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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Angst vor der Pest war in Mittelalter und Früher Neuzeit stets präsent und bestimmte sowohl das Handeln der Obrigkeiten als auch die Diskussionen von Ärzten, Dichtern und Chronisten. Es entstand eine Fülle an policeylichen Verordnungen, Pesttraktaten und medizinischen Informationsschriften, in denen nach den Ursachen der Krankheit geforscht und entsprechende Maßnahmen empfohlen wurden. Besonders die Administrationen sahen sich mit einem verstärkten Handlungsdruck konfrontiert. Pest und Policey – jedes Thema für sich genommen wurde in der Forschung bereits eingehend besprochen. Sucht man in der Literatur jedoch nach einer Verknüpfung dieser beiden Themen, sieht man sich mit großen Forschungslücken konfrontiert. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Entwicklung von Pest und Policey im norddeutschen, ins-besondere im heutigen niedersächsischen Raum zu untersuchen. Man kann vermutlich davon ausgehen, dass sich hier die Entwicklung von Pest und Policey in ähnlichem Maße vollzog wie im gesamtdeutschen Raum. Dabei wird besonders der städtische Raum näher untersucht, da hier die Auswirkungen und Zusammenhänge der Pest mit der Wirtschaft, der Administration und der Policey untersucht werden können. Es soll analysiert werden, welche Einflüsse die Pest auf die Entwicklungen in der Frühen Neuzeit hatte. Besonderes Augenmerk wird in dieser Studie sowohl auf die Entstehung des Policeywesens und die Ausbildung eines Verwaltungsapparates gelegt als auch auf die Auswirkungen der Seuche auf die Gesellschaft und auf den Beginn neuer Gesundheits- und Hygienemaßstäbe.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel IV, Die Policeygesetzgebung der Frühen Neuzeit: A. Die Entstehung und der Inhalt der Policeygesetzgebung: Michael Stolleis sieht den Ursprung der Policeywissenschaft und der Policeygesetzgebung in der aristotelischen Tugendlehre für Individuum, Haus und Gemeinschaft. Ihre Vorläufer seien ‘in Fürstenspiegeln und Landesbeschreibungen, Sittenspiegeln, Ehebüchlein, Tischzuchten, Hausväterliteratur, Traktaten über Handel, Geld und Steuererhebung, Ackerbau und Viehzucht, Jagd und Fischfang, Medizin und Bevölkerungspolitik’ zu finden. Die Policeygesetzgebung entstand auch als Reaktion auf die gesellschaftlichen Probleme und Veränderungen seit dem 16. Jahrhundert, einer Zeit sozialer Wandlungsprozesse und Krisen innerhalb des Reiches, die Karl Härter treffend als ‘Zerfall der alten Ordnung’ bezeichnet. Während der Reichsreform des 15. und 16. Jahrhunderts konnte dem stärker werdenden Bedürfnis nach Gesetzgebungsmaßnahmen auch durch die Policeyverordnungen nachgekommen werden. Die Policeygesetzgebung entwickelte sich auf verschiedenen Ebenen, und zwar innerhalb des Reiches, der Territorien sowie in den Städten selbst. Nach dem Dreißigjährigen Krieg entstand eine Fülle von Policeyverordnungen, die laut Anette von Stieglitz ‘den großen Regelungsbedarf des öffentlichen Lebens’ dokumentierten. Härter verwendet allgemein ‘einen historischen Gesetzesbegriff, der unter ‚Policeygesetz’ alle obrigkeitlich gesetzten und mit allgemeinem Geltungsanspruch versehene Normen, wie z. B. Verordnungen, Reskripte usw. versteht [...].’ Die Policeygesetze und -verordnungen hätten, so Härter weiter, nahezu alle gesellschaftlichen Lebensbereiche im Hinblick auf die Bewahrung und Herstellung eines Zustandes guter Ordnung umfasst. Sie seien deshalb als ‘Rechtsgebote und herrschaftliche Pflichten- und Fürsorgeordnungen’ bezeichnet worden. Härter und Stolleis unterteilen die Policeygesetze in verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens. Es gab beispielsweise Anweisungen, die die ständische Ordnung innerhalb der Gesellschaft betrafen, wie zum Beispiel die Mahnung, die christlichen Gebote zu befolgen, das Verbot der Gotteslästerung sowie Kleiderordnungen und Luxusverbote, Regeln bei Ehe- und Vormundschaften und die Armen- und Bettelgesetzgebung. Ein weiteres Aufgabengebiet der Policeygesetzgebung war die Aufrechterhaltung der Wirtschaftsordnung. Neue Gesetze für Handel und Gewerbe, zum Geld- und Kreditwesen sowie Arbeitsordnungen wurden erlassen. Die Weisungen regelten den Markt, das Handwerk, Preise und Gewichte und verboten Zuwiderhandlungen wie Betrug und Warenfälschung. Besonders wichtig war auch der Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Auswirkungen auf das städtische Zusammenleben hatte. Er regelte die gesamte Verwaltung, die Justiz, die Zensur, das Verkehrs- und Postwesen, Vormundschafts- und Erbschaftsangelegenheiten und den Umgang mit Bettlern und Vaganten. Von größter Bedeutung waren hier die Bau- und Brandschutzverordnungen. Relevant im Zusammenhang mit der Pest waren vor allem Anweisungen zur Abfallbeseitigung sowie zum Wasser- und Brunnenschutz, die die Hygiene verbessern sollten, und auch die gesundheitspoliceylichen Vorschriften für das medizinische Personal. Die beschriebenen Policeyverordnungen konnten laut von Stieglitz jedoch immer nur eine Momentaufnahme des aktuellen Zustandes von Wirtschaft und Gesellschaft repräsentieren, weshalb sie ‘permanent ergänzungs- und erneuerungsbedürftig’ gewesen seien. B. Die Normgeber der Policeygesetzgebung: 1. Das Reich: Die reichspoliceylichen Verordnungen richteten sich, so Härter, sowohl an die gesamte Bevölkerung des Reiches als auch an die einzelnen Obrigkeiten, also die Reichsstände, Kurfürsten, Fürsten und Reichsstädte. Die Obrigkeiten hätten die Verpflichtung gehabt, die Gesetze einzuhalten und dafür zu sorgen, dass ihre Untertanen sich ebenfalls an dieselben hielten. Dies sei meistens durch die ‘Integration der reichspoliceylichen Normen in die eigene Gesetzgebung oder durch Publikation der Reichsgesetze’ geschehen. Härter konstatiert, dass das Reich keine Beschlüsse mit knappen Mehrheiten verfasste. Stets seien die Stände mit in den Entscheidungsprozess einbezogen worden. Da die Policeygesetze in die Ordnung der Reichsstädte und Territorien eingegriffen hatten, mussten diese somit von diesen anerkannt werden. Ansonsten wäre eine Durchsetzung nicht möglich gewesen. Spätestens im 15. Jahrhundert war im Reich nicht mehr der Kaiser allein berechtigt, Gesetze zu erlassen. Er benötigte nach Einschätzung von Thomas Dehesselles stets die Unterstützung der Reichsstände. Im Gegenzug hatten sich die Stände wiederum an die erlassenen Verordnungen und Edikte zu halten. Ohne diesen weitreichenden Konsens zwischen Kaiser und Reichsständen wäre eine Durchsetzung der die öffentliche Ordnung und Sicherheit betreffenden Gesetze innerhalb der Territorien nicht möglich gewesen, stellt Dehesselles einleuchtend fest. Die Reichsstädte seien von neuen policeylichen Normen und Verordnungen oftmals nur schwer zu überzeugen gewesen, beobachtet Dehesselles weiter. Nur wenn sich hieraus Vorteile für den Handel ergaben, seien die Städte freiwillig aktiv geworden. Bei der Beseitigung von Missständen seien die Städte nach wie vor auf das Eingreifen und den Schutz des Reiches beziehungsweise des Reichstags angewiesen gewesen. Dies gelte vor allem für die Zeit vom Spätmittelalter bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, da sich erst seit dieser Zeit die Territorien ausreichend etabliert hätten, um der Durchsetzung policeylicher Aufgaben gewachsen zu sein. Neue Reichsgesetze und -normen seien in den Territorien jedoch immer erst dann umgesetzt worden, nachdem der jeweilige Territorialherr diese auch in seinem Namen formell verkündet hätte. Hier wird deutlich, dass der Einfluss des Landesherren keineswegs gering war, respektive wie sehr Reich und Territorien ineinander griffen und voneinander abhängig waren. Wenden wir uns zunächst der Gesetzgebung des Reiches zu. Die Reichsreform des 15. Jahrhunderts führte laut Härter auch zur Entstehung der Policeygesetzgebung des Reiches, die nun von den Reichsständen ausging. 1521 wurde auf dem Wormser Reichstag über eine neue Policeyordnung debattiert. Die vorher in vielen Gesetzesvorlagen verstreuten Bestimmungen, die die ‘gute Ordnung’ betrafen, seien hier erstmals separat festgehalten worden. Hieraus sei dann später die Reichspoliceyordnung von 1530 hervor gegangen. Die Reichspoliceyordnung wurde in den folgenden Jahren immer wieder bestätigt und ergänzt, unter anderem in den Jahren 1535, 1548, 1551, 1577 und 1603. Die Reichspoliceyordnung von 1530 war eine der wenigen Maßnahmen zur öffentlichen Ordnung und Sicherheit auf Reichsebene. Die Forschung unterstellte dem Reich auf dem Gebiet der Policeygesetzgebung häufig mangelnden Einsatz oder gar Versagen. Härter ist indessen der Meinung, dass die im Gegensatz zum Reich häufig so lobend erwähnte, führende Rolle der Territorien zumindest hinterfragt werden müsse, da viele Verordnungen auf Territorialebene noch nicht vollständig erschlossen worden seien. Außerdem seien zumindest im 16. Jahrhundert die absolutistischen Territorien keinesfalls schon vollständig ausgebildet und in der Lage gewesen, Policeymaßnahmen ohne Unterstützung des Reiches durchzusetzen. Die Reichspoliceygesetzgebung verdiene deshalb ebenso Beachtung wie diejenige auf Territorialebene, zumal vor allem die kleineren Territorialstaaten weiterhin auf das Reich ‘als Schutz- und Rechtsverband’ angewiesen waren. Die Policeygesetzgebung des Reiches müsse somit zumindest als Vorbild beziehungsweise Initiator für die territorialen Policeyordnungen gedient haben. Zu Beginn des 17. Jahrhundert kam die Reichstagstätigkeit durch den Dreißigjährigen Krieg bis zum Westfälischen Frieden zum Erliegen. Zwar wurde die Reichspoliceyordnung noch einmal auf dem Immerwährenden Reichstag von 1666 bis 1676 auf die Tagesordnung gesetzt, eine erneute Reichspoliceyordnung wurde bis zum Ende des Reiches jedoch nicht mehr erlassen.

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