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Psychologie


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 102
Abb.: 22
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nach der Geburt meiner Kinder und vielen Gesprächen mit Eltern entstand das Interesse, mich mit der Thematik Geburtsverlauf und postpartale Depression intensiver befassen zu wollen. Mit Hilfe einer Studie sollte eine Aussage getroffen werden, ob Mütter, die einen Kaiserschnitt erlebten, häufiger an Wochenbettdepressionen leiden als Mütter mit einer Vaginalentbindung. Erste Literaturrecherchen und Kongressbesuche klärten mich jedoch schnell darüber auf, dass Kaiserschnitt nicht gleich Kaiserschnitt und Wochenbettdepression nicht gleich Wochenbettdepression ist. Im ersten Teil der Studie werden die unterschiedlichen Stadien postpartaler psychischer Folgen beschrieben und deren Merkmale verdeutlicht. Neben dem Babyblues als eine sehr verbreitete Folge und der Wochenbettpsychose, die eher selten auftritt, wird vor allem auf die Wochenbettdepression oder postpartale Depression näher eingegangen. Handelt es sich bei der postpartalen Depression um eine eigenständige Form der Depression, welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein und welche aktuellen Entstehungsmodelle gibt es? Dies alles sind Fragen, die im Buch zusammenfassend dargestellt werden. In den letzten Jahren hat die Rate der Entbindungen per Kaiserschnitt enorm zugenommen und liegt deutlich höher, als der von der WHO vorgegebene Richtwert. Dadurch gerät die Geburtsform, die ursprünglich das Leben von Mutter und Kind retten sollte, mehr und mehr in die Kritik und wird in geburtshelfenden Berufskreisen auf unterschiedlichste Art uns Weise diskutiert. In Verbindung mit der GEK-Kaiserschnittstudie ist die Beschreibung möglicher Risiken einer Schnittentbindung, unterteilt in Primär- und Sekundärkaiserschnitt, ebenfalls Bestand des ersten Teils. Im zweiten Teil des Buches wird die durchgeführte Querschnittuntersuchung dargestellt. Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob der Geburtsverlauf einen Einfluss auf die Psyche der Mütter hat, kamen neben einem Fragebogen zur Erhebung demographischer Daten, Geburtsverlauf und Fragen zur eigenen wahrgenommenen aktuellen psychischen und körperlichen Situation folgende psychologische Tests zum Einsatz: NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI), Allgemeine Depressionsskala (ADS-K), State-Trait-Angstinventar und der Fragebogen zur Beurteilung des eignen Körpers (FBeK). Zur Auswertung wurde die Gesamtstichprobe in drei Unterstichproben unterteilt, die sich durch die unterschiedlichen Geburtsverlaufe (Primär-, Sekundärsectio und Vaginalgeburt) ergaben. Deren Testergebnisse werden miteinander verglichen, ausgewertet und interpretiert. Ideen für mögliche Folgeuntersuchungen und zum Umgang mit dem Thema Geburt bilden den Abschluss des Buches.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1, Die postpartale Depression: Kann man bei der Wochenbettdepression von einer besonderen Form der Depression sprechen, gibt es kulturelle Unterschiede und welche möglichen Ursachen begünstigen ihr Auftreten – mit diesen Fragen werde ich mich in den nachfolgenden Kapiteln beschäftigen. 2.1.1, Die postpartale Depression – eine Sonderform der Depression? Aufgrund fehlender Anhaltspunkte, die diese Form der Depression von anderen Formen unterscheidet, plädieren einige Autoren dafür, dass es sich bei der postpartalen Depression um eine Depression nach der Geburt handelt, also kein eigenständiges Krankheitsbild darstellt. Durch den Begriff ‘postpartal’ wird lediglich der Zeitpunkt des Auftretens einer Depression festgelegt, symptomatisch gibt es jedoch keine Unterschiede. Andere Autoren sehen aufgrund des besonderen Zeitpunktes des Auftretens der Depression deutliche Unterschiede, die eine eigenständige Diagnose rechtfertigen. So wird erwähnt, dass die Durchschlafstörungen, die auch für andere Formen der Depression charakteristisch sind, vielmehr durch den Schlafrhythmus der Neugeborenen hervorgerufen werden. Dabei fühlen sich die jungen Mütter in den Morgenstunden sehr aktiv, am Abend jedoch leer und ausgebrannt, während es sich bei den Depressionen anderer Art so verhält, das der Tag eher müde und erschöpft beginnt und durch Antriebslosigkeit bestimmt wird. Weiterhin sei die mögliche Gewichtszunahme von Müttern, bekannt als mütterliche Fettsucht, ein spezifisches Merkmal der postpartalen Depression, während bei der typischen Depression eher eine Gewichtsabnahme erkennbar ist. Neben diesen Symptomen leiden die Mütter an einer erhöhten Reizbarkeit bis hin zu aggressiven Verhalten, ein weiterer Unterschied zur depressiven Episode. Nicht in jedem Fall zu beobachten, aber in Verbindung mit den genannten und anderen Symptomen, rechtfertigt die so genannte ‘Galaktorröh’, die das über Monate nach dem Abstillen Vorhandensein von Muttermilch beschreibt, die Unterscheidung zu anderen Depressionen. Als Grund dafür wird der erhöhte Prolaktinwert genannt. Prolaktin, ein Hormon der Hirnanhangsdrüse, ist unter anderem dafür verantwortlich, die mütterliche Brust auf das Stillen vorzubereiten. Die Funktionen des Hormons Prolaktin und dessen Einfluss auf Stimmungsschwankungen während Schwangerschaft, Geburt und Zeit nach der Entbindung soll ab Kapitel 2.2.3 näher betrachtet werden. Es wurde bereits erwähnt, dass vor allem Erstgebärende ein erhöhtes Erkrankungsrisiko aufzeigen. Wenn man das Alter der Erstgebärenden jedoch mit dem Zeitpunkt der Erstmanifestation einer Depression bei Frauen in der Bevölkerung vergleicht, so fällt beides in den Lebensabschnitt des jungen Erwachsenenalters. Diesbezüglich bleibt es schwer zu sagen, welche Ursachen der Depression zugrunde liegen und ob eine Unterscheidung zwischen postpartaler Depression und der Form nach ICD-10 gerechtfertigt ist. Unbeantwortet bleibt weiterhin, welche Rolle der Partner, die Familie oder die Freunde spielen? Welche Erwartungen hat die Mutter an ihr soziales Umfeld und auch an das Leben mit einem Kind? Ebenso entsteht die Frage, ob bestimmte Persönlichkeitsmerkmale der Mutter vorliegen, die eine postpartale Depression begünstigen und ob diese ausreichen, von einer speziellen Depressionsform zu sprechen. Ob es diesbezüglich gewisse Risikofaktoren gibt, die eine postpartale Depression fördern, soll im folgenden Kapitel beschrieben werden. 2.1.2, Welche Faktoren begünstigen eine postpartale Depression? Die Ursachen und Risikofaktoren sind vielfältig und erst ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Umstände kann zu einem Zusammenbruch von vorhandenen Bewältigungsstrategien führen. So kann es sein, dass trotz günstiger biologischer und psychologischer Ausgangsbedingungen eine empfundene Belastung im sozialen Umfeld in einer psychischen Krise endet. Andererseits ist eine hohe biologische Vulnerabilität ausreichend, damit die Mutter durch die Betreuung ihres Säuglings, an die Grenzen der eigenen psychischen Belastbarkeit geführt wird. In der Literatur herrscht weitestgehende Einigkeit darüber, dass frühere depressive oder andere psychischen Erkrankungen sowie psychopathologische Auffälligkeiten während der Schwangerschaft die wichtigsten Risikofaktoren für eine postpartale Depression darstellen. So erhöht sich das Risiko für jene Frauen, an einer Wochenbettdepression zu erkranken, um 10-25%. Andererseits berichtet Dalton über ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, wenn die Frauen während der Schwangerschaft seltener über Symptome wie Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Müdigkeit oder Übelkeit klagten. Weiterhin traten Wochenbettdepressionen vor allem bei den Müttern auf, die eine auffällig positive Einstellung zu Mutterschaft und dem für sie damit verbundenen Stillen angaben, sich über die Schwangerschaft am meisten freuten, im letzten Drittel der Schwangerschaft sehr euphorisch waren und das Leben mit Kind gedanklich bis ins letzte Detail durchorganisierten. Oft sind es aber auch Frauen, die extrem besorgt sind, zum Perfektionismus tendieren, hohe Erwartungen an sich selbst haben und die ständige Kontrolle haben wollen. Eine schwierige Paarbeziehung, in der der Partner als wenig unterstützend wahrgenommen, emotional und verbal zurückhaltend erlebt wird, finanzielle Not, schlechte berufliche Qualifikation sind Beispiele psychosozialer Risikofaktoren, denen jedoch eine geringere Bedeutung zugeschrieben wird. Bezüglich des Alters gibt es sehr unterschiedliche Untersuchungsergebnisse. Sie tendieren jedoch in die Richtung, dass entweder junge Mädchen, die im Teenageralter Mutter werden oder aber Frauen, die älter als 30 Jahre sind, häufiger an einer Wochenbettdepression leiden. Als Erklärungsansätze werden auch hier vor allem Ursachen psychosozialer Natur genannt. Während die sehr jungen Mütter sich aufgrund der Betreuung ihres Kindes oft aus ihrem Freundeskreis zurückziehen, sehen die älteren Mütter ihre berufliche Weiterentwicklung gefährdet. Komplikationen in der Schwangerschaft oder während der Geburt sowie Erkrankungen des Neugeborenen stehen ebenfalls im Verdacht, dass Risiko zu erhöhen. Einen Zusammenhang zwischen Geburtsverlauf und dem Auftreten einer postpartalen Depression beschrieben Dalton, Thalassinos et al. und O’Hara et al. in ihren Publikationen. Besondere Aufmerksamkeit schenkten sie dabei Zangen-, Saugglocken- oder Schnittentbindungen. Eine besondere Belastung stellen vor allem die ungeplanten operativen Entbindungen dar, im Gegensatz zu einem geplanten Kaiserschnitt. Diesbezüglich wurde in einer Untersuchung von James et al. der wichtige Erstkontakt zwischen Mutter und Säugling diskutiert. Sie verglichen Frauen, die vaginal gebaren und sofort den Kontakt zum Kind aufnehmen konnten, mit Frauen, die ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt brachten und aufgrund der Narkose erst nach einiger Zeit ihr Kind bekamen. Es zeigte sich, dass Frauen, die zur erstgenannten Gruppe gehörten, weniger an postpartalen Depressionen litten als die Kaiserschnittmütter. Dieser Unterschied war auch noch nach dreieinhalb Monaten erkennbar. Ferner stellt die daraus resultierende erschwerte Bildung der Mutter-Kind-Beziehung einen markanten Stressfaktor dar, der die Entstehung einer Wochenbettdepression begünstigen kann. In ihrer Untersuchung berichten Whiffen und Gotlib darüber, dass Kaiserschnittmütter unzufriedener mit der Beziehung zu ihrem Kind sind. So sei das Verhalten der Neugeborenen problematisch, der Tagesablauf sehr unregelmäßig und es bliebe nur wenig Zeit für die eigenen Bedürfnisse. Anregung zur Diskussion gaben Whiffen und Gotlib dahingehend, ob das Verhalten der Kinder von den betroffenen Müttern als problematischer wahrgenommen wurde. Andererseits kann das Verhalten der Kinder auch Reaktion auf das Verhalten der an einer postpartalen Depression leidenden Mutter gesehen werden. Hingegen erkannten Stein et al. keinen Zusammenhang zwischen Geburtsverlauf und einem erhöhten Erkrankungsrisiko. In einer Untersuchung der WHO kam man zu dem Ergebnis, dass nicht die tatsächlichen Komplikationen bei der Entbindung, sondern das subjektive Erleben von Schwangerschaft und Geburt eine postpartale Depression auslösen kann. Gerade Frauen, die die Geburt als starke Belastung erlebten, unter unerträglichen Schmerzen, Hilflosigkeit, Schamgefühlen und Kontrollverlust litten, seien stark gefährdet. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Faktoren, die eine postpartale Depression begünstigen können, sehr vielfältig sind. Sie sind zum einen persönlichkeitspsychologischer Natur, andererseits spielen auch soziale und situationsbedingte Faktoren eine Rolle. Da bei Depressionen allgemeiner Art von einer genetischen Disposition ausgegangen wird, ist dieser Einfluss auch für die postpartale Depression anzunehmen. Welcher Art von Umständen dabei mehr Gewicht zugesprochen werden kann, bleibt fraglich. Vielmehr zeichnet sich ein komplexes Zusammenspiel aller genannten Faktoren ab und unterstützt die Hypothese von Hofecker-Fallahpour et al., die den Anfang dieses Kapitels bildete. Dennoch sind es Situationen, die in ähnlicher Weise Auslöser anderer Formen depressiver Erkrankungen sein können. Zwar stellt das Mutterwerden eine Reifungskrise mit Veränderungen zwischenmenschlicher und sozialer Kontakte dar, dennoch können der Tod eines nahe stehenden Menschen oder die plötzliche Gefährdung der eigenen Gesundheit ebenfalls als Wendepunkte, die einer Bewältigung bedürfen, angesehen werden. Einen wesentlichen Unterschied stellt jedoch die Veränderung des Hormonhaushaltes einer Frau während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbettzeit dar. Eventuell liegt hier die Möglichkeit, die postpartale Depression als eigenständige Form anzusehen. Diese Erklärungsmöglichkeit wird im Folgenden Thema sein.

Über den Autor

Christian Mundt, Jahrgang 1978, studierte in Halle (Saale) und Leipzig Psychologie und schloss 2010 die Ausbildung zum Systemischen Familientherapeuten und Berater ab. Er arbeitet seit 2008 in der Autismusambulanz Leipzig sowie in einem Team der Aufsuchenden Familientherapie. Ferner übt er die Funktion als Elternkursleiter / Elternkurstrainer für den Deutschen Kinderschutzbund e.V. aus und ist seit 2011 als freischaffender Paartherapeut tätig. Durch das Erleben der Geburt der eigenen Kinder und den Folgen unterschiedlicher Geburtsverläufe sowie Gespräche mit anderen Eltern entstand das Interesse, sich mit der Thematik des vorliegenden Buches näher zu befassen. Ziel dieser Studie war es, über mögliche Zusammenhänge zwischen dem erlebten Geburtsverlauf und postpartalen psychischen Folgen für die Frau zu berichten und zu ermutigen, neben der Freude über das Kind auch Gefühle der Trauer zuzulassen.

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