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- Russische Wirtschaft im XX. Jahrhundert: Geschichte einer Nation
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 184
Abb.: 21
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Dieses Buch ist eine Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung Russlands im 20. Jahrhundert. Der Schwerpunkt der Studie liegt vor allem auf der Analyse der russischen Wirtschaft von der vorrevolutionären Zeit bis zur Gegenwart. Die kulturellen, historischen und politischen Dimensionen spielen auch bezüglich ihres Einflusses auf die wirtschaftliche Situation im Land eine wichtige Rolle und werden hier detailliert diskutiert. Schon seit Jahren sind Russland und Deutschland wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Aufgrund des Reichtums an Bodenschätzen, enormem Nachholbedarf und einem attraktiven Absatzmarkt zählt Russland zu den wichtigen strategischen Partnern Deutschlands. Deswegen wird in diesem Buch der deutsch-russischen Zusammenarbeit ein fundierter Überblick gewidmet. Außerdem wird die heutige Position Russlands in der Weltgemeinschaft betrachtet, und die Stärken und Schwächen der aktuellen russischen Wirtschaft werden näher beschrieben.
Textprobe: Kapitel 5.1. Politische Voraussetzungen: Als die Zeit Stalins bezeichnet man in der russischen Geschichte die Zeitspanne, ab der Stalin 1924 Staatsoberhaupt wurde bis zum seinen Tod im Jahr 1953. 1922 erkrankte Lenin, so dass er sich von seiner Arbeit zurückziehen musste. Stalin wurde Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Lenin versuchte aber weiterhin, Ratschläge und Weisungen zu erteilen. Mit Sorge beobachtete er deshalb den Kampf um seine Nachfolge. Er traute dem Kriegskommissar Trotski mit seinen militärischen Ideen nicht, da er nicht seinen Theorien und Vorstellungen folgen wollte. Zur gleichen Zeit verstärkte sich der Einfluss Stalins, der sich ein Netzwerk in der Regierung aufbaute. Stalin gelang der Zugang zur Korrespondenz Lenins und er begann, diese zu kontrollieren. So wurde z. B. ein Brief Lenins, in dem er vor Stalin als seinem Nachfolger warnte, abgefangen und erreichte nicht seinen bestimmten Adressaten. Lenins Tod am 21. Januar 1924 führte schließlich zu einem Machtkampf zwischen Josef Stalin und Leo Trotski, den Stalin gewann. Trotski musste die Sowjetunion daraufhin verlassen und wurde am 21. August 1940 in Mexico City getötet. Mit Terror gegen seine Gegner wurde die Macht Stalins weiter gefestigt. Die Machtergreifung Stalins hatte auch wirtschaftliche Konsequenzen. 1928 wurde endgültig die Landwirtschaft kollektiviert und auf der Basis der Theorien des russischen Ökonomen Nikolai D. Kondratieff ein Fünf-Jahres-Plan entworfen, dem die staatliche Wirtschaft untergeordnet wurde. In seinen Studien sprach Kondratieff in den Jahren von 1919 bis 1921 darüber, dass die Wirtschaft der kapitalistischen Länder aus kurzen und mittleren Zyklen bestehe. Daneben entdeckte er die sog. Konjunkturwellen, die eine Dauer von ca. 45 - 60 Jahren besitzen. Das Ergebnis seiner Entdeckung war, dass er für die Verbreitung Kapitalistischen Denkens ins Gefängnis musste und später erschossen wurde. Stalin versuchte bereits seit Beginn seiner Machtergreifung die NEP zu verbieten, da sie nicht mit den Grundzügen seiner Idee einer Zentralistischen Marktwirtschaft vereinbar war. 1931 trat die NEP schließlich außer Kraft. Im selben Jahr noch wurde ein endgültiges Verbot des privaten Handels beschlossen. Stalins Zeit war von der Zwangskollektivierung, der Entkulakisierung, dem Holodomor, den Stalinschen Säuberungen und von Terror geprägt. Die Zwangskollektivierung bestand aus einer radikalen Neuorganisation der Landwirtschaft und einem Umbau von privat organisierten Dörfern zu staatlich errichteten Kolchosen und Sowchosen. Das private Eigentum wurde ganzheitlich enteignet, wie z. B. die Nutztiere, Felder etc., und den einzelnen Kolchosen und Sowchosen zugewiesen. So wurden fast alle wirtschaftlichen Betriebe zu staatlichen Organisationen umstrukturiert. Die Mittelbauern als Hauptbetroffene leisteten gegen diese Politik Widerstand, so dass sie vom sowjetischen Staat verfolgt, als sog. Kulaken diffamiert und schließlich in die äußersten Regionen der Sowjetunion deportiert wurden. Diese sog. Entkulakisierung forderte bis zu 600.000 Tote. Es folgte der Holodomor, eine epochale Hungerskatastrophe, die zwischen fünf und sieben Millionen Menschen das Leben kostete. Die Ursache für diese Katastrophe war die durch Entkulakisierung und Kollektivierung zusammengebrochene Landwirtschaft. Die immer stärkeren Auswirkungen dieses Klassenkampfes führten zu einer Rechtfertigung der Stalinschen Säuberungen und des Terrors, in deren Folge die Opfer entweder ermordet oder in Zwangsarbeitslager gesteckt wurden. Verschiedene Studien gehen davon aus, dass in dieser Zeit mehr als 20 Millionen Menschen umgebracht wurden. Die genaue Zahl ist unbekannt. Ab 1935 steigerte sich dieser Terror und gipfelte im sog. Großen Terror von 1936 bis 1938. Die Verfolgung und Deportation von Bürgern, Säuberungsaktionen und sog. Schauprozesse, wie die Moskauer Prozesse, waren nun an der Tagesordnung. So wurden gesamte Völker, Kulaken, ethnische Minderheiten, Geistliche, Wissenschaftler, aber auch Militärs, Parteimitglieder und ihre Angehörigen bereits vorverurteilt, in Arbeitslager, die sog. Gulags, gebracht und dort ermordet. Zu dieser Zeit wurden die im Land verbliebenen Reste des Mittelstandes in Gefängnisse gebracht und ermordet. Stalins Politik des Terrors führte auch zum sog. Winterkrieg zwischen Finnland und der Sowjetunion, der vom 30. November 1939 bis zum 13.03.1940 stattfand. In diesem Krieg ging es um Gebietsansprüche der Sowjetunion an Finnland, die sich neben der Stadt Leningrad befanden. Als Grund wurden Sicherheitsinteressen genannt. Die Ablehnung dieser Ansprüche von Finnland führte schließlich zum Angriff der Roten Armee. Ein weiteres Merkmal von Stalins Herrschaft war die Verkündung einer Industrialisierungspolitik. Durch die Deportationen in Arbeitslager gewann er billige Arbeitskräfte, mit denen er z. B. den Weißmeer-Ostsee-Kanal (Belomorkanal) in Rekordzeit bauen ließ. Außerdem steigerte er den Ausbau seiner Rüstungs- und Rohstoffindustrie, kümmerte sich aber nicht um die Industrie von Konsumgütern. 1941 - 1945 sind Jahre des Zweiten Weltkrieges. Für die Sowjetunion begann der Zweite Weltkrieg, der sog. Große Vaterländische Krieg, mit dem Angriff Hitlers am 22. Juni 1941 und dauerte dort vier Jahre lang. In dieser Zeit hatte die Sowjetunion mit mehr als 22 Millionen die meisten Kriegstoten zu beklagen. Während dieser vier Jahre wurden bestimmte Gruppen, die mit dem Feind zusammengearbeitet haben sollten, u. a. in dünn besiedelte Gegenden in Kasachstan verschleppt, z. B. Russland-Deutsche, Tschetschenen, Tataren sowie andere Minderheiten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zum Ausbruch des Kalten Krieges. Durch den Rüstungswettlauf mit den Staaten der NATO wurde die ohnehin schwache Planwirtschaft noch zusätzlich belastet. 5.2. Wirtschaftliche Lage: Die marxistische Lehre stellte für den Umbau der Wirtschaft keine festen Programme zur Verfügung. Deswegen war die russische Wirtschaft in diesen Zeiten wie ein großes Experiment. Das wirtschaftliche Konzept von Stalin war die Zwangswirtschaft. Er setzte voll und ganz auf die Mechanisierung des Landes. Zu den Merkmalen der stalinistischen Wirtschaft gehörte: 1. Erzwungene Planerfüllung 2. Strenge Kontrolle und als Folge enorme Bürokratie 3. Das Fehlen von Handel 4. Keine Rücksicht auf Rentabilität 5. Abgrenzung vom Ausland 6. Schlechte Motivation der Bevölkerung 7. Mangel an Bildung der Bevölkerung. Erzwungene Planerfüllung: Jede wirtschaftliche Organisation, wie eine Fabrik oder ein Werk, bekam vom zuständigen Volkskommissariat einen einjährigen Plan. In diesem Plan stand, wie hoch das Produktionsvolumen sein sollte. Es wurden auch die Preise und der voraussichtliche Gewinn vorbestimmt. Die ganze Volkswirtschaft lebte nach einem Fünfjahresplan. Es gab auch viel Sowjetpropaganda. Ihr Ziel war die Verbesserung der Qualität und das Steigern der Produktion. Die Planerfüllung wurde immer in den Zeitungen veröffentlicht, als Beispiel für gute Leistung. Aber die Frage war, ob die produzierten Waren in solchen Maßen Abnehmer fanden. Für die Führung der Fabriken war uninteressant, ob ihre Waren gekauft wurden oder nicht. Deswegen herrschte im Land ein riesiger Mangel an Gebrauchsgütern. Nach der Einführung der Planwirtschaft gab es keine Konkurrenz mehr, die normalerweise die marktwirtschaftlichen Beziehungen regelt. Deswegen wurde die Produktion der Waren nicht der Nachfrage auf dem Markt angepasst. Als Beispiel ist zu nennen, dass eine Möbelfabrik im Raum Moskau gemäß dem Plan Bücherregale in einer enormen Menge produzierte. Aber die Verbraucher litten unter einem Mangel an Tischen. Dies führte zur Überproduktion an Bücherregalen. Die Verbraucher kauften am Ende diese Waren und bauten sie selbst in Tische um. Der Planerfüllungszwang führte zum Verlust des Ermessungsspielraums bei der Betriebsführung, zur Fehlproduktion und einer Überschwemmung des Marktes mit nicht gebrauchten Waren. Es gab keinen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Die Planwirtschaft zeigte sich als ein statisches System ohne Dynamik. Strenge Kontrolle und als Folge enorme Bürokratie: In der Zeit Stalins wurde jeder kontrolliert und überwacht. Deswegen wurden Bürokratie und der Beamtenapparat enorm groß. Außerdem versuchte man immer, die Verantwortung von sich weg zu schieben, da die Strafe für jede Kleinigkeit drastisch war, bis hin zu Verhaftung und Ermordung. Als Folge gab es keine Initiative in der Bevölkerung. Die Bürokratie, der riesige Beamtenapparat, Überkontrolle und Überorganisation führten zu Verzögerungen bei Entscheidungen, sinnlosen Beschäftigungsmaßnahmen, Zeitverlust bei Arbeitsprozessen und bei der Produktion in der Wirtschaft. Fehlen von Handel: Eines der Grundprinzipien der Planwirtschaft in der UdSSR war das Verbot von Privathandel. Dieser wurde oft mit der Todesstrafe bestraft. Deswegen existierte auch kein Unternehmergeist bei der Bevölkerung. Es gab nur den staatlichen Handel. Der Staat verteilte die produzierten Waren an die weiterverarbeitende Industrie oder an private Verbraucher. Fehlen von kleinem Gewerbe: Alle Kleingewerbe wurden in der Planwirtschaft verboten. Die Handwerker wurden in Genossenschaften zusammengeschlossen, wo sie alle ihre Einnahmen abgeben sollten und die gleichen Löhne ausgezahlt wurden. Das brachte Fehlleistungen, Motivationsmangel, Interesselosigkeit der Mitarbeiter und Verzögerungen bei der Arbeitserledigung. Keine Rücksicht auf Rentabilität: Das weitere Problem der Planwirtschaft in der UdSSR war die Produktion ohne Rücksicht auf die Rentabilität. Wegen der Zwangsplanung wurden Waren produziert, bei denen die Herstellungskosten viel höher waren als der Gewinn bei ihrem Verkauf. Das Land unternahm auch viele unrationelle Projekte, wie den Bau von unnötigen, unrentablen Fabriken und Werken. Das ganze kommunistische System litt am Gigantismus , z. B. musste es das größte Schiff oder den schnellsten Zug etc. haben. Die meisten dieser Projekte waren unwirtschaftlich und verursachten enorme Kosten. Abgrenzung vom Ausland: Unter der Regierung Stalins versuchte man, auf ausländischen Import zu verzichten. Das Ziel war, alle Waren nach Möglichkeit im Land selbst herzustellen. Aber die Wirtschaft litt an einem Mangel verschiedener Produkte. Dadurch verlor das Land an Entwicklung und dies verursachte eine Verlangsamung des technischen Fortschrittes. Mangel an Bildung der Bevölkerung: Nach der Oktoberrevolution verlor Russland die Mittelschicht der Bevölkerung, die in die westlichen Länder ausgewandert war. In dieser Zeit verstärkte sich wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation auf dem Land auch die Migration aus den Dörfern in Großstädte und die Arbeitssuche. Die meisten dieser Leute waren nicht ausgebildet, was schnell zu einem Mangel an ausreichender Qualifikation der Arbeitermassen führte. Es fehlten auch Lehrer, Ärzte und Ingenieure. Dadurch wurden die wirtschaftlichen Prozesse in einem Betrieb nicht richtig ausgeführt, z. B. keine effiziente Logistik oder Organisation. All das beeinflusste die allgemeine Situation im Land.
Die russischstämmige Staats- und Wirtschaftswissenschaftlerin Maria Knüttel absolvierte ein Aufbaustudium an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, wo sie 2014 erfolgreich ihr Promotionsstudium abschloss. Der Schwerpunkt ihrer Promotionsarbeit lag im Bereich der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen.
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