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Psychologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 216
Abb.: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Wie viel versteckte Kommunikation gibt es am Pokertisch? Welche unbewussten Signale sendet der Körper? Welche Gestik verrät einen Bluff, welche Mimik ein starkes Blatt? Auf diese Fragen wird im Buch ausführlich eingegangen. Das vermeintliche Glücksspiel Poker wird ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen neu untersucht. Im Theorieteil erfolgt eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Grundlagen der nonverbalen Kommunikation, der Semiotik und der interpersonellen Kommunikation im Allgemeinen. Ergänzend dazu wird auf das Kartenspiel Poker, seine Anfänge und seine Erfolgsgeschichte, näher eingegangen. Dabei finden sowohl die Werke bekannter Wissenschaftler, wie Paul Ekman, Ray Birdwhistell oder Michael Argyle, als auch die Arbeiten von Pokerexperten, wie Mike Caro oder Jan Meinert, Erwähnung. Im empirischen Teil erfolgt eine Untersuchung der TV Total Pokernacht . Bei dieser wird die Körpersprache der prominenten Pokerspieler analysiert und entschlüsselt. Die durchaus überraschenden Ergebnisse werden in den letzten Kapiteln zusammengefasst und anschaulich in Tabellenform dargestellt. Mit den Ergebnissen soll aufgezeigt werden, wie viel Kommunikation sich tatsächlich hinter dem Kartenspiel Poker verbirgt. Abgerundet wird die Studie durch ein Interview mit dem österreichischen Pokerprofi Erich Kollmann zum Thema ‚Körpersprache am Pokertisch’.
Textprobe: Kapitel 3.2, Nonverbal vs. Verbal: ‘Ein Mensch kann aufhören zu sprechen, er kann aber nicht aufhören, mit seinem Körper zu kommunizieren er muss damit entweder das Richtige oder das Falsche sagen aber kann nicht gar nichts sagen.’ (Goffman 1971: 43). Bezug nehmend auf Goffmanns Zitat sowie auf das zu Beginn des Buches angeführte Postulat von Watzlawick (‘man kann nicht nicht kommunizieren’), lässt sich ableiten, dass die Körpersprache bzw. die nonverbale Kommunikation in keinem Fall als simples ‘On/Off-System’ interpretiert werden kann. Vielmehr läuft diese, auch wenn sie vom Sender nicht bewusst eingesetzt wird, in einem ständigen ‘Standby-Modus’. Wenn zwei Menschen miteinander kommunizieren, senden sie unbewusst nichtverbale Signale. Die verbale Kommunikation ist eng mit der nonverbalen verflochten und in verschiedener Hinsicht von ihr angewiesen. Die verbale Kommunikation benötigt nonverbale Informationen zur Ergänzung, zur Vervollständigung von Äußerungen, umgekehrt brauchen nonverbale Kommunikationsformen die verbalen Mitteilungen zu einer präziseren Inhaltsangabe. Menschen, die mit einem ausdruckslosen Gesicht in die Gegend starren, so Argyle (1975: 118), könnten mit niemandem kommunizieren. Der Anthropologe Albert Mehrabian versuchte diese nonverbale Dominanz in Prozentzahlen zu fassen und kam zu dem Schluss, dass nur sieben Prozent aller Informationen, die wir aus einem Gespräch gewinnen, aus den Worten geholt wird. 38 Prozent beziehen wir aus dem Klang der Stimme, 55 Prozent aus der Körpersprache. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam Birdwhistell, laut dem 65 Prozent der im zwischenmenschlichen Austausch eingeholten Information, nicht aus den Worten stammt. (Vgl. Thiel 1986: 8). Birdwhistell (1968: 193) sieht Kommunikation als ein ‘Vielspur-System’, bei dem gesprochene Sprache und Körperbewegungssprache die Rolle von Infra-Kommunikationssystemen einnehmen, die miteinander interdependent verschmolzen sind. Ein kontinuierlicher Interaktionsprozess, bestehend aus vielschichtigen, einander überlappenden und diskontinuierlichen Verhaltenssegmenten. Gewöhnlich wird also zusammen mit Worten und Sätzen eine Vielfalt nonverbaler Signale vermittelt, welche die verbale Nachricht modifizieren oder in manchen Fällen sogar völlig ersetzen können. (Vgl. Birdwhistell 1968: 193) Scherer spricht in diesem Zusammenhag von drei unterstützenden Funktionen, die vokale (Pausen, Betonung etc.) und nonvokale nonverbale Zeichen (Mimik, Gestik etc.) für die Bedeutungskonstitution sprachlicher Äußerungen in gesprochener Sprache einnehmen können: Amplifikation (gleichzeitige Verwendung von nonverbalen Zeichen und verbalen Äußerungen), Kontradiktion (Widerspruch zwischen der verbalen und nonverbalen Verhaltensweise) und Modifikation (durch nonverbale Hinweise wird der Inhalt der verbalen Nachricht verändert). (Vgl. Scherer 1977: 19f) Als vierten Punkt zählt Scherer die Substitution auf. Diese stellt dahingehend einen Sonderfall dar, da keine begleitende Verbaläußerung vorliegt und der Bedeutungsinhalt direkt durch ein nonverbales Zeichen übermittelt wird. (Vgl. Scherer 1976: 26) In ein ähnliches Horn bläst Lotte Weinrich (1992: 13ff), die die nonverbale Kommunikation nicht als ‘minderes Anhängsel der verbalen Kommunikation’ sieht, dabei die These vertretend, dass nonverbale Signale mithilfe der linguistischen Semantik untersucht werden müssen und das Verhalten unabhängig von verbalen Äußerungen zu betrachten sei. Für sie bilden die beiden Ausdrucksformen keine untrennbare Einheit, wie zuvor bei Birdwhistell. Richmond, McCroskey und Hickson (2008: 7f) unterscheiden wiederum sechs unterschiedliche Funktionen, die die nonverbale Kommunikation in Bezug auf die verbale einnehmen kann: komplementierend, gegensätzlich, betonend, wiederholend, regulierend und ersetzend. Mit diesen sechs Eigenschaften, die simultan vonstatten gehen können, wollen sie die enge Verknüpfung der beiden Kommunikationswege verdeutlichen. Komplementierende nonverbale Nachrichten treten begleitend zu verbalen Botschaften auf. Diese bekräftigen, verdeutlichen oder erklären den Inhalt einer verbal getätigten Aussage. Gegensätzliche nonverbale Nachrichten stehen, wie der Name bereits impliziert, für einen Gegensatz zur mündlichen Botschaft. Wenn diese Grundkonstellation gegeben ist, tendieren die Leute dazu, dem nonverbalen Teil der Nachricht Glauben zu schenken. Verspricht der Angestellte dem Vorgesetzten: ‘Ich werde diesen Fehler nicht mehr machen’ und schaut dabei mit einem schmollenden Gesicht zu Boden, wird der Chef der Körpersprache vertrauen. Diese Form der Vernetzung ist beim Sarkasmus zu beobachten. Erst das gegensätzliche nonverbale Verhalten ‘outet’ das Gesagte als Sarkasmus. Misslingt die Abgrenzung, wird dieser nicht verstanden. Betonende nonverbale Nachrichten unterstreichen verbale Aussagen. So kann eine gesetzte Pause die ihr folgenden Worte wichtiger erscheinen lassen oder ein Erhöhen der Stimme bestimmte Textpassagen hervorheben. Werden hingegen Sätze bewusst emotionslos gesprochen, können Wörter ‘unterbetont’ und in der Folge beim Diskussionspartner schneller vergessen werden. Unter wiederholende nonverbale Nachrichten fallen die im weiteren Verlauf noch öfters aufgegriffenen und im Detail erklärten Embleme. Diese stehen stellvertretend für die verbale Botschaft und kommen zum Einsatz, wenn beispielsweise beim Bestellen in einer Bar zwei Finger gehoben und dazu begleitend zwei neue Getränke geordert werden. Das Nonverbale wiederholt das Verbale, das eine hätte anstatt dem anderen zum Einsatz kommen können. (Vgl. Richmond/ McCroskey/ Hickson 2008: 8f) Regulierende nonverbale Nachrichten koordinieren ein Gespräch. Darunter fällt der gehobene Zeigefinger genauso wie der Blick zum Konversationspartner. Ist verbale Kommunikation aus diversen Gründen (Lautstärke, Entfernung,…) schwierig oder unmöglich, kann ein Austausch nonverbaler Signale (Blicke, Lächeln, Gesten) an die Stelle der verbalen Kommunikation treten. Ersetzende nonverbale Nachrichten treten anstelle der verbalen in Kraft. Kommunikationspartner unterschiedlichen Geschlechts haben mithilfe nonverbaler Zeichen (Blickkontakt) und einem elaborierten Austausch dieser, meist schon vor dem ersten gewechselten Wort Interesse und Gefallen aneinander gefunden. (Vgl. Richmond/ McCroskey/ Hickson 2008: 10f & Forgas 1995: 126). Das Problem bei der nonverbalen Kommunikation liegt meist nicht in der Wahrnehmung der Signale seines Gegenübers während einer Konversation, sondern in der Fähigkeit, diese zu verstehen. Die Fähigkeit, die Sprache des Körpers richtig zu lesen und zu deuten, entwickelte sich nicht in gleichem Maße weiter, wie die Fähigkeit mit dem gesprochenen Wort umzugehen. Durch Trainingsverfahren, wie der Vermittlung theoretischer Kenntnisse oder dem Üben mit konkretem Material wie Videoaufnahmen, kann die soziale Kompetenz, die Fähigkeit der Emotionswahrnehmung, die Verbesserung der Wahrnehmungsgenauigkeit für soziale Stimuli gesteigert werden. Um nonverbale Signale zu verstehen, müssen letzten Endes viele unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden. Dazu zählen das Umfeld, das Befinden und selbst Werte, Normen bzw. Ziele des Gegenübers. (Vgl. Rückle 1996: 6f). Ergänzend bzw. erschwerend dazu, nutzen laut Samy Molcho (1996: 9f) verschiedene Zielgruppen ihre eigenen Codes der Körpersprache. Während unter Jugendlichen etwa eine wegwerfende Handbewegung, begleitet von einem kurzen Hochziehen der Schultern, als lockere Ankündigung eines Einwandes gesehen wird, sehen Eltern oder Lehrer darin häufig eine verächtliche oder aggressive Geste. Die Fehldeutung der Körpersprache führt zum Konflikt. Die Körpersprache der Erwachsenen folgt einem anderen Code, bestimmt durch ihre gesellschaftliche Rolle. Ein Abteilungsleiter hat andere Verhaltensregeln als ein Fabrikarbeiter, ein Arzt wiederum andere als ein Busfahrer. In der Sprachwissenschaft und Soziologie ist in diesem Zusammenhang von einem ‘restringierten Code’, ein eingeschränkter Sprachschatz, an dem sich die Schichtenzugehörigkeit bzw. die soziale Position eines Menschen erkennen lässt und einem ‘elaborierten Code’, benutzt von Menschen mit besseren Bildungsmöglichkeiten und beruflichen Stellen, die Rede. Diese Merkmale, so Molcho (1996: 10) weiter, lassen sich auch auf die Körpersprache übertragen. Der soziale Status, die Rangordnung, die Selbsteinschätzung und die gesellschaftliche Stellung lassen sich aus dieser erschließen. Körpersprache lernen wir, meist unbewusst, ein ganzes Leben lang. ‘Den größeren Teil der Mimik, Gebärden und Gesten, mit denen wir uns gegenüber anderen ausdrücken, haben wir uns durch Nachahmung oder Erziehung angewöhnt. Sie dienen dazu, unsere Gefühle darzustellen, und sind, bei aller Subjektivität und Individualität, ein allgemein verbindlicher Code. Das heißt aber auch umgekehrt, dass diese uns angewöhnte Bewegungsweise unsere Gefühle mitbedingt.’ (Molcho 1996: 63). Erziehung ist Molchos Erklärung (1996: 64) folgend, gewissermaßen der Versuch, die Reaktionen von Menschen zu planen, damit wir wiederum mit dieser Gruppe von Menschen planen können. Das beginnt im engen Kreis der Familie und geht über in die soziale Schicht, der die Familie angehört, bzw. in die Verhaltensnormen, die von Menschen mit denen unmittelbarer gesellschaftlicher Kontakt gepflegt wird, sei es in Beruf oder Freizeit, angewandt werden. Die Erziehung entwickelt sich also von der Familie, in sozialen Gruppen, bis hin zur Nation und dem Kulturkreis. Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass ihre Mitglieder auf bestimmte Reize mit gleichen Antworten reagieren. Eine Begleiterscheinung ist dabei das Entstehen typischer Kennzeichen nationaler Zugehörigkeiten, und, aufgrund verschiedener Ideale und Vorstellungen, kultureller Unterschiede. (Vgl. Molcho 1994: 64f). Als empirische Referenz für diese kulturellen Unterschiede ließen sich unzählige internationale Studien anführen. Stellvertretend dafür, wird an dieser Stelle kurz auf eine Untersuchung von Shimoda, Argyle und Ricci Bitti (1978) eingegangen. Die drei Autoren verglichen wie weit die Gefühlsäußerungen von Engländern, Italienern und Japanern von Versuchspersonen aus den drei Ländern richtig wahrgenommen werden. Das Ergebnis war eindeutig. Engländer und Italiener konnten gegenseitig ihre Gefühlsäußerungen ziemlich treffend beurteilen, weniger gut jedoch die der Japaner. In Japan gilt ein kontrolliertes, ausdrucksloses Gesicht als Leitbild, Lachen dient nur dazu, um Ärger und Kummer zu verdecken. Eine Liste von kulturellen Unterschieden, die sich wohl endlos weiterführen ließe. (Vgl. Argyle 2005: 80f). Zusammenfassend lässt sich festhalten: Sprache transportiert Sachinformationen, harte Fakten und übermittelt Handlungsanweisungen, der Körper hingegen gibt Hinweise auf Glaubwürdigkeit, Werthaltungen, Emotionen und innere Einstellungen. Hinweise auf den Kontext der Sachinformation. Hände, Arme und Beine sind mindestens so aussagekräftig wie unsere Zunge. Beide Formen der Kommunikation sind dabei eng miteinander verknüpft. (Vgl. Thiel 1986: 8f) Oder wie es Abercrombie (zit. nach Bastian 1994: 197) ausdrückt: ‘We speak with our vocal organs, but we converse with our entire bodies conversation consists of much more than a simple interchange of spoken words’.
Mag. Stefan Schiehauer wurde 1985 in Wels geboren. Sein Studium der Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg schloss der Autor im Jahr 2011 mit dem akademischen Grad des Magisters der Kommunikationswissenschaft ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor praktische Erfahrungen in der Medien-Branche. Zu Beginn seiner beruflichen Karriere noch als Printjournalist tätig, arbeitet der Hobby-Pokerspieler mittlerweile als Programmchef und Moderator bei einem lokalen österreichischen Fernsehsender.
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