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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Jede Gemeinschaft von Lebewesen, mit all ihren verschiedenen Individuen, hat einen gemeinsamen Nenner: Die Kommunikation. Sie ist nicht nur Existenzbedingung von Gemeinschaften, sondern auch Vorrausetzung ihrer Entstehung. Ihre Funktionen sind dabei so heterogen, wie die Gemeinschaftsmitglieder, die sie verbindet: Kommunikation kann verständigend wirken, aber auch abgrenzend, sie ist mal absichtsvoll, mal unbewusst, sie informiert, beeinflusst und strukturiert. Jeder Gesellschaftstypus hat dabei seine Medien hervorgebracht. Insbesondere innerhalb von Machtsystemen hat die mediale Kommunikation große Bedeutung gefunden. Durch ein Zitat Gerhard Schröders, er brauche zum Regieren lediglich Bild, BamS und Glotze (zit. nach Deggerich 2003), wird dieses Bewusstsein explizit deutlich: Machtausübung und mediale Kommunikation partizipieren unmittelbar voneinander. Während man unter dem Stichwort politische Kommunikation, vornehmlich an Agitationen der Moderne denkt, Kommunikation an sich aber wie beschrieben ursprünglich und existenziell ist, stellt sich die Frage, in welcher Relation Macht und mediale Kommunikation in anderen Epochen standen. Untersuchungszeitraum dieser Arbeit ist die frühe römische Kaiserzeit der Antike. Am Beispiel der Machtergreifung und Herrschaft von Kaiser Augustus, soll auf der einen Seite untersucht werden, welche (Massen-)Medien zur Verfügung standen und was für die Epoche der Antike überhaupt unter diesen zu verstehen war. Diese theoretischen Überlegungen sind notwendig, um weiterhin, an konkreten Beispielen der medialen Herrschaftskommunikation von Augustus darzustellen, wie das System der politischen Kommunikation damals funktionierte und wie es beschrieben werden kann. Eine untersuchungsleitende Frage soll hierbei sein, inwiefern die augusteische Kommunikation einseitig von Herrscher zu Beherrschten verlief oder ob das System durchaus von Wechselwirkungen geprägt war.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1: Exkurs: Terminus Propaganda: Das Beispiel der Darstellung von Thomas Petersen 'PR-Arbeit in der Antike' (Petersen 2005) ist nur eines von vielen: Die Machtergreifung sowie die Herrschaftszeit von Kaiser Augustus ist aus Sicht der Vertreter dieser Perspektive ein geschickt gelenktes und in weiten Teilen geplantes System der Propaganda. Petersen spricht in diesem Zusammenhang sogar von 'Propagandakrieg' und einer 'gewaltigen Propagandamaschinerie' (Ebd., S. 86 166). Innerhalb der Forschung gibt es jedoch berechtigte Zweifel, ob der Terminus 'Propaganda' für die augusteische Herrschaftskommunikation angebracht ist oder vielmehr durch geschichtliche Ereignisse der jüngsten Vergangenheit (z.B. Erster und Zweiter Weltkrieg) ein Aufmerksamkeit erzeugendes und griffiges Schlagwort geworden ist. In der Tat profitierte Augustus von den Medien und deren Funktionen und er bediente sich dieser. Doch auf dieser Grundlage von antiker Propaganda zu sprechen, scheint aus folgenden Gründen unangemessen: (1) So ist der Begriff zu allererst eine moderne Wortschöpfung. Zwar entlehnt sich Propaganda dem lateinischen Wort 'propagare' (=fortpflanzen, ausdehnen, erweitern), erfuhr jedoch seine frühste Verwendung erst 1622 unter Papst Gregor XV. Der von jenem gegründete Zusammenschluss 'Sancta congregatio de propaganda fide' hatte die Aufgabe, den katholischen Glauben zu verbreiten (vgl. Arnold 2008, S. 192). Nach dem erstmaligen Gebrauch im religiösen Kontext ist das Propaganda-Konzept auf den Bereich der Politik übertragen worden und ist insbesondere für die totalitären Regimes des 20. Jahrhunderts belegbar (vgl. Weber/Zimmermann 2003, S. 15). In diesem Sinne kann Propaganda nach Jowett/O`Donnel (2006, S. 7) wie folgt definiert werden: 'Propaganda is the deliberate, systematic attempt to shape perceptions, manipulate cognitions, and direct behaviour to achieve a response that further the desire intent of the propagandist.' Diese Funktion trifft auf die Moderne und ihre Rahmenbedingungen zu, in der Antike war ein solches Konzept unbekannt. Es sollte somit auch nicht auf diese – ähnlich wie die bereits definierten Begriffe 'Medien' oder 'Massenkommunikation' – übertragen werden. (2) Wenn Propaganda im Sinne der angeführten Definition von Jowett/O`Donnel zu verstehen ist, treten hinsichtlich der Antike weitere kritische Aspekte auf: Wie bereits in Kapitel 2 erläutert, gab es in der römischen Kaiserzeit zwar Medien, die in eingeschränkter Form als 'Massenmedien' dieser Zeit bezeichnet worden sind, gleichzeitig ist aber deutlich geworden, dass diesen keine flächendeckende Distribution und keine ganzheitliche Decodierbarkeit zugesprochen werden kann. So ist festzuhalten, 'dass die politische Propaganda der römischen Kaiserzeit schon aus Mangel an geeigneten Medien nicht den Grad der Perfektion und Brutalität erreichen konnte, den wir von moderner Propaganda kennen.' (Weber/Zimmermann 2003, S. 19). (3) Hinzu kommt der Übertragungskanal der Bildlichkeit, dessen sich die antiken Medien häufig bedienten (z.B. auf Münzen): Die dadurch übertragende Botschaft ist nicht derart eindeutig, wie eine zielgerichtete Propaganda im modernen Sinne es eigentlich fordert. Vielmehr ist die bildliche Botschaft interpretierbar und somit auch prinzipiell mehrdeutig. Weber und Zimmermann (2003, S. 20) konstatieren, dass es insbesondere bei Bildern 'stark auf die Vorstrukturierung der Rezeptionsfähigkeit des Empfängers ankommt.' Diese Form der Kommunikation, die nicht zwingend eindeutig, sondern in weiten Teilen vieldeutig dehnbar ist, kann deshalb nicht als Propaganda bezeichnet werden. (4) Das Konzept von Propaganda ist auch immer eng mit dem Begriff der Öffentlichkeit bzw. der öffentlichen Meinung verbunden, die es zu beeinflussen und zu lenken gilt. Während jedoch die Bedeutung von öffentlicher Meinung in der Antike als 'ein breiter Konsensus in der Bevölkerung' bezeichnet werden kann (Noelle-Neumann 1998, S. 81), liegt der Propaganda-Definition eine bürgerliche politisierte Bedeutung von Öffentlichkeit zu Grunde, wie Habermas sie beschrieben hat. Als 'Sphäre der zum Publikum versammelten Privatleute' (Habermas 1962, S. 42) habe sich diese erst im 18./19. Jahrhundert als Pendent zum absolutistischen Staat konstituiert. Durch die Bewusstwerdung 'der öffentlich relevant gewordenen Privatsphäre der Gesellschaft' (Ebd., S. 33) fungierte die öffentliche Meinung (der gebildeten Stände) als Gegenspieler zur öffentlichen Gewalt des Staates (vgl. Ebd., S. 28-41). Ein derartiges Konzept von 'Öffentlichkeit', das auf Bewusstsein gründet, lag in der Antike nicht vor: Hölscher umschreibt den antiken Öffentlichkeitsbegriff (publicus), als etwas 'was nicht unter der Verfügungsgewalt des Einzelnen' stand und 'was sich draußen, auf der Straße (in publico) ereignete […]' (Hölscher 1979, S. 41, 43). Insofern ist es fraglich, ob darauf aufbauend von Propaganda in der Antike gesprochen werden kann. Die angeführten Argumente haben deutlich gemacht, dass die Verwendung des Propaganda-Begriffs, welcher konzeptuell in der frühen Neuzeit/Moderne zu verorten ist, für den Zeitrahmen der Antike schwierig ist. Gregor Weber und Martin Zimmermann schlagen deswegen einen Perspektivenwechsel vor, der bei der römisch-kaiserlichen Herrschaftskommunikation nicht den 'Überzeugungs-, Überredungs- oder gar Lenkungsaspekt' in den Vordergrund stellt, sondern 'die Einbettung einer Aussage in Tradition, den aktuellen Erwartungshorizont und zeitgenössisches Herrschaftsverständnis' (Weber/Zimmermann 2003, S. 40). Danach sei es unter Augustus und seinen medialen Botschaften nicht um eine gezielte Beeinflussung des Volkes gegangen, sondern um die Wechselwirkung zwischen erwarteter Herrschaftsrepräsentation und die Erfüllung moralisch-ethischer Hoffnungen der Beherrschten (vgl. Weber/Zimmermann, S. 37). In diesem Verständnis wird beispielsweise die Bildsprache der Münzen als verbindendes Element zwischen Herrscher und Beherrschten gewertet und die Funktion der Werte- und Selbstvergewisserung zugesprochen. 'Gegenstandbereich der Münzprägung ist damit eher die Erinnerung und die Bestätigung des Gegenwärtigen, als das Erwecken von Erwartungen für die Zukunft' (Wolters 1999, S. 284). Selbstdarstellungen des Kaisers werden ebenfalls nicht als meinungslenkend verstanden, sondern als eine Art 'provozierter Applaus' (vgl. Weber/Zimmermann, S. 27ff.). Der in dieser Untersuchung bisher verwendete Terminus 'Herrschaftskommunikation' soll auch im Folgenden beibehalten werden, muss aber die vorangegangenen Überlegungen berücksichtigen. So ist mit dem Begriff keine totalitäre oder progressive Gesinnungskontrolle gemeint, wie Propaganda es assoziiert, sondern eine der römischen Gesellschaft und dem damaligen System eigene Interaktion zwischen Kaiser und Volk, bei der es vornehmlich um die Rückversicherung bestehender Werte und Normen im aktuellen Erfahrungshorizont des Volkes sowie um die Befriedigung eines gesellschaftlichen Konsens ging. 4.2, Agitation: Unter 4.1. ist gezeigt worden, dass Propaganda kein angemessener Begriff für die augusteische Herrschaftskommunikation ist. Dennoch unterscheidet sich die mediale Kommunikation von Augustus als Ganzes in aktivere, absichtsvolle und in eher repräsentative, zurückhaltende Verständigung. Unter Agitation sollen diejenigen Formen medialer Kommunikation fallen, an welchen exemplarisch die besonders zielgerichtete und somit aktive Ausprägung seiner Herrschaftskommunikation dargelegt werden kann. Diese agitative Kommunikation von Augustus kann mit den Ausführungen von John Robert Johnson (1976, S. 79) als Versuch, '[…] to remove the population from mundane concerns by pointing out extraordinary threats and by establishing extraordinary goals”, charakterisiert werden. Hieran wird deutlich, dass unter Agitation das aktive Eingreifen in Prozesse gemeint ist, indem mit Hilfe medialer Instrumente eigene positive Eigenschaften öffentlich herausgestellt und zugleich mögliche negative Eigenschaften des Gegners pointiert wurden. Mediale Formen der Agitation lassen sich bei Augustus zur Zeit seiner Machtergreifung verorten. Denn das Prinzip der Gegenüberstellung und Betonung der Differenzen findet sich während des Machtkampfes zwischen Augustus und Marcus Antonius in den frühen 30er-Jahren besonders intensiv, während es für die Zeit ab der Alleinherrschaft naturgemäß weniger Anlass für derartige Kommunikationsformen gab.

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