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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Dieser Untersuchung liegt - abstrakt gefasst - folgende Forschungsfrage zugrunde: Besitzen die Massenmedien als Drittvariable - neben der öffentlichen Meinung und dem Policy-Output - einen feststellbaren Einfluss auf Responsivität? Oder anders formuliert: Besitzen die Massenmedien hinsichtlich Responsivität einen Einfluss auf Politiker (-handeln) bzw. auf die öffentliche Meinung oder spielen sie zumindest einen relevanten Part in dem Interaktionsgefüge? Der vorliegende Aufsatz gliedert sich in drei verschiedene Hauptteile. Der erste Teil (A) ist eine summarische Zusammenfassung verschiedener Forschungsergebnisse zu verschiedenen Forschungsgebieten, welche dann im dritten Teil (C) berücksichtigt werden. Im ersten Teil der Abhandlung wird Allgemeines zur Responsivitätsforschung referiert. Insbesondere heißt das, dass eine definitorische und analytische Durchleuchtung der drei Begriffe der Responsivität, der öffentlichen Meinung und des Policy-Outputs vorgenommen wird. An Stellen, an denen es angebracht ist, findet eine kritische Würdigung der dazu geleisteten Forschungsarbeit statt. Außerdem werden im ersten Teil Betrachtungen zu den Phänomenen der Massenmedien, der Interaktionsmuster zwischen Medien, Politikern und Bevölkerung und des linksradikalen Terrorismus der Roten Armee Fraktion in Deutschland dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen. Der knapp gehaltene zweite Teil liefert eine Begründung für die Auswahl des behandelten Themas. Dabei ist schon an dieser Stelle zu erwähnen, dass es sich bei dieser Arbeit um eine Einzelfallstudie handelt. Das bedeutet, dass sich das Forschungsdesign zwar auf ein spezielles Thema bezieht, faktisch aber auf andere vergleichbare Themen angewendet werden kann. In dem dritten Teil wird eine eigene kleine Forschungsarbeit entworfen, welche sich dann auf die Erkenntnisse und Ergebnisse des ersten Teils stützt. Anliegen der eigenen Forschungsarbeit ist es, die oben erwähnte Forschungsfrage auf ein spezielles Thema anzuwenden. Die Frage lässt sich dann dahingehend konkretisieren: Inwieweit lässt sich beim Thema der Gesetzgebung zum bundesdeutschen Linksterrorismus responsives Verhalten zwischen den drei Variablen der öffentlichen Meinung, des Policy-Outputs und der Massenmedien ausmachen? Im dritten Teil wird - wie schon erwähnt - auf die Ausführungen und Ergebnisse des ersten Teils zurückgegriffen. Diese werden dann aber auf ein spezielles, selber erstelltes Forschungsdesign angewendet. Dabei wird versucht, neue Ansätze der Responsivitätsforschung darzulegen, die entgegen der bisherigen zwei nunmehr drei Variablen beinhalten, nämlich (1) die öffentliche Meinung, (2) den Policy-Output und (3) als neue Variable die Massenmedien. Es soll als neues Moment festgestellt werden, ob - und wenn ja, wie - die Massenmedien das Gesamtgebiet responsiven Verhaltens in Deutschland mitbestimmen und vielleicht sogar -strukturieren. Da es sich bei dem dritten Teil des Aufsatzes um eine deskriptive Studie handelt, die sich der Instrumente der empirischen Sozialwissenschaften bedient, müssen natürlich die drei in die Untersuchung einbezogenen Variablen empirisch nachvollziehbar und überprüfbar sein. Die Erfüllung dieser Anforderungen scheint aufgrund des der Thematik zugrundeliegenden Datenmaterials relativ unproblematisch. Alle drei zu untersuchenden und in der Untersuchung in Korrelation zueinander zu setzenden Komponenten bezüglich Responsivität zur Gesetzgebung des bundesdeutschen Linksterrorismus sind über den gleichen Zeitraum als empirisch auswertbares Datenmaterial vorhanden: 1. Die öffentliche Meinung in Form von repräsentativen Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach. 2. Der Policy-Output in Form von realisierten bzw. nicht-realisierten Gesetzesvorhaben bezüglich Linksterrorismus. 3. Die Massenmedien in Form von inhaltsanalytisch ausgewerteten Zeitungsartikeln der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die das Thema der Anti-Terror-Gesetzgebung zum Gegenstand hatten.
Kapitel 4.1 Die Massenmedien als vierte Staatsgewalt?: Anfang der achtziger Jahre wurde die fundamentale Wichtigkeit der Massenmedien bezüglich Demokratie so beschrieben: Denn, wenn Medien politischen Einfluß ausüben und damit Macht entfalten, ist die Organisation der Massenmedien insgesamt eine zentrale Fragestellung für die Zukunft der pluralistischen Demokratie. Ausgegangen wird hierbei von Massenmedien in einer pluralistischen Demokratie, ihrem möglichen politischen Einfluss und der damit verbundenen Machtentfaltung. Medienrelevanz wird also im politischen Bereich der Machtentfaltung gesehen, und so führt Bergsdorf weiter aus, wenn es einer politischen Gruppe gelänge, sich einen herrschenden Einfluß auf die Medien zu sichern, so könnten damit auf Dauer die Grundannahmen und Grundvoraussetzungen des repräsentativen parlamentarischen Systems aus den Angeln gehoben werden, weil die prinzipielle Chancengleichheit der miteinander um Macht konkurrierenden Gruppen gestört wird. Diese Charakterisierungen könnten auch auf den vorliegenden Untersuchungszeitraum von 1975-1987 zutreffen, da dieser Zeitabschnitt zum größten Teil vor der Dualisierung des Rundfunksystems liegt, welche als die strukturell bedeutendste Veränderung der Medienlandschaft, zumindest nach der flächendeckenden Verbreitung des Fernsehens in den sechziger Jahren, betrachtet wird. Die von Bergsdorf zitierte ältere Sichtweise von 1980 zielt auf politischen Einfluss und politische Macht der Medien. Einer Gruppierung, die die Medien am besten für sich instrumentalisieren kann, könnte es gelingen, daraus den größten (macht-) politischen Nutzeffekt zu ziehen. In einer quasi-historischen Sichtweise kann man das dualistische Rundfunksystem kritisch reflektieren und den Sachverhalt der Mediennutzung und -instrumentalisierung unter völlig veränderten Vorzeichen darstellen, zumindest auf der Ebene der Privatanbieter. Kurz nach dem Privatisierungs- und Deregulierungsschub in der Medienlandschaft wurde in der wissenschaftlichen Diskussion eine Konvergenzhypothese formuliert, welche unter anderem eine Funktionsverschiebung des Fernsehens von den öffentlichen zu den ökonomischen Funktionen erwartete. Diese Hypothese scheint ihre Bestätigung gefunden zu haben, denn in der neueren Fachliteratur wird über die Gesamtmedienlandschaft (also alle verschiedenen Medienformate betreffend) das pejorative Urteil gefällt, daß sie [...] sich nur für ihre Renditen und ihre Einschaltquoten. interessiere. Mit dieser seit der Rundfunkdualisierung aufgetauchten Form des Marktmechanismus einer absoluten Kommerzialisierung kann eine andere Entwicklungsform und -gestaltung der Medienlandschaft ausgemacht werden: die einer Bedeutungsverschiebung auf der inhaltlich-thematischen Ebene, denn Medien berichten nur noch über Personen, Spektakel und Skandale, über das, was man symbolische Politik nennt, nicht aber über die wirkliche Welt. Das Zitat trifft meines Erachtens den Kern der Sache, nur wäre eine Begriffspräzisierung für symbolische Politik und vor allem wirkliche Welt wünschenswert gewesen, denn es fragt sich, ob wirkliche Welt mit tagtäglicher Realpolitik gleichgesetzt werden kann und ob vielleicht nicht schon symbolische Politik wichtiger Bestandteil der Realpolitik geworden ist, so dass in diesem Bereich eine Auseinanderdifferenzierung wegen zu vieler Überschneidungspunkte gar nicht mehr möglich ist. Nicht nur die Medien selber haben sich als die Vierte Gewalt verstanden. Die ersten drei verfassungsrechtlich verankerten Gewalten bestehen aus Parlament, Regierung und Rechtsprechung, und das (Medienselbst-) Verständnis als vierter Gewalt entsprang einer bestimmten Auffassung der Nachrichtenvermittlung und einer sauberen Trennung von reiner Informationsvermittlung und Meinungskommentaren: Aber jeder wußte doch immer genau, was Dienst war, nämlich die Nachricht, und was Schnaps war, nämlich die Meinung. Kurzum: Die Medien verstanden sich als die Chronisten und die Herolde, als die demokratischen Wächter. Als für das positive Demokratieverständnis und der eigenen Funktionsbestimmung unabdingbar wurde bei dieser Betrachtungsweise bewertet, dass die Medien als demokratische Wächter Kritik- und Kontrollfunktionen zu übernehmen hatten, welche der demokratischen Ausgeglichenheit halber allen (politisch) relevanten Gruppen in ähnlich starkem Umfang zuteil werden sollten: Voraussetzung für die Kritik- und Kontrollfunktion der Massenmedien ist also >>Neutralität<<, [...] im Sinne prinzipieller Offenheit im Zugang der rivalisierenden Gruppen zu den Einrichtungen der Massenkommunikation. Ohne die eigenen empirischen Untersuchungsergebnisse vorwegnehmen zu wollen, sei erwähnt, dass in den inhaltsanalytisch ausgewerteten Artikeln der Frankfurter Allgemeinen Zeitung reine Nachrichtenübermittlung und (Journalisten-) Kommentar in der Regel sauber voneinander getrennt waren: Dienst blieb also Dienst und Schnaps blieb Schnaps. Außerdem ist festzuhalten, dass die Meinungsartikulationen der damaligen im Parlament vertretenen vier Parteien (CDU, CSU, SPD und FDP) und diversen öffentlichen Gruppierungen zumeist unkommentiert wiedergegeben wurden. Zwar unterschied sich der quantitative Umfang der wiedergegebenen Meinungsäußerungen der Parteien, insgesamt aber scheint die von Bergsdorf postulierte Neutralität bezüglich der Zugangsberechtigung zu den Medien erfüllt worden zu sein. Man könnte also zu dem Schluss kommen, dass die Massenmedien im Untersuchungszeitraum durchaus als vierte (Staats-) Gewalt betrachtet werden können. Das scheint auch auf die Frankfurter Allgemeine Zeitung, insbesondere hinsichtlich der untersuchten Artikel, zuzutreffen. Hier ist jedoch kritisch zu beleuchten, ob diese Annahme auch berechtigt ist und man nicht vielmehr fragen muss, ob diese Art der Nachrichtenübermittlung nicht einem bestimmten Journalistenbild bzw. Medienformat entsprang und ob die festgestellten Sachverhalte nicht ihre Wurzeln in der strukturellen Verfassung der bundesdeutschen Medienlandschaft besaßen. Zum Medienformat der Zeitung gilt für ihre Präsentationsform generell im Vergleich zum Fernsehen, dass sie nicht so stark auf die Visualisierung, Verkürzung und Aktionshaltigkeit von Informationen angewiesen ist. Das bedeutet, dass Zeitungen strukturbedingt bei reiner Nachrichtenüber- bzw. Informationsvermittlung bleiben können. Dieses Funktionsverständnis trifft wohl insbesondere auf überregional erscheinende Tageszeitungen zu, zu denen man strenggenommen nur die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Die Welt zählen kann. Dabei besitzt die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Meinungsführerrolle innerhalb der Medienlandschaft. Weil sie auch noch von den politischen und wirtschaftlichen Eliten bevorzugt gelesen wird, ist sie weiter als Qualitätszeitung zu bezeichnen. Mit diesen Fakten verbunden ist das potentielle Rollenverständnis der Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu untersuchen. Wie bereits erwähnt, waren neutrale Informationsvermittlung und Meinungskommentar zumeist sauber voneinander getrennt. Das lässt bei der Betrachtung der Struktur ihrer Arbeitsprozesse auf ein amerikanisches Rollenverständnis der Journalisten als neutrale Informationsvermittler schließen. Strukturmerkmale, die der Kategorisierung der Massenmedien als vierter Gewalt zugeschrieben werden, können also auch aus dem Medienformat, der ausgewählten Zeitung und dem Rollenverständnis der Journalisten heraus erklärt werden. Jedoch berechtigt meines Erachtens die bloße Titulierung der Medien als vierter Gewalt aus den verschiedenen medienstrukturellen Eigenschaften heraus nicht grundsätzlich zu der Annahme, dass die Medien mit dem Parlament, der Regierung und der Rechtsprechung auf eine Stufe zu setzen sind. Ob man die Massenmedien abschließend als vierte Gewalt bezeichnen kann, soll hier jedoch noch nicht beantwortet werden, da es anbietet, die Frage erst dann zu beantworten, wenn die Beantwortung durch eigenes empirisches Datenmaterial, vor allen Dingen zum Kriterium des Rollenverständnisses der Journalisten, erfolgen kann.
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