GmbH zwar im Innenverhältnis, nicht aber im Außenverhältnis beschränkt werden kann. Dementsprechend kann die Vertretungsmacht der Komplementär GmbH im Innenverhältnis dahingehend eingeschränkt werden, dass die Rechte aus den Gesellschaftsanteilen an der Komplementär GmbH nur so ausgeübt werden dürfen, wie die Kommanditisten zugestimmt beziehungsweise beschlossen haben. Diese Beschränkung ist im Außenverhältnis dagegen allerdings unwirksam. Da es sich bei der Einheitsgesellschaft juristisch um zwei separate Gesellschaften handelt, muss das auch für das Verhältnis zwischen der KG und ihrer Komplementär GmbH gelten. Damit kann der Geschäftsführer im Außenverhältnis grundsätzlich unter Überschreitung der im Innenverhältnis gezogenen Grenzen handeln. Bezogen auf das obige Beispiel kann sich ein Geschäftsführer also grundsätzlich in der Gesellschafterversammlung seiner GmbH entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen der Kommanditisten wirksam bestellen. (3) Begrenzung durch die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht? Ausnahmsweise könnte die Stimmabgabe als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung aber entsprechend der Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam sein. In Betracht käme nach den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht einerseits die sich aus einer Sittenwidrigkeit ergebende Nichtigkeit nach §§ 138, 826 BGB. Andererseits könnte die Willenserklärung auch nach § 177 BGB schwebend unwirksam sein. Jedenfalls müssten für beide Rechtsfolgen die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht einschlägig sein. (a) Tatbestand des Missbrauchs der Vertretungsmacht Ein Missbrauch der Vertretungsmacht liegt vor, wenn der Vertreter im Außenverhältnis mit Geschäftspartnern im Rahmen seiner Vertretungsmacht handelt, der Vertretungsmacht im Innenverhältnis allerdings engere Grenzen gesetzt wurden und der Vertreter diese Grenzen im Außenverhältnis damit überschreitet. Wäre die Vertretungsmacht der Komplementär GmbH im Innenverhältnis tatsächlich, wie oben ausgeführt, beschränkt worden, unterläge sie im Innenverhältnis engeren Grenzen als im Außenverhältnis. In der Gesellschafterversammlung der Komplementär GmbH würde ein Geschäftsführer in Vertretung für die GmbH bei Stimmabgabe entgegen dem erklärten Willen der Kommanditisten diese Grenzen missachten, aber im Außenverhältnis im Rahmen seiner Vertretungsmacht handeln. Dies ginge grundsätzlich zu Lasten des Vertretenen, der das Risiko des Missbrauchs der Vertretungsmacht trägt. Wegen der Missachtung des entgegenstehenden Willens könnte aber ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegen, der ausnahmsweise zur Unwirksamkeit der Willenserklärung führt. Dabei ist allerdings problematisch, dass die Stimmabgabe eine einseitige Willenserklärung darstellt. Der Missbrauch der Vertretungsmacht wird als Ausfluss der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB in der Literatur aber nur im Zusammenhang mit der Vertretung gegenüber einem Dritten diskutiert. Namentlich kommt ein Missbrauch der Vertretungsmacht nur in den Fällen der Kollusion und Evidenz in Betracht. Das beruht darauf, dass der Missbrauch nicht auf Seiten des Vertreters, sondern auf Seiten des Geschäftspartners vorliegt. Missbräuchlich ist dabei, dass sich der Geschäftspartner auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft, obwohl er weiß oder zumindest hätte wissen müssen, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht im Innenverhältnis überschreitet. Der eigentlich bezweckte Schutz des Geschäftspartners entfällt damit.
Johannes Bode wurde 1988 in Sande geboren. Sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Osnabrück schloss er im Jahr 2014 als Diplomjurist erfolgreich ab. Bereits während seines Studiums sammelte der Autor theoretische Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts. Während seiner Arbeit an der Promotion konnte er diese auch praktisch im Rahmen seiner Tätigkeit für eine internationale Großkanzlei vertiefen. Seit dem Jahr 2017 ist Johannes Bode Rechtsreferendar im Bezirk des OLG Düsseldorf.
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