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- Von Auszeit und Alltag: Psychologische Untersuchung zum Erleben von Sabbaticals
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Noch bis vor wenigen Jahren kaum beachtet, scheint das Sabbatical heute in aller Munde – als Mittel zur Selbstverwirklichung, als Wunderkur gegen Lebensmüdigkeit, Stress wie Trott und die Trend-Diagnose Burnout. Als Selbstbehandlung verspricht es klassische Hilfsangebote wie Kuraufenthalte oder Psychotherapie überflüssig zu machen. Eine Heilung oder Persönlichkeitsveränderung soll auch alleine innerhalb weniger Monate vollbracht werden können – und Abenteuer mit sich bringen. Das Versprechen ist bestechend. Unklar bleibt jedoch, wie ein Sabbatical die erhofften Wunder vollbringen soll. Die vorliegende Untersuchung rückt dieses Wie in den Blick. Über Tiefeninterviews und psychologisch-morphologische Beschreibung widmet sie sich retrospektiv der Aus-Zeit selbst sowie dem Alltagserleben vor und nach der arbeitsfreien Zeit. Ziel dabei ist es, die auftretenden seelischen Prozesse detailliert zu beschreiben und so zu verstehen. Darauf aufbauend soll eine Idee von potentiellen Nutzen und Komplikationen des Sabbaticals gewonnen werden. Nicht zuletzt möchte dieses Buch Interessierten bei der Entscheidung für oder gegen ein Sabbatical und für die Gestaltung von Auszeiten Hinweise bieten.
Textprobe: Kapitel 2.2.3, Beschreibung als Verfahren: Die Morphologie arbeitet mit der Beschreibung als Methode und macht sich dafür die alltägliche Neigung des Menschen zur Beschreibung zu Nutze. Seelisches hat die Tendenz, sich selber verstehen zu wollen, und verpackt sein Verständnis der Wirklichkeit so in Geschichten, mit denen es versucht, Ordnungen zu schaffen und den Dingen eine Form zu geben. Widersprüche werden dabei herausgeglättet, um eine stimmige Geschichte produzieren zu können. Auch in unserer Kultur als Ganzes werden Geschichten entwickelt, wie beispielsweise die ‚Geschichte’ der Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung, welche bestimmte Ereignisse und Wendepunkte als zentral hervorhebt. Die Erzählung ist dabei nie bloß ‚objektive’ Darstellung des Geschehens, sondern immer gleichzeitig Interpretation, denn sie hebt einzelne Aspekte hervor, während sie andere, die nicht ins stimmige Bild passen, vernachlässigt. Die wissenschaftliche Beschreibung als Verfahren geht über diese alltägliche Beschreibung hinaus, denn sie gibt sich nicht mit den oberflächlich stimmigen Versionen der Geschichten zufrieden. Sie versucht das vollständige Bild mitsamt der ihm inhärenten Komplexität, der Paradoxien, Widersprüche und unbewussten Faktoren zu erfassen und abzubilden. Der Forscher möchte polarisierende Qualitäten herausheben und erfassen, wie sich die einzelnen Glieder im Rahmen des Ganzen zueinander verhalten. Die Morphologie geht dabei von einem Spannungsfeld aus, innerhalb dessen sich das Seelische ausbildet. Es bleibt zu beachten, dass auch die psychologische Beschreibung keine ‚objektive’ Aufnahme der Wirklichkeit darstellt, sondern durch deutende Bearbeitung dieser entsteht. Die Forschungsinstrumente der morphologischen Psychologie sind dabei das Erlebensprotokoll, das Tiefeninterview und die vereinheitlichende Beschreibung. Das Erlebensprotokoll dient dazu, den subjektiven Zugang des Forschenden zum Gegenstand offenzulegen und so einen ersten Überblick über das Phänomen zu erhalten sowie eigene Befangenheiten zu identifizieren (Vgl. Fitzek, 2010). Das Tiefeninterview ist ein etwa zweistündiger 'lebendige[r] und in hohem Maße situative[r] Gestaltungs- und Produktionsprozess' (Schulte, 1998, 2). Die Interviewpartner werden dazu animiert, ihr alltägliches Erleben und Verhalten in Bezug auf den Gegenstand möglichst konkret, anschaulich und ausführlich zu beschreiben. Der Interviewer lässt sich dabei flexibel auf die Themen und Komplexe des Gegenstandes ein, die im Interview angesprochen werden. Der Leitfaden soll nunmehr als Orientierung über die mutmaßlich relevanten Themenkomplexe dienen und ‚lernt’ während der Interviews dazu (ebd.). Um an das vollständige Bild des Gegenstandes zu gelangen, muss der Interviewer versuchen, die geglätteten Erzählungen durch dehnen, belasten, spiegeln, verrücken und zuspitzen zu durchbrechen. Die unbewussten und vernachlässigten Aspekte des Bildes zeigen sich oft nur beiläufig am Rande. Im Rahmen der Analyse des Gegenstandes werden die Interviews dann in der vereinheitlichenden Beschreibung in Bezug auf überdauernde Effekte, die aufgefundenen Tendenzen und Wirkfaktoren zusammengefasst (Vgl. Fitzek, 2010). Der Auswertungsprozess als Ganzes ist von vornherein bestimmt durch konstruktivistische Momente im Beschreiben des Forschers, löst sich jedoch nie vom konkreten Material der Alltagsgeschichte, ist von Beginn an offen für Eindrücke und bleibt bis zum Schluss offen für Veränderungen und Adjustierungen. Durch ein hermeneutisches Vorgehen, einen spiralförmigen Wechsel zwischen den Ebenen der Erhebung, Erfahrung und Erkenntnis gelangt die morphologische Psychologie zum wissenschaftlichen Ergebnis. Erhebung und Auswertung sind somit nicht voneinander trennbar (ebd.). 3, Vorgehen im Untersuchungsprozess: 3.1, Versionengang: Die Gegenstandsbildung nach der Methode der morphologischen Psychologie erfolgt über alle untersuchten Gegenstände bzw. Wirkungseinheiten hinweg über die immer gleichen vier Wendungen und ‚Versionen’ der Beschreibung, die so auch in dieser Untersuchung Anwendung finden: Gestaltlogik, Gestalttransformation, Gestaltkonstruktion und Gestaltparadoxie. In der ersten Version, genannt Gestaltlogik, wird ein übergreifendes Sinnbild beschrieben, das sich latent, jedoch bestimmend durch die verschiedenen Formen des Erlebens zieht. Diese Grundqualität soll den weiten phänomenalen Horizont der Ausdrucksformen bereits widerspiegeln und so in einem Bild die volle Breite des Gegenstands erahnbar machen (Vgl. Fitzek, 2010). In der zweiten Beschreibungsversion, der sog. Gestalttransformation, wird das Material vertiefend betrachtet in Hinblick auf die dominanten Wirkungstendenzen, -richtungen und -züge, welche die Gestaltenbildung bestimmen. Was ergänzt sich, was widerspricht sich und sorgt somit für Umwandlungen? Es wird dabei nach Salber von sechs Gestaltbedingungen ausgegangen, welche in einem Hexagramm dargestellt werden können. So ergibt sich das Spannungsfeld, innerhalb dessen sich das Seelische entfaltet, aus drei gegenläufigen Wirkungstendenzen.
Rajana Kersten studierte Psychologie in Köln und Australien. Ihr Interesse an Gesundheitspsychologie, Work-Life-Balance und der ausgebrannten Gesellschaft sowie eigene Auslandsaufenthalte veranlassten sie zur Durchführung der vorliegenden Untersuchung.
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