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- Schizophrenie: Beziehungsgestaltung zu Menschen mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Dieses Buch untersucht einige ausgewählte theoretische Ansätze und Konzepte aus der psychiatrischen und psychosozialen Praxis auf Hinweise für eine hilfreiche Beziehungsgestaltung zu Menschen mit schizophrenen Störungen. Das besondere Interesse gilt dabei der Frage, wie das sozialarbeiterische Handeln ausfallen sollte, damit es dem Betroffenen möglichst gerecht wird. Um sich diesem Ziel zu nähern, bedarf es zunächst einer Darstellung des klinischen Störungsbildes. Die Charakteristika der Schizophrenie werden erläutert und diejenigen Aspekte betont, die eine wichtige theoretische Grundlage in der Arbeit mit schizophren erkrankten Menschen darstellen. Im Anschluss wird zur Erweiterung des Schizophrenieverständnisses mit dem Trialog die Betroffenenperspektive in den Fokus gerückt. Aus der Gegenüberstellung der Idee des Trialogs und der herkömmlichen Psychiatriekultur sollen konkrete Anhaltspunkte für eine angemessene Grundhaltung gewonnen werden. Diese werden anschließend mit dem professionellen Selbstverständnis des Sozialarbeiters in Bezug gesetzt. Das Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Kompetenz-Modell eröffnet den handlungsbezogenen Teil dieser Studie und stellt hierfür die theoretische Grundlage dar. Mit der Darstellung des Netzwerk-Konzepts sowie des Coping-Konzepts wird die ausführliche Betrachtung der wichtigsten individuellen und psychosozialen Einflussfaktoren im schizophrenen Geschehen verbunden. Aus Sicht der Sozialarbeit lassen sich daraus Ansatzpunkte zur Unterstützung und Intervention ableiten.
Textprobe: Kapitel 6, Schützende und belastende Aspekte der sozialen Umwelt: Das Konzept des Sozialen Netzwerks: Das Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Kompetenz-Modell misst Umwelteinflüssen sowohl eine potenzierende und belastende, als auch eine protektive Funktion bei. Aus diesem Grund ist es unverzichtbar, sich der unmittelbaren sozialen Umwelt – dem Sozialen Netzwerk - eines an Schizophrenie leidenden Menschen genauestens zuzuwenden. Im Zentrum stehen dabei u. a. Fragen nach folgendem Zuschnitt: - Welche Schutzfaktoren hält das Soziale Netzwerk bereit? - Wie sind Soziale Netzwerke von an Schizophrenie erkrankten Menschen beschaffen? - Welche belastenden, pathogenen Faktoren können in Sozialen Netzwerken zur Wirkung kommen? - Welche Konsequenzen ergeben sich aus den theoretischen und empirischen Erkenntnissen für das sozialarbeiterische Handeln? Begriffsklärung: Allgemein betrachtet bezeichnet ein Soziales Netzwerk die Geflechte sozialer Beziehungen zwischen einer bestimmten Anzahl von Menschen. Entsprechend der Metapher des ‘Netzes’ können die Individuen als Knotenpunkte und die unterschiedlichen Formen des Austauschs zwischen den Individuen als Verbindungsstränge zwischen den Knoten verstanden werden. ‘Wenn man die Verbindungslinien zwischen einzelnen Personen weit genug verfolgen könnte, so würde sich vielleicht herausstellen, dass jeder mit jedem indirekt über eine große Zahl von Mittlerpersonen verbunden ist’. Dieses Faktum macht im Hinblick auf die Erforschung eines Netzwerkes eine weitere Eingrenzung des Begriffes notwendig. LAIREITER schlägt vor, über die Ebene der Begriffserklärung hinaus auf weiteren Ebenen eine Präzisierung vorzunehmen. So gilt es z. B. festzulegen, ob das Referenzobjekt ein Einzelindividuum oder eine soziale Gruppe ist, und welche Dimensionen, sowie welcher Umfang des Netzes betrachtet werden sollen. Die Erhebung eines totalen Netzwerkes, in der Literatur wegen seiner Grenzenlosigkeit auch oft als Beziehungsuniversum bezeichnet, ist im Grunde unmöglich. Es würde den Forscher überfordern und bringt in der Regel kaum Erkenntnisgewinn. Folglich werden in der Regel nur Teilausschnitte, sog. partiale Netzwerke auf der Mikro- und/oder der Mesosystemebene erforscht. Das psychologische, medizinische und in diesem Fall auch sozialarbeiterische Augenmerk richtet sich vermehrt auf das egozentrierte oder auch persönliche Netzwerk. Es handelt sich dabei um das Beziehungsgefüge eines Menschen, dass je nach Erkenntnisinteresse und Operationalisierung die Sektoren Ehe, Familie, Verwandtschaft, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, Nachbarn, professionelle Helfer etc. umfasst. In diesem Sinne wird der Begriff ‘Soziales Netzwerk’ auch in der weiteren Arbeit verwendet. Das Netzwerkkonzept in der psychosozialen Praxis: Im Kontext von Psychiatrie bzw. psychosozialer Praxis dient das Netzwerkkonzept der Erfassung des Beziehungsgefüges eines psychisch erkrankten Menschen, um anschließend Charakteristika des Netzes aufzudecken und mit Merkmalen der fokalen Person in Beziehung zu setzen. Hintergrund des Interesses an Sozialen Netzwerken sind die möglichen Auswirkungen (vgl. Kapitel 6.4) sozialer Beziehungen auf den Krankheitsverlauf und die Erkrankungsprognose der betrachteten Person. Aus der Netzwerkanalyse ergeben sich z. B. Hinweise auf einen Mangel an adäquater Sozialer Unterstützung und somit auch Ansatzpunkte für konkrete Hilfen und Interventionen. Gründe für die allgemeine Relevanz des Netzwerkkonzepts in der Sozialarbeit sieht NESTMANN in den Bereichen der theoretischen Potenziale des Konzepts, sowie im Bereich seiner praktischen handlungsleitenden Qualitäten. Mit dem Netzwerkkonzept wird den Tatsachen Rechnung getragen, dass, wie zahlreiche internationale sozialepidemiologische Studien beweisen, bis zu drei Viertel aller Krankheitsepisoden und Belastungskonstellationen im alltäglichen sozialen Umfeld und ohne Inanspruchnahme professioneller Hilfe bewältigt werden. Grundsätzlich sieht NESTMANN in einer netzwerkorientierten und auf Netzwerkförderung gerichteten Praxis die Möglichkeit reduktionistischen Individualismus und Familialismus in der Praxis zu überwinden und entferntere soziale Strukturen in Diagnose und Intervention mit einzubeziehen. Aus diesen Gründen ist das Netzwerkkonzept mittlerweile unentbehrlicher Bestandteil im Rahmen von Empowermentprozessen und der Lebensweltorientierung und wird in der gesamten Selbsthilfedebatte thematisiert. Insgesamt wurde mit dem Konzept des Sozialen Netzwerks also keine Theorie sozialer Systeme eingeführt. Man versteht hierunter vielmehr ein offenes Instrument zur Analyse sozialer Gefüge als Ganzes, und eine Möglichkeit zur systemischen Wahrnehmung psychischer Störungen. Weiterhin umfasst das Konzept Formen der Netzwerkförderung bzw. –Intervention (vgl. Kapitel 6.8).
Thomas Röhl, geboren 1977 in Paderborn, studierte in Bochum Sozialarbeit. Seit 1999 arbeitet er mit psychisch erkrankten Menschen. 2006 wechselte er in sein Wunscharbeitsfeld, die ambulante Betreuung psychisch erkrankter Menschen. Parallel wirkt er seit fünf Jahren im Nebenberuf für einen freien Kinder-, Jugend- und Familienhilfeträger und erfüllt hier u. a. das gesamte Spektrum ambulanter Hilfen zur Erziehung.
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