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- Geschiedene Eltern – Belastete Kinder? Die Auswirkungen einer Scheidung auf Bindungssicherheit und Erziehungsstil
Psychologie
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Abb.: 24
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Zahlreiche Kinder leben in Deutschland im Kontext elterlicher Trennung und Scheidung. Nur einige wenige nationale und internationale Studien beschäftigen sich mit den Auswirkungen der Scheidung auf die Kinder in der Altersspanne von fünf bis acht Jahren. Um die Forschungslücke zu schließen, wurde an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz eine Längsschnittstudie initiiert, in welcher Eltern-Kind-Paare aus Scheidungs- sowie aus Vollfamilien über drei Jahre mit jährlichen Befragungen begleitet wurden. Im Rahmen der ersten Erhebungswelle dieser Studie entstand das vorliegende Buch. Es konzentriert sich auf die Teilbereiche Bindungssicherheit und Erziehungsverhalten und hat dabei immer die Perspektive der Kinder im Blick. Im Vordergrund steht die Frage nach möglichen Zusammenhängen zwischen den Aspekten Scheidung, Bindung und Erziehungsstil.
Textprobe: Kapitel 1.4, Die Folgen der Trennung und Scheidung für die betroffenen Kinder: Den Schwerpunkt der Scheidungsforschung bildet die Untersuchung der Folgen für die Betroffenen. Dabei soll hier eine Konzentration auf die Bedeutung für die Kinder erfolgen, die auch in unserer eigenen Studie im Vordergrund stehen. In der Öffentlichkeit herrscht zum größten Teil die Auffassung vor, dass Scheidungsfamilien mit beträchtlichen Problemen belastet sind und die Kinder mit schwerwiegenden und lang anhaltenden Störungen reagieren. Nach einer älteren Studie von Napp-Peters (in W. Maier-Flor & R. Osthoff, 1993) wirkt sich eine Scheidung auf die Kinder in jeden Fall traumatisch aus und führt zu massiven psychischen Beeinträchtigungen. Neuere Studien (vgl. Fthenakis, 1993 Maier-Aichen, 2001 Sander, 1988) relativieren diese Haltung jedoch, denn es gibt eine große Variationsbreite in der Art der Bewältigung. In jeden Fall stellt die Scheidung der Eltern für die Kinder eine Belastung dar, bringt Anpassungsforderungen mit sich und beeinträchtigt zunächst das Wohlbefinden, doch eine Dramatisierung ist nicht gerechtfertigt. In der Metaanalyse von Amato und Keith (vgl. Schneewind et al., 1998), die 92 verschiedene Studien berücksichtigte, konnten zwar negative Scheidungsfolgen auf Beziehungs- und Verhaltensebene ausgemacht werden, doch sie erwiesen sich als insgesamt eher geringfügig. Es muss vor einer frühzeitigen Pathologisierung der Probleme gewarnt werden, die oft nur eine natürliche Reaktion auf eine schwierige Situation sind, jedoch nach einer gewissen Zeit der Anpassung wieder verschwinden. Die ersten ein bis zwei Jahre nach der Trennung gelten i.d.R. als Zeit der akuten Krise. Nur in Einzelfällen kommt es zur Ausbildung andauernder psychischer Störungen und Verhaltensauffälligkeiten, was andererseits nicht dazu verleiten soll die Probleme der Scheidungskinder zu ignorieren. Typische unmittelbare Reaktionen der Kinder und Jugendlichen sind z.B.: im Gefühlsbereich: Ärger, (Verlust-, Trennungs-)Ängste, Aggressionen, Trauer, Wut, Schuldgefühle, Scham, Verunsicherung, Ohnmacht, Loyalitätskonflikte, Gefühle der Stigmatisierung und Störungen des Selbstwertgefühls. im Verhaltensbereich: Abhängigkeit, Anklammern, Regression, Irritierbarkeit, sozialer und emotionaler Rückzug, aggressive und dissoziale Verhaltensweisen, Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen, Disziplin-, Lern- und Konzentrationsprobleme, verschlechterte Schulleistungen, Überangepasstheit, Depressionen, Spielunlust, Schlaf-, Ess-, Ausscheidungsstörungen und andere psychosomatische Symptome, wie Kopf- oder Magenschmerzen. Wie ein Kind im Einzelfall die Scheidung bewältigt, hängt jedoch von einer Vielzahl von verschiedenen Faktoren ab. Daher erscheint es sinnvoll die stark variierenden Begleitumstände genauer zu betrachten und nach Schutz- und Risikofaktoren zu suchen, die das kritische Lebensereignis verstärken oder abschwächen können. Im Folgenden werden die wichtigsten moderierenden Variablen dargestellt. 1.4.1, Charakteristika des Kindes: 1.4.1.1, Alter und Entwicklungsstand: Das Erleben und die Reaktionen auf die Scheidung erfolgen unterschiedlich, in Abhängigkeit vom Alter des Kindes, an dem sein emotionaler und sozial-kognitiver Entwicklungsstand festgemacht wird. Die klassische, jedoch rein deskriptive Studie dazu stammt von Wallerstein und Kelly aus den 70/80ern. Einen Überblick über die Ergebnisse gibt Rottleuthner-Lutter (1989). Auch Fthenkis (1995) fasst die alterspezifischen Reaktionen zusammen. Für die 6-8 jährigen, die in unserer Studie untersucht werden lässt sich zusammenfassend sagen, dass ihr Verhalten von einer tiefen, anhaltenden Traurigkeit geprägt ist. Sie sehen die Scheidung eher als einen Kampf zwischen den Eltern, wobei der Verlierer das Feld räumen muss. Durch die Fortschritte im sozial-kognitiven Entwicklungsstand sind sie i.d.R. in der Lage sich in die Position eines anderen zu versetzen. Somit ist ein besseres Verständnis der Eltern möglich, als noch im Vorschulalter und eine geringere Gefahr vorhanden sich als Ursache der Scheidung zu sehen und unter Schuldgefühlen zu leiden. Durch die Wahrnehmung der verschiedenen Standpunkte besteht allerdings eine größere Wahrscheinlichkeit für Loyalitätskonflikte (Jaede et al., 1996). Vermutlich hängt damit auch der in diesem Alter besonders stark auftretende Wunsch zusammen, dass die Eltern sich versöhnen. Fthenakis (1995) beschreibt außerdem Beeinträchtigungen der schulischen Leistungen und das Erleben der Familienauflösung als Bedrohung der eigenen Existenz für diese Altersstufe. Nach Wallerstein kämpfen sie außerdem mit dem Gefühl verstoßen zu sein und der Furcht ersetzt zu werden. Mit Freunden über die Trennung zu reden, was für die Bewältigung sicher hilfreich wäre, tun die wenigsten Kinder dieses Alters (Schneewind, 1999, S. 146). Ob nun generell jüngere oder ältere Kinder mehr Probleme haben ist strittig, in jeden Fall reagieren sie altersspezifisch mit verschiedenen Symptomen und setzen unterschiedliche Bewältigungsstrategien ein. Nach Hetherington und Wallerstein (vgl. Sander, 1988) sind jüngere Kinder stärker gefährdet, da sie aufgrund ihrer kognitiven Entwicklung Gefühle und Motive der Eltern sowie ihre eigene Rolle noch nicht richtig einschätzen können. Mit zunehmendem Alter können sie sich dagegen eher distanzieren, Loyalitätskonflikte lösen und ihnen steht ein größeres Repertoire an Bewältigungsstrategien als auch ein breiteres soziales Netz zur Verfügung. Man kann jedoch einwenden, dass die kognitive Verarbeitung nicht zwangsläufig mit emotionaler Akzeptanz einhergehen muss. Häufig werden sowohl sehr junge Kinder als auch Jugendliche als am stärksten belastet eingeschätzt. 1.4.1.2, Geschlecht: Die empirischen Befunde zeigen übereinstimmend, dass Jungen eher externalisierend, ausagierend reagieren (z.B. gesteigerte Aggressionen, destruktives, unsoziales Verhalten, Verschlechterungen der Schulleistungen), während Mädchen eher internalisierende Verhaltens-weisen (z.B. Überangepasstheit, Überkontrolliertheit, Introversion, Depression, Ängste) zeigen. Die Auffälligkeiten beim männlichen Geschlecht scheinen zunächst länger anzuhalten. Allerdings kommt es bei Mädchen häufig zu einem erneuten Aufflammen der Probleme in der Pubertät, was sich dann auch in aggressivem Verhalten äußern kann. Man schreibt ihnen auch stärkere Langzeitfolgen z.B. für ihr Selbstkonzept oder eigene Partnerschaften zu, als auch negativere Reaktionen auf die Wiederheirat eines Elternteils. 1.4.1.3, Temperament: Ohnehin ‘schwierigen’ Kindern gelingt es i.d.R. nicht so gut sich an die Veränderungen, die mit einer Scheidung einhergehen, anzupassen. Negative Ereignisse lösen bei ihnen grundsätzlich eine intensivere Reaktion aus. Sind auch die Eltern labil, werden diese Kinder häufiger Auslöser und Ziel aversiver Reaktionen und können schlechter mit diesen umgehen. Der Stress kann so zu vermehrter Zunahme an Verhaltensproblemen und Defiziten in ihren Bewältigungsfertigkeiten führen (Fthenakis, 1995). Weitere Zusammenhänge lassen sich auch zu den Faktoren Intelligenz, Selbständigkeit, Selbstwertgefühl, innere Kontrollüberzeugung, kommunikative Fähigkeiten, Art, Umfang und Flexibilität der Bewältigungsstrategien etc. feststellen. 1.4.2, Faktoren im familiären System: 1.4.2.1, Familiales Konfliktniveau: Intensive und häufige eheliche Konflikte sind generell, d.h. nicht nur in Scheidungsfamilien, mit schlechterer psychischer Anpassung der Kinder verbunden (Fthenakis, 1993). Natürlich ist dabei immer der Zusammenhang mit weiteren belastenden und entlastenden Faktoren zu berücksichtigen (z.B. die Konsistenz des Elternverhaltens). Block und seine Mitarbeiter fanden nach Niesel (1995) jedoch heraus, dass v.a. Jungen schon bis zu elf Jahre vor der Scheidung nachhaltig vom ‘predivorce familial stress’, also dem Stress im Vorfeld der Scheidung, beeinflusst wurden und Verhaltensauffälligkeiten zeigten. Auch Cherlin et al. (vgl. Bauers, 1993) schrieben nach einer Kontrolle der Entwicklungsdaten aus der Vorscheidungszeit die verstörende Wirkung eher dem langwierigen Ehekrieg vor der eigentlichen Trennung zu. Diese Erkenntnisse trugen dazu bei die Scheidung selbst nicht mehr als alleinigen Problemauslöser zu sehen, sondern den Blick verstärkt auf die Zeit und v.a. die Konflikte im Vorfeld zu richten. Die Beziehungserfahrungen und Interaktionsmuster der Vergangenheit bilden die Basis für die mehr oder weniger gelingende Bewältigung der Trennung. Der Scheidung selbst kommt also eher eine verstärkende Rolle zu. Hetherington zeigte sogar, dass Kinder aus Scheidungsfamilien mit geringem Konfliktniveau besser angepasst sind als Kinder aus strukturell vollständigen aber hochstrittigen Familien (Fthenakis, 1993). Diese Ergebnisse entkräften das Argument eine Ehe nur um der Kinder willen aufrecht zu erhalten. Kelly widerlegte nach Fthenakis (1993) auch die allgemeine Vorstellung, dass alle Scheidungsfamilien ein hohes Konfliktniveau, schlechte Kommunikation und fehlende Kooperation aufweisen. Dies trifft sicherlich häufig zu, lässt sich aber nicht pauschalisieren. Ca. 25-30 % der sich trennenden Paare zeigten in dieser Untersuchung minimale bis gar keine Konflikte und entschieden sich z.B. aufgrund abnehmender Liebe oder unterschiedlicher Lebensvorstellungen einvernehmlich für die Scheidung. Eine besondere Risikogruppe sind jedoch die Kinder, deren Eltern auch nach der Scheidung ständig streiten und denen die Trennung von Paar- und Elternebene nicht gelingt, so dass Paarkonflikte die Eltern-Kind-Beziehung weiterhin überschatten. In diesem Fall kommt es zu einer Wechselwirkung der verschiedenen Stressoren. V.a. Konflikte über Erziehungs- und Sorgerechtsfragen haben negative Auswirkungen, da hier die Kinder selbst zum Konfliktgegenstand werden. Hinzu kommt, dass die gehäuften Konflikte die Eltern zumeist emotional so erschöpfen, dass sie auch außerhalb der Auseinandersetzungen weniger verfügbar sind. Problematischen Konstellationen entstehen weiterhin, wenn die Elternteile sich gegenseitig schlecht machen und versuchen das Kind gegen den anderen aufzuhetzen oder auszuhorchen. So werden die Kinder hin- und her gerissen und stecken in dem Dilemma beide lieben zu wollen aber nicht zu können. 1.4.2.2, Kompetenz des/r sorgeberechtigten Elternteils/e: Aufgrund der allgemeinen Überlastung durch das Scheidungsgeschehen mit seinen komplexen Anforderungen sind die sorgeberechtigten Elternteile und v.a. Alleinerziehende oft in ihrer Erziehungskompetenz beeinträchtigt. Hetherington et al. als auch Wallerstein und Kelly beobachteten Inkonsistenz bei Erziehungs- und Disziplinierungsmaßnahmen, einen Mangel an Kontrolle über die Kinder oder aber einen stärker autoritären Erziehungsstil. Weiterhin fallen nicht beibehaltene Alltagsroutinen, fehlende Geduld sowie allgemein gestörte Kommunikation und die eingeschränkte Fähigkeit sich den Kindern aufgrund der eigenen psychischen Krise emotional zuzuwenden auf (Fthenakis, 1993 Sander, 1988). Unter Stress stellen Eltern zudem oft erhöhte Anforderungen an das Kind, die es überfordern können, z.B. Mithilfe im Haushalt, Pflege der Geschwister, emotionale Unterstützung bis hin zur Funktion als Partnerersatz. Man spricht dann von einer Parentifizierung, wenn das Kind eine nicht altersangemessene Verantwortung übernehmen muss und eigene Entwicklungsaufgaben vernachlässigt werden. Auf der anderen Seite findet man aber auch Eltern, die nach der Scheidung überfürsorglich werden. Aufgrund ihrer Schuldgefühle dem Kind gegenüber versuchen sie ihm alle Probleme abzunehmen, wodurch die Entwicklung ihrer Eigeninitiative und Verantwortung behindert wird. Dabei scheint die Mutter-Sohn-Dyade am stärksten durch erzieherische Defizite betroffen zu sein. Man fand hier insbesondere mehr negative Sanktionen aber auch die Gefahr in die Rolle eines Partnersubstituts gedrängt zu werden. Mädchen erhalten mehr Zuwendung und Unterstützung, werden aber auch eher als Vertraute überfordert. Bei allein erziehenden Eltern mit Erziehungsschwierigkeiten und auffälligen Kindern fand man vermehrt Gefühle von Unzulänglichkeit, Ängstlichkeit und Depression, wobei unklar ist was Folge und was Ursache ist (Fthenakis, 1993). Neben der individuellen Erziehungskompetenz stellt sich auch die Frage nach der Fähigkeit der Eltern in Erziehungsfragen zu kooperieren, die Aktivitäten des anderen zu respektieren und sich als gegenseitige Unterstützung zu begreifen. Dies wird in Zusammenhang gebracht mit höherer Selbstkontrolle und Belastbarkeit sowie weniger Verhaltensauffälligkeiten auf Seiten der Kinder. In getrennt lebenden Familien besteht generell nicht mehr die Möglichkeit der gegenseitigen Entlastung in Erziehungsaufgaben, je nach Situation und Kompetenz der Elternteile. Nach Schneewind (1999, S. 138) wirkt sich eine konfliktbehaftete Paarbeziehung und natürlich insbesondere eine Trennung der Partner negativ auf den Aspekt der Kooperation aus. Durch den Zerfall der Elternallianz kommt es häufig zu Koalitionsbildungen zwischen i.d.R. der Mutter und dem Kind / den Kindern und einer Entfremdung vom Vater. 1.4.2.3, Die Beziehung zum abwesenden Elternteil: Die fehlende oder eingeschränkte Verfügbarkeit des nicht mit dem Kind zusammen lebenden Elternteils (i.d.R. immer noch der Vater) ist einer der am meisten beachteten Aspekte der Scheidungsforschung. Das Kind verliert nicht nur eine Person, auf die es viele Gefühle gerichtet hat, sondern auch eine Identifikationsfigur, also eine Person, an der es sein Wertesystem und sein Verhalten orientiert und die Teil der eigenen noch ungefestigten Identität ist. Aus diesen Gründen helfen Arrangements, die den Kontakt und eine fortdauernde emotionale Beziehung zu beiden Elternteilen ermöglichen, negative Folgen einer Scheidung zu reduzieren. Dies gilt v.a. dann, wenn auch die Mutter dem Kontakt aufgeschlossen gegenüber steht und die Ex-Partner sich in kindbezogenen Fragen ergänzen (Becker et al. 1993, Wallerstein & Blakeslee, 1989). Wichtiger als die Quantität des Kontakts zum Vater ist jedoch die Qualität. Das Kind erfährt so, dass es zwar geschehen kann, dass einer den anderen verlässt, es wird sich aber selbst nicht verlassen fühlen. Eine stabile Beziehung zum Vater wirkt sich außerdem förderlich auf die Regelmäßigkeit der Unterhaltszahlungen aus und erleichtert die Bewältigung einer Wiederheirat der Mutter. Von Seiten der Mütter wird jedoch häufig der väterliche Kontaktabbruch oder zumindest seine allmähliche Einschränkung beklagt, aber auch seine vorwiegende Freizeitzuwendung (sugar daddy) bei fehlendem Engagement in lebenspraktischen Fragen (z.B. Hausaufgaben). Es gibt natürlich auch den umgekehrten Fall, dass der Vater unter der Trennung vom Kind leidet und Angst hat den Kontakt zu verlieren, da die Mutter die Besuche unterbindet. Die Tendenz geht hin zu solchen Vätern, die regelmäßigen Kontakt mit dem Kind suchen. 1.4.2.4, Sorgerechtsregelung: In direktem Zusammenhang steht die viel diskutierte Frage um das gemeinsame Sorgerecht. Wenn hier nun einige Befunde erläutert werden, die den Vorteil dieser Einrichtung zeigen, bedeutet dies nicht, dass auch bei alleinigem Sorgerecht der Kontakt zum anderen Elternteil nicht gepflegt werden könne. Studien zeigen jedoch den stärkeren Kontakt zum abwesenden Elternteil, die geringere Zahl völliger Kontaktabbrüche, höhere Zahlungswilligkeit und mehr gemeinsames Engagement und Verantwortung über die Besuche hinaus bei gemeinsamem Sorgerecht. Mütter äußern sich in diesem Fall meist positiver über die elterlichen Fähigkeiten des Exgatten und auch die Kinder zeigen einigen Studien zufolge weniger Verhaltensauffälligkeiten und mehr Selbstwertgefühl (Becker et al., 1993 Maier-Aichen, 2001). Die Ergebnisse sind jedoch differenziert zu betrachten, denn das Arrangement muss auch den individuellen und altersentsprechenden Bedürfnissen des Kindes, sowie den familiären Möglichkeiten angepasst sein. Die Gegner dieses, seit Einführung des Neuen Kindschaftsrechts 1998, im Regelfall angewandten Modells, wenden die Gefahren anhaltender Konflikte und einer Instrumentalisierung der Kinder ein. Darüber hinaus stelle es eine zusätzliche Belastung für die Frauen dar, die weiterhin im Regelfall die meisten Aufgaben übernehmen, jedoch nun alles mit dem Partner abstimmen müssen und in eine Abhängigkeit geraten (Stein-Hilbers, 1993). Als Fazit lässt sich ziehen, dass das gemeinsame Sorgerecht wohl die beste Lösung ist, wenn es funktioniert und die Eltern in der Lage sind Paarkonflikte und Elternschaft zu trennen, sowie zu Kooperation und Kommunikation bereit sind. Ist ein solch konstruktiver Umgang miteinander nicht möglich, ist tatsächlich die alleinige Sorge vorzuziehen.
Simone Kirst wurde 1980 in Mayen geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften an der Universität Koblenz-Landau schloss sie im Jahre 2004 als Diplom-Pädagogin erfolgreich ab. Bereits während des Studiums nahm die Autorin an der Studie zum Erleben, Bewerten und Verarbeiten des Trennungs- und Scheidungsgeschehens von Eltern durch die Kinder teil. Heute arbeitet sie als Pädagogische Mitarbeiterin und Geschäftsführerin an einer Volkshochschule.
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