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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Bis heute wird die erste Mondlandung am 21. Juli 1969 von der geschichtswissenschaftlichen Forschung als eines der Schlüsselereignisse des 20. Jahrhunderts betrachtet. Während sich die Historiker lange Zeit vor allem auf die politische und technologische Bedeutung der Mondlandung konzentrierten, formte sich in den letzten Jahrzehnten ein neuer Ansatz, der zunehmend die sozialen und kulturellen Hintergründe ins Zentrum des Interesses rückte. Heute wird die Mondlandung neben seiner Geschichte in Zusammenhang des Kalten Kriegs als Kulminationspunkt einer langen Entwicklung menschlicher Vorstellungen gesehen, ohne die ein Unternehmen solchen Ausmaßes nie in Angriff genommen worden wäre. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurde der Weltraum nicht zuletzt durch die Literatur von Jules Vernes und H.G. Wells, aber auch durch seine starke Konnotation mit Wissenschaft und Technik zu einem Ort von Utopien und Zukunftsvisionen. Durch technische Innovationen wurden diese Ideen konkreter und es bildete sich eine breite Basis für das Interesse an einer Erkundung des Weltalls. Für die bemannte Raumfahrt, die in erster Linie ein politisches Unternehmen darstellte, war die Öffentlichkeit vor diesem Hintergrund von großer Bedeutung. Vor allem die amerikanische Raumfahrt verschrieb sich deshalb im Gegensatz zu ihrem sowjetischen Kontrahenten ganz dem Prinzip der Offenheit und versuchte durch die bemannte Erkundung ihr politisches Prestige sowohl nach außen als auch nach innen zu verbessern. Eine der bedeutendsten technischen Entwicklungen, die mit der Raumfahrt einhergingen, war ein neues Medium. Das Fernsehen, welches sich seit den 1960er Jahren immer größerer Beliebtheit erfreute, avancierte rasant zum neuen Leitmedium. Für die Raumfahrt, dessen Aussagekraft vor allem in seiner spektakulären Bildhaftigkeit lag, war das Fernsehen geradezu prädestiniert. Als die Mondlandung letztendlich im Fernsehen übertragen wurde, verfolgten etwa 500 Millionen Menschen auf der ganzen Welt gebannt das Geschehen zu Hause vor ihrem Fernseher. Die Arbeit widmet sich den politischen Aspekten der ersten Mondlandung und möchte die Wechselwirkungen von Öffentlichkeit und dem amerikanischen Raumfahrtprogramm während des Kalten Krieges an einem konkreten Beispiel offenlegen. Hierbei steht die Mondlandung als das bis zu diesem Zeitpunkt größte Medienevent im Mittelpunkt der Betrachtungen. Zu Beginn wird die Ideengeschichte der Raumfahrt und der Aufstieg des Fernsehens im ideengeschichtlichen Kontext des 20. Jahrhunderts sowie die notwendigen technischen Innovationen der Raumfahrt als Grundlage für eine politische Indienstnahme erläutert. Im Anschluss konzentriert sich die Untersuchung auf das sogenannte Space Race und dessen Verhältnis zur Öffentlichkeit insbesondere den USA. Im wichtigsten Teil der Arbeit werden anhand der Erkenntnisse neuerer Forschungen zur Geschichte der Raumfahrt, die Äußerungen und Bilder der Live-Berichterstattung im Fernsehen auf ihre Aussagen hin analysiert. Dabei beschränkt sich die Untersuchung nicht nur auf den amerikanischen Teil der Berichterstattung, sondern vergleicht und überprüft die gewonnenen Erkenntnisse auch im Hinblick auf die internationale Wirkung des Ereignisses mit der europäischen Perspektive der Bundesrepublik Deutschland. In einem letzten Kapitel zeigt die Arbeit die Nachwirkungen der Mondlandung in der Öffentlichkeit und ihre Folgen für die bemannte Raumfahrt, welche bis heute nachwirken.
Textprobe: Kapitel 4.6 Exkurs: Die Bedeutung der Satellitentechnik für die Entwicklung des Fernsehens: In dieser Hinsicht darf die Entwicklung von Kommunikationssatelliten nicht unerwähnt bleiben. Die Idee, durch Satelliten über weite Strecken zu kommunizieren, war in den 60er- Jahren nicht neu. Bereits 1945 schlug der Autor Arthur C. Clarke hierfür den Einsatz von Raumstationen in einer geostationären Umlaufbahn vor. Aber seine aus heutiger Sicht visionäre Idee wurde lange nicht ernst genommen. Erst als das amerikanische Raumfahrtprogramm Ende der 50er-Jahre Realität wurde, wurde bald nach Möglichkeiten gesucht, neben den wissenschaftlichen Aspekten, einen kommerziellen Nutzen aus der Raumfahrt zu ziehen. Dahingehend bewies bereits Sputnik den Wert eines Satelliten für die Verbreitung von Radiosignalen. Im Dezember 1958 startete deshalb ein Versuch der Advanced Research Projects Agency (ARPA) unter dem Namen Score, im Zuge dessen eine Atlas Rakete einen 68 kg schweren Satellit mit einem Kassettenrekorder an Board in eine erdnahe Umlaufbahn setzte. 13 Tage lang sendete der Satellit eine Weihnachtsansprache Präsident Eisenhowers, bevor der Satellit 34 Tage später wieder in die Erdatmösphäre eintrat. Aber technische Schwierigkeiten hinsichtlich einer zu geringen Nutzlast der Trägerraketen bremsten eine rasche Weiterentwicklung. Erst durch neue Trägersysteme und den Einsatz leichterer Materialien konnten auch komplexere Systeme eingesetzt werden. Deshalb wurden, neben der Entwicklung aktiver Satelliten, zunächst auch Versuche mit passiven Systemen durchgeführt. Hierzu zählten die Mylarballons des Echo-Projekts der NASA. Diese bis zu 41 Meter breiten aluminiumbeschichteten Sphären wurden in einen tiefen Erdorbit platziert, reflektierten durch ihre Beschichtung Radiosignale und ermöglichten bereits experimentelle Telefongespräche. Kosmische Strahlung zerstörte die Objekte jedoch bereits nach kurzer Zeit. Die Pläne, die den Einsatz von 20 Ballons vorsahen um eine weltweite Abdeckung zu gewährleisten, zeigten aber die Unzulänglichkeit eines solchen Systems. Parallel zu NASAs Experimenten in passiver Satellitenkommunikation arbeitete die Army an einem Satelliten mit dem Namen Courier. Nach einem ersten fehlgeschlagenen Start, gelangte damit nur drei Jahre nach Sputnik am 4. Oktober 1960 der erste aktive Kommunikationssatellit in den Orbit. Allerdings konnte Courier wegen der geringen Höhe seiner Umlaufbahn Übertragungen nur aufnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt senden, da nie gleichzeitig eine Übertragungs und Empfangsstation in Reichweite waren. Eine unmittelbare Verbindung gelang erst am 10. Juli 1962 mit der Platzierung von Telstar 1 in die Umlaufbahn. Telstar 1 war gleichzeitig der erste private Satellit und ermöglichte bereits die Übertragung von Schwarzweiß-Fernsehen, weshalb er für viele zur Ikone des neuen technological age wurde. Noch im Juni 1962 übertrug er in der ersten Live-F 190 ernsehsendung über den Atlantik eine Ansprache John F. Kennedys. Nur wenige Monate später gelangte auch Relay 1, ein experimenteller Kommunikationssatellit der NASA in den Orbit. Relay ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung für die Geschichte des amerikanischen Raumfahrtprogramms: Erstens wurde das mit 3 Millionen Dollar dotierte Projekt öffentlich ausgeschrieben. Aus den Vorschlägen von 41 amerikanischen Firmen wurde ein Designvorschlag ausgewählt und erhielt den Auftrag. Das verweist auf das wirtschaftliche Interesse hinter dem Raumfahrtprogramm. Zweitens gelang dem Satelliten am 22. November 1963 die erste Übertragung von Fernsehen über den Pazifik nach Japan. Das japanische Publikum kam in den Genuss einer Diskussion zwischen dem Leiter der NASA und dem japanischen Botschafter. Eigentlich sollte eine aufgenommene Begrüßung durch Präsident Kennedy gezeigt werden, stattdessen erfuhr das Publikum von dessen Ermordung wenige Stunden vor der Übertragung. Diese Live-Übertragung zeigt das Bemühen den alltäglichen Nutzen des amerikanischen Raumfahrtprogramms im In- und Ausland darzustellen und seine Errungenschaften zu präsentieren. Die Satellitentechnik wurde diesbezüglich häufig benutzt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist Syncom 2, der am 13. September 1963 zusammen mit Relay eine Telefonverbindung zwischen Nigeria, den USA und Brasilien herstellte und damit drei Kontinente miteinander verband. Ähnlich wurde auch Syncom 3 eingesetzt, der zum ersten Mal einen annähernd geostationären Orbit und damit fast das Ideal einer Satellitenumlaufbahn erreichte. Er übertrug 1964 die Berichterstattung der Olympischen Spiele aus Tokyo. Mittlerweile zeigte sich, dass die Satellitentechnik ein großes kommerzielles Potential besaß. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde am 31. August 1962 vom amerikanischen Kongress der Communications Satellite Act verabschiedet, der in die Gründung der Communication Satellite Corporation (Comsat) mündete. Die Gründung. dieser Firma war bezeichnend für die Bedeutung des Raumfahrtprogramms für die amerikanische Regierung. Immerhin war dies die erste Gründung einer Firma durch den amerikanischen Staat seit der Union Pacific Railroad 1862. Außerdem sollte die Gründung einem drohenden Monopol der AT&T in der Satellitenkommunikation entgegenwirken. Schon kurz nach ihrem Entstehen gab die Comsat deshalb einen neuen Satelliten in Auftrag, der durch die schon im Entstehen begriffene International Telecommunications Satellite Organisaton (Intelsat) genutzt werden sollte und am 28. Juni 1965 seinen Betrieb aufnahm. Intelsat 1, auch unter dem Namen Early Bird bekannt, war damit der erste kommerziell genutzte Satellit. Er konnte bereits 240 synchrone Telefonverbindungen oder eine Fernsehsendung übertragen. Eigentlich nur für einen Betrieb von 18 Monaten konzipiert, blieb er vier Jahre im Einsatz und wurde bis 1984 immer wieder reaktiviert. Diese Darstellung der Entwicklung von Satellitentechnik soll zeigen, wie stark die Vereinigten Staaten diese Technologie forcierten. Dabei profitierte nicht nur das Raumfahrtprogramm von der Entwicklung. Vor allem dem Fernsehen ermöglichte die Entwicklung von Kommunikationssatelliten einen technologischen Quantensprung, der sich durch die Liveübertragungen von Fernsehbildern ins Ausland aber auch positiv auf das Image des amerikanischen Raumfahrtprogramms auswirkte. Ein Zusammenhang zwischen der Popularität der Raumfahrt und dem Einfluss sowie der Entwicklung des Fernsehens ist folglich nicht zu übersehen. Vor allem die Tatsache, dass das Publikum nun in Echtzeit Augenzeuge eines historischen Moments sein konnte, scheint maßgeblich für eine verstärkte Faszination des Publikums während der Apollo-Missionen. Es ist an dieser Stelle nochmal auf das Dispositiv des Fernsehens zu verweisen. Durch die ungeheure Distanz der Übertragung offenbart die Mondlandung den tatsächlichen Wert des Fernsehens Denn statt auf Nachrichten warten zu müssen, die manchmal sogar Tage benötigten, brachte das Fernsehen das Ereignis nun in die Wohnzimmer der Zuschauer. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich das amerikanische Raumfahrtprogramm von Beginn an mit Kritik auseinandersetzen musste. Doch durch immer engere Zusammenarbeit mit dem Fernsehen gelang es der NASA, ihr Image kontinuierlich zu verbessern und das Raumfahrtprogramm auch politisch zu verkaufen, wie es anhand des bis Ende der 60er-Jahre steigenden Etats der NASA deutlich gemacht wurde. Vor allem das Fernsehen spielte in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, denn erst die Live-Übertragung der Missionen im Fernsehen und insbesondere direkt aus den Raumschiffen führte einerseits zu einer für die Vermittlung von Raumfahrt ausreichenden Öffentlichkeit und sorgte andererseits für die von der Öffentlichkeit erwartete Unterhaltung. Wie beispielsweise die Entwicklung neuer Kameratypen für das Apollo-Programm oder die seit Beginn der 60er-Jahre vorangetriebenen Versuche mit Satellitentechnik nahelegen, schien die NASA eine Entwicklung der hierfür notwendigen Technologie zu forcieren. Die kritische Haltung der Öffentlichkeit steht damit in starkem Kontrast zu der Popularität, welche die NASA letztlich genoss, wie die bereits erwähnten Zuschauerzahlen der Mondlandung offenlegen. Das folgende Kapitel widmet sich deshalb nun beispielhaft der Liveberichterstattung zur Mondlandung und soll überprüfen, wie diese Popularität erzeugt wurde und ob in der Darstellung der Mondlandung ein Grund für den dargestellten Kontrast zu finden ist.
Philipp Sattler, geboren 1988 in Freiburg im Breisgau, studierte Medienwissenschaft und Empirische Kulturwissenschaft an der Universität Basel und Geschichtswissenschaft und Germanistik an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Durch diverse Praktika im Journalismus und aktives Engagement in der Politik sammelte er schon früh praktische Erfahrungen in diesen Bereichen, die bis heute die Schwerpunkte seiner Arbeit bestimmen. Seine Freizeit verbringt der Autor am liebsten mit seinem Hund.
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