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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Jugendwerke sind ein wichtiges Element internationaler Versöhnungspolitik. Das Paradebeispiel hierfür sind die deutsch-französischen und deutsch-polnischen Beziehungen. Das Deutsch-Französische Jugendwerk war bei der Errichtung und in der Anfangsphase des Deutsch-Polnischen Jugendwerks Vorbild und Modell. Anschließend emanzipierte sich dieses neue Jugendwerk und beide Institutionen entwickelten eine engagierte Kooperation, u.a. im Rahmen von trinationalen Treffen zwischen Deutschland, Frankreich und Polen. Diese Studie untersucht anhand eines selbstentwickelten Modells, inwiefern diese beiden Jugendwerke als Vorbild auch für andere schwierige internationale Versöhnungsprozesse in Frage kommen und diese positiv beeinflussen können. Der Fokus liegt dabei auf den komplizierten französisch-algerischen (europäischer Kontext) und den südkoreanisch-japanischen Beziehungen (internationaler Aspekt).

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.4. Die Anfangsjahre des DPJW und die Rolle des DFJW: Nachdem in den vorherigen Abschnitten dargelegt wurde, dass die Abkommen beider Jugendwerke über weite Strecken fast identisch sind und die Organisationsstruktur der Institutionen ebenfalls sehr nahe beieinander liegen, ist es eindeutig, dass das DPJW zunächst nach dem Modell des DFJW entworfen wurde. Die Neuüberarbeitung des DFJW-Abkommens wurde dann wiederum an das DPJW-Abkommen angepasst . Trotzdem existieren einige fundamentale Unterschiede in beiden Gründungstexten. Dass das DFJW als Modell jedoch über das Abkommen hinausgeht, wird in folgendem Abschnitt gezeigt. Unter anderem anhand der Tätigkeitsberichte des DFJW und der Geschäftsberichte des DPJW ist es möglich, empirisch nachzuweisen, dass die Modellfunktion des DFJW auch nach der Unterzeichnung des Abkommens und in den Anfangsjahren des DPJW weiterbestand. So ist 1991 etwa dokumentiert, dass von Seiten des DFJW eine enge Kooperation mit dem neugegründeten Deutsch-Polnischen Jugendwerk gestartet wurde. Am 17. Juni, dem Tag der Unterzeichnung des Abkommens über die Gründung des DPJW, besuchte die polnische Jugendministerin Anna Popwicz außerdem das DFJW. Im September kamen anschließend vier polnische Mitarbeiter des neuen Jugendwerkes nach Bad Honnef und Paris, um die exakte Funktionsweise des DFJW in der Praxis zu studieren. Im Tätigkeitsbericht von 1992 ist dann die Rede von einer Fortsetzung der Kooperation: Wie vereinbart hat das DFJW seine Erfahrung und sein Know-how dem DPJW und damit der Entwicklung des deutsch-polnischen Jugendaustausches zur Verfügung gestellt. Zunächst wurden seitens des DFJW zwischen dem 27. und 30. April in Warschau Arbeitsgespräche mit dem Aufbaustab der neuen deutsch-polnischen Institution geführt. Etwa einen Monat später fand in Warschau erneut ein Gespräch statt: Diesmal seitens des DFJW-Generalsekretärs mit Vertretern der polnischen Regierung, der Jugendorganisationen und des DPJW. Einen knappen halben Monat später am 16. Juni gab es wieder Gespräche mit dem deutschen Geschäftsführer des DPJW, diesmal in Bad Honnef. Und am 6. August fanden schließlich Arbeitsbesprechungen im DFJW über Informatikfragen, Förderungsverfahren, Betriebsablauf, Personalführung usw. statt . Der erste Jahresbericht des DPJW aus dem Jahr 1993 gibt auch noch einmal interessante Einblicke in die Funktionsweise des DFJW. Letzteres überließ dem neuen Jugendwerk seine Programmsysteme für die Computer und beriet es dazu. Außerdem wurde das Zentralstellenverfahren für die Anträge für Austauschprogramme des DFJW übernommen. Im DFJW-Bericht von 1994 wird dem DPJW schließlich sogar ein eigener Abschnitt (1.3) gewidmet. Regelmäßige Arbeitstreffen mit den Verantwortlichen wurden fortgesetzt und es wurde eine Kooperationsvereinbarung für trilaterale Programme verfasst. Offiziell heißt es nun auch: Das DFJW diente als Beispiel [...] bei der Gründung des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes . Ein Jahr später waren die Beziehungen besonders eng und fruchtbar und ein Anwachsen trilateraler deutsch-französisch-polnischer Austauschprogramme ist zu verzeichnen, die die Lebendigkeit der Kooperation zeigen. Besonders stolz sind die Verfasser auf ein trinationales Jugendkolloquium über die Zukunft der Freiheit in Europa im September 1995. Eine ausführliche Beschreibung der Veranstaltung findet sich in dem Geschäftsbericht des DPJW für das Jahr 1995. Und 1996 wurde während einem Treffen von Vertretern beider Jugendwerke beschlossen, Veranstaltungen zu organisieren, die die bisherigen trinationalen Treffen auswerten und Multiplikatoren für zukünftige Begegnungen vorbereiten sollen. Spätestens mit dem DFJW-Tätigkeitbericht von 1995 wird eine Wandlung der Beziehungen deutlich, und damit auch eine Wandlung des Einflusses des DFJW auf das DPJW. So kann die Rolle des DFJW zunächst als wirkliches Modell gesehen werden, dann als wichtiges Beispiel für das nun etablierte Jugendwerk und schließlich nur noch als Partner für eine fruchtbare Zusammenarbeit. So gesehen hat Bock für die Anfangszeit recht, wenn er von einer direkten Nachbildung spricht. Auch Gustin/ Martens ( C’est sur un modèle applicable aux relations germano-polonais et sur le principe de l’OFAJ qu’a été créé, en 1993, l’Office germano-polonais de la jeunesse ) und Delacroix ( Le souhait de reproduire ailleurs le modèle franco-allemand plaide pour son succès global. Ainsi la question de la reproductibilité du modèle de réconciliation s’est posée entre l’Allemagne et la Pologne )89 sind auf der Seite der Modell-Konzeption. Doch alle drei scheinen allgemein von einem Modell zu sprechen – auch wenn das Modell nachweislich nur für die ersten paar Jahre existierte . Und auch wenn das Wort Beispiel für die Beschreibung der Rolle des DFJW verwendet wird, dann beschränkt es sich einzig auf die Nach-Modell-Zeit. Diesen Standpunkt hat auch das DPJW. Auf dessen Webseite heißt es schlicht: Vorbild für das DPJW war das 1963 gegründete Deutsch-Französische Jugendwerk . Passender und alle drei Begriffe vereinend ist aber vermutlich Defrances Bezeichnung des DFJW als großer Bruder des DPJW.91 Genau wie dieser zunächst als Modell bzw. Vorbild für den kleinen Bruder fungiert, war das auch der Fall zwischen dem DFJW und dem DPJW. Doch bald möchte der kleine Bruder kein Nachahmer mehr sein, sondern lässt sich bloß noch durch seinen großen Bruder inspirieren. Zuletzt herrscht – wenn alles gut läuft – eine normale, ausgewogene Beziehung zwischen beiden, in diesem Fall eine gute Zusammenarbeit. Dass danach auch tatsächlich diese dritte Phase eintrat, zeigt eine kurze Analyse der gegenwärtigen Entwicklungen und Tendenzen beider Jugendwerke mit- und gegeneinander.

Über den Autor

Adrian Gmelch wurde 1993 in Rosenheim geboren. Nach dem deutsch-französischen Abitur absolvierte er den deutsch-französisch integrierten Studiengang Politikwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und dem Institut d’Etudes Politiques de Rennes. Danach erwarb er einen Master an der Université Paris-Sorbonne in European Affairs. Der Autor war während seines Studiums Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. Neben seinem Interesse für politische Philosophie und Theorie engagiert er sich für die deutsch-französischen Beziehungen und glaubt fest an den positiven Einfluss der deutsch-französischen Freundschaft auf andere schwierige Versöhnungsprozesse der internationalen Politik. Der Autor ist Verfasser zahlreicher Artikel und Buchbesprechungen, u.a. für Francia Recensio (Rezensionen politik- und geschichtswissenschaftlicher Neuerscheinungen). Er ist außerdem Autor von zwei Romanen und einem Buch über die politische Philosophie Arthur Schopenhauers.

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