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Politik
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 256
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende Studie benennt und evaluiert kommunale Abwehrmaßnahmen gegen Aufgabenverlagerungen. Das Ziel dieser Maßnahmen ist der Schutz der Kommunen vor ungewollter Aufgaben- und damit Lastenverschiebung. Denn seit Jahren werden den Kommunen gegen ihren Willen Aufgaben von der Bundes- bzw. Landesebene übertragen, ohne dass die für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erforderlichen Mittel gewährt werden. Die Kommunen sind daher gezwungen, die Aufgabenerfüllung aus eigenen Mitteln zu gewährleisten. Angesichts ihrer ohnehin schon bestehenden Finanzprobleme gibt es heftigen Widerstand gegen diese Vorgehensweise der höheren Ebenen. Zwar hat sich die Politik dieses Themas bereits angenommen, allerdings beschränkt sich die Diskussion auf die Frage nach einer besseren Finanzierungsgrundlage der Kommunen. Das Kernproblem, nämlich der Schutz der kommunalen Ebene vor einer ungewollten Aufgabenverschiebung, bleibt hingegen unberührt. Die vorliegende Studie widmet sich daher der Frage nach möglichen Abwehrmaßnahmen der Kommunen. Zu diesem Zweck werden im ersten Schritt mögliche Maßnahmen benannt. Da die Kommunen in der Weimarer Republik vor einer ähnlichen Problematik gestanden haben, erfolgt zudem nach einem Vergleich der damaligen und heutigen Rahmenbedingungen eine Einbeziehung der seinerzeit diskutierten Maßnahmen unter Berücksichtigung der eventuell gemachten Erfahrungen. Anschließend werden die für eine Evaluation der Abwehrmaßnahmen denkbaren Kriterien ermittelt und auf ihre Eignung für die vorliegende Fragestellung geprüft. Der sich auf diese Weise ergebende Kriterienkatalog dient als Grundlage bei der sich anschließenden Evaluation. Die erzielten Ergebnisse erlauben einen direkten Vergleich der einzelnen Maßnahmen miteinander und geben Aufschluss, auf welche Weise sich die Kommunen am besten gegen Aufgabenverlagerungen schützen können.
Textprobe: Kapitel 3.2 Die Folgen kommunaler Finanzprobleme auf Grund von Aufgabenverlagerungen: Die Verlagerung von Aufgaben ohne entsprechende Kostenerstattung stellt die Kommunen vor das Problem, den zusätzlichen Ausgabebedarf bei gleich bleibenden oder gar sinkenden Einnahmen decken zu müssen, ohne dabei die schon bestehenden Aufgaben zu vernachlässigen. Die Wahrnehmung zusätzlicher Pflichtaufgaben kann also dazu führen, gegebenenfalls die Erfüllung von freiwilligen Aufgaben zu Gunsten der Deckung von Pflichtaufgaben einstellen zu müssen, da anderenfalls keine Finanzierung der Pflichtausgaben möglich wäre. Die durch dieses Dilemma entstehenden Folgen sollen an dieser Stelle aufgezeigt werden. 3.2.1 Beschneidung der kommunalen Selbstverwaltung: Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz sichert den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht zu, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung im Rahmen der Gesetze zu regeln. Damit ist das Recht der kommunalen Selbstverwaltung im deutschen Verfassungsrecht verankert. Auf Grund dieser Normierung benötigen die Kommunen zur Aufnahme einer Aufgabenerfüllung keinen weiteren Kompetenztitel, da die im Grundgesetz umschriebene ‚Universalität’ zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung gehört. Die Wahrnehmung der Aufgaben bedeutet gleichzeitig, dass die Kommunen die zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Mittel beschaffen müssen. Dabei sind die entsprechenden Grundsätze zu berücksichtigen. Die Einnahmen dienen zunächst der Deckung des Ausgabebedarfes, der bei der Erfüllung der übertragenen sowie der bereits freiwillig übernommenen Aufgaben entsteht. Bei der Erstellung des Haushaltsplanes wird der Finanzbedarf anhand des tatsächlichen zuzüglich des gegebenenfalls geplanten Aufgabenbestandes veranschlagt. Sofern den Kommunen im Laufe eines Haushaltsjahres eine zusätzliche Aufgabe zur Erfüllung übertragen wird, ohne dass es zu einer entsprechenden Kostenerstattung kommt, bricht die Haushaltsplanung der Kommunen zusammen. Der rechtlich geforderte Haushaltsausgleich ist dann in der Regel nur selten zu erreichen, da die Kommunen nicht zuletzt wegen der Veranschlagungs- und Deckungsgrundsätze kaum über finanziellen Spielraum verfügen. Sofern die Rücklage noch gefüllt ist, kann mittels einer Entnahme der Haushaltsausgleich erreicht werden, allerdings steht sie dann bei zukünftigen Vorhaben nicht mehr zur Verfügung. Des Weiteren ist die Rücklage nicht unbegrenzt nutzbar. Bei vielen Kommunen ist sie bereits erschöpft und entfällt somit als zukünftige Ausgleichsmasse. Damit bleibt den Kommunen lediglich die Möglichkeit, durch Einsparungen und Verschiebungen von den freiwilligen zu den Pflichtaufgaben innerhalb der Haushaltstitel die zur Erfüllung der neuen (Pflicht-)Aufgabe erforderlichen Finanzmittel zu beschaffen. Ähnlich verhält es sich, wenn die Aufgabenverschiebung so rechtzeitig angekündigt wird, dass die entsprechenden Mehrausgaben im Haushaltsplan der Kommunen veranschlagt werden können. Angesichts ihrer eingeschränkten Möglichkeiten bei der Einnahmeerzielung bleibt den Kommunen auch hier lediglich die Möglichkeit, die Erfüllung von freiwilligen Aufgaben zugunsten der Pflicht- beziehungsweise verlagerten Aufgaben einzustellen. Die Alternative zur Vermeidung dieser Veränderung der Aufgabenstruktur wäre eine Erhöhung der Einnahmen durch die Aufnahme von Krediten oder Kassenkrediten. Diese Möglichkeit steht jedoch nicht unbegrenzt zur Verfügung, da Kredite lediglich für Maßnahmen im Vermögenshaushalt und nicht für Ausgaben im Verwaltungshaushalt aufgenommen werden dürfen. Kassenkredite stellen keine entsprechende Alternative dar, weil sie einer speziellen Ermächtigung in der Haushaltssatzung bedürfen und unter Umständen von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden müssen. Somit können die Kommunen den finanziellen Folgen einer Aufgabenverlagerung ohne entsprechende Kostenerstattung nur mit einer Veränderung der Aufgabenstruktur begegnen. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass sie die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht oder nur noch eingeschränkt regeln können. Auf diese Weise wird aber der verfassungsrechtlich normierte Anspruch auf kommunale Selbstverwaltung von den höheren Ebenen unterlaufen. Des Weiteren führt dieses Vorgehen auch zu Spannungen innerhalb der kommunalen Ebene, da die Gemeinden zwecks Senkung ihrer Ausgaben die Höhe der jeweiligen Kreisumlage bekämpfen, was zu Streitigkeiten mit den Landkreisen führt, für die diese Einnahme eine große Bedeutung hat. Durch diese Streitigkeiten werden weitere Ressourcen, insbesondere im Personalbereich, gebunden, was die Finanzsituation zusätzlich belastet. Zudem ist ein Streit innerhalb der kommunalen Ebene, zumal zwischen einem Landkreis und seinen angehörigen Gemeinden, für die kommunale Selbstverwaltung kontraproduktiv, weil es von dem eigentlichen Ziel ablenkt, nämlich der Regelung der örtlichen Angelegenheiten. Während dieses Ziel der Vermehrung des örtlichen Wohlstandes und damit dem Wohle der Einwohner dienen soll, stellt ein Streit zwischen einem Landkreis und seinen Gemeinden einen Zwist unter Behörden und damit eine Beschäftigung der kommunalen Ebene mit sich selber dar, die zwar zusätzliche Kosten verursacht, aber für die Bevölkerung keinen zusätzlichen Nutzen schafft. Die Folgen von Aufgabenverlagerungen auf die kommunale Ebene ohne entsprechende Kostenerstattungen lassen sich also zunächst als Verstoß gegen die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung sowie als Schwächung der Kommunen auf Grund von daraus resultierenden Streitigkeiten definieren. An beiden Folgen kann weder dem Bund noch den Ländern gelegen sein: Angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung der kommunalen Selbstverwaltung darf eine solche Beschneidung nicht stattfinden, da anderenfalls ein Rechtsverstoß vorliegen würde. Des Weiteren stellen die Kommunen die Basis des staatlichen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland dar, sodass eine Beeinträchtigung der kommunalen Selbstverwaltung, also des Fundamentes des Staatsganzen, negative Folgen für das Ansehen der Kommunen in der Bevölkerung haben sowie durch den Verlust des kommunalen Zusammenspiels zwischen den staatlichen Ebenen ein Schaden für den Staat insgesamt entstehen könnte. Dieser würde noch größer werden, wenn sich die Ansicht durchsetzen würde, dass die einzelnen Ebenen egoistisch handeln würden, weil nur auf diese Weise eigene Interessen geschützt oder durchgesetzt werden könnten. 3.2.2 Gefährdung der kommunalen Daseinsvorsorge: Die Bundesrepublik Deutschland ist gemäß Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz und Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz ein sozialer Rechtsstaat. Daraus ergibt sich die staatliche Aufgabe zur Bereitstellung der für ein sinnvolles menschliches Dasein notwendigen Güter und Leistungen. Der Staat muss also für die soziale Sicherheit seiner Bürger Sorge tragen sowie Leistungen und Einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung bereitstellen. Dieser Verfassungsauftrag richtet sich unter anderem an die Kommunen, weil die Aufgaben der Daseinsvorsorge vor allem im Bereich der freiwilligen Aufgaben liegen. Vor diesem Hintergrund betreiben die Kommunen beispielsweise. Verkehrsbetriebe, Freibäder, Krankenhäuser, Sportplätze usw. Die Unterhaltung der Versorgungseinrichtungen und damit die Erfüllung des Verfassungsauftrages erfordern den Einsatz von erheblichen Finanzmitteln. Die Deckung der Ausgaben erfolgt, wie schon oben dargestellt wurde, durch die kommunalen Einnahmen. Sofern durch Aufgabenverlagerungen ohne entsprechende Kostenerstattung das Gefüge der kommunalen Haushaltsplanung erschüttert wird und die Ausgaben für Pflichtaufgaben ansteigen, muss eine betroffene Kommune zwecks Herstellung des rechtlich geforderten Haushaltsausgleichs die freiwilligen Leistungen reduzieren. Anders ausgedrückt: Eine Kommune muss den Aufwand zur Erfüllung des Verfassungsauftrages zur Versorgung der Bevölkerung reduzieren, um auf diese Weise Finanzmittel für die Erfüllung der zusätzlich übertragenen Aufgaben zur Verfügung zu haben. Eine solche Reduzierung ist aus zwei Gründen bedenklich: Zum einen verlangt das verfassungsrechtlich verankerte Sozialstaatsprinzip unter anderem von den Kommunen das Betreiben der Daseinsvorsorge in Form eines irgendwie gearteten Tätigwerdens. Zwar vermittelt dieser Verfassungsgrundsatz dem Bürger keinen Anspruch auf Bestand, Erhalt oder Schaffung einer konkreten kommunalen Einrichtung, aber er kann sehr wohl verlangen, dass die Kommune nicht untätig bleibt. Eine Reduzierung des entsprechenden freiwilligen Engagements zugunsten der durch Aufgabenverlagerungen entstandenen haushaltsrechtlichen Zwänge bedeutet also für die Kommunen einen Spagat zwischen Verfassungsanspruch und kommunaler Wirklichkeit. In diesem Spannungsfeld muss die abstrakte Forderung des Grundgesetzes den konkreten Pflichten des kommunalen Alltags, zum Beispiel Ausgleich des Haushalts zwecks Erlangung der Haushaltsgenehmigung durch die Aufsichtsbehörde, unterliegen. Damit läuft die Wirklichkeit an der Intention des Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz und Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz vorbei, was verfassungsrechtlich bedenklich ist. Des Weiteren ist eine Reduzierung von Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge auch insoweit bedenklich, als dass Einwohner auf der kommunalen Ebene das staatliche Handeln konkret zuordnen können und somit bewusster erleben. Eine Einschränkung des kommunalen Angebotes wird somit eher als Rückzug des Staates empfunden. Diese Ansicht wird dann noch verstärkt, wenn als Ursache des eingeschränkten kommunalen Angebotes die Aufgabenverlagerungen der höheren Ebenen benannt und publik gemacht werden. Damit sinkt nicht nur das Ansehen der Kommunen, sondern das des Staates insgesamt.
Gerhard A. Spiller wurde 1964 im niedersächsischen Ölsburg geboren. Nach einer Verwaltungsausbildung und einer mehrjährigen Tätigkeit als Verwaltungsfachangestellter in einer Kommunalverwaltung entschloss er sich zum Studium der Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz, das er 1993 mit dem Erwerb des Diploms erfolgreich abschloss. Seit 1994 arbeitet er als Verwaltungsbeamter in einer Kommunalverwaltung. Während seiner beruflichen Laufbahn hat der Autor wiederholt die Folgen von Aufgabenverlagerungen durch höhere Verwaltungsebenen auf die kommunale Ebene erlebt. Aus diesem Grund verfolgt er seit Jahren die Diskussion über eine Verbesserung der kommunalen Stellung.
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