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- Laryngektomie: Selbsthilfegruppen für Kehlkopflose und ihre Bedeutung für die Rehabilitation
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 236
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Kehlkopfkrebs zählt zu den häufigsten bösartigen Tumoren in der Kopf-Hals-Region. Jährlich erkranken bundesweit ca. 3400 Menschen daran. Fällt die Diagnose Krebs muss medizinisch möglichst schnell gehandelt werden. Befindet sich der maligne Tumor in einem fortgeschrittenen Stadium, so ist eine komplette Entfernung des Larynx unumgänglich. Neben den körperlichen Veränderungen, die durch die Operation hervorgerufen werden, ist der Betroffene vor allem auch psychischen und sozialen Belastungen ausgesetzt, was eine ganzheitliche Rehabilitation erforderlich macht. Selbsthilfegruppen leisten hierbei eine wichtige Unterstützung, denn sie haben sich als Ziel gesetzt bestehende Lücken unseres gesundheitlichen Versorgungssystems zu füllen und notwendige außermedizinische Ergänzungen zu schaffen. Welchen Beitrag Selbsthilfegruppen während der Rehabilitation im Einzelnen für die Betroffenen leisten, wird in der vorliegenden Studie untersucht. Zudem soll die Frage geklärt werden, inwieweit sich die Bedeutung der Selbsthilfegruppe im Laufe der Zeit für die Mitglieder verändert hat. Zur Beantwortung dieser Fragestellungen, welche einen persönlichen Bezug der Befragten erfordern, wurde die Form eines qualitativen Interviews gewählt und ein Interview-Leitfaden erstellt. Ziel dieser Studie ist es, die rehabilitative Bedeutung der Selbsthilfegruppen von Mitgliedern zu erfragen und aufzuzeigen. Dabei werden Betroffene aus zwei unterschiedlich organisierten Selbsthilfegruppen befragt, d.h. Mitglieder aus einem Bezirksverein für Kehlkopfoperierte als Mitglied einer Selbsthilfeorganisation sowie Teilnehmer aus einer Selbsthilfegruppe einer Akutklinik, welche als professionell geleitete Gruppe fungiert.
Textprobe: Kapitel 4.3.3 Wirkungen: Die Frage nach den Wirkungen von Selbsthilfegruppen stellen sich nicht nur die Betroffenen als Teilnehmer, sondern auch skeptische Fachleute, welche sich immer noch schwer vorstellen können, dass Laien ohne fachliche Anleitung einen maßgeblichen Beitrag zu ihrer ‘eigenen Genesung und Rehabilitation oder zur Überwindung von Lebenskrisen’ beitragen können. Letzten Endes sind auch die Förderer und Finanziers an der Effektivität von Selbsthilfegruppen interessiert. Über die Wirksamkeit von Selbsthilfegruppen sind bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur sehr begrenzte wissenschaftliche Nachweise vorhanden, d.h. die Effektivität gilt als noch nicht hinreichend erwiesen. Die Schwierigkeit liegt hier in der Heterogenität der Gruppen, welche bisher zu wenig Berücksichtigung fand. Im Folgenden soll eine Übersicht zum Forschungsstand gegeben werden. Matzat sieht eine wichtige Funktion in der Gesundung. Hierbei lassen sich nach den Erfahrungen der Betroffenen und den Fachleuten, sowie unterlegt von wissenschaftlichen Untersuchungen drei Ergebnisse feststellen: - Es wurden positive Wirkungen auf den Krankheitsverlauf bzw. auf die Symptomatik festgestellt (z.B. im Suchtbereich). - Es konnten therapeutische Effekte für Mitglieder einer Selbsthilfegruppe mit neurotischen Erkrankungen und seelischen Problemen nachgewiesen werden. - Mitglieder einer Selbsthilfegruppe erlernten einen individuell günstigen Umgang mit ihrer Krankheit, was die Lebensqualität steigerte. Als eine weitere Funktion werden die Partnerschaft und die Kooperation der Selbsthilfegruppen mit den Fachleuten genannt. So werden durch die Selbsthilfegruppen viele Mitglieder kompetenter und selbstbewusster, wodurch sie den Fachleuten besser gegenübertreten können. Letztlich führt Matzat den ökonomischen Aspekt der Selbsthilfegruppen an, denn es lassen sich, im Gegensatz zu den teuren professionellen Angeboten, schon mit minimalen Beiträgen deren Arbeitsbedingungen verbessern. Somit wird erreicht, dass Betroffene ‘gesundheitsfördernde, therapeutische, rehabilitative, soziale und beraterische Leistungen ehrenamtlich bzw. eben, in Selbsthilfe’ erbringen’. Durch diese Leistungserbringung konnten in den letzten Jahren die Kosten des gesundheitlichen Versorgungssystems erheblich gesenkt werden. Trojan et al. kamen mit ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass sich positive Veränderungen in den Fähigkeiten, wie z.B. die Krankheitsbewältigung, die Kompetenzerweiterung und die soziale Aktivierung, die Verbesserung der Beziehungen, der Erwerb von Fachwissen, die Vertretung der eigenen Interessen und die sinnvolle Nutzung professioneller Dienste, ergaben. Klytta und Witz erstellten ein Review von sieben Studien zu Selbsthilfegruppen, welche Längsschnittdesign und Kontrollgruppe beinhalteten. Dabei handelte es sich um fünf Selbsthilfegruppen (für Suchtkranke, chronisch Kranke, Essgestörte, Arbeitslose und Eltern verstorbener Kinder) und zwei support groups (für chronisch Kranke und Angehörige verstorbener Krebspatienten), so genannte professionell geleitete Unterstützungsgruppen. Von den fünf Selbsthilfegruppen-Studien konnten jeweils bei den Suchtkranken, Essgestörten und chronisch Kranken positive Effekte gegenüber der Kontrollgruppe aufgezeigt werden. So stellte man bei den Suchtkranken einen signifikant geringeren Drogenkonsum fest, bei den Essgestörten Verbesserungen ihrer Störung insgesamt sowie Verbesserungen in sozialer Orientierung, psychologischer und sozialer Anpassung. Bei den chronisch Kranken zeigten sich gesundheitsrelevante Veränderungen, wie beispielsweise mehr Bewegung, weniger Rauchen oder das Knüpfen sozialer Kontakte. Von den zwei support groups war es dagegen nur die Selbsthilfegruppe für chronisch Kranke, die wesentliche Unterschiede zur Kontrollgruppe aufwies. Somit konnten bei vier von sieben Studien eine positive Wirkung nachgewiesen werden. Warum bei den Selbsthilfegruppen für Arbeitslose und Eltern verstorbener Kinder, sowie der support group für Angehörige verstorbener Krebspatienten keine positiven Auswirkungen festgestellt werden konnten, begründen die Autoren damit, dass diese Menschen sich in einer Situation befinden, die sie vielleicht als gering veränderbar betrachten. Dies lässt darauf schließen, ‘dass sich eine höhere Ausprägung der Wahrnehmung, selbst (und aktiv) etwas an dem eigenen Problem verändern zu können’, die Effektivität positiv beeinflusst. Arbeitsweise: Die große Vielfalt an Selbsthilfegruppen spiegelt sich in deren Arbeit und Gruppenaktivitäten wider. Jede Gruppe richtet sich nach den individuellen Zielen, Problemen und Fähigkeiten ihrer Mitglieder sowie der ausgewählten Gruppenstruktur und dem geographischen Einzugsbereich. Matzat unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen innen- und außenorientierten Aktivitäten. Alle Aktivitäten, welche sich auf die Teilnehmer der Gruppe beziehen, sind nach innen gerichtete Aktivitäten. Diese finden größtenteils während der Gruppensitzungen statt. Hierbei sind die gegenseitige Hilfe, die Anteilnahme und das Mitfühlen vordergründig. Die gemeinsame Betroffenheit der Mitglieder ist dabei von zentraler Bedeutung, denn nur so können sie voneinander und miteinander lernen, sich gegenseitig verstehen, entlasten und ermutigen sowie sich gemeinsam Fähigkeiten aneignen, mit denen sie den Alltag besser meistern können. Das Gruppengespräch, in dem Informationen, eigene Erfahrungen und Bewältigungsstrategien ausgetauscht und beraten werden, spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Teilnehmer werden im Laufe der Zeit zu Experten in eigener Sache und steigern somit ihre Eigenkompetenz, was sich auf eine Zusammenarbeit mit Fachleuten günstig auswirken kann. Um effektiv arbeiten zu können, braucht eine Selbsthilfegruppe regelmäßig stattfindende Gruppentreffen und Leitlinien, an denen sie sich orientieren kann. Zudem werden alle Entscheidungen, die die Gruppenarbeit betreffen, von den Mitgliedern gemeinsam getroffen. Somit kann sich ein gemeinsames Gruppengefühl entwickeln. Neben der emotionalen und sozialen Unterstützung bekommen die Mitglieder aber vor allem nützliche Informationen, wie z.B. über alternative Behandlungsmöglichkeiten, Medikamente und deren Nebenwirkungen oder Hilfsmittel. Um sich Kompetenz anzueignen, laden sich Selbsthilfegruppen Fachreferenten ein, beschaffen sich Bücher, Fachartikel, Presseberichte usw. So findet man in vielen Selbsthilfegruppen Mitglieder, die ein solides Wissen über ihre Krankheit erlangt haben und dieses Wissen auch an andere Gruppenmitglieder weitergeben können. Ein ebenso bedeutendes Feld von Mitgliederaktivitäten sind Freizeitangebote, wie beispielsweise Ausflüge, Feste etc., welche den sozialen Rückzugstendenzen und der Vereinsamung entgegenwirken. Durch die Gruppensitzungen und Veranstaltungen entstehen oft engere Kontakte zu anderen Selbsthilfegruppenmitgliedern, die von (…) ‘gelegentlicher Unterstützung im Alltagsleben bis zum Entstehen tiefer Freundschaften’ (…) reichen. Natürlich wirken Selbsthilfegruppen gleichzeitig auch nach außen auf das soziale Umfeld. Dies erfolgt nicht ausschließlich durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit, sondern unter anderem durch persönliche Berichte der Mitglieder in ihrem Umfeld. Darüber hinaus gehen Selbsthilfegruppen, welche in den Landes- und Bundesverbänden organisiert sind, bewusst an die Öffentlichkeit, um über ihre Krankheit und deren Folgen aufzuklären. Auch setzen sie sich oftmals für eine bessere Versorgung oder für präventive Maßnahmen ein. Nicht selten wird der Kontakt zu Politik, Verwaltung, Medien, Fachpersonen und Institutionen gesucht, um damit weitreichende Verbesserungen für sich zu erzielen.
Josephin Gerstenhauer wurde 1983 in Arnstadt geboren. Von 2004 bis 2009 studierte sie an der Technischen Universität Dortmund den Diplomstudiengang Rehabilitationspädagogik mit dem Schwerpunkt Sprachtherapie. Während des Studiums absolvierte die Autorin zahlreiche sprachtherapeutische Praktika in Praxen, Akutkliniken und einer Rehabilitationsklinik. Erste therapeutische Erfahrungen mit Kehlkopflosen sammelte sie in der HNO-Klinik in Dortmund. Dort nahm sie über mehrere Wochen hinweg an einer Selbsthilfegruppe für Laryngektomierte teil, wodurch erste Kontakte geknüpft werden konnten. In dieser Gruppe entstanden für die Autorin wertvolle Gespräche und Diskussionen, welche somit den Grundstein für die Thematik des vorliegenden Fachbuches legten. Seit 2009 arbeitet sie als Diplom Sprachtherapeutin in einer Rehabilitationsklinik in Baden-Württemberg.
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