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Psychologie


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 180
Abb.: 32
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Abläufe im Gehirn eines Menschen während eines therapeutischen Prozesses lassen sich mittlerweile neurowissenschaftlich nachweisen. Sinn und Zweck des vorliegenden Buches ist es, diese Erkenntnisse aus der Gehirnforschung für therapeutische Prozesse aufzubereiten und insbesondere die Vorgehensweise in Focusing zu untersuchen. Dabei werden folgende Fragen näher beleuchtet: Welche Rolle spielt unser Selbstbewusstsein in Veränderungsprozessen? Welche Rolle spielt die Intuition des Therapeuten? Welche Methoden helfen aus neurobiologischer Sicht, Veränderungen von Klienten zu unterstützen? Wie können Therapeuten Veränderungsprozesse durch kontrollierte Stressreaktionen anstoßen? Welche Rolle spielt dabei das Konzept des Freiraums? Welche Rolle spielt die Wahrnehmung von Klienten als erstem Zugang in einem therapeutischen Prozess? Was sollten Therapeuten über die Entstehung von Gefühlen und Motiven wissen, um Klienten besser zu verstehen und sich intuitiver einfühlen zu können? Und welche Rolle spielen dabei unsere Spiegelneuronen?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5, Mentale Simulationen: Das, was Focusing im Kern ausmacht, ist eine mentale Simulation. Dabei wirken mental durchdachte Prozesse, als ob sie tatsächlich erlebt worden wären. Damit finden im Rahmen des therapeutischen Prozesses Bahnungen im Gehirn statt, die eine spätere Umsetzung der erarbeiteten Pläne immens erleichtern. Auch hier spielt unsere bisherige Erfahrung eine große Rolle, da erst dadurch die Folgen einer Handlung realistisch vorausgedacht werden. Allgemein ist dieses Verhalten von Sportlern als Mentaltraining, zum Beispiel von Hochspringern, die kurz vor dem Sprung ihre Schritte mental durchgehen und dabei ganz real die verschiedenen Bewegungen andeuten. Das innere Empfinden wird äußerlich unterstützt, und wirkt sich damit wiederum auf das Innere aus. Dazu schließen sie ihre Augen, um den Druck von außen zu verringern. Damit bereitet sich der Geist auf mögliche Hindernisse (Gegenwind) vor und aktiviert seine körperlichen und kognitiven Ressourcen. Die Neugier steigt. Ein Rückschritt erscheint weniger wahrscheinlich, als wenn 'nur' darüber geredet wurde. Oftmals fühlen sich solche Mentalreisen (Kinder nennen es Phantasiereisen) an, als ob das Erlebnis tatsächlich stattgefunden hätte. Im Sinne des Priming-Prinzips fand eine Bahnung statt. Wenn das Erlebnis oder entsprechende Auslösereize in der Realität tatsächlich stattfinden, wird es dem Klienten leichter fallen, angemessen zu reagieren. Wenn wir das Gefühl haben, neue Wege zu entdecken oder eine Situation zu meistern, wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet. Damit sorgen mentale Simulationen für einen immensen Motivationsruck, alleine dadurch, dass eine Situation in den Gedanken und im Körper bereits vorweggenommen wird. Bestenfalls steuern wir so auf eine sich selbsterfüllende Prophezeiung zu. Dabei aktivieren wir auch unsere emotionale Bereitschaft. Der Valins-Effekt besagt, dass eine Emotion nicht nur von innen erlebt werden muss. Sie kann auch durch eine 'künstliche' Information von außen angeregt werden, um im Körper zu einer echten Emotion werden. So wie auch Mimiken oder Körperhaltungen nachweislich nach innen wirken. In dem großartigen Buch 'Natürliche Entscheidungsprozesse' von Gary Klein wird Focusing mit keinem Wort erwähnt. Dennoch spiegelt das, was er aufgrund einer Vielzahl an Interviews mit Hebammen, Ärzten, Soldaten, Feuerwehrleuten oder Piloten herausfand genau das wieder, was Focusing in seinem Kern ausmacht: Ein Mensch simuliert eine Entscheidungssituation und aktiviert so seinen gesamten Körper, um sich vorzustellen, wie die spätere Situation ausgehen wird. Klein fand heraus, dass erfahrene Entscheider sich auf das Wesentliche fokussieren. Das Wesentliche, das letztlich nur ein anderes Wort für den Felt Sense oder unsere Intuition ist. Alles andere bleibt außen vor. Dadurch wirken sie fehlenden, falschen, unzuverlässigen, mehrdeutigen, widersprüchlichen oder zu komplexen Informationen entgegen. In dem Moment, indem Entscheider einen Handlungsbedarf feststellen, ist es gerade in komplexen Handlungsabläufen sinnvoll, mögliche Handlungen vorweg im Kopf durchzuspielen. Visualisierungsexperten vollführen ein solches Vorweg-Nehmen in maximal sieben Stationen für einen Weg. Das heißt, es werden keine Wege miteinander verglichen. Andernfalls wäre die Überschaubarkeit gefährdet. Wir befinden uns damit nicht mehr in einer Wenn-Dann-Regel, sondern in einer Wenn-mal-x-Dann-mal-x-Regel. Doch auch hier werden die Abläufe nicht komplett vorausberechnet. Vielmehr gehen Entscheider, wie Sie Gary Klein beschreibt, ähnlich einer Heuristik, immer einen Schritt (Dann Nr. 1), um zu sehen, ob der Schritt funktioniert und anschließend einen weiteren Schritt (Dann Nr. 2) und so weiter. Damit passen Sie im Geiste ihre Schritte jederzeit an die vorherrschenden Umweltbedingungen an. Letztlich läuft hier genau dasselbe ab, wie wir schon im vorhergehenden Kapitel in der Prozessordnung hatten. Ein Feuerwehrmann steht in einem brennenden Haus und befragt seine Intuition und Systemische Intuition: Kann ich diese Treppe noch hochgehen? Sobald er die Treppe Stufe für Stufe mental (oder tatsächlich) genommen hat, geht er im Geist den nächsten Schritt und befragt wieder seine Intuition: Rechts oder links? Wird das Gerüst noch halten? Und so weiter. Satisficer und Maximierer: Für jeden einzelnen Schritt lässt sich das Prinzip des Satisficing des Nobelpreisträgers Herbert Simon anwenden. Anstatt mehrere Wege parallel zu durchdenken und die beste Möglichkeit zu nehmen (Optimizing), wird die erstbeste nach bestimmten Kriterien passende Möglichkeit ausgewählt. Die Vorteile sind mannigfaltig: Wir sind schnell handlungsfähig, da wir nicht lange überlegen, welche Option die optimalste ist. Stattdessen stellen wir bestimmte Kriterien auf (Hält die Treppe?), um bei einem Ja einen Schritt weiterzugehen oder bei einem Nein einen anderen Weg zu suchen. Da es nach jedem Schritt mehrere Möglichkeiten gibt, kommen wir während der Simulation auf neue Kombinationen, die uns bisher nicht bewusst waren. Wie in einem Computer-Spiel sehen wir, ob sie funktionieren und probieren sie schließlich in der Realität aus. Wir testen in Gedanken bisher nicht gekannte Möglichkeiten und proben sie so für den Ernstfall. Damit können auch Fehler vor-sichtig voraus gesehen werden. Meist wird auch nach langem Vergleichen wieder auf die erste Idee zurückgegriffen. Die erstbeste Möglichkeit – nicht die erste, sondern die erst-beste! – ist vermutlich auch die intuitivste. Wie wir bereits gesehen haben, muss das nicht so sein, kann aber. Wir lassen uns durch alternative Möglichkeiten nicht ablenken, sondern konzentrieren uns auf den ausgewählten Weg. Dadurch entsteht zum einen eine stärkere Fokussierung. Zum anderen dämmen wir damit die Möglichkeit eines Nachentscheidungskonflikts ein. Wenn Sie Kriterien aufstellen, um Restaurant ein Gericht zu bestellen, mit dem Sie anschließend befriedigt sein werden (satisficed), stellen Sie damit Ihren Fokus auf genau diese Kriterien ein und klappen beim ersten passenden Gericht die Karte wieder zu. Gerd Gigerenzer stellte fest, dass es für kluge und glücklich machende Entscheidungen ausreicht, wenn wir uns einige wenige Entscheidungskriterien heraussuchen und die unwesentlichen vernachlässigen. Er nennt dies die Take-the-Best-Regel. Für Therapien bedeutet dies, nicht auf den oberflächlichen Kriterien sitzen zu bleiben, sondern bei den wenigen, um die es wirklich geht, in die Tiefe gehen. Dadurch reduzieren wir die Wahl auf die für den Klienten wesentlichen Themen und erhöhen so die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses. Verbunden mit unserem Wissen über die Fortsetzungsordnung lässt sich festhalten, dass mentale Simulationen Schritt für Schritt im Geiste beziehungsweise Körper eine Situation vorwegnehmen, um deren Folgen in all ihren Facetten und unter Rückgriff auf unsere Erfahrungen zu durchleben. 6, Mit Spiegelneuronen in das Gehirn des Klienten blicken: Das Einfühlen in die Welt des Klienten unter Bezugnahme auf Resonanzphänomene wird sehr anschaulich in Joachim Bauers Buch ‘Warum ich fühle, was du fühlst’ beschrieben. Er beschreibt Spiegelneuronen aufgrund ihrer Brückenfunktion als ergänzende Informationen, um einen therapeutischen Prozess zu vervollständigen. Erst durch das Einbringen dieser Inhalte durch den Response des Therapeuten werden Klienten, insbesondere diejenigen, denen der Zugang zu ihrer inneren Welt fehlt befähigt, diesen wieder zu finden. Spiegelneurone repräsentieren die gleichen Gefühle in uns, die wir bei anderen beobachten. Dies kann von einem ausgelösten Verhalten (zum Beispiel Gähnen) bis zur vollführten Handlung führen. Dabei spiegeln unsere Spiegelneuronen nicht einfach das Verhalten anderer, sondern die Motorik anderer, an der, Sie ahnen es, eine ganze Welt an Emotionen hängt. Damit können wir das Empfinden und mögliche zukünftige Verhalten unseres Gegenübers über dessen Motorik erahnen und so eine Brücke zwischen uns und unserem Gegenüber bauen. Unsere Spiegelneuronen sorgen dafür, dass eine Person einen Schmerz nicht selbst erfahren muss, um ihn zu empfinden, beziehungsweise die entsprechenden Zentren im Gehirn zu aktivieren: Es reicht, wenn sie eine andere Person sieht, der ein Schmerz zugefügt wird. Sie versetzt sich dann in die Lage dieser Person und spürt nach, was sie an deren Stelle empfinden würde. Gleiches gilt für Lachen, Trauer, Angst, Trägheit oder auch Wut. Damit wird klar, wie schnell es zu Übertragungsphänomenen in Therapien kommen kann, wenn der Therapeut seinen Freiraum verliert. Damit meine ich nicht die psychoanalytischen Übertragungen, in denen Klienten den Therapeuten für ihren Vater halten, sondern 1:1-Übertragungen, in denen sich zum Beispiel die Trauer des Klienten auf den Therapeuten überträgt. 6.1, Empathiefähigkeit: Eine Grundbedingung therapeutischer Arbeit ist die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen – letzten Endes im Begriff der Empathie zusammengefasst. Empathie befähigt Sie, in einer Situation intuitiv zu verstehen, was andere denken oder besser, was sie für ein Gefühl haben zu dem was sie sagen. Was heißt es, sich in andere hineinzuversetzen? Sie befinden sich in einem Zustand interesseloser Neugier ... und sind frei von Vorurteilen und Zwängen. Wahrgenommenes wird unsortiert aufgenommen. Es wird noch nicht nach Brauchbarkeit oder Wichtigkeit unterschieden – wie von einem Beobachter, der selbst nicht involviert ist. Dadurch werden möglichst viele Details gleichberechtigt abgespeichert und erst später sinnvoll verknüpft. Achten Sie auf die Körperphänomene Ihres Gegenübers. Docken Sie mit Ihrem Körper an die fremden Körperbewegungen an. Machen Sie Mimiken, Gesten und Regungen nach, um sich auf Ihr Gegenüber einzustimmen. Das ganze sollte jedoch sehr transparent geschehen, um Ihr Gegenüber nicht zu verunsichern. Einleitende Worte dazu können lauten: ‚Wenn Sie die Faust so ballen ..., was empfinden Sie dann dabei?‘ Achten Sie auf die Sätze Ihres Gegenübers. Wo setzt er seine Betonungen? Wie ist der Tonfall? Was ist ihm wichtig? Eignen Sie sich eine eigene reichhaltige Gefühlswelt an, um die äußere Welt im inneren Spiegel wahrzunehmen und somatische Marker von anderen intern zu spüren. Dass Resonanzen9 ein wichtiges Element in Therapien darstellt, steht außer Frage. Sowohl Therapeut als auch Klient brauchen einen guten Freiraum, um in Resonanz gehen zu können. Diesem Thema beziehungsweise dem Umgang mit Stress widme ich mich auch noch. 6.2, Eine Theorie of Mind: Ein emphatisches Mitschwingen mit dem Gegenüber ist die eine Sache. Dennoch bleiben manche Lücken offen, die über eine gute Theorie über die (vermutlichen) Absichten des Klienten geschlossen werden können. Solche Theorien helfen Therapeuten, genauer hinzusehen und so das Wesentliche zu erkennen. Um sich ein Bild von seinem Gegenüber zu machen, spielt die sogenannte Theorie of Mind eine wichtige Rolle. Hinter jedem Gedanken, jedem Gefühl und jeder Handlung steht eine Intention, eine bewusste oder unbewusste Absicht. Wenn ich eine Theorie of Mind von einer anderen Person entwickle, mache ich mir Gedanken darüber, was diese Person vermutlich als nächstes tun wird. Die Theorie of Mind stellt letztlich die Frage: Wofür macht jemand etwas? Warum macht er genau das und nicht etwas anderes? Dabei helfen uns oftmals Alltagstheorien, um zu einer schnellen Einschätzung zu kommen. Eine dieser Theorien ist Ockhams Rasiermesser: Von mehreren möglichen Erklärungen ein und desselben Sachverhalts ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen. Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält, die in klaren logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt. Das spannende an solchen Alltagsweisheiten ist die Tatsache, dass sie durchaus in der Lage sind mit komplexen Theorien mitzuhalten. Wie Makridakis et al. belegen, sagen einfache Theorien die Zukunft meist treffender vorher als komplexe Analysen. Sie verzetteln sich nicht in Nebensächlichkeiten und konzentrieren sich auf das Wesentliche. Insofern besitzen auch folgende Alltagstheorien durchaus eine Existenzberechtigung neben streng wissenschaftlichen Erkenntnissen: Männer müssen den Weg im Urlaub mit Hilfe von Landkarten selber finden. Frauen nehmen gern Kontakt zur Urbevölkerung auf. Männer erzählen zielgerichteter. Frauen emotionaler. Männer überschätzen sich eher. Frauen unterschätzen sich eher. Die meisten Menschen schätzen mögliche Verluste höher ein als Gewinne. Die meisten Menschen tendieren dazu, das auszusuchen, was sie kennen und wo es Vergleiche gibt. Die meisten Menschen tendieren dazu, nicht aus der Reihe zu tanzen (Herdentrieb). Die meisten Menschen haben mehr Angst vor unkontrollierbaren Situationen und den drohenden Katastrophen (Flugzeugabsturz, Terrorismus), und überschätzen ihre eigene Kontrolle bei Autounfällen. Dabei gilt: Statistiken gelten niemals zu 100%. Sie spiegeln immer nur Tendenzen wieder. Andernfalls befinden wir uns im Bereich des Vorurteils, das sich niemals falsifiziert, sondern immer nur verifiziert und damit selbst bestätigt. Deshalb braucht es das eigene Empfinden mit der Rückversicherung durch unsere Spiegelneuronen. So können wir unsere Wahrnehmung, Alltagstheorien und wissenschaftliche Erkenntnisse, zum Beispiel aus der Motivationsforschung, immer wieder mit unserem eigenen Empfinden vergleichen, um auf ein stimmiges Bild zu kommen. 6.3, Motive und Absichten: Dass sich die Erfüllung verschiedener Motive und Interessen in unserem Gehirn ablichten, ist keine bahnbrechende Neuheit. Spannend wird es, wenn wir diese verschiedenen Motive zueinander in Beziehung setzen. Dabei spielen drei zentrale Motive eine Rolle in unserem Gehirn: Durchsetzung, Neugier und Ausgleich. Dieser Dreiklang ermöglicht es uns, uns immer wieder zu aktualisieren und in der Gesellschaft zu verorten.

Über den Autor

Nach dem Studium der Diplom-Pädagogik und einigen Jahren bei einem Non-Profit-Unternehmen machte Michael Hübler sich 2006 als Trainer und Coach selbstständig. Er verfügt u.a. über mehrere Coachingausbildungen (Focusing, Systemisch). In seinen Trainings legt er großen Wert auf die Vereinbarkeit von Humor und Wissenschaftlichkeit. Zu seinen Auftraggebern zählen Verwaltungen, Banken, soziale Einrichtungen, Kliniken, Universitäten und börsennotierte Unternehmen. Er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in Fürth.

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