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- Kooperation mit Eltern in der Kinder- und Jugendhilfe: Gelingende Zusammenarbeit mit Eltern als Erfolgsfaktor
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Um eine stationäre Platzierung, insbesondere die anschließende Integration, erfolgreich gestalten zu können, braucht es ein Kooperationsbündnis zwischen den Kindern resp. Jugendlichen mit den Eltern und den professionellen Mitarbeitenden der Sozialen Arbeit. Der konsequente Miteinbezug von Eltern und Familie in einen stationären Platzierungsprozess innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe bringt jedoch einige Herausforderungen für den professionellen Alltag. Wie wichtig der Miteinbezug von Eltern und Familie in diesen Prozess sind und welche Konsequenzen dies auf die Prozesse, Strukturen sowie die Kultur des stationären Alltags hat, wird mit einer qualitativen Untersuchung herausgearbeitet und als Thesenkatalogs aufgezeigt. Anhand von konkreten und in der Praxis erprobten Methoden werden zusätzlich im Vorwort Vorschläge für die konkrete Umsetzung in den stationären Alltag gemacht.
Textprobe: Kapitel: Modelle der Eltern- und Familienarbeit: Systemtheoretische Perspektive: Aus der systemtheoretischen Sicht betrachtet, wird die Familie als System verstanden, in dem alle Mitglieder miteinander verbunden sind und in einem Gleichgewichtszustand – Homöostase – zueinander stehen (Ritscher 2002, S. 63). Im Fokus liegen die Bindungen der teilhabenden Elemente. Wird ein Mitglied, wie im Falle einer stationären Unterbringung, aus der Familie herausgelöst, wird das System instabil und es muss ein erneuter Gleichgewichtszustand geschaffen werden. Die Eltern- und Familienarbeit in der Heimerziehung kann an diesen Umstand anknüpfen (vgl. Herold 2011, S.63 vgl. Drees 1998, S.29). Der systemische Ansatz ist an die philosophische Strömung des Konstruktivismus angelehnt. Zwischenmenschliche Bindungen werden dabei als eine lineare Ursache-Wirkungs-Reaktion beschrieben, die sich daraus legitimieren, dass das Verhalten eines Individuums immer in Wechselwirkung mit einem anderen Individuum steht (Rothe 1994, S.14). Für die Heimerziehung ergibt sich daraus folgende Konsequenz. In einem Hilfeprozess darf der fremduntergebrachte Heranwachsende nicht isoliert betrachtet werden, denn der Veränderungsprozess eines Familienmitglieds zieht ebenso die Veränderung anderer Familienangehörigen mit sich. Der gesamte Sozialisationshintergrund ist zu beachten (Moos & Schmutz 2006, S.20f.). Desgleichen basieren Verhaltensauffälligkeiten und Störungen nicht alleine ursächlich in der Person der Klienten (Drees 1998, S.30). Schafft es ein Kind resp. ein Jugendlicher sein Verhalten in der stationären Institution zu ändern, hat dies nicht gleichbleibend zur Folge, dass es die Verhaltensmuster in ein anderes System, beispielsweise die Familie, übernehmen kann. Verhaltensweisen sind konsequenterweise nur im Kontext der Familie veränderbar. Um dies zu ermöglichen, ist die Einbeziehung der Herkunftsfamilie in die Sozialisations- und Erziehungsaufgaben notwendig und räumt der Zusammenarbeit einen hohen Stellenwert ein (Hansen 1999, S.1024). Psychoanalytische Perspektive: Die theoretischen Grundlagen dieser Sichtweise bilden die Psychoanalyse und Neurosenlehre nach Sigmund Freud und knüpfen an die Bindungstheorie nach John Bowlby an. Die Ursachen vieler psychischer Konflikte und Störungen sind mit inneren und äußeren familialen Einflüssen verstrickt. Aus fehlender Struktur, Inhalt und Qualität zu den primären Bezugspersonen können sich Persönlichkeitsstörungen manifestieren. Zudem kann die Herausnahme eines Familienmitglieds und die Trennung der Familienelemente eine emotionale Belastung, oder gar ein traumatisches Erlebnis darstellen (Drees 1998, S.27 Günder 2011, S.236). Da eben die Eltern in entscheidender Weise die frühesten Erfahrungen verursachen und prägen, kann eine Verarbeitung psychischer Konflikt- und Problemlagen bei Kindern und Jugendlichen nicht auf den Einbezug der Elternfiguren und -rollen verzichten (Günder 2011, S.237). Die Notwendigkeit der Eltern- und Familienarbeit im Sinne einer Verarbeitung wäre jedoch auch dann gegeben, wenn eine Ablösung des jungen Menschen vom Elternhaus angestrebt wird, oder die Eltern als Ansprechpartner nicht zur Verfügung stehen (ebd.). Für Kinder und Jugendliche bleiben die Eltern auch während des Heimaufenthalts trotz der räumlichen Abwesenheit psychisch präsent und somit die maßgebenden externen Bezugspersonen. Die Heranwachsenden bilden dabei oft ein Traumbild von ihrer Familie und flüchten bei Konflikten gerne in ihre Phantasiewelt. Die enge Zusammenarbeit mit den Familien und vor allem die Konfrontation mit deren realen Momenten, kann Kindern und Jugendlichen helfen sich von ihrer Phantasievorstellung der heilen Familie zu lösen und sich stärker auf die Realitäten im Heimalltag einzulassen (Drees 1998, S.27 Herold 2011, S.64). Des Weiteren ist im Bezug der psychoanalytischen Perspektive der Mehrgenerationenansatz aufzuführen, der das Familienleben über mehrere Generationen als unsichtbare Treuebindung auffasst. Störungen und Konflikte der Kinder und Jugendlichen sind danach aus unbewussten Konflikten zwischen den Eltern und Großeltern begründet. Sie können sich durch vielfältige intrafamiliäre Übertragungsprozesse bilden und ausbauen und äußern sich einerseits auf horizontaler Ebene, d.h. eine Kohorte betreffend oder auf vertikaler Ebene, d.h. mehrere Kohorten betreffend. Über Generationen hinweg wiederholen sich in Familien im Wesentlichen dieselben Beziehungskonstellationen, Konflikte und Konfliktlösungsmuster. Die Aufhebung des Wiederholungszwangs kann nur durch die Arbeit mit allen Familienangehörigen erfolgen und nur so können wiederum tatsächliche Geschehnisse rekonstruiert werden, welche notwendig sind den familialen Grundkonflikt aufzudecken (Drees 1998, S.28f.). Aus der psychoanalytischen Perspektive hieße das Ausblenden der Eltern in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Heimen [...], zentrale subjektive Erlebnisbereiche zu ignorieren. Ein Scheitern der pädagogischen Bemühungen wäre vorprogrammiert (Hansen 1999, S.1024). Ökonomische Perspektive: Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Notwendigkeit der Eltern- und Familienarbeit aus pädagogischer und psychologischer Sicht begründet wurde, soll im Folgenden die ökonomische Perspektive beleuchtet werden, die wiederum sehr stark in einem kausalen Zusammenhang zu der sozialpolitischen Betrachtungsweise steht (vgl. Herold 2011, S.67). Beinahe weltweit ist zu beobachten, dass sich der Sozialstaat aufgrund belastender öffentlicher Haushalte in der Krise befindet. Eine neue Steuerung der öffentlichen Verwaltung verlagert Entscheidungen weg von der Politik und hin zur Wirtschaft. Diese Hintergründe, vor allem die Ökonomisierungstendenz, setzen die Soziale Arbeit vermehrt unter Druck, die Effektivität ihrer Angebote nachzuweisen (Bleck 2011, S.30ff.). Anhand stationärer Maßnahmen kann dies besonders deutlich dargestellt und mit dem Angebot der Eltern- und Familienarbeit verknüpft werden. Die Heimerziehung stellt derzeit die teuerste Erziehungshilfe dar. Die Legitimation ihrer Angemessenheit und Professionalität gegenüber anderen Hilfeformen ist deshalb Voraussetzung und Bedingung zugleich (Herold 2011, S.67). Eine intensive Zusammenarbeit mit den Herkunftsfamilien soll zu einer verminderten Unterbringungsdauer und somit zu einer Minimierung der Kosten für die öffentliche Jugendhilfe führen. Ob diese Konjunktur die Folge fachlich begründeter Prognoseentscheidungen sein kann und die Elternarbeit darauf begründet ist, ist dabei jedoch schwierig zu sagen (Wiesner 2004, S.87). Allerdings kann die Aussage getroffen werden, dass eine zu früh angesetzte und somit als gescheitert definierte Reintegration in die Herkunftsfamilie ökonomisch nicht rentabel erscheint. Die Rückführung in ein noch nicht genügend vorbereitetes Elternhaus kann aufgrund der massiven Enttäuschungen und Frustrationen der Klienten zur Angewiesenheit auf noch intensivere und kostspieligere Hilfsangebote führen (Herold 2011, S.67f.). Um diesen Umstand zu vermeiden, muss der gezielten Kooperation mit den Eltern und den Familien fremduntergebrachter Kinder und Jugendlichen, auch auf sozialpolitischer und ökonomischer Basis eine besondere Notwendigkeit zugesprochen werden (vgl. Wiesner 2004, S.87). Rechtliche Perspektive: Eine weitere Begründung welche die Notwendigkeit der Eltern- und Familienarbeit auszeichnet, kann aus der rechtlichen Perspektive betrachtet werden (Herold 2011, S.53). In diesem Abschnitt sollen deshalb die Aspekte der Menschenrechte aus Sicht der Kinder und Jugendlichen, aber auch die der Eltern aufgegriffen werden. Ihnen wurde in der Kinder- und Jugendhilfe bisher einen ungenügend beachteten Stellenwert zugesprochen und hat besonders in der Themenstellung bezüglich der Eltern- und Familienarbeit wesentliche Relevanz (vgl. Maywald 2012, S.142 vgl. Schulze-Krüdener 2007, S.104.). Bei den Angeboten zur Zusammenarbeit zwischen Familien und Fremderzieher geht es nicht nur um sozialpädagogische, bzw. -therapeutische Arbeiten, sondern auch um die Wahrung von Beteiligungs- und Mitentscheidungsrechten. Das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen muss dabei aber stets das Orientierungsmaß sein (Schulze-Krüdener 2007, S.104.). Jedoch darf nicht in Vergessenheit geraten, dass die Pflege und Erziehung in den meisten Ländern laut Grundgesetz das natürliche Recht der Eltern und deren Pflicht darstellen und somit ihnen zugesprochen werden sollte (Schefold 2004, S.165). Kinderrechte sind abgeleitet von den Menschenrechten. Sie wurden mit Blick auf die altersbedingten besonderen Merkmale, vor allem in Bezug auf die Verletzlichkeit und den marginalen Status der Heranwachsenden formuliert und sollen ermöglichen, dass sich jedes Kind und jeder Jugendliche an der Gesellschaft partizipieren und unter den bestmöglichen Bedingungen aufwachsen kann (Machold & Mecheril 2011, S.499). Kinder und Jugendliche sind somit als seiende Menschen Träger aller Menschenrechte, stehen darüber hinaus als werdende Menschen aber auch im Schutz jeglicher Kinderrechte und können diese hilfreich für sich und ihre Umwelt nutzen. Weiterhin müssen Kinder und Jugendliche differenziert von Erwachsenen betrachtet werden. Erwachsene tragen die Verantwortung für Kinder und Jugendliche, umgekehrt ist dies jedoch nicht der Fall. Aufgrund dieser Tatsachen benötigen Kinder und Jugendliche besonderen Schutz, besondere Förderung und besondere Beteiligungsmöglichkeiten (Maywald 2012, S.15). Ebenso sind aber auch Rechtsansprüche der Eltern in der UN-Kinderrechtskonvention verankert (vgl. Schmahl 2013, S.65ff., S.85ff., S.104ff. etc.). Die Notwendigkeit eines spezifischen Übereinkommens zu den Rechten der Kinder und Jugendlichen ist noch nicht sehr lange bekannt (Maywald 2012, S.23ff. Schmahl 2013, S.31ff.). Während vom Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit Kinder und Jugendliche noch als kleine Erwachsene angesehen wurden, entwickelte sich erst in der Renaissance die soziale und kulturelle Definition des besonderen Lebensabschnitts, bei der die Entwicklung und Bildung im Vordergrund steht. Die Differenzierung des Kindheits- zum Erwachsenenbegriff wirft in dieser Thematik eine grundlegende Prämisse voraus. Und zwar gilt es zu definieren, welche Altersspanne die Kindheit und Jugend umfasst. Dieser und weiteren Anforderungen stellte sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN), als sie sich mit der Ausarbeitung eines einheitlichen Kinderrechts befasste. Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention, in der Kinder und Jugendliche zum ersten Mal in völkerrechtlich verbindlicher Form als Rechtssubjekte anerkannt wurden. Bisher wurde der Entwurf in 193 Staaten ratifiziert, lediglich Somalia und die USA gehören nicht dazu (ebd.). Laut Artikel 1 dieses Übereinkommens ist ein Kind, jeder Mensch, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendende Recht nicht früher eintritt (Schmahl 2013 S.45). Der Altersspanne nach unten sind bisher keine Grenzen gesetzt. Die Debatte, ob sich die Rechte mitunter auf die vorgeburtliche Phase beziehen, oder die Kindheit resp. Jugend erst mit der Geburt beginnt, wird in der Konvention ausgeklammert, muss hinsichtlich des Themas dieser Arbeit aber auch nicht berücksichtigt werden (Maywald 2012 S.15). Der Aufbau und Inhalt des Übereinkommens, welcher im Folgenden dargestellt wird, hat hingegen wesentlich mehr Gewicht. Die UN-Kinderrechtskonvention wird den allgemeinen Menschenrechten zugeordnet und hat das Ziel, Kindern und Jugendlichenden erforderlichen Schutz und Beistand zu gewähren (Schmahl 2013, S.40). Dabei wird Kindern und Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen, wie sie meist auch in der Heimerziehung anzutreffen sind, besondere Aufmerksamkeit zugesprochen. Der Zweck richtet sich an ein rechtlich integriertes System zur Sicherstellung der bestmöglichen Lebensbedingungen aus, an welches sich die Vertragsstaaten zu richten haben. Das Leitmotiv der Konvention geht vom Wohl des Kindes resp. Jugendlichen und dem Wohl der Eltern sowie den Familienmitgliedern aus. Dabei wird die Familie als Grundeinheit der Gesellschaft verstanden, welcher erforderlicher Schutz und Beistand zugesprochen wird. Die Präambel verdeutlicht aber auch, dass die Erziehung an die menschenrechtlichen Maßstäbe auszurichten ist und die Einbindung in die Familie nicht absolut ist (ebd. Maywald 2012, S.40).
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