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- Emotionale Veränderungen beim expressiven Schreiben: Affektive Dynamik in Abhängigkeit von Emotionsausdruck, körperbezogener Aufmerksamkeitsfokussierung und emotionaler Distanzierung
Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 130
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende Arbeit untersucht unter Bezugnahme auf das RIM als Rahmenmodell Faktoren, die die kognitive Integration impulsiver Inhalte in reflektive Prozesse moderieren, und als Folge davon eine Veränderung affektiver Zustände bewirken. Als mögliche Faktoren werden (1) die Expression affektiver Zustände, (2) der Aufmerksamkeitsfokus auf Körpersensationen und (3) die emotionale Distanz, in der sich ein Individuum zu den prozessierten Inhalten befindet, diskutiert. Um die Rolle dieser Faktoren zu untersuchen, wurde in N = 92 Probanden moderater Ärger induziert und darauf folgend verschiedene Bewältigungsstrategien im Umgang mit diesem Ärger experimentell induziert, in denen die obigen Faktoren (teilweise orthogonal) manipuliert wurden. Implikationen für die psychotherapeutische Praxis und für die Grundlagenforschung (z.B.Rahmenbedingungen für Katharsis) werden diskutiert.
Textprobe: Kapitel 5.3, Implikationen für die therapeutische Praxis: Die Ergebnisse dieser Untersuchung weisen darauf hin, dass eine Aufmerksamkeitslenkung auf den Körper nützlich sein könnte, um emotionales Verhalten zu intensivieren. Damit ergeben sich interessante Implikationen für Greenbergs Therapieansatz, demzufolge vor allem Personen, die unter einer Überregulierung ihres Affekts leiden (vgl. Abschnitt 2.9.) von einem solchen Vorgehen profitieren könnten. Insbesondere, wenn es also in der Psychotherapie darum geht, emotionales Verhalten zu verstärken, könnte eine Aufmerksamkeitslenkung auf affektbezogene Körperempfindungen hilfreich sein. Im Gegenzug scheint es so zu sein, dass die Expression des (rein) affektiven Erlebens eher zu einer Abschwächung des affektiven Zustandes führt (vgl. auch Abschnitte 2.6. bis 2.9.). Nach Greenbergs Therapieansatz dürften also vor allem Klienten, die unter einer Unterregulierung ihres Affekts leiden, von der genauen (z.B. schriftlichen), Expression affektiver Zustande profitieren. Eine qualitative Begutachtung der verfassten Texte der beiden Focusing-Versuchsgruppen erzeugt den Eindruck, dass die Probanden mit instruiertem Körperbezug in der Schreibaufgabe der vorliegenden Untersuchung i.d.R. kein vollständiges Focusing betrieben, sondern lediglich ihre Aufmerksamkeit auf den Körper gelenkt, und dann als nächstes klassisches expressives Schreiben (i.S.d. Pennebaker-Ansatzes) betrieben haben. Man könnte also sagen, dass der typische Focusing-Prozess bei den allermeisten Probanden zu früh abgebrochen und in einer nicht mehr körperbezogenen Richtung weiter geführt wurde. Dieser Eindruck ergibt sich vor allem, wenn man die verfassten Texte der beiden Focusing-Gruppen mit Äußerungen von Klienten in tatsächlichen Focusing-Sitzungen qualitativ vergleicht. Auch die oben (Abschnitt 5.1.) beschriebene fehlende quantitative Verifizierung der Focusing-Instruktion im Manipulationscheck deutet auf eben diesen Umstand hin. Dies würde bedeuten, dass in den entsprechenden Gruppen zwar eine kognitive Integration affektiver Inhalte des IS stattfand, jedoch möglicherweise keine (ausreichende) kognitive Integration auch visceraler und sensomotorischer impulsiver Inhalte. Aussagen darüber, ob das praktische (vollständige) Vorgehen im Focusing emotionale Zustände eher intensiviert oder abschwächt, lassen sich deshalb aufgrund der vorliegenden Daten nicht treffen. Grenzen dieser Untersuchung und Implikationen für weitere Forschung: Implizite Maße. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die impliziten Messverfahren in der vorliegenden Untersuchung keine signifikanten Unterschiede zwischen den experimentellen Bedingungen hervorbrachten. Auch wenn die angewandte Prozedur (Nutzung einer lexikalischen Entscheidungsaufgabe, LDT) bei Denzler et al. bereits erfolgreich eingesetzt wurde, steht zu bedenken, ob nicht eventuell ein impliziter Assoziationstest generell ein sinnvolleres Messinstrument für die Messung impliziten Ärgers sein könnte. Generalisierbarkeit. Des Weiteren werden durch die angewandten Verfahren Grenzen der Generalisierbarkeit deutlich. Es wurde durch die angewandte Emotionsinduktionsprozedur lediglich moderater Ärger induziert. Wie bereits zuvor diskutiert wurde, wäre zu überprüfen, ob eine stärkere Ärgerinduktion andere Ergebnisse hervorbringt. Eine Methode, die starken Ärger induziert, wird beispielsweise bei Bushman beschrieben, wo Probanden einen Aufsatz schreiben, und danach auf unfaire Weise dafür kritisiert werden. Dies ruft i.d.R. unmittelbar sehr starken Ärger hervor. Weiterhin wurde in der vorliegenden Untersuchung als Verhaltensmaß ein vom Probanden abgegebenes (Gerichts-)Urteil herangezogen. Die Probanden waren sich in diesem Fall im Klaren darüber, dass sie einen fiktiven Filmausschnitt angesehen haben, und dass deshalb auch das abgegebene Urteil eher einen fiktiven (als einen realitätsnahen) Charakter haben könnte, was die ökologische Validität dieses Maßes in Zweifel ziehen könnte. Man könnte weiterhin argumentieren, dass dies eher einer kognitiven Einschätzung als einem ‘echten’ Verhalten entspricht. Deshalb wäre es möglicherweise sinnvoll, in künftigen Studien eine (‘echte’) Bestrafung eines (‘echten’) Aggressors vorzunehmen, beispielweise durch eine Coverstory: Proband könnte z.B. beeinflussen, in welcher Höhe eine Geldprämie ausfällt, die der Aggressor für seine Teilnahme am Versuch erhalten soll, oder eine scheinbare Evaluation der (unfairen) Aufsatzkritik des Aggressors vornehmen (‘Wie würden Sie Ihren Dozenten benoten?’). Bei der inferenzstatistischen Überprüfung der Ergebnisse würde aufgrund des Pilotcharakters der vorliegenden Untersuchung keine Alpha-Adjustierung nach Bonferroni (bzw. Bonferroni-Holm) durchgeführt. Darum sind alle gefundenen Ergebnisse lediglich unter Vorbehalt zu interpretieren (die vorliegende Untersuchung war v.a. explorativer Natur dies rechtfertigt dieses Vorgehen). Auch eine mögliche Konfundierung der 8- bzw. 10-minütigen Schreibdauer in unterschiedlichen Gruppen könnte darüber hinaus ebenfalls einen verzerrenden Einfluss auf die Ergebnisse ausgeübt haben. Es ist deshalb sinnvoll, in weiteren Untersuchungen die einzelnen gefundenen Ergebnisse (vgl. Punkt 5.1) noch einmal einzeln zu verifizieren. Aufgrund der weiter oben (Punkt 5.3.) beschriebenen Tatsache, dass die Focusing-Prozedur möglicherweise nur partiell erfolgreich war, kann daran gezweifelt werden, ob in den Probanden dieser Untersuchung eine ausreichend vollständige kognitive Integration körperlicher Zustände erfolgt ist. Es wäre sinnvoll, bei weiteren Untersuchungen vor der Durchführung des Versuchs mit den Probanden ein Focusing-Training durchzuführen, oder bei der Rekrutierung der Teilnehmer von vornherein Personen, die mit der Reflektion über ihr körperliches Empfinden (z.B. Balletttänzer, Physiotherapeuten, Menschen mit Erfahrung in Focusing oder Körpertherapie) vertraut sind, anzuwerben. Ein letzter Aspekt, der die Generalisierbarkeit der gefundenen Ergebnisse einschränkt, ist die Tatsache, dass die Hypothesen lediglich anhand der Induktion und Expression von Ärger überprüft wurden. Die Resultate müssen darum nicht unbedingt übertragbar auf andere Emotionen sein. Insbesondere aus neurophysiologischer Sicht ist anzunehmen, dass bei unterschiedlichen affektiven Zustände unterschiedliche zentralnervöse Areale aktiv sind. Deshalb ist es sinnvoll, die Folgen einer kognitiven Integration impulsiver affektiver Inhalte (IS) durch reflektive Operationen (RS) auch anhand anderer negativer und positiver affektiver Zustände zu überprüfen. Vorschläge für zukünftige Studien. Um neben den bisher genannten Punkten die Hypothesen zur emotionalen Distanzierung weitläufiger überprüfen zu können, wäre es sinnvoll, auch starken Ärger zu induzieren, statt ausschließlich moderaten. Eine instruierte emotionale Distanzierung müsste die Probanden mit starkem induzieren Ärger in ein optimales ‘window of tolerance’ versetzen, und damit die kognitive Integration erleichtern, da das Arousal dann mittelstark wäre bei schwachem induzieren Ärger hingegen müsste die emotionale Distanzierung eine kognitive Integration erschweren, da das Arousal in diesem Fall zu schwach werden würde. Bei keiner emotionalen Distanzierung und starkem induzierten Ärger müsste die kognitive Integration ebenfalls erschwert sein, da das Arousal dann zu stark wäre. Eine Vermittlung über das Arousal könnte auch durch zusätzliche physiologische Maße (z.B. Messung des Herzschlags oder der Hautleitfähigkeit) belegt werden. In der vorliegenden Untersuchung wurde die emotionale Distanz lediglich durch die Aktivierung affektinkompatibler Inhalte erzeugt. Deshalb wäre auch anzuraten, die zweite Möglichkeit der emotionalen Distanzierung experimentell zu überprüfen. Dies könnte beispielsweise mittels einer Distanz-schaffenden Auswahl an Freiraum- Instruktionen des Focusing-Ansatzes geschehen. Weiterhin wäre es sinnvoll, bei einer Untersuchung des Körper-Faktors das weiter oben beschriebene Training in Focusing durchzuführen, oder die Rekrutierung von Menschen zu berücksichtigen, die Erfahrungen in der Reflektion von Körperempfindungen haben. Um zu differenzieren, ob bei emotionaler Distanzierung das ‘unerwartet-Neue’, das Probanden möglicherweise berichten, sich lediglich auf die aktivierten affektinkompatiblen Inhalte bezieht, oder ob im Probanden völlig neue Sichtweisen zu dem prozessierten Thema entstehen, wäre es sinnvoll, zu fragen, worin das ‘unerwartet-Neue’ konkret bestünde. Die so gewonnenen Daten ließen sich per Rating einer der beiden Möglichkeiten (neue rein affektinkompatible Inhalte vs. neue Perspektiven) zuordnen. Dies könnte Aufschluss geben auf die Frage, ob die emotionale Distanzierung einen eigenen, unabhängigen Einflussfaktor darstellt, oder ob sie lediglich moderierend auf die anderen Faktoren einwirkt. Um die weiter oben geschilderte differenziertere Sichtweise bezüglich der Katharsis-Hypothese zu belegen, wäre folgender Versuch möglich: wie bei Bushman beschrieben, ließe sich Ärger durch eine unfaire Beurteilung eines Aufsatzes induzieren. Als aggressives Verhalten wären verschiedene Stufen möglich: 1. Die Probanden schlagen auf Boxsäcke ein, und sehen dabei das Bild des Aggressors. 2. Die Probanden schlagen auf Boxsäcke ein, sehen dabei ein Bild des Aggressors, und können im Nachhinein kurz schriftlich darüber reflektieren, wie sich dieses Verhalten angefühlt hat (impulsive und reflektive Verarbeitung symbolische Schädigung des Aggressors). 3. Die Probanden bestrafen den Aggressor durch Verweigerung von Geldprämien in einem (simulierten) Spiel (impulsive und reflektive Verarbeitung nicht-symbolische bzw. direkte Schädigung des Aggressors), und reflektieren im Nachhinein kurz darüber. Bei Stufe 1 sollte der Ärger, wie bei Bushman beschrieben, steigen. Bei Stufe 2 sollte der Ärger aufgrund der kognitiven Integration moderat sinken. Bei Stufe 3 sollte der Ärger aufgrund der zusätzlich zur kognitiven Integration stattfindenden Zielerreichung stark sinken.
Hofmann, Tony, 1980 in Thüringen geboren, Diplom-Psychologe, Schwerpunkt Intiuitions- und Emotionspsychologie, Zusatzausbildungen in Focusing (DAF) und in klientenzentrierter Gesprächsführung. Darüber hinaus Webdesigner, Audio-CD-Produzent (beides spezialisiert auf psychosoziale Berufsfelder) und Fotokünstler. Lebt und arbeitet in Fürth.
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