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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wann sind Menschen einander gleichgestellt? Was bedeutet es, gleichgestellt zu sein? Warum ist Gleichberechtigung ein so hohes Gut? Um diese Fragen zu beantworten bräuchte es mehr als ein Menschenleben und doch zählen sie zu den wichtigsten Fragen, die sich Menschen stellen können. Gleichstellung, d.h. die allgemein optimierte Möglichkeit aller Menschen die eigene Freiheit zu nutzen, und Gleichberechtigung, d.h. die Festschreibung der gleichgestellten Interaktion in gesellschaftlich normierenden Regeln und Strukturen, die garantieren können, dass die Freiheit anderer nicht eingeschränkt wird, sind somit nicht nur theoretische, sondern faktische Notwendigkeiten, um allen Menschen Menschsein zu ermöglichen. Diese Studie versucht Erkenntnisse des 20. Jhd. zu den Themen Gleichstellung/Gleichberechtigung darzustellen, indem ein Bogen von den patriachatskritischen zu aktuellen konstruktivistischen Ansätzen geschlagen wird, der durch die Rückkopplung an die aktuelle Handlungsrealität begleitet ist. Insbesondere werden die Theorien von Simone de Beauvoir und Regine Gildemeister mit möglichen Praxisbezügen der aktuellen Gleichstellungsarbeit verbunden, so dass eine komplexe, notwendig unvollständige Darstellung der aktuellen Situation, der Hindernisse und der (möglichen) Veränderungen entsteht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Strukturbedingte (Un-)Gleichheit: Seit dem Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts kam es nicht nur zu einem gesellschaftlichen Wandel sondern auch zu dem Aufkommen konstruktivistisch-feministischer Ansätze, die die Forschungsziele der feministischen Theorie modifizierten. Während 'zunehmend die Deutungsmuster der bürgerlichen Gesellschaft' in Zweifel gezogen worden, verschob sich das Ziel der Analyse für eine Kritik an der patriarchalisch organisierten Gesellschaft, hin zu der Dekonstruktion der Geschlechtervorstellungen, um ihnen ihre faktische Selbstverständlichkeit zu nehmen und den geschlechtsspezifischen Selbstentwurf der AkteurInnen reflektionsfähig und wandelbar zu machen. Der Analysegegenstand sind tendentiell eher die Geschlechterverhältnisse selbst, die als 'Produkte andauernder sozialer Konstruktion der Wirklichkeit' verstanden werden und nicht mehr die gesellschaftlichen Strukturen, die dieses umgeben, um kritisiert werden zu können. Gleichwohl ist bei allem Fortschritt nicht der Zeitpunkt gekommen, an dem die frühesten Analysen der Strukturen im 20.Jahrhundert sich erübrigt hätten. Die Problematik, die zu der patriachatskritischen Auseinandersetzung der 60er/70er Jahre bewegte, hat sich verändert, aber nicht aufgehoben, wie die folgende Betrachtung zeigen wird. Davon auszugehen, dass Gleichstellung (er-)lebbar oder Gleichberechtigung tatsächlich geschaffen wäre, die biologistische Sichtweise sich erübrigt hätte und alle Menschen bewusst gleichgestellt miteinander kommunizierten und handelten, wenn es um das Geschlechterverhältnis und die Interaktion der Geschlechter geht, wäre Selbstbetrug. Das zweite und dritte Kapitel werden zeigen, wo die Probleme lagen und wo sie heute liegen, und feststellen, dass sich die Problemlage kaum unterscheidet, wobei sich die Gesamtsituation maßgeblich verändert hat. 2.1, Aktueller Bezug oder 'Immer wieder das alte Dilemma?': Ein Blick aus dem Fenster reicht aus, um zu begreifen: Auch heute besteht die Gesellschaft zur einen Hälfte aus Frauen und zur anderen Hälfte aus Männern und auch heute besteht die Frage der Geschlechter ebenso aktuell, wie vor Jahrhunderten. Auch wenn Frauen nicht mehr für ihre Bürgerrechte aufstehen müssen, wie Olympe de Gouges (1748-1793) es ihrerzeit tat, keine Grundsatzschriften zur Gleichstellung und Gleichberechtigung der Frau zu verfassen brauchen, wie Mary Wollstonecraft (1759-1797) ihren Vorstoß zu formulieren hatte, oder die Teilnahme an dem politischen Tagesgeschäft zu erkämpfen haben, wie Louise Otto (1819-1895) es zu tun hatte, um nur einige Beispiele zu nennen, ist das Ziel der Gleichberechtigung noch nicht erreicht und steht mitunter vor denselben Problemen, die zwar weiterentwickelt, dennoch nicht als erledigt betrachtet werden können. Auch wenn die modernen Feministinnen bereits seit 1789 nach diesem Ziel streben, ist dieses bis heute nicht erreicht und u.a. in sozialen und rechtlichen Bestimmungen der Mangel an Gleichberechtigung und somit die Existenz von sozial konstruierten Ungleichheiten zwischen Mann und Frau, aus denen ersterer zu resultieren scheint, nur allzu deutlich. Rechtlich wird dies ebenso deutlich, wie gesellschaftlich u.a.: Frauen verdienen weniger als Männer und sind überwiegend auf dem zweiten Arbeitsmarkt tätig und dabei angehalten, für die Erziehung der Nachkommen Sorge zu tragen. Gerade weil dabei jedoch ihre ökonomische und politische Partizipation an der Gesellschaft notwendig bleibt, um den Fortschritt einer Gesellschaft zu gewährleisten, kann die Frau heute, da sie vor dem Gesetz gleichgestellt ist, auch alle Bürgerrechte in Anspruch nehmen und jedes politische Amt übernehmen, das sie zu übernehmen wünscht, wenn sie das gegen alle Widerstände nur will. Dennoch entstehen bei einer solchen Einschätzung Zweifel, die nicht von ungefähr zu kommen scheinen: Gibt es nicht die gesellschaftlich immanente sozial konstruierte und etablierte Ungleichheit der Geschlechter, die sich auch heute noch in vielfältiger Weise explizit und implizit manifestiert? Warum ist es einer Frau nur gegen Widerstände möglich, sich, ebenso wie der Mann, als souverän zu setzen und sich als sozial autonome Existenz zu denken, um dies dann auch handelnd zu sein? Warum definiert sie sich demgemäß tendentiell nicht über ihr Handeln, sondern ganz oder teilweise, über ihr Geschlecht? Warum definiert er sich weiterhin tendentiell über sein Handeln und nicht ganz oder teilweise über sein Geschlecht? Warum nimmt sie u.a. wirtschaftliche Einschränkungen, z.B. bei Einstellungsgesprächen für gut dotierte Vollzeitstellen, mit der Begründung hin, dass sie gebärfähig sei, anstatt sich aktiv ihre Tätigkeit so zu gestalten, dass sie durch ihr Handeln eine souveräne Anerkennung erfährt und deutlich bleibt, dass dieser Umstand mit derselben nicht nur vereinbar, sondern kombinierbar sein muss (wie sie bei dem Mann ebenfalls gestaltet bleibt)? Warum dominiert insbesondere in wirtschaftlichen Zusammenhängen nach wie vor die Aktivität des Mannes? Es erscheint heute, als könne sich eine Frau nach wie vor tendentiell nicht über ihr Geschlecht hinwegsetzen, während der Mann tendentiell gar nicht über sein Geschlecht reflektiert und sich über seine weitergehenden Ziele definiert und dadurch ebenso sozial anerkannt wie wertvoll erscheint. Beansprucht eine Frau selbiges, was heute möglich ist, bleibt sie etwas Besonderes und hebt sich selbst hervor. Vielleicht hat sie dabei sogar noch Kinder: In diesem Fall ist sie eine Vorreiterin, eine, die unbedingt geachtet werden muss, weil sie ihre Aufgabe um eine Dimension erweitert hat, die durch ihre Beschwernis anerkannt ist, und sie dafür umso deutlicher hervorgehoben werden muss: die männliche Dimension. Schließlich hat sie das geschafft, obwohl die Kultur, das Recht und die Ökonomie ihr diesen Weg erschweren und trotz ihrer, gleichsam als 'natürlich' angenommenen Reproduktionsaufgabe, die mit einem Mal ebenfalls wieder zu etwas besonderem wird: Etwas ganz besonderem, denn sie hat es trotz der durch Männer kreierten und legitimierten Strukturen geschafft, die sie strukturell hindern. Solange dieser Fall nicht gehäuft eintritt, besteht kein Grund, die geltenden Regeln zu ändern, und erst dann muss darüber nachgedacht werden, dass Gleichberechtigung gefördert würde. Selbstverständlich würde kein Mann diesen Umstand so ausdrücken und auch keine Frau, ohne betroffen zu sein, so denken. Die stilistisch richtige Ausdrucksweise eines Mannes wäre vielleicht, dass diese Frau eine Bereicherung darstellt, die den Expansionsbestrebungen der Firma sehr zu Gute kommt, und dass ihr Engagement neben der Familie bewundernswert ist. Andere Frauen betonen das vermutlich genau anders herum, denn dass diese Frau es trotz der Familie schafft, so erfolgreich zu sein, sei deutlich bewundernswert.

Über den Autor

Melanie Johannsen wurde 1982 in Flensburg, Schleswig-Holstein geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften (mit den Schwerpunkten Philosophie, kritischer Erziehungswissenschaft, Sozial- und Medienpsychologie, Soziologie und Erwachsenenbildung) schloss die Autorin im Jahre 2012 an der Universität Flensburg mit dem akademischen Grad der Diplompädagogin erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen als Erwachsenen- und Weiterbildnerin sowie als Autorin verschiedener wissenschaftlicher Essays zu Themen der feministischen Philosophie, Sozialpsychologie und der kritischen Erziehungswissenschaft im GRIN-Verlag. Fasziniert von der empirischen Analyse der Machtstrukturen der Gesellschaft und sozialkonstruktivistischen Theorien in Theorie und Praxis und inspiriert durch ihre aktive politische Gleichstellungsarbeit an ihrem Heimatort entstand das vorliegende Buch, das nicht nur durch die radikale Ausformulierung der These bestechen, sondern auch einen Impuls setzen will, um die Strukturen der Gesellschaft langfristig verändern zu können.

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ISBN: 978-3-95935-574-2
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