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- Herausforderung traumatisiertes Pflegekind: Anforderungen an die Pflegeeltern und die Soziale Arbeit
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Kinder die in einer Pflegefamilie leben, haben meist traumatische Erfahrungen in ihren Herkunftsfamilien machen müssen. Um diesen Kindern einen Neuanfang bieten zu können, müssen sich die Pflegeeltern zahlreichen Herausforderungen stellen, woraus sich ebenfalls Anforderungen an die Soziale Arbeit ergeben. Dieses Buch gibt zunächst einen Überblick über das Thema der Traumatisierung, wobei besonders auf Definitionen, Arten, Auswirkungen und Hilfemöglichkeiten eingegangen wird. Im zweiten Teil beschäftigt sich das Buch mit der Familienpflege. Hier werden die Formen, rechtlichen Grundlagen, Aspekte der Vermittlung und die Herausforderung des traumatisierten Kindes näher erläutert. Im letzten Teil geht es um die Anforderungen, die sich daraus für die Soziale Arbeit ergeben.
Textprobe: Kapitel 3.1, Formen der Pflege: Jedes Kind und jeder Jugendlicher wächst unter verschiedenen Lebensbedingungen auf. Um diesen Kindern und Jugendlichen, die für ihre Bedürfnisse beste Hilfe bieten zu können, gibt es unterschiedliche Formen einer Pflegschaft. In der Literatur tauchen hier immer wieder andere Begriffe und Einteilungen auf. Dies liegt vor allem daran, dass es in den verschiedenen Bundesländern, Städten und Kreisen andere Arten und Begrifflichkeiten von Pflegestellen gibt. Im Folgenden gebe ich einen groben Überblick über die verschiedenen Formen der Pflege. Die Pflegeverhältnisse werden vor allem nach ihrem Umfang und ihrer Dauer differenziert. So gibt es Teilzeit- und Vollzeitpflegestellen. Zu den Teilzeitpflegestellen zählen die Tages- und die Wochenpflege und zu den Vollzeitpflegestellen die Kurzzeit- und die Langzeit-/Dauerpflege (vgl. Wiemann 2005, S. 15). Bei der Tagespflege ist das Kind für ein paar Stunden am Tag oder ganztags bei einer Pflegeperson untergebracht und kehrt dann wieder in seine Herkunftsfamilie zurück. Grund für die Unterbringung ist meistens die Erwerbstätigkeit der Eltern bzw. der Alleinerziehenden. Da in vielen Kommunen nicht ausreichend Krippen- oder Kindergartenplätze vorhanden sind, wird eine Betreuung tagsüber bei einer Pflegeperson notwendig. Die Tagespflege dient der intensiven Förderung der Kinder (vgl. Bundesverband PFAD 1997, S. 243). Tagespflegekinder leben somit in zwei Familien. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung für das Kind, dass es weiß: ‘Hier ist mein Zuhause, dort bin ich während der Arbeitszeit meiner Mutter oder meines Vater’ (Wiemann 2005, S. 97). Aufgrund sehr ungünstiger und unregelmäßiger Arbeitszeiten, wie Schicht- oder Nachtdienst, sehen sich manche Eltern gezwungen ihr Kind in einer Wochenpflege unterzubringen. Hierbei werden die Kinder oder Jugendlichen von Montag bis Freitag von einer Pflegefamilie betreut und leben am Wochenende sowie an Feiertagen und während des Urlaubs bei ihrer Herkunftsfamilie. Bei dieser Form der Pflege ist es besonders problematisch, dass ein ständiger Bezugspersonen- und Umgebungswechsel stattfindet. Dadurch ist es besonders kleineren Kindern kaum möglich stabile Bindungen aufzubauen. Aus diesem Grund ist die Wochenpflege für Kinder bis zum dritten Lebensjahr sehr ungeeignet (vgl. Bundesverband PFAD 1997, S. 265). Die Tages- und die Wochenpflege haben eine familienergänzende Funktion. Sie helfen der Herkunftsfamilie bei der Förderung und Erziehung ihrer Kinder. Die wohl bekannteste Form der Familienpflege ist die Vollzeitpflege. Hierbei ist das Kind oder der Jugendliche tags, nachts und auch am Wochenende bei einer Pflegefamilie untergebracht (vgl. Wiemann 2005, S. 15). Die Vollzeitpflege kann entsprechend der Situation im Einzelfall eine befristete Hilfe oder aber auch auf Dauer ausgelegt sein. Die Perspektive dieser Pflegeform kann die Rückführung zu der Herkunftsfamilie oder der Verbleib in der Pflegefamilie sein. Je nach Situation in der Herkunftsfamilie, der zeitlichen Perspektive und der Zielsetzung lassen sich verschiedene Formen der Vollzeitpflege unterscheiden. Eine mögliche Form ist die Kurzzeitpflege. Hierbei wird das Kind oder der Jugendliche für einen befristeten Zeitraum von einer Pflegefamilie betreut. Der zeitliche Rahmen kann je nach Situation unterschiedlich ausfallen. Gründe für die Unterbringung in der Kurzeitpflege sind zum Beispiel Krankheit sowie Krankenhaus- oder Kuraufenthalte der Eltern. Diese Form hat einen familienergänzenden Charakter und dient der Entlastung von Familien, die vorübergehend in eine Notsituation geraten sind. Sie hat immer das Ziel der anschließenden Rückführung des Kindes in die Herkunftsfamilie. Es ist aber auch möglich, dass sich aus der Kurzzeitpflege eine Dauerpflege ergibt, wenn die Umstände in der Herkunftsfamilie eine Rückführung nicht mehr möglich machen (vgl. Bundesverband PFAD 1997, S. 189). Eine weitere Form eines Pflegeverhältnisses ist die Langzeit- oder Dauerpflege, welche die ‘Grundform der Familienpflege’ (Bundesverband PFAD 1997, S. 257) darstellt. Bei der Langzeitpflege kommt das Kind oder der Jugendliche für einen längeren Zeitraum oder auch für Jahre in eine Pflegefamilie, allerdings mit der Perspektive der Rückführung in die Herkunftsfamilie. Die Rückkehroption kann aber auch noch offen und unvorhersehbar sein. Bei manchen Kindern ist schon früh klar, dass sie wahrscheinlich nicht mehr in ihre leibliche Familie zurückkehren können, da sie zu stark seelisch verletzt wurden. Hierbei handelt es sich dann um eine Vollzeitpflege auf Dauer. (vgl. Wiemann 2005, S. 15) Der Verbleib oder die Rückkehr in der Herkunftsfamilie ist dann trotz anderer Hilfen nicht mehr dem Wohle des Kindes entsprechend. Bei der befristeten Vollzeitpflege ist das Ziel, die Rückführung des Kindes in die Herkunftsfamilie, sofern positive Bindungen zwischen dem Kind und den leiblichen Eltern bestehen und sich die familiären Umstände soweit verbessert haben, dass eine Rückkehr möglich ist. Diese befristete Hilfe kann sich im Laufe der Zeit aber auch in eine Dauerpflege umwandeln, wenn ‘die Bindungen des Kindes zu den Pflegeeltern so intensiv werden, daß (!) ein erneuerter Wechsel der Bezugsperson nicht mehr zum Wohle des Kindes ist’ (Bundesverband PFAD 1997, S. 257). Je nachdem, wie die Perspektive des Kindes aussieht, kann diese Form der Pflege eine familienergänzende oder aber auch eine familienersetzenden Funktion haben. Weiterhin gibt es die Form der familienergänzenden Bereitschaftspflege. Diese dient der kurzfristigen Unterbringung von Minderjährigen in einer Krisen- oder Notsituation, wie zum Beispiel ein Unfall der Eltern oder eine erforderlichen Inobhutnahme. Das Kind verbleibt für einige Wochen oder auch Monate in der Pflegefamilie, bis seine weitere Perspektive geklärt ist (vgl. Wiemann 2005, S. 105). Diese Form der Pflege ist aufgrund der enorm hohen Flexibilitäts- und Einsatzbereitschaft der Pflegefamilie eine große Herausforderung. Es bedarf an Offenheit, Kooperationsbereitschaft und vor allem Handlungsfähigkeit in Krisensituationen (vgl. Bundesverband PFAD 1997, S. 105). Darüber hinaus gibt es die Verwandtenpflege. Den meisten Eltern ist die Unterbringung ihres Kindes bei Verwandten, wie zum Beispiel bei den Großeltern oder Tanten und Onkeln, am naheliegendsten. Viele Verwandte sehen es zudem als ihre Pflicht, in Krisen- und Notsituationen ihren Familienangehörigen zu helfen. Diese Form hat den Vorteil, dass die Kinder sich nicht erst in einer fremden Familie eingewöhnen müssen, sondern bereits Bindungen zur Pflegefamilie bestehen (vgl. Bundesverband PFAD 1997, S. 252). Eine Sonderform der Familienpflege stellen die heil- und sonderpädagogischen Pflegestellen dar. In diesen Pflegefamilien werden Kinder mit einem erhöhtem Erziehungs- und Förderungsbedarf untergebracht. Dazu zählen zum Beispiel Kinder oder Jugendliche mit Behinderungen, mit starken Verhaltensauffälligkeiten oder mit schweren traumatischen Vorerfahrungen. Um solche Kinder aufnehmen zu können, brauch mindestens ein Pflegeelternteil eine pädagogische, psychische und/oder medizinische Ausbildung (vgl. Ebel 2009, S. 31). In meinen weiteren Ausführungen konzentriere ich mich auf die auf Dauer ausgelegte Vollzeitpflege, denn bei Kindern, die in ihren Herkunftsfamilien traumatische Erfahrungen gemacht haben, ist eine Rückführung in diese nicht dem Wohl des Kindes entsprechend. ‘Ein traumatisch gestörtes Kind soll in einer kompetenten Dauerpflegefamilie durch den Neuaufbau von Bindungen und Beziehungen die Möglichkeit der Sicherung existenzieller Grundbedürfnisse und emotionalen Gesundung erhalten’ (Tenhumberg, Michelbrink 2006, S. 108). Aus diesem Grund kann es bei der Form der Pflegschaft bei traumatisierten Pflegekindern nur um eine Vollzeitpflege auf Dauer gehen.
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