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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 180
Abb.: 26
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Bedeutung von Erdöl als Energieträger stützt wie kaum eine andere Ressource die Grundstruktur unserer modernen Gesellschaft. Dennoch wird die Zukunft des Systems der globalen Erdölversorgung stark diskutiert. Gegenwärtig stehen dabei die ‘unkonventionellen Erdöle’ im Vordergrund. Von ihrer Erschließung verspricht man sich die Etablierung neuer Lagerstätten. Sie werden als neue und systemverändernde Variablen in die Diskussion eingebracht. In der vorliegenden Arbeit wird ihr Potential für die zukünftige Entwicklung der Erdölversorgung hin kritisch untersucht. Als Grundperspektive dient die warnende wachstumskritische Position des Berichts des Club of Rome von 1972, welcher einen massiven inneren Systemkonflikt der Weltwirtschaft prophezeite. Unter den Eindrücken dieses Forschungsberichts wird eine Analyse erstellt, die der Bedeutung der unkonventionellen Erdöle als Ausdruck ‘technologischer Lösungen’ auf den Grund geht. Analog soll folgende Fragestellung als Leitfrage zur Behandlung des Themenkomplexes dienen: Welche Rolle spielen unkonventionelle Erdöle bei der zukünftigen Erdölversorgung? Die Fragestellung umfasst ein breites Spektrum möglicher Ansatzpunkte: So ergibt sich die Frage, welche Veränderungen bei der Betrachtung einer zukünftigen Erdölversorgung als Ganzes wichtig sind, insbesondere die Verschiebung der Nachfrage durch Veränderungen der ökonomischen Gesamtzusammenhänge betreffend. Eine Zunahme der Nachfrage stellt unweigerlich Bezüge zur Entwicklung des Angebots her. Wenn man davon ausgeht, dass unkonventionelle Erdöle in den Kanon der Förderquellen aufgenommen werden, ist es interessant zu eruieren, welche Konsequenzen sich aus einer stärkeren Fokussierung auf sie ergeben. Dazu zählen immanente Folgen wie ökologische Aspekte, als auch geopolitische Auswirkungen und Veränderungen der Handelsströme von Erdöl. Der Frage nach einflussreichen Akteuren wird ebenfalls nachgegangen. Dabei wird stets die räumliche Komponente im Auge behalten. Es wird herausgearbeitet, welche Weltregionen zukünftig in den Vordergrund treten und welche lokalen und überregionalen Entwicklungen den Ausbau der Produktion unkonventioneller Erdöle begünstigen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2, Ölsande am Beispiel Kanada: Nicht nur die unkonventionellen Erdöle als Ganzes, auch die einzelnen Untergruppen sind nicht eindeutig eingefasst. Die BGR (2013a: 41) definiert Erdöl aus Ölsand als ‘in Ölsand gebundenes Bitumen’. Laut BABIES (2003: 1) ist Ölsand ein Gemisch aus Bitumen, Sanden und Tonen. BJØRLYKKE (2010d: 459) hingegen wird konkreter und beschreibt Ölsand als ‘sandstone reservoirs which have been filled with oil at shallow depth <2 km (<70-80°C) so that the oil has become biodegraded’. Die in Kapitel 2.2 beschriebene Biodegradation spielt hierbei die Hauptrolle. Die Abgrenzung zu Schwerölen ist dabei nicht eindeutig, da viele Ähnlichkeiten bestehen. Kanadische Ölsande ebenso wie venezolanisches Schwer(st)öl sind sozusagen überentwickelte Erdöle, deren ‘Genese […] umgekehrt’ werden muss unter Verwendung technischer Aufbereitungsweisen (BUKOLD 2009b: 39). Ihre Verarbeitung erfolgt weltweit gesehen bislang nur in Kanada und Venezuela (DERA 2011c: 18). Laut GERLOFF (2008: 43) kommen Ölsande in vielen Ländern der Welt vor, in Kanada befindet sich jedoch die bedeutendste Fundstätte mit ca. 80% (Stand: 2006) der weltweiten Bitumenvorräte in Ölsanden. Auch in der Republik Kongo und auf Madagaskar gibt es große Ölsandvorkommen (BJØRLYKKE 2010d: 462). SANDREA (2012: 4) führt neben den beiden Ländern noch Nigeria an, ohne jedoch die Höhe der Vorkommen zu beziffern. Die BGR schreibt, dass Ölsandvorkommen aus insgesamt 70 Ländern bekannt seien (BABIES 2003: 1). Da sich jedoch die kanadischen Vorkommen quantitativ von allen anderen abheben, sollen sie im Folgenden näher betrachtet werden. 4.2.1, Höhe und Verortung der kanadischen Ölsandvorkommen: Es ist gar nicht so leicht, die Höhe der Ölsandvorkommen genau zu beziffern. Man weiß, dass die größten bekannten Vorkommen in Kanada liegen, über deren genaue Ausmaße ist man sich jedoch nicht einig. Seit 2003 verbucht Kanada erstmals seine Erdölreserven mit ca. 173 Mrd. bbl, so dass es sich in der Weltrangliste der Länder mit den höchsten Reserven an zweiter Stelle direkt hinter Saudi-Arabien platzierte (Le Monde diplomatique 2013: 1). Im BP Statistical Review of World Energy 2011 gab man sich etwas vorsichtiger, dort wurden die Reserven an kanadischen Ölsanden lediglich mit 143,1 Mrd. bbl (Stand: 2010) taxiert (BP 2011: 6). Im Folgejahr lagen sie hingegen schon bei 169,2 Mrd. bbl (Stand: 2011) (BP 2012: 6). Im aktuellen Bericht geht man von 167,8 Mrd. bbl (Stand: 2012) Ölsand-Reserven aus (BP 2013: 6). Die IEA (2013b: 446) schreibt in ihrem World Energy Outlook 2013, dass Kanada über 1.845 Mrd. bbl Ölsand (OIP) verfügt, von denen 800 Mrd. bbl förderbar seien. Nicht ganz so optimistisch äußert sich die BGR. Ihre Zahlen weichen deutlich nach unten ab. So taxieren die Forscher der BGR (2013a: 60) die kanadischen Ölsandressourcen für 2012 auf 50.000 Mio. t, also ca. 367,5 Mrd. bbl (bei einem weltweiten Ölsandressourcenstand von 62.516 Mio. t, bzw. 459,5 Mrd. bbl ). Die Ölsandreserven betrugen 2012 hingegen 26.686 Mio. t, also ca. 196,1 Mrd. bbl (BGR 2013a: 61). Laut BJØRLYKKE (2010d: 461) beläuft sich die Höhe der mit derzeitiger Technologie (Stand: 2010) wirtschaftlich ausbeutbaren Vorkommen an Rohöl aus Ölsand auf 173 Mrd. bbl - etwa einem Zehntel der Gesamtmenge des OIP (sowohl nach BJØRLYKKE also auch der IEA). Es lässt sich also festhalten, dass sich die Reservenschätzungen zurzeit zwischen 167-800 Mrd. bbl bewegen. Man kann erkennen, dass die Zahlen alle deutlich voneinander abweichen. Ob von 367,5 oder 1.845 Mrd. bbl Ölsandressourcen ausgegangen wird - vergleicht man die Höhe mit der Menge der weltweiten konventionellen Erdölressourcen von 161.052 Mio. t, bzw. 1.183,7Mrd. bbl (BGR 2013a: 60), so wird im Verhältnis deutlich, dass es sich trotzdem um gigantische Summen handelt, welche Zahlen am Ende auch realistisch sein sollten. Laut GERLOFF (2008: 44) sind die Ölsandreviere v.a. in der Provinz Alberta lokalisiert, wo sie in drei Sektionen aufgeteilt werden: Athabasca, Peace River und Cold Lake - verteilt auf ca. 150.000 km2. Die Produktion der Ölsande in Athabasca begann im Jahr 1967 (GERLOFF 2008: 44). Die ersten Förderanlagen für Erdöl aus Ölsand wurden 1967 in Betrieb genommen, woraus für etwa dreißig Jahre das ‘teuerste Öl der Welt’ produziert wurde (Le Monde diplomatique 2013: 1). Erst Ende 1990 arbeitete die kanadische Ölsandproduktion zum ersten Mal rentabel, was auf den technologischen Fortschritt und einen höheren Ölpreis zurückzuführen ist (Le Monde diplomatique 2013: 1). COPINSCHI (2012: 124) schreibt im Jahr 2012, dass die Produktionskosten bei ca. 30 US-Dollar lagen: ‘Le coût total de production du pétrole issu des sables bitumineux s’élève à plus de 30 dollars par baril, soit dix fois plus qu’un baril de pétrole conventionnel produit au Moyen-Orient.’ Dabei ist das Verhältnis gegenüber dem zu ca. zwei US-Dollar produzierbaren Öl aus dem Mittleren Osten herausragend hoch (siehe auch Kapitel 3.4.2). NÖTZOLD (2011: 165) hingegen spricht von einem Ölpreis von mindestens 45-55 US-Dollar, laut LESCHUS (2013: 1) muss sogar mindestens ein Ölpreis von 60 US-Dollar gegeben sein, damit die Förderung wirtschaftlich ist. Die Gesamterdölförderung in Kanada betrug laut BGR (2013a: 62) im Jahr 2012 etwa 179,2 Mio. t, was ca. 3,6 mb/d entspricht. Ölsande machen gut die Hälfte davon aus. Dabei verzeichnet die Ölsandproduktion erstaunliche Steigerungsraten. Zwischen 2000-2007 hat sich die Produktion bereits auf 1,25 mb/d verdoppelt (BUKOLD 2009b: 45). MILLINGTON et al. (2012: 102) geben für 2010 eine Produktionsrate an Ölsanden von 1,5 mb/d an. Laut HONARVAR et al. (2011b: 9) liegt der Output bei kanadischen Ölsanden 2011 bei 1,7 mb/d. MILLINGTON und MURILLO (2013: 45) schätzen die Produktionsrate für 2012 sogar auf 1,9 mb/d. Mit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Stephan Harper beschloss Kanada die Produktion von kanadischem Ölsand auf 5 mb/d zu erhöhen und bis 2025 ein Fünftel des US-amerikanischen Bedarfs an Erdöl zu befriedigen (Le Monde diplomatique 2013: 1). CO-PINSCHI (2012: 123) schreibt dazu: ‘Environ la moitié des 3,5 millions de barils par jour produits par le Canada sont issus des sables bitumineux. Cette production pourrait monter à 3 millions en 2020 et à plus de 5 millions en 2030 selon certaines prévisions’. Auch nach COPINSCHI seien 2012 etwa 1,8 mb/d dem Anteil der Ölsande zuzuschreiben. Die prognostizierten Förderraten von 3 mb/d bis 2020 und schließlich 5 mb/d im Jahr 2030 allein aus Ölsanden sind dabei besonders bemerkenswert. Laut MILLINGTON und ROZHON (2012: 47) könnte die Ölsandförderung 2035 sogar 6 mb/d erreichen. 4.2.2, Förderung und Upgrading des Ölsands: Auf das Aufbereiten des Ölsands soll an dieser Stelle ein besonderes Augenmerk gelegt werden, denn es handelt sich um ein kontrovers diskutiertes Unterfangen. Laut GERLOFF (2008: 42) sind die Lagerstätten von Ölschiefern und Ölsanden dadurch gekennzeichnet, dass sie relativ oberflächennah vorkommen und somit verhältnismäßig ‘leicht’ erschlossen werden können. In Athabasca ist die Schichtmächtigkeit bei 40-60 m sehr groß, die Ölsande liegen zudem nicht tiefer als 75 m, daher kann eine Förderung im Tagebau erfolgen (GERLOFF 2008: 44). Von technischer Seite aus gesehen besteht das Hauptproblem darin, dass das Bitumen von Sand und Wasser getrennt werden muss, bevor es aufbereitet werden kann (GERLOFF 2008: 42). Denn, so LINDER (2012: 30), ‘[i]n seiner Reinform ist Bitumen für kommerzielle Zwecke nicht nutzbar.’ Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass es sich bei dem Endprodukt um ein minderwertigeres Öl handelt. So schreiben WALDEN et al. (2012: 3): ‘The lower quality of Alberta oil sands crudes has made it difficult to find existing markets in the US’. ERDMANN und ZWEIFEL (2008: 179) unterscheiden bei der Förderung von Ölsanden zwei Verfahren: a.) im Tagebau und b.) durch In Situ-Verbrennung . Der Abbau im Tagebau ist laut GERLOFF (2008: 44) eher die Ausnahme, so können lediglich 10-20% der Ölsande (Stand: 2008) gewonnen werden. Der Entölungsgrad liegt laut BABIES (2003: 3) für den Tagebaubetrieb bei etwa 90%, wohingegen jener der In Situ-Verbrennung zwischen 25-75% stark schwankt. Mittlerweile (Stand: 2012) sind die oberflächennahen Ölsande aber bereits weitgehend gefördert, so dass nur die In Situ-Verbrennung als Fördermethode verbleibt (KLARE 2012a: 35). MILLINGTON und MURILLO (2013: 6) schreiben: ‘In situ extraction includes primary methods, similar to conventional crude oil production, enhanced oil recovery (EOR), and other methods, where steam, water, and/or solvents are injected in the reservoir to reduce viscosity of the bitumen, allowing it to flow. The remaining recoverable bitumen occurs near the surface and is anticipated to be recovered using mining techniques’. Laut MILLINGTON und MURILLO (2013: 15) werden zu der In Situ-Verbrennung auch thermische und chemische EOR angewendet. Im Anschluss an die Extraktion aus dem Boden muss der Ölsand verarbeitet werden. Dies geschieht in Aufbereitungsanlagen oder auch ‘Upgradern’ genannt. Um den Ölsand zum Upgrader zu transportieren, werden ihm heißes Wasser und Verdünnungsmittel zugeführt (BABIES 2003: 2-3). Zum Transport über große Strecken muss dem gewonnen Bitumen in den Upgradern Leichtöl beigemischt werden - ein Transport des Bitumens durch die Pipelines ist ohne Zusatz von leichterem Öl nicht möglich (GERLOFF 2008: 44-47). In einem Separationsprozess werden Bitumen, Sand, Ton, Salze und Wasser wieder voneinander getrennt das Wasser (inklusive noch enthaltenen Sands, Tons und Restöls) wird zur Aufbereitung in ein Absetzbecken geleitet (BABIES 2003: 2). Im Upgrader erfolgt anschließend eine Umwandlung (bspw. mittels Hydrocracking) in ein ‘synthetisches Rohöl’ mit einer niedrigeren Dichte (ca. 16-34 °API) (BABIES 2003: 3). Laut GERLOFF (2008: 47) liegt der kostenintensivste Part der Ölsandgewinnung (bis zu zwei Drittel der Gesamtkosten) bei der notwenigen Aufarbeitung des Bitumens in den Upgradern. Um Kosten zu senken, soll das aus dem Ölsand gewonnene Produkt via Pipelines zur Aufbereitung an die US-amerikanische Golfküste befördert werden, da dort bereits entsprechende Anlagen mit freien Kapazitäten zur Verfügung stehen (GERLOFF 2008: 47). Mit einer statistischen Größe - dem ‘Energy Return on Energy Invested’ (EROEI) - lässt sich vergleichen, wie viel Energie aufgewendet werden muss (bspw. als Elektrizität für Pumpen und Bohrungen, Mineralöl für Förderfahrzeuge und -maschinen, etc.), um eine bestimmte Einheit eines Rohstoffes zu fördern. Für Erdöl ergibt sich so, dass in den USA in den 1930er Jahren mit einem Barrel eingesetztem Erdöl 100 Barrel gefördert werden konnten, also ein Verhältnis von 1:100 heute (Stand: 2011) liegt das Verhältnis nur noch bei 1:17. Für Ölsande liegt es sogar nur bei 1:6 (NYE und WELCH 2011: 265). Bedingt dadurch, dass die durchschnittliche Oberflächentemperatur in Alberta 0 °C beträgt, ist die Viskosität des Bitumens sehr hoch und es muss dementsprechend stärker aufgeheizt werden (BJØRLYKKE 2010d: 461). Hinzu kommt, dass durch die hohe Anzahl an Kohlenstoffatomen die Viskosität und der Siedepunkt von Ölsanden von vornherein sehr hoch sind (BJØRLYKKE 2010d: 459). ‘For each 3 bbl of oil produced one barrel is burned to produce the steam required for the production” (BJØRLYKKE 2010d: 461). Das EROEI läge demnach bei 1:3. Laut COPINSCHI (2012: 124) ist das Verhältnis sogar noch schlechter: ‘[E]ntre les différentes phases d’extraction et de traitement, il faut utiliser l’équivalent de 0,5 à 0,7 baril de pétrole pour en produire un seul, soit un rendement énergétique inférieur à 50 %.’ Neben dem hohen technischen besteht also auch ein enormer energetischer Aufwand (LINDER 2012: 30). 4.2.3, Probleme beim Ölsandabbau: Der riesige Energiebedarf der Ölsandproduktion bringt zahlreiche Schwierigkeiten mit sich. Im Folgenden sollen einige Problemfelder aufgezeigt werden, die sich im Zuge des Ölsandabbaus ergeben. So geht ihre Förderung mit einem sehr hohen Wasser-, Land- und Erdgasbedarf einher ebenso wie einer gesundheitlichen Schädigung der ansässigen Bevölkerung, was kritisch zu hinterfragen bleibt. Gerade der Tagebau zerstört große Landflächen, vornehmlich boreale Wälder, die sich laut HAHN (2013b: 1) mittlerweile auf 720 km² belaufen (mit steigender Tendenz). Die Ölsandförderung wirkt sich insgesamt sehr negativ auf die Landschaft aus. Gleichzeitig fallen hohe Kosten an, da Aufwendungen für Rekultivierungsmaßnahmen und die Beseitigung von Abraum, gerade der stark verschmutzten Absetzbecken, hinzugezogen werden müssen (BABIES 2003: 3). Laut MILLINGTON et al. (2012: 73) umfassten diese Becken 2010 ein Areal von 130 km². Problemhaft ist ihr hoher Wasseranteil von teils mehr als 85% (MILLINGTON et al. 2012: 73). Dies führt bei fortschreitender Produktion zu weiteren Problemen. So schreiben MILLINGTON et al. (2012: 73) warnend: ‘Without any major operational changes to separate the water from the fine tailings, tailings ponds would increase to well over 1 billion cubic meters by 2014 and to 2 billion cubic meters in 2034 (compared to 900 million cubic meters today)’. Große Mengen Wasser werden auch zum Produzieren von Dampf für den Abbau des Ölsands und für das anschließende Aufbereiten gebraucht (BJØRLYKKE 2010d: 461). Zudem werden im Upgrader bei hohem Wasser- und Erdgasverbrauch Zusatzstoffe wie Schwefel oder Stickstoff, etc. entfernt (GERLOFF 2008: 44-47). BABIES (2003: 4) nennt Zahlen für 2003, wonach trotz Recycling des Wassers etwa ein Viertel des Trinkwassers der Provinz Alberta allein durch die Ölsandindustrie verbraucht wurde. Die gleiche Verhältniszahl findet sich auch bei BUKOLD (2009b: 50) und BRÜCHER (2009: 141). Um mit heißem Wasser das Öl vom Sand zu separieren, braucht es zwischen 2-4,5 m³ Wasser je m³ Öl (BJØRLYKKE 2010d: 461). Insgesamt stehen bei der Wassernutzung zwei Punkte im Vordergrund: 1.) Die Höhe des Verbrauchs und die daraus resultierende Schädigung von Trinkwasserreservoiren und 2.) die Verschmutzung des Wassers (LINDER 2012: 30). Zum Abbau durch In Situ-Verbrennung (sowohl CSS als auch SAGD) werden außerdem riesige Mengen an Erdgas benötigt (ALEKLETT et al. 2012: 102-103). Auch um das Bitumen zur Raffinerie transportieren zu können, muss es mit Gas gemischt werden. Daher ist für den Abbau von Ölsanden ein stetiger Zufluss von Erdgas nötig (BJØRLYKKE 2010d: 461). Laut BABIES (2003: 2) waren im Jahr 2003 noch 300 m3 Erdgas notwendig, um mit CSS oder SAGD eine Tonne Bitumen aus dem Ölsand zu gewinnen. GERLOFF (2008: 44) spricht 2008 dagegen von ‘nur’ noch 20 m3 pro Barrel. Dennoch hat BUKOLD (2009b: 48) im Jahr 2009 errechnet, dass bei unveränderter Abbautechnologie etwa 8.000 Mrd. m³ Erdgas nötig sind, um die von Kanada selbst veranschlagten 173 Mrd. bbl Ölsandreserven zu fördern. Laut BUKOLD (2009b: 48) entspricht das der vierfachen Menge, die Kanada 2009 als Erdgasreserve verbucht hatte. Auch GERLOFF (2008: 46) schreibt dazu: ‚Allein die Deckung des Energiebedarfs wird immer mehr zum Problem. Verfügbarkeit und Preis des Erdgases in Nordamerika sind Faktoren, die die Expansion der Ölsandindustrie entscheidend beeinflussen können‘. Laut GERLOFF (2008: 44) sei für eine wirtschaftliche Produktion von Ölsanden der Erdgaspreis eine der ausschlaggebendsten Variablen. Das sieht auch BABIES (2003: 4) so. BUKOLD (2009b: 48) schreibt: ‘Es wird befürchtet, dass die Abhängigkeit der Ölsandindustrie vom billigem Erdgas das Wachstum bremsen wird’. Der Gaspreis in Nordamerika ist zurzeit auf einem sehr niedrigen Niveau, welches durch den rasanten Ausbau der Schiefergasförderung begünstigt wurde. Interessanterweise knüpft die Gewinnung an a priori hohe Erdgaspreise an, da die Schiefergasproduktion selbst kostenintensiv ist. Durch die niedrigen Preise, welche sich in Folge des hohen Angebots eingestellt haben, wird mittlerweile jedoch die Produktion unrentabel, was zu einem Absinken der Förderung und einer Stabilisierung auf einem höheren Preisniveau führen könnte (HOWARD und MURILLO 2013: 1). Ein Ausweg aus der Erdgasabhängigkeit wäre laut GERLOFF (2008: 46) ein Versuch, auf Kohlenbasis die benötigte Prozessenergie zu gewinnen. Auch wird häufiger erwähnt, dass Überlegungen gibt, die Energie mithilfe von Atomreaktoren zu produzieren (ALEKLETT et al. 2012: 103).

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