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- Familienpolitik auf Japanisch: Eine Zeitungsanalyse der Maßnahmen unter Abe
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Japans demographischer Wandel ist ein bis heute ungelöstes gesellschaftliches und politisches Problem. Deshalb ist das Interesse der Forschung an diesem Thema seit den 1990er Jahren ungebrochen. Bisherige Untersuchungen beschränken sich jedoch auf Gesetze, Bevölkerungsstatistiken und Probleme sowie Chancen des japanischen Arbeitsmarktes bis zum Jahr 2012. Völlig unbeachtet bleiben hingegen aktuelle Maßnahmen und die Meinung der Öffentlichkeit, die von diesen betroffen ist. Die vorliegende Studie widmet sich daher der Sicht der beiden größten japanischen Tageszeitungen auf familienpolitische Maßnahmen der Regierung Abe und bietet somit einen neuen Blickwinkel auf ein etabliertes Forschungsthema. Regierungsmaßnahmen sind zahlreich, doch werden sie von den Zeitungen auch als ausreichend bewertet? Eine Inhaltsanalyse von fast 100 Zeitungsartikeln gibt Antworten.
Textprobe: Kapitel 3. 1. 1, Unterstützung bei der Kindererziehung: 21 der 41 untersuchten Artikel befassen sich mit der Unterstützung bei der Kindererziehung (kosodate shien) durch außerfamiliäre Kinderbetreuung und finanzielle Zuwendungen beziehungsweise Entlastungen von Familien. Bezug genommen wird dabei nicht nur auf Regierungsmaßnahmen, sondern auch auf Aktionen der Präfekturen, Unternehmen und Öffentlichkeit. Von den insgesamt 18 negativen Artikeln entfallen neun auf Themen, die sich der Kategorie kosodate shien zuordnen lassen, doch auch der einzige positive Bericht ist hier zu finden. Der erste Artikel (Higuchi 25.3.2013) nach Abes Amtsantritt, der sich mit der Unterstützung bei der Erziehung beschäftigt, ist sehr kritisch. Die Autorin beklagt sich über die ‘Intransparenz’ (futomei) und das ‘Herumwandern’ (meiso) der Politik und betont, dass das von der LDP neu geregelte Kindergeld ‘nicht ausreicht’ (tarinai). Generell nennt sie die finanziellen Aufwendungen für die Unterstützung von Familien ‘erdrückend niedrig’ (attotekini hikui). Sie meint außerdem, dass Familien von der Regierung ‘an der Nase herumgeführt’ (furimawasareta) wurden, was das Kindergeld angeht. Eine andere Schwerpunktsetzung, doch ähnliche Auffassung hat Son (27.3.2013). Sie bezeichnet die Kinderbetreuungssituation als ‘fürchterlich’ (susamaji) und erklärt, dass die Wartelisten für Betreuungsplätze ein seit Jahren bekanntes Problem sind, das die Politik zwar zu lösen versucht, aber das ‘sich überhaupt nicht bessert’ (ikkoni kaizen shinai). Stattdessen nehme die Regierung eine ‘passive Haltung’ (shokyoku shisei) ein, indem sie nur Betreuungsmöglichkeiten für Kinder ab einem Jahr ausbaue und der Gesellschaft somit die Wertvorstellung aufzwinge, dass kleinere Kinder von den Eltern betreut werden müssten. Dieses System hält Son für einen Fehler (kekkan). Die ‘Passivität’ der japanischen Regierung wird über ein Jahr später in einem Leitartikel (YS 14.5.2014) erneut aufgegriffen. Dieser Bericht handelt vom Ziel der Regierung, auch in 50 Jahren noch eine Bevölkerungszahl von 100 Millionen Menschen aufrechtzuerhalten. Die hier zitierte Expertenkonferenz für Wirtschafts-und Finanzpolitik hält das Erreichen dieses Ziels für unwahrscheinlich, weil die Regierung sich zu ‘passiv’ (shokyokuteki) verhalte. Doch nicht nur die allgemeine Haltung der Regierung wird kritisiert, sondern auch konkrete Ideen, die dem demografischen Wandel entgegenwirken sollen. So äußert sich Son (25.3.2013) beispielsweise negativ zu einem Vorschlag der Vorsitzenden der ‘Sondereinheit für die Überwindung der Krise der sinkenden Geburtenrate’ (Shoshika kikitoppa tasukufosu), Mori Masako. Diese will ein sogenanntes ‘Frauennotizbuch’ (josei techo) einführen, in dem Frauen ihre auf Familie und Kinder bezogenen Wünsche aufschreiben sollen, um Unterstützungsmöglichkeiten besser planen zu können. Sons Kritik richtet sich darauf, dass die Regierung damit erneut propagiere, dass Geburt und Erziehung eine reine Angelegenheit von Frauen seien. Diese Einstellung bezeichnet sie als ‘Rückentwicklung’ (gyakumodori) zu einem Familienbild, das es zuletzt in den 1980er Jahren gegeben habe. Dieselbe Autorin fasst in einem Kommentar Leserreaktionen auf ihren ersten Artikel zusammen (Son 5.6.2013). Sie spricht von einer ‘großen Enttäuschung’ (taihen zannen) in der Netzgemeinschaft, weil die Leser nicht an die von der Regierung angegebene Absicht glaubt, dass das Frauennotizbuch ihnen nur bei der Lebensplanung und Kindererziehung helfen soll. Am 4.9.2013 äußert sie sich ein letztes Mal negativ zu Moris Idee (Son 4.9.2013). Auch das Jahr 2014 beginnt die Yomiuri Shinbun nicht mit Regierungsunterstützung. Stattdessen bemängelt ein Bericht (YS 8.1.2014), dass die ‘Bewegung der Politik in Richtung des Vorantreibens von Reformen langsam’ verlaufe (kaikaku o susumeru seiji no ugoki wa osoi) und die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 10 Prozent im Oktober 2015 ‘nicht alle Sozialversicherungskosten decken kann’ (shakaihoshohi no subete o makanau koto wa dekinai). Am 24.1.2014 folgt eine kurze Meldung, in der die Maßnahmen zum Kinderbetreuungsausbau als ‘unzulänglich’ (fujubun) bezeichnet werden (Komuro 24.1.2014). Selbiges geschieht bei Koyama (26.8.2014) in einem längeren Bericht zu Fragen und Antworten rund um den demografischen Wandel. Er bezieht die Unzulänglichkeit allerding nicht nur auf den Betreuungsausbau, sondern auf das Shinseido, das 2015 in Kraft treten soll, und kritisiert somit den hauptsächlichen Kindererziehungsunterstützungsplan der Regierung. Neben diesen kritischen Stimmen finden sich aber auch viele neutrale. Yasuda (20.4.2013) beispielsweise informiert über die Unterstützungsmöglichkeiten, die es für junge Familien gibt, ohne diese zu bewerten. Auch ein Artikel im Oktober 2013 (YS 18.10.2013) ist eine Art Ratgeber, der Einsparpotenziale für Familien zusammenfasst. Ein weiterer Bericht (YS 22.4.2014) informiert über die mögliche Zulassung von ‘Waldkindergärten’ und ein anderer (YS 24.4.2014) stellt eine Veranstaltung für Väter in der Präfektur Mie vor, die sich aktiv an der Kindererziehung beteiligen wollen. Ein Artikel (YS 6.8.2014) berichtet von einer Gouverneurskonferenz, die Maßnahmen gegen die sinkende Geburtenrate beratschlagen soll, und ein späterer (Kato 8.8.2014) informiert über einen Film, in dem 11 Präfekturgouverneuere auftreten und der die junge Generation zum Nachdenken über eine mögliche Familiengründung anregen soll. Die letzten Artikel im Untersuchungszeitraum berichten von den finanziellen Zuwendungen für Kinder von Angestellten einer Bank in der Präfektur Yamaguchi (YS 28.8.2014) und von einer Maßnahme der Stadt Mino, die Häuser nach Käuferwünschen bauen will, um wieder mehr Familien in die Stadt zu locken (YS 29.8.2014).
Franziska Riedel wurde 1992 in Zwickau geboren und nahm 2010 das Studium der Japanologie und Deutschen Sprache und Literatur an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf. 2014 schloss sie ihr Bachelorstudium erfolgreich ab und befindet sich derzeit in einem weiterführenden Masterstudiengang. Neben ihrem Studium sammelte sie durch mehrere Praktika und durch die Mitarbeit an einer Studierendenzeitschrift erste Erfahrungen als Autorin. Für weitere Forschungen zu der Thematik dieses Buches plant sie ab September 2015 einen einjährigen Forschungsaufenthalt in Japan.
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