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- Neuromarketing: Hirnforschung und implizite Messverfahren als Instrumente in der Marktforschung
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
‘Den Frauen soll man nicht schöne Schuhe verkaufen, sondern schöne Beine.’ Was der ‘Gründervater der Motivforschung’ Ernest Dichter (1907 - 1991) bereits vor mehr als 50 Jahren feststellte, erhält aufgrund der Erkenntnisse des Neuromarketing wieder eine neue Bedeutung. Mit dem Ansatz des Neuromarketing wird eine junge, in der Ökonomie derzeit intensiv diskutierte Wissenschaftsdisziplin vorgestellt. Ausgangspunkt des Interesses an diesem Thema bildet das Bedürfnis nach einem besseren und umfangreicheren Verständnis des Konsumentenverhaltens. Im Verlauf der Studie wird aufgezeigt, dass Neuromarketing wesentlich mehr bedeutet als den Einsatz bildgebender Verfahren. Eine empirische Untersuchung gibt eine aktuelle Einschätzung der praktischen Relevanz von Verfahren der kognitiven Neurowissenschaften.
Textprobe: Kapitel 3, Das Konsumentenverhalten aus neurobiologischer Sicht: 3.1, Grundlegendes: Die Neurowissenschaften versuchen herauszufinden, welche Wechselwirkungen die Areale im Gehirn aufeinander haben, um so feststellen zu können, welche Abläufe sich z.B. beim Betrachten eines Werbeplakats abspielen. Zunächst soll daher der Stellenwert der Neurowissenschaft innerhalb der Ökonomie herausgearbeitet werden, um anschließend zu erläutern, was die Ökonomie, insbesondere die Marktforschung, von den Neurowissenschaften lernen kann. Im menschlichen Gehirn laufen verschiedene Denkprozesse ab, bei denen man zwischen kognitiven und affektiven sowie zwischen automatisierten und kontrollierten Prozessen unterscheiden kann. Unter automatisierten Prozessen versteht man unbewusste, mühelose Abläufe, die aufgrund ihrer Simplizität parallel ablaufen können und die unabhängig von einer Aufgabe oder einem Gefühl sind. Daher beurteilen wir beispielsweise ganz automatisch und unbewusst, ob wir das Gesicht eines anderen Menschen als attraktiv oder einen verbalen Kommentar als sarkastisch empfinden. Erst bei längerem Nachdenken kommt das kontrollierte System hinzu, das die mühelose Aussage reflektiert und mit logischen Argumenten untermauert. Kontrollierte Denkprozesse laufen bewusst ab und sind folglich das genaue Gegenteil der automatisierten Prozesse. Beim Lösen einer Mathematikaufgabe können wir beispielsweise meist genau sagen, wie wir auf die Lösung gekommen sind, indem wir unsere rationalen Denkmuster, derer wir uns bewusst sind, offenlegen. Die automatisierten und kontrollierten Denkprozesse finden in unterschiedlichen Arealen des Gehirns statt. Regionen, in denen kognitive, automatische Prozesse, wie z.B. das Autofahren, das nach einer gewissen Übungszeit völlig automatisch abläuft, auftreten, sind im oktizipalen, partialen und temporalen Assoziationscortex ansässig. Für automatisierte, affektive Reaktionen, wie z.B. das Furchtverhalten, ist die Amygdala verantwortlich. Kontrollierte Prozesse laufen hauptsächlich im präfrontalen Assoziationscortex ab. Bei affektiven Prozessen spielen Emotionen und Gefühlszustände, wie Angst, Traurigkeit oder Schmerz, eine große Rolle, während am Ende eines kognitiven Prozesses immer die Antworten ‘ja’ oder ‘nein’ bzw. ‘richtig’ oder ‘falsch’ stehen. Durch die Neurowissenschaft wurde nun bewiesen, dass bei nahezu allen Situationen im täglichen Leben alle vier Quadranten involviert sind. Diese Behauptung lässt sich am Beispiel eines Abendessens näher erläutern: Als Hauptgang wird ein Teller mit verschiedenen Sushispezialitäten serviert. Die Aufgabe des Gehirns ist es nun, festzustellen, was sich alles auf dem Teller befindet. Dieser Prozess läuft völlig automatisch und unbewusst ab. Die Optik des Sushis wird mit bereits gespeicherten Informationen verglichen, wobei es sich um eine komplexe, kognitive Leistung handelt. Diese kann das visuelle Objekt jedoch nur identifizieren, uns aber nicht fühlen lassen, ob das Sushi schmecken wird. Deshalb werden die aufgenommenen sensorischen Informationen unter dem Einfluss früherer Inhalte und anderer sensorsicher Reize, wie z.B. dem Geruch bewertet. Die Einschätzung des Sushis läuft folglich automatisch unter dem Einfluss der emotionalen Gefühlslage ab. Haben wir Hunger und mögen wir Sushi, wird unser Arm in Richtung des Tellers koordiniert und wir werden das Sushi essen. Entscheiden wir uns für das Essen, haben wir jedoch erst kürzlich einen Bericht über die Gefahren des Sushis gelesen oder greifen wir nur aus Höflichkeit zu, dann kommen kontrollierte Denkprozesse hinzu. Diese expliziten Gedankengänge beinhalten Gefühle, die maßgeblich vom limbischen System verursacht werden. Affektive Prozesse können kognitive Denkprozesse beeinflussen und stören. Auch Emotionen haben einen sehr starken Einfluss auf das Gedächtnis. Sind Menschen traurig, so tendieren sie meist dazu, sich an traurige Ereignisse zu erinnern. Ärger und Wut hingegen machen Menschen risikofreudiger, Traurigkeit schüchtert sie ein. Emotionen haben daher einen erheblichen Effekt auf das Verhalten der Menschen. 3.2, Emotionen: 3.2.1, Definition des Begriffs Emotion: Emotionen sind psychophysiologische Prozesse, welche durch bewusste oder unbewusste Wahrnehmung und Interpretation einer Situation oder eines Objekts hervorgerufen werden. Sie können sowohl beim Menschen als auch bei höheren Tierarten auftreten. Emotionen können auf zwei unterschiedliche Weisen hervorgerufen werden: in Form von direktem Erleben durch eine Reizaufnahme, z.B. ein visueller oder auditiver Reiz oder durch Erinnerungen aus bereits vergangenen Ereignissen in Form einer bereits gespeicherten Reizaufnahme aus der Vergangenheit. Durch Emotionen kommt es zu einer Veränderung der physiologischen Körperzustände, welche als sog. somatische Zustände bezeichnet werden. Darunter fallen z.B. Änderungen des Herzschlags oder spezifisches Verhalten, wie Frieren. Daher kann man Emotionen auch als eine Ansammlung körperbezogener Reaktionen definieren. 3.2.2, Die verschiedenen Emotionsarten: Emotionen lassen sich in erstrangige, zweitrangige und drittrangige Emotionen unterteilen. Unter erstrangigen Emotionen versteht man angeborene, urtierische Emotionen, wie beispielsweise Wut, Angst oder Aufregung. Sie werden automatisch abgerufen, werden unbewusst gesteuert und erfordern keinen primären Sinnesreiz. Der Ursprung dieser Emotionsart liegt im limbischen System. Zweitrangige Emotionen werden ebenso vorwiegend implizit gesteuert, können aber auch bewusst wahrgenommen werden. Demzufolge liegen sie zwischen Unbewusstsein (erstrangige Emotionen) und Bewusstsein (drittrangige Emotionen). Sie entstehen durch eine Aktivierung des emotionalen Gedächtnisses (Amygdala), können sich aber auch selbst aktivieren, sofern ein inneres Bedürfnis besteht, wie beispielsweise die Stimmung zu heben oder zu mäßigen. Unter drittrangigen Emotionen versteht man Emotionen, die bewusst im Assoziationscortex wahrgenommen werden. Diese werden als Gefühle bezeichnet. Beispiele hierfür sind Neid, Gier, Scham oder Stolz. Emotionen und Gefühle werden im Allgemeinen als Affekte zusammengefasst. Unbewusst erlebte Affektzustände werden liminal, d.h. unterschwellig erlebt. Diese subliminale Wahrnehmung tritt immer dann in Erscheinung, wenn Umweltstimuli nicht zuerst im Assoziationscortex, sondern teilweise ungefiltert direkt in die Amygdala transportiert werden. Es kann z.B. nur schwer auf rationaler Ebene, aber dafür umso besser auf emotionaler Ebene erklärt werden, warum man sich in einen anderen Menschen verliebt oder warum sich ein Hochschulprofessor beim Autokauf für den gelben, anstatt des roten Ferrari entscheidet. Unbewusste und bewusste Informationen werden dabei innerhalb des Arbeitsgedächtnisses im präfrontalen Cortex miteinander verknüpft. Sowohl bewusste als auch unbewusste Emotionen haben daher einen erheblichen Einfluss auf das menschliche Verhalten. Man kann z.B. bewusst auf emotionale Erinnerungen zurückgreifen, um die derzeitige Stimmung zu steigern, indem man sich an regnerischen Tagen an den vergangenen Sommerurlaub erinnert. Des Weiteren können Emotionen aber auch unser Verhalten steuern, indem sie uns z.B. veranlassen, Dinge zu tun, die mit positiven Assoziationen im Gedächtnis verbunden sind. Dieser Einfluss der Emotionen auf das menschliche Verhalten soll im folgenden Kapitel näher erläutert werden. 3.2.3, Die Somatic Marker Hypothesis (SMH): Bereits im vorangegangenen Abschnitt wurde auf die Emotionsdefinition eingegangen und von somatischen Zuständen gesprochen. Letztere sollen im Folgenden näher erläutert werden. Somatische Zustände können auf zwei Weisen hervorgerufen werden: zum einen durch primäre Auslöser, den sog. Primary Inducers (PI) und zum anderen durch sekundäre Auslöser, den sog. Secundary Inducers (SI). Primary Inducers sind angeborene oder erlernte Stimuli, die sowohl angenehme als auch unangenehme Zustände auslösen können. Dabei kommt es zu automatischen, unfreiwilligen somatischen Reaktionen. Nach mindestens einmaligem Erleben eines somatischen Zustands wird ein Muster für diesen angelegt. Ein weiterer Stimulus, der Gedanken oder Erinnerungen an den PI auslöst, fungiert dann als ein SI. Der Anblick einer Raubkatze löst beispielsweise Angst aus, während der Gewinn eines Lottopreises für Freude sorgt. Secundary Inducers führen durch die Erinnerung an ein persönliches oder an ein hypothetisch emotionales Ereignis zu einem somatischen Zustand. Dies können sowohl Gedanken als auch Erinnerungen an den Primary Inducer sein. Diese Erinnerungen werden im Langzeitgedächtnis gespeichert und bei Erinnerung an den PI in das Arbeitsgedächtnis transportiert. Folglich ist die Entwicklung eines SI von der vorangegangenen Entwicklung eines PI abhängig. Weiß man z.B. durch primäre Erfahrungen nicht, dass das Berühren einer heißen Herdplatte Schmerzen verursacht, so wird eine hypothetische Erinnerung daran keine Emotionen auslösen. Die Verarbeitung von PI und SI kann aufgrund desselben Stimulus auch gleichzeitig erfolgen. Der Anblick eines Babys mit Gehirntumor führt beispielsweise zu einer automatischen, emotionalen Reaktion, bei der das Baby und der Tumor als PI fungieren. Gleichzeitig führt der Anblick des Babys aber auch zu Erinnerungen und Emotionen aus der eigenen Kindheit. Diese Erinnerung stellt die Wirkung auf den Anblick des Babys dar und fungiert als SI. Die Gesamtsituation wird anhand von PI und SI bewertet und eine entsprechende Reaktion ausgelöst. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass somatische Zustandssignale, sprich Emotionen, den Inhalt des Arbeitsgedächtnisses beeinflussen. Dieser Einfluss unterstützt die Bekräftigung oder Ablehnung von Objekten oder Optionen, d.h. SIs, die während einer Entscheidung in das Arbeitsgedächtnis geladen werden. Demzufolge beeinflussen somatische Zustände, die auf Emotionen basieren, Optionen und Handlungspläne beträchtlich. Außerdem wirken sich jene Zustände auf Aktivitäten in Regionen aus, die mit einer motorischen Reaktion bzw. einer Verhaltensreaktion in Verbindung stehen. Diese beeinflussende Wirkung wird durch die Freisetzung von Neurotransmittern verursacht. Das allgemein bekannte ‘Bauchgefühl’ kann somit durch die SMH neurobiologisch belegt werden.
Ute Günther wurde 1985 in Freudenstadt geboren. Ihr Studium der Betriebswirtschaft/ Markt- und Kommunikationsforschung an der Hochschule Pforzheim schloss die Autorin im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad der Diplom Betriebswirtin erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen im Marketing, die sie motivierten, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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