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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 160
Abb.: 54
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der langwierigen Debatte um eine Reform des UN-Sicherheitsrats. Die zugrunde liegende Fragestellung lautet: Wie haben sich die Mehrheitsverhältnisse der Staatenpositionen seit den 1990ern geändert? Zunächst wird in die Debatte eingeführt und deren Verlauf dargestellt. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dann auf einer eigenen, umfassenden Analyse der Staatenpositionen. Auf Grundlage eines erarbeiteten Kategoriensystems werden die Stellungnahmen der UN-Mitgliedsstaaten für drei Untersuchungszeitpunkte analysiert: 1996/1997, 2004/2005 und 2013/2014. Diagramme stellen die Auswertungsergebnisse grafisch gegenüber. Das beschriebene Vorgehen wird nicht nur für alle UN-Mitglieder durchgeführt, sondern auch speziell für die einflussreichsten Staaten der UN (Stand: 2013). Diese werden durch verschiedene Indikatoren ermittelt. Die Arbeit ermöglicht durch einen Zeitreihenvergleich, Tendenzen in der Reformdebatte zu erkennen. Aus der Untersuchung geht auch hervor, welche Widerstände in den einzelnen Kategorien vorherrschen. Nicht nur auf Grund des einheitlichen Analysematerials bietet sie sich als Grundlage für Folgeforschungen an.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.1, Die Reformdiskussion bis 1990: In der 68-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen kam es nur einmal zu einer Reform des UNSC: 1963. Speziell die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) trat Anfang der 1960er für eine Erweiterung des Sicherheitsrats ein. Das Hauptanliegen war, eine gerechtere geografische Verteilung zu schaffen (CZEMPIEL 1994: 59 LUCK 2007: 113). Die Anzahl der UN-Mitglieder war infolge der Dekolonisierung auf 113 angestiegen, eine Erweiterung des Rates stieß daher auf breite Zustimmung. Der Aufnahme neuer ständiger Mitglieder wirkten die P5 allerdings frühzeitig entgegen (ZACHER 2004: 213). Infolgedessen war es das Ziel, eine Erweiterung um vier nichtständige Mitglieder zu erreichen. Durch das Übergewicht der afrikanischen und asiatischen Staaten wurde die ‘Resolution 1991’ vom 17.12.1963 schließlich mit 97 zu 11 Stimmen angenommen ein Veto wurde nicht eingelegt. Zur Ratifizierung kam es 1965. Es war die erste Änderung der Charta in der Geschichte der UN. In den folgenden Jahren wurde der Sicherheitsrat durch den Ost-West-Konflikt blockiert und konnte seiner Arbeit kaum nachgehen. Der Fokus von Reformen verlagerte sich auf andere Bereiche, wie Entwicklung und Wirtschaft (LUCK 2007: 114 F.). Dennoch ebbten die kritischen Stimmen nicht ab. Auf Initiative von Entwicklungsländern kam es in den 1970ern zu neuen Erweiterungsvorschlägen. 1975 wurde der ‘Sonderausschuss über die Charta der Vereinten Nationen und die Stärkung der Rolle der Organisation’ ins Leben gerufen. In dessen Arbeitsgruppe äußerten sich bereits in den Folgejahren einzelne Mitgliedsstaaten zu Wort, die eine erneute Ausdehnung forderten. Letztlich bekräftigte der Sonderausschuss ausdrücklich das Vetorecht und der Großteil der P5 stellte sich stoisch gegen eine neue Erweiterung. Die Debatte endete zunächst in einer Sackgasse dennoch verweilte das Thema auf der Agenda der Generalversammlung (FAHL 1978: 30 F. UNSER 1997: 86 LISETTE 2002: 38 F. FASSBENDER 2003: 186 ZACHER 2004: 214 WEYEL 2008: 9). 5.2, Wiederaufleben der Diskussion in den 1990ern: 5.2.1, Neue Weltordnung benötigt neuen Sicherheitsrat: Das Ende des Ost-West-Konflikts stellte die Weltordnung auf den Kopf. Ähnlich radikale Veränderungen in der internationalen Politik habe es laut Saksena (1993: 170) letztmalig mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben. Nach dem Scheitern der Sowjetunion änderte sich die bipolare Ordnung zu einer unipolaren der Multilateralismus rutschte in eine Krise (SANTOS 2011: 26). Konflikte veränderten und verlagerten sich. Das internationale System hatte sich ohnehin längst, u. a. in Folge der Dekolonisation, tiefgreifend verändert sowie der Nord-Süd-Konflikt sich deutlich verschärft (WALLENSTEEN/JOHANSSON 2004: 17). Es etablierten sich neue Akteure auf der Politikbühne: staatliche, zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche. Der Sicherheitsrat sah sich neu aufkommenden Krisenherden gegenüber. Sein Verständnis von Sicherheit musste er deutlich erweitern und sich mit neuen Themenfeldern beschäftigen (WALLENSTEEN/JOHANSSON 2004: 28 F. HUME 2004: 608 FF.). Während des Kalten Krieges stellte der UNSC seine Entscheidungsfindung weitgehend ein und fungierte nur als Diskussionsplattform. Mit dem Ende der Blockbildung erlebte er eine Renaissance. Plötzlich wurden die UN, besonders von den USA, wieder als ein gewinnbringendes Instrument zur weltweiten Friedenssicherung erkannt (SAKSENA 1993: 170 F. NAHORY/PAUL 2008: 30). Ohne den Kalten Krieg konnte der Sicherheitsrat seinen Aufgaben nachgehen wie nie zuvor. Die ungeheure Aktivität und das Ende der Blockbildung setzten eine neue Runde der Reformdiskussionen in Gang, denn mit der wachsenden Handlungsfähigkeit des Rates stieg auch die Zahl der Kritiker (TSAKALOYANNIS/BOURANTONIS 1995: 105 LISETTE 2002: 39 WEISS 2003: 149 F. GAREIS/VARWICK 2006: 275 LUCK 2007: 115). Der neuen Ordnung, so die damaligen Kritiker, werden Zusammensetzung und Arbeitsmethoden nicht mehr gerecht. Der neue Geist des UNSC mache ihn nicht automatisch zu einem neuen Organ. Daher forderten zahlreiche Staaten, viele aus der Dritten Welt, eine gerechtere geografische Repräsentation und eine Überprüfung des Vetorechts (UNSER 1997: 86 FASSBENDER 2003: 186 WALLENSTEEN/JOHANSSON 2004: 30 GAREIS/VARWICK 2006: 18/266/275). Es herrschte die Angst, die USA würden als einzig verbliebene Supermacht den Sicherheitsrat diktieren (LUCK 2007: 114). Das Drängen auf eine Reform war so stark, dass es die P5 nicht vermochten, die Diskussion im Keim zu ersticken (SAKSENA 1993: 183 FASSBENDER 2003: 188). Die Resolution UN Doc. A/RES/47/62 (VOM 1. DEZEMBER 1992), mit Namen ‘Question of equitable representation on and increase in the membership of the Security Council’, zeugte von einer breiten Reformzustimmung. Sie rief den Generalsekretär dazu auf, schriftliche Stellungnahmen der Länder einzuholen. 75 Mitgliedsstaaten reichten daraufhin ihre Positionen ein (UN DOC. A/48/264). Die Standpunkte offenbarten sehr divergierende Vorstellungen der Mitglieder, wie eine Reform auszusehen habe. Ab 1993 wurde die neue ‘Open-ended working group on the question of equitable representation and increase in the membership of the Security Council and other matters related to the Security Council” mit der Ausarbeitung eines Reformplans beauftragt (UN DOC. A/RES/48/26). Die Gruppe war ein Forum, das den UN-Staaten dazu dienen sollte, ihre Vorschläge einzubringen. Sie stand allen UN-Mitgliedern offen (LISETTE 2002: 169 SANTOS 2011: 101). Der Arbeitsgruppe lag ein Konsensprinzip zugrunde, welches Einigungen erschwerte. Ernst-Otto Czempiel (1994: 60) beschreibt bereits Mitte der 1990er ein paradoxes Dilemma. Ihm nach sei die Dringlichkeit einer UN-Reform von so großer Eile gewesen, dass unter den Mitgliedern kaum Bereitschaft herrschte, viel Zeit in eine solche Diskussion zu investieren. 5.2.2, Der Razali-Plan von 1997: Der nach dem damaligen Präsidenten der GV benannte Razali-Plan (UN DOC. A/51/47, ANNEX II VOM 08.08.1997) umfasste Vorschläge zu allen Streitfragen und war der erste konkrete Entwurf für eine umfassende Reform des Sicherheitsrats. Er sah fünf neue ständige Sitze ohne Vetorecht vor. Welche Länder diese bilden sollten, blieb ungeklärt. Die vorgeschlagenen vier neuen nichtständigen Sitze hätten den Sicherheitsrat damit auf insgesamt 24 Mitglieder erweitert. Die Verabschiedung von Resolutionen im UNSC sollte durch das Ja von 15 Mitgliedern möglich sein. Außerdem sollten die bisherigen ständigen Mitglieder ihr weiterhin erlaubtes Vetorecht auf Themen beschränken, die unter Kapitel VII der UN-Charta fallen. Der Razali-Plan schlug auch eine Anpassung von Artikel 108 der UN-Charta vor (LISETTE 2002: 178 FF. FASSBENDER 2003: 192 F. ZACHER 2004: 217 FRÖHLICH ET AL. 2005: 11 LUCK 2007: 116 VOLGER 2007: 497 F., 2008: 297 SANTOS 2011: 102 FF. FREIESLEBEN 2013: 5). Der Entwurf war ein Drei-Stufen-Plan. Erst sollte eine einfache Mehrheit die vorgeschlagenen Änderungen annehmen. Schritt zwei beinhaltete die Ernennung der neuen ständigen Mitglieder. Dafür sollte in der Generalversammlung anhand einer Zweidrittelmehrheit abgestimmt werden. Schritt drei hatte zum Ziel, die notwendigen Änderungen der Charta durch die Generalversammlung annehmen zu lassen (FASSBENDER 2003: 193). Für die P5 schien der Plan annehmbar, da sie ihr Vetorecht behalten durften und nicht zu teilen brauchten. Dass der Plan dennoch scheiterte, hatte mehrere Ursachen. Ein Grund war die Unfähigkeit der einzelnen Regionalgruppen, sich auf ständige Vertreter zu einigen. Auch die Gegenwehr des sogenannten ‘Coffee-Club’, der nach der Vorlage des Razali-Plans entstand, war maßgebend für das Scheitern (LISETTE 2002: 182 FF. ZACHER 2004: 217 VOLGER 2007: 498, 2008: 297 F. KLEIN/BREUER 2008: 77 F.). Die dem Klub zugehörigen Staaten sahen größere Chancen darin, als nichtständige Mitglieder in den Rat gewählt zu werden, während sie ihre Chancen, zu den neuen ständigen Mitgliedern zu zählen, eher gering einschätzten. Es kam also zum Widerstand jener, die keinen besonderen Profit aus einer Erweiterung schlagen konnten (SAKSENA 1993: 182). Dementsprechend forderte der Klub u. a., keine neuen ständigen Sitze einzuführen und lehnte sich damit gegen den Plan auf. Während die UN-Mitgliedsstaaten in den Jahren 1994-1997 noch sehr direkt Stellung bezogen, litt der Inhalt der Aussagen in den Folgejahren unter der festgefahrenen Diskussion und dem Scheitern des mit hohen Erwartungen verbundenen Razali-Plans (FASSBENDER 2003: 185 F., 2005: 10 VOLGER 2007: 498 F.). In Folge des Scheiterns legte UN Doc. A/RES/53/30 fest, dass jede grundlegende Entscheidung zum Thema Sicherheitsratsreform eine Zweidrittelmehrheit benötigt.

Über den Autor

Marcel Siegert wurde 1987 in Schlema, Sachsen, geboren. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena beendete er 2011 sein Studium der Kommunikationswissenschaft sowie der Geschichte mit dem Grad Bachelor of Arts. Darauf ließ er ein 2014 erfolgreich abgeschlossenes Masterstudium der Politikwissenschaft folgen. Sein Schwerpunkt lag hierbei auf internationalen Organisationen und Globalisierung. Bei der Forschung in diesem Bereich spezialisierte er sich frühzeitig auf die Vereinten Nationen.

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