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- Reflexionen zur Transformation des Sozialstaats: Die soziale Sicherung in Österreich nach 1955 und normative sowie positive Begründungen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In den Nachkriegsjahrzehnten entstand eine soziale Ordnung und durch deren Ausbau der Sozialstaat Österreich. Bis etwa in die 1970er Jahre war eine expansive Sozialpolitik aufgrund der dynamischen Wirtschaftslage möglich, die im heutigen Verständnis zum Wohlfahrtsstaat führte, der einerseits für seine Bevölkerung soziale Sicherungsfunktionen vorsieht und andererseits Tendenzen zum Versorgungsstaat aufzeigt. Mit der Globalisierung entstand eine vernetzte Arbeitswelt und so auch gesellschaftliche Veränderungen. Der soziale Ordnungsmechanismus im Wohlfahrtsstaat war nicht mehr haltbar und Konfliktlagen häuften sich, was zur passiven Haltung der Menschen in Bezug auf mehr Eigenverantwortung führte. Dieser Wandel birgt, für die darauf auszurichtende Wirtschafts- und Sozialpolitik, neue Herausforderungen nach bisher ungewohnten Handlungsmustern. Der Autor konzentriert sich darauf, die Wirklichkeiten der sozialen Sicherung in Österreich, im zeitgeschichtlichen Kontext mit Hinsicht auf politische, ökonomische und gesellschaftliche Zusammenhänge darzustellen. Ziel war es, strukturelle und allgemeine Entwicklungslinien, anhand der Zeitchronologie nach 1955 herauszuarbeiten, wozu nicht nur normative Gesichtspunkte des Sozialstaates und seiner schleichenden Aushöhlung, sondern auch positive Aspekte des heutigen Wohlfahrtsstaates thematisiert werden. Betrachtung finden auch andere beeinflussende Faktoren, der Paradigmenwechsel und anhaltende Transformationsprozesse in der wohlfahrtsstaatlichen Politik, die verstärkt auf Austerität vor Defizit-Spending setzt. Außerdem wird auch die EU, als nicht zu unterschätzender Einflussfaktor, in Bezug auf das nationale Gefüge der sozialen Ordnung, ins Visier genommen. Obwohl Österreich den Fokus dieser kritischen und aktuellen Auseinandersetzung mit der Thematik Wohlfahrtsstaat bildet, sind die fundierten Analyseergebnisse auf die meisten westlichen Demokratien, mit sozialem Engagement zum Gemeinwohl ihrer Gesellschaft, anwendbar.
Textprobe: Kapitel 2.2, Der Beginn und die 'Hoch'zeit der Prosperität: 2.2.1, Nachkriegszeit und Umbruch: Natürlich gab es Probleme aufgrund der durch den Krieg verloren gegangenen Arbeitsplätze, und die Eingliederung der im Krieg gedienten Soldaten, Flüchtlinge und Evakuierten gestaltete sich schwierig. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen war weder sichergestellt noch für jedermann immer sofort bezahlbar. Ordentliche Wohnungen galten als Luxus und für die Masse ohnehin nicht erschwinglich, vielmehr konnte sich das Gros der Bevölkerung nur nach heutiger Sicht so genannte Substandard-Wohnungen leisten (Wasser, Toilette außerhalb), die zumeist nur aus zwei Räumen bestanden. Darüber hinaus kam es zu neuen Schichten bzw. sozialen Milieus, die sich aus den Gegensätzlichkeiten zwischen Einheimischen und Flüchtlingen, hungernden Städtern und Bauern, weiters den Deportierten und zurückgekehrten Kriegsgefangenen sowie Nicht-Kriegsteilnehmern ergaben. Der Sozialstaat war überfordert, und das Leben gestaltete sich nicht nur durch die Zerstörungen mühevoll, auch der Bereich Bildung hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen, was etwa die Gestaltung des Unterrichts in Schulen und an Universitäten betraf. – Andererseits begann eine Zeit des Umbruchs im Nachkriegseuropa, der auch Österreich für lange prägte: Das Familienbild, nämlich die Rollen von Eltern und Kindern, änderte sich grundlegende Reformen des Sozialstaats wurden auf den Weg gebracht eine Vielzahl von Medien, wie Zeitungen, Verlage und eine neue Rundfunkanstalt wurden gegründet. 2.2.2, Die Ära des gesellschaftlichen Aufschwungs: Durch die in den 1950er und 1960er Jahren vor allem in Westeuropa einsetzende ökonomische Wachstumsphase erlebte Österreich einen außergewöhnlich expansiven Arbeitsmarkt, der Basis für die anwachsenden Beschäftigtenzahlen war die Erwerbsarbeit von Müttern nahm ebenfalls zu und sowohl die privaten Einkommen als auch die staatlichen Einnahmen günstig beeinflusste. Als weitere Metabolismen in diese Zeit fallen, dass die Stadtplanung besonders prosperierte, dass sich durch Reformen die Bildungsexpansion beschleunigte und die Massenuniversität entstand, und auch, dass die Gewerkschaften zu Machtgefügen mutierten. Im Klima des überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums entwickelt sich der Staat nun zum sozialen Akteur, der sein Augenmerk auch auf ökonomische Gesichtspunkte der jeweiligen Wirtschaftslage legt, um soziale Risken entsprechend zu regulieren. Die Tätigkeiten der Sozialpolitik sind auf Öffentlichkeit, Institutionen und Prozesse aufgeteilt: Arbeitsministerium, Arbeitsämter, Konjunkturprogramme, Ausbau des öffentlichen Dienstes, d.h. für jene Dienstleistungen, die nicht über den Markt angeboten werden. In der Ära des Umbruchs und des Aufschwungs auch als letzte Hochblüte der Industriegesellschaft zu orten entwickelte sich ein weiterer Wandel, d.h. eine Werteveränderung: Die gesellschaftlichen Stratifizierungen zwischen Bürger-/Kleinbürgertum, bäuerlichem und Arbeiter-Milieu verloren an Bedeutung. Ebenso neu waren die Entwicklungen zu mehr Selbstverwirklichung in der Arbeit, mehr Permissivität in der Familie und die verstärkte Zunahme von Säkularisierung. Die boomende Wirtschaft war auch der Beginn der Arbeitsimmigration, und eine Erwartungshaltung baute sich auf, dass alles unvermindert weiterhin anhält. Retrospektiv ist zu konstatieren, dass diese prosperierende Epoche ihre Begründung im Zweiten Weltkrieg und dem folgenden Wiederaufbau in Europa hatte. Wie die Erkenntnis zeigt, ist es in dieser Aufbruchstimmung zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen mit nachhaltigen Auswirkungen gekommen, wie z.B. dem radikalen und menschenunfreundlichen Städtebau oder dem an traditionellen Familien und Erwerbslebensläufen ausgerichteten Wohlfahrtsstaat. 2.3, Neuordnungen und Herausforderungen ab 1970: 2.3.1, Diachrones zum Kontext: Im Kapitel 1 wurden die ersten gesetzlich kodifizierten sozialen Sicherungssysteme dargestellt, die das Fundament des heutigen Wohlfahrtsstaates prägten. Ganz generell ist hierzu festzustellen, dass es Ende des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zwar zu einer sukzessiven Ausweitung des geschützten Personenkreises kam, was jedoch nicht impliziert, dass die gesetzlichen Sozialleistungen generös für die EmpfängerInnen ausfielen. Vielmehr wurde für viele besonders für Frauen damit nur ein mageres Zubrot zum Lebensunterhalt gewährleistet, wie insbesondere auch für Standard-LeistungsbezieherInnen einer gesetzlichen Altersrente. Wenn also von einer epochenhaften Bedeutung der ersten staatlichen Sozialpolitikgesetze gesprochen wird, weil diese retrospektiv gesehen auch die wohlfahrtsstaatlichen Regierungstätigkeiten begründeten, können die sozialpolitischen Leistungsstandards vergleichsweise dazu während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden. Und zwar deshalb, da sich die ersten gesetzlichen Sozialleistungen und deren aktive Umsetzung in den Dezennien nach ihrer Implementierung ganz wesentlich von jenen unterschieden, die rund ein Jahrhundert später das Leistungsspektrum des modernen Wohlfahrtsstaates kennzeichneten, was mit dem basalen Wandel in Bezug auf die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse und Zielvorstellungen in Hinblick auf die politischen Leitkonzeptionen zu begründen ist. Erst im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich eine Tendenz von sozialpolitische Maßnahmen durchgesetzt, die endlich Leistungen eines einigermaßen lebensnahen Einkommensersatzes beinhalteten und zweitens ein gesichertes Existenzminimum aus individuellen Ansprüchen gewährleisteten.
Friedrich Geber, geboren 1947, begann kurz vor Ende seiner beruflichen Laufbahn Politikwissenschaft und Zeitgeschichte zu studieren. Er erlangte neben dem Master of Arts auch den Mag. Dr. phil. Der Autor interessiert sich besonders für die Sozialpolitik und eignete sich in mehr als 30 Jahren in Leitungspositionen, besondere Kenntnisse in der Wirtschaft an. Seine fundierten Analysen und Studien vermittelt er dem interessierten Fachpublikum durch Buchveröffentlichungen, die aktuell und zeitkritisch mit dem Blick auf das Ganze, die Problematiken aktiver Sozialpolitik in Wohlfahrtsstaaten fokussieren. Auch im vorliegenden Buch spannt der Autor einen zeitrelevanten Bogen, in Bezug auf die Entwicklungen und Herausforderungen, sowie die Kurswechsel-Notwendigkeiten gegenwärtiger Sozialpolitik.
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