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Psychologie

Corinna Buchholz

Burnout im Zeitalter der Postmoderne: Erkranken wir an der Gesellschaft?

ISBN: 978-3-8428-9835-6

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Trotz des Mangels an einer einheitlichen wissenschaftlichen Definition kam es gerade in den letzten Jahren zu einem inflationären Gebrauch des Begriffes ‘Burnout’. Die Diskrepanz zwischen scheinbar intuitivem Verständnis des Konstruktes und dem Fehler einer einheitlichen Definition movierte diese Literaturstudie, in der der Tatsache Rechnung getragen werden soll, dass sich Krankheitsbegriffe nicht unabhängig von gesamtgesellschaftlichen Prozessen entwickeln und daher einer Untersuchung aus sozialpsychologischer Perspektive würdig sind. Dabei werden auch die Veränderungsprozesse in unserer globalisierten Arbeitswelt und deren Auswirkungen auf das Individuum und seine Identitätsbildung miteinbezogen

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.4, Theoretische Ansätze zur Entstehung von Burnout: Wie entsteht Burnout und welche Faktoren bergen ein Risiko für seine Entwicklung? Auf diese Fragen existiert eine Vielzahl an Antworten. Grob unterscheiden kann man die Erklärungsansätze in individuumzentrierte und organisationale Modelle (Rösing, 2003). Während am Individuum orientierte Erklärungsansätze vorrangig den Zusammenhang von Persönlichkeitsvariablen mit Burnout untersuchen und das Umfeld dabei wenig betrachten, konzentrieren sich organisationale Modelle auf arbeitsbezogene Stressoren als Ursache des Ausbrennens (Schneglberger, 2010). Der Vorschlag eines integrierenden Burnout-Modells geht auf Burisch (2006) zurück, der Burnout als ‘in Gang gesetzt durch Autonomieeinbußen in gestörten Auseinandersetzungen des Individuums mit seiner Umwelt, genauer: durch die innere Repräsentation solcher Interaktionen als gestörter und das Scheitern bei ihrer Bewältigung’ (S. 148f). In seinem Modell gibt er die Vorstellung auf, dass Burnout auf wenige oder spezifische Ursachen zurückzuführen ist. Demgegenüber skizziert er eine Art Reiseroute, die von einem jetzigen Ist-Zustand in ein in der Zukunft liegendes Ziel führt oder dieses verfehlt. Die Reise ist dabei stets in Gefahr und Störungsmöglichkeiten gibt es viele. Auffällig ist hierbei der gewählte Terminus des Störfalls, der innerhalb der Kerntechnik die Bezeichnung für ein Ereignis im Betriebsablauf ist, ‘für dessen sicherheitstechnische Beherrschung die Anlage jedoch ausgelegt ist, bzw. Schutzvorkehrungen getroffen wurden’ und somit ebenso wie der Begriff des Burnout aus dem Gebiet der Technik entlehnt ist (Brockhaus, 1999). Rösing (2003) beklagt in ihrer umfassenden Analyse der Burnout-Forschung das Fehlen einer einheitlichen Theorie und fasst vorhandene theoretische Teilansätze in drei Erklärungsebenen zusammen: - die intrapersonale, - die interpersonelle und - die Person-Institutionen-Ebene. Diese drei Erklärungsebenen sollen im Folgenden aufgrund ihrer Bedeutung im Hinblick auf künftige Theorieentwicklungen näher erläutert werden. 2.4.1, Die Intrapersonale Ebene: Die ersten Theorieansätze der intrapersonalen Ebene gehen auf Freudenberger (1974) zurück, der stets betonte, dass nur engagierte Menschen ausbrennen können, die hohe Ansprüche an sich stellen. Pines (1993) fomuliert es so: ‘Um auszubrennen, muss man erst einmal gebrannt haben. Ein Mensch, der keine solche Anfangsmotivation hatte, kann Stress, Entfremdung, Depression, eine existentielle Krise oder Müdigkeit erfahren, nicht jedoch Burnout’ (zitiert nach Rösing, 2003, S. 109). Genau das Gegenteil behaupten Kalliath, O´Driscoll & Gillespie (1998). Sie stellten bei Krankenhausangestellten höhere Burnout-Werte bei denjenigen fest, die weniger in ihre Arbeit involviert sind (Rösing, 2003). Eine solche Querschnittstudie kann jedoch nicht genau sagen, was Ursache, Korrelat oder Folge ist. Das Ergebnis kann jedoch ebenso gemäß dem phasenhaften Verlauf von Burnout interpretiert werden, demnach wären diese Menschen bereits im Burnout-Prozess fortgeschritten und daher schon ihrer Arbeit entfremdet und weniger involviert. Auch aktuelle psychodynamische Erklärungsansätze gehen von einer dysfunktionalen Bewältigung von intrapsychischen Anforderungen aus, welche einen verstärkten Gebrauch unreifer Abwehrmechanismen zur Folge haben und zum Burnout-Prozess beitragen können (Schneglberger, 2010). Längle (1997) interpretiert Burnout aus einer existenzanalytischen Perspektive als Sinnverlust und existenzielle Frustration. Eine Perspektive, die durchaus Überschneidungen mit dem Identitätsdiskurs in der Postmoderne aufweist, der Identitäts- und Sinnfindung in der heutigen Lebenswelt als besonders schwierige Aufgabe begreift. Auf den aktuellen Identitätsdiskurs wird im zweiten Teil dieser Arbeit näher eingegangen. Rösing (2003) sieht den Kern der intrapersonalen Ansätze in den postulierten intrapsychischen Dissonanzen, Nichtstimmigkeiten zwischen beruflichem Selbstbild und Selbstanspruch auf der einen Seite und den wahrgenommenen beruflichen Realitäten auf der anderen Seite. Sie unterstellt den Ansätzen eine implizite Wertung, die den Burnout-Geplagten als Idealist mit defizitären Bewältigungstrategien klassifizieren. Ihrer Meinung nach ergibt sich ein durchgängig negatives Gesamtbild bei der Erforschung von Burnout und Persönlichkeitskorrelaten. Der ‘Burnoutler’ scheint gekennzeichnet durch ‘einen emotional vermeidenden, ausweichenden, zudeckenden Stil des Umgangs mit der Belastung’ (S. 99). 2.4.2, Die Interpersonelle Ebene: Als bekannteste Theorie auf interpersoneller Ebene nennt Rösing (2003) diejenige von Maslach (1998), nach der die Ursache emotionaler Erschöpfung in der interpersonellen Anforderung zwischen Patient/Klient auf der einen Seite und dem Anbieter von Hilfen auf der anderen Seite liegt. Aus Selbstschutz und als Reaktion auf die belastenden Anforderungen kommt es demnach zur Depersonalisation (emotionale Distanz zum Patienten), was wiederum die Beziehung verschlechtert und zum Gefühl ineffizienter Arbeit führt. Im Modell von Golembieweski, Munzenrider & Stevenson (1986) wird von einer anderen Abfolge ausgegangen. Als Reaktion auf belastende Patientenkontakte kommt es zunächst zur Depersonalisation und erst anschließend zur emotionalen Erschöpfung. Ein drittes Modell von Van Dierendonck, Schaufeli & Buunk (2001c) sieht an erster Stelle einen Abfall der selbst eingeschätzten Arbeitsleistung, woraufhin sich emotionale Erschöpfung und Depersonalisation einstellen (Rösing, 2003). Zu diesen drei Prozessmodellen von Burnout wurden mehrere empirische Studien durchgeführt. Am ehesten trifft demnach das Modell von Maslach zu, wonach zuerst die emotionale Erschöpfung entsteht und sich Depersonalisation und eine negative arbeitsbezogene Selbsteinschätzung erst danach einstellen (a.a.O.). Ein neuerer interpersoneller Ansatz von Buunk und Schaufeli (1993) geht auf die sozialpsychologische Equity-Theorie nach Adams (1965) zurück. Diese versteht interpersonelle Beziehungen im Sinne der beiderseitigen Ausgewogenheit von Interaktionspartnern im Hinblick auf Investitionen und Gewinne. Demnach wäre die Depersonalisation der Versuch, das wahrgenommene Ungleichgewicht ins Gleichgewicht zu bringen (Rösing, 2003).

Über den Autor

Corinna Buchholz wurde 1983 in Bremen geboren. Ihr Studium der Psychologie schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem Diplom ab. Bereits während des Studiums interessierte sie sich für die gesellschaftstheoretische Perspektive des Krankheitsbegriffs sowie die vermeintliche Dichotomie von Krankheit und Gesundheit, wobei sie durch psychiatrische Praktika zu der vorliegenden Arbeit motiviert wurde. Ihre Beschäftigung mit menschlicher Entwicklung und deren Förderung motivierte sie schließlich, den Beruf der Psychotherapeutin auszuüben und sich auch dabei wiederholt mit dem Spannungsfeld von Individuum und Gesellschaft auseinanderzusetzen.

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